Zusammenfassung
Einstellungen und Orientierungen der Verwaltungsbeschäftigten in Landes- und Kommunalverwaltungen der neuen Bundesländer wurden in zahlreichen empirischen Studien erforscht.14 In der Mehrzahl sind diese Studien allerdings auf die Befragung von Führungskräften beschränkt. Offene Zugänge zu den Sicht- und Deutungsweisen der Verwalter, worunter im folgenden die in öffentlichen Verwaltungen Beschäftigten verstanden werden, sind selten anzutreffen. Im Sinne ihres offenen Zugangs als Ausnahme zu werten ist die bereits Ende 1989 begonnene Gemeindestudie von Berking und Neckel (1991, 1992) sowie die bereits Anfang 1990 und 1991 durchgeführten Befragungen von Führungskräften in Kommunalverwaltungen von Bernet und Lecheler (1990, 1991), von Osterland und Wahsner (1991) und die 1992 mit Sachbearbeitern und Amtsleitern von Sozial- und Wohnungsämtern durchgeführte Befragung von Brand, Maggioni und Stein (1994). Im Unterschied zu diesen vergleichsweise offen durchgeführten Studien basiert das Gros der empirischen Forschung jedoch auf standardisierten Befragungen. So die recht früh als Ost-West-Vergleichsstudie angelegte Befragung von Verwaltungsführungskräften des Berliner Senats und Magistrats von Schröter und Reichard (Schröter: 1992, 1995, Reichard/Schröter: 1993a, 1993b) und die 1994 bis 1995 durchgeführte empirische Untersuchung zu Einstellungen und Werten von leitenden Ministerialbeamten in den Landesregierungen von Brandenburg und Sachsen (Möller 1996, Damskis 1996, 1997 und Damskis/Möller 1997). Auch die kommunale Verwaltung stand im Fokus der Verwaltungsforschung. Eine frühe Studie zu den Demokratieauffassungen von Amtsleitern in einem Berliner Bezirksamt stammt von Berg, Harre und Möller (1992). Umfangreich untersucht wurden die Kommunalverwaltungen auch von Studien, die unter der Ägide der Kommission für die Erforschung des sozialen und politischen Wandels in den neuen Bundesländern (KSPW) erstellt wurden. Auch diese Studien basieren überwiegend auf standardisierten Befragungen von Führungskräften unterschiedlicher kommunaler Verwaltungen in den neuen Bundesländern (Reinhold/Schubert 1992, Chitralla 1992, Wollmann/Berg 1994, Berg/Nagelschmidt/Wollmann 1996). Richteten die bisherigen Studien (ausgenommen die von Brand u.a.) ihr Augenmerk lediglich auf Einstellungen und Orientierungen von Führungskräften, so beziehen zwei Studien auch die untere Ebene der Hierarchie in ihre Untersuchung mit ein: So die Fallstudie zur Verwaltungskultur in einer brandenburgischen Kommunalverwaltung von Höhner (1992) und die als Ost-West-Vergleichsstudie angelegte Befragung von Verwaltern in Berliner Bezirksämtern von Beckers und Jonas (Beckers/Jonas 1993, 1994a, 1994b). Neuere Studien richten sich stärker auf die Akzeptanz von Reformprojekten zur Verwaltungsmodernisierung (vgl. z.B. Lutz/Wegrich 1996), womit sich ein (vorläufiges?) Ende der auf eine ostdeutsche Verwaltungskultur ausgerichteten Forschung abzeichnet.15 Keine der bisher genannten Studien untersucht, wie zum Beispiel Schröter ausdrücklich fordert, die Entwicklung des Selbstverständnisses der Verwaltungsbeschäftigten im Zeitvergleich (1995: 289). Diese Arbeit will einen Beitrag dazu leisten, diese Lücke zu schließen.
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Notes
Neben diesen im folgenden zitierten auf Einstellungen und Orientierungen von Verwaltungsbeschäftigten zielenden Studien gibt es noch eine Reihe anderer Forschungsarbeiten, wie zum Beispiel die Studie zum Aufbau der Umweltverwaltung in Sachsen und Brandenburg von Eisen (1996) oder zur Kreisreform in den neuen Bundesländern von Seibel (1996), die sich vor allem mit strukturellen Aspekten des Verwaltungsaufbaus befassen und deshalb hier nicht weiter berücksichtigt werden.
In diesem Sinne eine Ausnahme ist das zur Zeit noch nicht abgeschlossene Dissertationsprojekt von Magali Gravier (1998). Die Studie untersucht die Identitäts- und Loyalitätsgestaltung am Beispiel der Ministerialeliten in Brandenburg und Sachsen und bedient sich dabei einer vergeichsweisen offenen Interviewführung, um auf dieser Basis die für die Diskurse der sozialen Identität relevanten Dimensionen zu rekonstruieren.
In der DDR waren Einstellungen und Orientierungen von Mitarbeitern im Staatsapparat kein Gegenstand empirischer sozialwissenschaftlicher Forschung. Eine in erster Linie auf einer Analyse von Dokumenten beruhende Arbeit zum Partei- und Staatsapparat in der DDR verfaßte Gero Neugebauer in den siebziger Jahren am Zentralinstitut für sozialwissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin (1978). Zwar nicht mehr ganz zu DDR-Zeiten sondern bereits in der Phase ihres Unterganges, aber noch vor den Kommunalwahlen vorn Mai 1990, führten Bernet und Lecheler ihre Expertenbefragung mit Führungskräften der Stadtverwaltung Plauen durch (Bernet/Lecheler 1990).
Am 14.12.1988 beschloß die Volkskammer der DDR das „Gesetz über die Zuständigkeit und das Verfahren der Gerichte zur Nachprüfung von Verwaltungsentscheidungen“. Es trat am 1.7.1989 in Kraft (vgl. Neckel 1992).
Zur Kooperation von Betrieben und lokalen Verwaltungen vergleiche auch Melzer 1991.
Auf „Keime“ der relativen Verselbständigung untergeordneter Teile des Staatsapparates gegenüber den SED-Leitungsebenen macht bereits in den 70er Jahren Neugebauer aufmerksam (1978).
Die Sozialisationshypothese besagt, „ daß die DDR-Bürger in der DDR derart sozialisiert worden sind, daß sie die dort empfangenen Prägungen schlechterdings nicht oder nur schwer abstreifen können“ (Pollack 1996: 16).
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Rogas, K. (2000). Verwaltungskulturforschung im ostdeutschen Transformationsprozeß. In: Ostdeutsche Verwaltungskultur im Wandel. Schriftenreihe Interdisziplinäre Organisations- und Verwaltungsforschung, vol 3. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10977-8_3
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