Zusammenfassung
Die kommunikationstheoretische Wende der Sozialwissenschaften hat die Öffentlichkeit und die Massenmedien als deren Kernbereich ins Zentrum der empirischen Sozialforschung gerückt. Die Analyse dessen, was die Öffentlichkeit einer Gesellschaft ausmacht, so lautet nunmehr das „Ei des Kolumbus“, klärt uns über eben diese Gesellschaft — vergangene wie gegenwärtige — auf Die Öffentlichkeit dient als Referenzrahmen für jene Dinge, die als bekannt vorausgesetzt werden oder von denen alle Kenntnis nehmen können. In ihr eskalieren oder deeskalieren soziale Konflikte, sie definiert die „heißen Themen“ und lösungsbedürftigen Probleme und sie verweist auf die allgemeinen wie partikularen Interessen. Sie ist jener Bereich moderner Gesellschaften, den alle voraussetzen und an dem alle zumindest passiv teilhaben können. Ausschließlich die Öffentlichkeit macht für die Individuen einer Gesellschaft so etwas wie „Gesellschaft“ erfahrbar. Damit ist die Öffentlichkeit in all ihren Erscheinungsformen, vorab aber als massenmedial veranstaltete, nichts weniger als gesellschaftskonstitutiv. Wie aber lässt sich diese Öffentlichkeit analysieren, so dass die Erfassung der „gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit“ (Berger/Luckmann 1980) auf valide und vor allem repräsentative Weise erfolgen kann? Auf diese Frage möchte dieser Beitrag eine Antwort geben, indem er mit der KommunikationsereignisAnalytik ein Verfahren vorstellt, das an der Universität Zürich entwickelt wurde.1 Mit Hilfe dieser Methodik werden seit 1998 Kommunikationsereignisse bzw.
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Literatur
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Eisenegger, M. (2003). Kommunikationsereignisse oder Issues — die Elementarteilchen sozialwissenschaftlicher Öffentlichkeitsforschung. In: Maier, M.L., Nullmeier, F., Pritzlaff, T., Wiesner, A. (eds) Politik als Lernprozess. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-11061-3_7
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