Zusammenfassung
Zwei Jahre nach der Vereinigung befindet sich die CDU in einer schweren Organisations- und Vertrauenskrise. Die schlechten Ergebnisse bei den Meinungsumfragen Anfang 19931 sind nicht Momentaufnahmen einer aktuellen Schwäche, sondern — das zeigen die Analysen der Wahlen der achtziger Jahre — Signale für einen seit 1987 konstatierbaren Abwärtstrend, der durch die Vereinigung nur kurzzeitig überlagert wurde (Feldmeyer 1992: 1). Zu den Folgen langfristiger Veränderungen des Wählerverhaltens im Westen kommt nun ein massiver Ansehensverlust der Union in den neuen Bundesländern hinzu. Nach dem SuperWahljahr 1990 schien es zunächst, als hätten die Christdemokraten — und das wohl für lange Zeit — die politische Hegemonie im neuvereinigten Deutschland gewonnen. Wider alle Prognosen hatten sich die DDR-Bürgerinnen bei der Volkskammerwahl am 18. März mit überwältigender Mehrheit die in der Bundesrepublik regierenden Koalitionsparteien herübergewäht2. Inzwischen ist hier angesichts der sozialen Folgen des Stmktummbruchs eine deutliche Ernüchterung eingetreten.
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Anmerkungen
Das Politbarometer des ZDF sah die Union im Februar 1993 auf dem schlechtesten Stand seit Bestehen dieser Einrichtung.
Diese Konstellation blieb auch bei den folgenden Wahlen des Jahres 1990 im großen und ganzen erhalten. Zu den Wahlergebnissen der CDU bei der Kommunalwahl im Mai, den Landtags wählen und der Bundestagswahl 1990 vgl. den Beitrag von Dieter Roth in diesem Band.
Wiesendahl (1992: 5) verfolgt im Unterschied zu den “Krisen”- bzw. den “Anpassungstneoretikern” einen organisationsstrukturellen Ansatz und erklärt die Krise der Volksparteien als Folge des von ihnen eingeschlagenen Modernisierungskurses, der nun als Bumerang-Effekt nachteilig auf sie zurückwirkt.
Dazu gehören vor allem die Professionalisierung als “Fraktionspartei”, die Finanzierung der Parteiarbeit primär durch Spenden, eine Modernisierung der Personalauswahlverfahren, eine bessere Darstellung in den Medien sowie zukunftsorientierte Programmaussagen.
Ob dies einen Modernisierungseffekt im deutschen Parteiensystem auslösen wird oder eher als Übergangsphase zu sehen ist, in der sich die bekannten Mechanismen erst einspielen, wird von Parteiensoziologen noch unterschiedlich beurteilt.- Zur sozialen Basis der CDU vgl. unten, Abschnitt 5.2 und 5.3.
Die Darstellung stützt sich neben der verwendeten Literatur auf Informationen aus Interviews, die die Autorin im Rahmen einer größeren Arbeit über das Zusammenwachsen von CDU-Ost und West 1991/92 durchgeführt hat.- Für diesen Aufsatz konnten die Akten der Ost-CDU noch nicht ausgewertet werden; sie waren nach ihrer Überführung ins Archiv für Christlich Demokratische Politik nicht zugänglich.
In der Bundesvorstandssitzung am 23.1.1990 hatte Kohl erklärt, es gebe Verhandlungen mit dem DA und dem Demokratischen Forum sowie mit der Ost-CDU; bis Mitte Februar solle eine Entscheidung fallen.
Rühe hatte sich entschieden gegen jegliche Kontakte mit der Ost-CDU auf Parteiebene ausgesprochen, weil sie Bündnispartner der SED gewesen sei (NZ v. 16.10.1989); er hielt sie für gänzlich “reformunwillig” (NZ v. 23.10.1989).
Noch am 12. März 1990 sagte Infratest der SPD eine klare Mehrheit von 44 Prozentpunkten voraus; die Ost-CDU lag bei nur 20 Prozentpunkten (Teltschik 1991; 173).
Aus 12 konservativ-christlichen Gruppen hervorgegangen, bezeichnete sich die DSU — übrigens bis heute — als die einzig unbelastete konservative Partei in der Ex-DDR.
Die Ost-CDU gliederte sich damals in 227 Kreis verbände, deren Geschäftsstellen auch als Anlaufstellen für DA und DSU im Wahlkampf fungierten. Die West-CDU unterstützte den Wahlkampf massiv mit ihrem know-how und technischen Apparat, insbesondere auch die politisch unerfahrenen und schlecht ausgerüsteten Neulinge im DA. Die Mandatsträger der Union wurden in die Pflicht genommen, sich aktiv im Wahlkampf zu engagieren.
Ein Teil der DBD-Basis in den landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und Agrarzentren war andererseits auch ein Wählerpotential für die Linksparteien.
In das Präsidium gewählt wurden: die Volkskammerpräsidentin Dr. Sabine Bergmann-Pohl, der Parlamentarische Staatssekretär beim Ministerpräsidenten der DDR, Dr. Günter Krause, und der erste Vorsitzende des CDU-Landesverbandes Sachsen, Klaus Reichenbach.
Gerald Götting, geb. 1923, trat 1946 der CDU und der FDJ bei; 1948 wurde er Mitglied des Hauptvorstandes. Er war von 1949 bis 1966 Generalsekretär, 1966 bis 2.11.1989 Vorsitzender der Ost-CDU, 1969–1976 Präsident der DDR-Volkskammer und seit 1960 stellv.Vorsitzender des Staatsrates der DDR. Am 9. Februar 1991 erfuhr er durch das Fernsehen von seinem Ausschluß aus der CDU. Im Juli 1991 wurde Götting wegen Veruntreuung von Parteigeldern zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten auf Bewährung verurteilt. Die Ermittlungen gegen ihn wurden aufgrund von Hinweisen des CDU-Hauptvorstandes bzw. einer Anzeige des neugewählten Vorsitzenden nach seiner Amtsübernahme aufgenommen (FAZ v. 10.7.1991).
Als CDU-FraktionsVorsitzender in der Volkskammer stellte Heyl Anfang November den Antrag auf Zulassung des “Neuen Forums”, in dem bereits viele CDU-Mitglieder mitarbeiteten.
Wolf und Modrow wollten begrenzte strukturelle Veränderungen, aber nicht die deutsche Einheit. Krenz u.a. sollen nun versucht haben, sich in dem Kampf um die Macht in der DDR zu behaupten, indem sie den inneren Druck milderten — mit den bekannten, von ihnen nicht intendierten Folgen.
Im MfS habe man “sich einer gewissen Euphorie nicht enthalten” können, weil es gelungen sei, die Spitzen der DDR-CDU, der SDP und des DA mit Stasi-Mitarbeitern zu besetzen (FAZ v. 23.3.1991).
Lothar de Maiziere, geb. 1940, seit 1987 stellv. Vorsitzender des Berliner KoUegi-ums der Rechtsanwälte und mit der “Vertretung christlicher Bürger vor Behörden und Gerichten” (z.B. Wehrdienstverweigerer) befaßt; seit 1987 Mitglied der Arbeitsgemeinschaft “Kirchenfragen” beim Hauptvorstand der CDU (NZ v. 11.10.1989, S.3).
Aus eben diesem Grund hatte Wolf gang Heyl, der in den vergangenen dreißig Jahren die Politik der DDR-CDU maßgeblich mitgetragen hatte, den Vorsitz nicht übernehmen wollen. Er war im Parteiapparat u.a. für die Verbindungen zum Ministerium für Staatssicherheit zuständig gewesen (FAZ v. 5.3.1991).
Des weiteren: Ulrich Fahl, Prof. Dr. Gerhard Fischer, Hermann Kalb, Dr. Harald Naumann und Dr. Wemer Wünschmann; der Chefredakteur der Neuen Zeit, Dr. Eberle, trat aus gesundheitlichen Gründen zurück.
Weitere Posten: Minister für Bauwesen und WohnungsWirtschaft: Prof. Gerhard Baumgärtel; Minister für Post- und Fernmeldewesen: Dr. Klaus Wolf.
Abgedr. in: NZ v. 28.10.1989: Hier wurden Reformen und Erneuerung in Gesellschaft und Partei gefordert, insbesondere: eine lebendige Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, realistische Medien; die Gleichberechtigung aller Bürger ungeachtet ihrer Weltanschauung, sozialen Herkunft und Parteizugehörigkeit; ein konstruktives Verhältnis zwischen Staat und Kirche; eine effektive Volkswirtschaft, die Einheit von Ökonomie und Ökologie; Eigen Verantwortung und Eigeninitiative in Handwerk, Handel und Gewerbe; ein vorbildliches Gesundheitssystem und soziale Sicherheit für alle; ein christliche Auffassungen respektierendes Bildungswesen; geistige Freiheit und Offenheit in Kultur und Kunst sowie eine “neue Qualität innerparteilicher Demokratie”.
Martin Kirchner, geb. 1949, Diplom-Jurist, CDU-Mitglied seit 1967, 1973–75 Mitarbeiter im Hauptvorstand der Ost-CDU, 1987–89 Juristischer Oberkirchenrat in Thüringen, Stellvertreter des Thüringischen Landesbischofs Leich in nichttheologischen Angelegenheiten, 1989 Mitunterzeichner des “Weimarer Briefs”, 1990 Mitglied der Volkskammer. — Er schied 1991, als sich die Stasi-Vorwürfe verdichteten, aus der Politik aus.
Dr. Rudolf Krause, geb. 1939, gehört zu den Funktionären der “Alt-CDU”, deren politische Karriere eigentlich erst in der de-Maiziere-CDU begann. Seine Mitgliedschaft im Zentralrat der FDJ (1967–76) gab er nicht an. De Maiziere ernannte ihn im Juni 1990 zum Leipziger Regierungsbevollmächtigten; im September/Oktober 1990 war er als Landesbevollmächtigter am Aufbau des Freistaats Sachsen beteiligt. Als sächsischer Innenminister verstand sich Krause als Garant einer weitgehenden Kontinuität bei der Polizei. Krause war nach Auskunft der Gauck-Behörde einer der 21 MdL, die Informationen an die Stasi weitergegeben haben. Krause selbst gab solche Kontakte zu. Sein Amt verlor er nach den rechtsextremen Ausschreitungen in Hoyerswerda.
Programm der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands. Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung, Verantwortung, Berlin 1990.
De Maiziere unterschied hier zwischen unbescholtener Basis und korrupter Führung: “Die CDU der DDR war gespalten. Sie war geteilt in eine korrupte SED-hörige Führung und in eine an der Basis arbeitende, aber wenig wirksame Partei. Ich möchte dennoch daran erinnern, daß in dieser Zeit die Mitarbeit in der CDU immer unter der Gefahr stand, Repressionen, Verdächtigung oder Verfolgung ausgesetzt zu sein” (CDU Prot. 1990: 40).
In den wesentlichen Grundzügen wurde der “Weimarer BrieFvon Dr. Gottfried Müller ausgearbeitet, der ihn mit Martin Kirchner diskutierte. Anfang September kamen Martina Huhn und Christine Lieberknecht hinzu. Anläßlich der Synode in Eisenach (15.–19. September 1989) wurde er in einer Teilöffentlichkeit verbreitet.
Ein erster Niederschlag war die “Görlitzer Erklärung”, verabschiedet auf dem 4. Landesparteitag der sächsischen CDU am 26.10.1991 in Görlitz und mit weitreichender Ausstrahlung auf die Gesamtpartei.
Um zu verhindern, daß das Vermögen von DDR-Parteien auf die fusionierten gesamtdeutschen Parteien übertragen würde, stand seit dem 1. Juni 1990 das Vermögen aller Parteien in der DDR unter treuhänderischer Verwaltung einer vom Ministerpräsidenten der DDR eingesetzten unabhängigen Kommission zur Prüfung des Parteivermögens. Auf Initiative der CDU hin wurde in den Einigungsvertrag eine Regelung über das Parteivermögen aufgenommen, derzufolge dieses Vermögen am Tag der deutschen Wiedervereinigung in die Verfügungsgewalt der Treuhandanstalt überging.
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Schmidt, U. (1994). Transformation einer Volkspartei — Die CDU im Prozeß der deutschen Vereinigung. In: Niedermayer, O., Stöss, R. (eds) Parteien und Wähler im Umbruch. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10996-9_2
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