Zusammenfassung
Die in Teil I dieser Arbeit erarbeiteten öffentlichkeitstheoretischen Konzepte sollen hier im Rahmen einer empirischen Fallanalyse empirisch erhärtet werden. Der Gegenstand dieser Fallanalyse ist die Berichterstattung der bundesdeutschen Printmedien über illegale Drogen. Aus diesem größeren Berichterstattungsfeld ist eine spezielle Kontroverse von besonderem Interesse, die sogenannte „Freigabe“-Debatte.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Durch die Anlehnung der vorliegenden Untersuchung an die von Gerhards/Lindgens (1995) dargestellte Analysemethodik können die mit Hilfe dieser Methodik gewonnenen Ergebnisse von Gerhards/Neidhardt Rucht (1998), Gerhards (1996a; 1997) sowie Neidhardt (1996) an einzelnen Punkten zum Vergleich herangezogen werden.
Zur Bedeutung von Massenmedien für die Gesundheitskommunikation allgemein vgl. Weßler (1997a; 1995a) sowie die dort zitierte Literatur.
Die älteren deutschen Arbeiten (GaedtlGaedt/Reuband 1976; Schenk 1980; Wormser 1976; Meudt 1979 ) lassen durchweg ein ausgearbeitetes kommunikationswissenschaftliches Analysekonzept vermissen. Diese Arbeiten stehen häufig im Kontext von soziologischen Überlegungen zur gesellschaftlichen Bedeutung des Drogenkonsums und verwenden die Medienberichterstattung als Indikator für die gesellschaftliche Bewußtseinslage. Aus ihnen lassen sich daher kaum Erkenntnisse über das Funktionieren des Mediensystems oder den Verlauf medienöffentlicher Diskurse gewinnen, wie sie für die vorliegende Arbeit von Interesse wären.
Anders als etwa in den USA (vgl. Merriam 1989) und der Schweiz (vgl. Boller 1995) existiert in Deutschland keine kontinuierliche wissenschaftliche Beobachtung der Berichterstattung überil darüber hinaus auch für diejenigen Studien, die sich einer argumentations-, diskursoder deutungsanalytischen Methodik bedienen (Boller 1997; Beckett 1995; Bell 1985, 1982). Diese Untersuchungen können die vorliegende Fallanalyse also nicht in prozeßanalytischer Hinsicht anleiten; sie sind jedoch im Hinblick auf die deutungsanalytische Ausrichtung der Fallstudie interessant. legale Drogen oder Drogenpolitik (Monitoring). Das erschwert entsprechende Verlaufsanalysen, insbesondere über längere Zeiträume hinweg. Die hier nicht im Detail betrachteten deutschen Studien aus den 70er Jahren (Gaedt/GaedtlReuband 1976; Schenk 1980; Wormser 1976; Meudt 1979) orientieren sich in ihrem Analysekonzept zudem an der zum Zeitpunkt der Erhebung aktuellen Sach-und Diskussionslage und verfolgen ein jeweils spezifisches Anliegen. Die Vergleichbarkeit dieser Studien ist daher stark eingeschränkt, so daß keine Langzeitvergleiche zur Entwicklung der Drogenberichterstattung in Deutschland möglich sind.
Dieser Beschluß wurde vom Bundestag bisher nicht bestätigt. Eine kontrollierte Heroinvergabe ist - auch als Modellversuch - daher in Deutschland nach wie vor nicht möglich.
Das von Beckett (1994) verwendete Maß für die Priorität des Drogenproblems auf der politischen Agenda erscheint gegenüber dem von Gonzenbach (1994) verwendeten Maß (PR-Aktivitäten des Präsidenten) als umfassender und angemessener: Beckett bezieht zum einen nicht nur den Präsidenten als politischen Akteur ein, sondern auch alle anderen staatlichen Akteure auf der nationalen Ebene. Zum anderen berücksichtigt sie nicht die Verlautbarungen als solche, sondern nur solche, die in der Lage waren, Medienberichterstattung zu generieren: „I assume that in order for state definitional activities to have an impact an public opinion, they must be made public by the mass media. “ (Beckett 1994: 431 )
Die Statistiken über Drogentote und Erstkonsumenten, die in regelmäßigen Abständen veröffentlicht werden, sind Teil der polizeilichen Kriminalitätsstatistik. Sie erfassen daher nicht das tatsächliche Ausmaß des (Erst)Konsums oder der Todesfälle, die auf Drogenkonsum zurückgehen, sondern reflektieren stärker die Intensität der polizeilichen Verfolgungsmaßnahmen. Zur Kritik offizieller Datenquellen zum „Drogenproblem“ in den USA vgl. Reinarman/Levine (1989).
Einbezogen wurden sowohl Abonnements-als auch Straßenverkaufszeitungen; die Sammlung der Beiträge erledigte ein Presseausschnittbüro.
Unsere eigene Fallstudie hat gezeigt, daß die neuere drogenpolitische Debatte ihren Anfang im Jahre 1988 nahm (vgl. unten Kap. 3.3).
Eine Lösung für das Problem der gleichgewichtigen Behandlung mehrerer Themen hätte entweder darin bestanden, pro Beitrag mehrere Nennungen zuzulassen (wie dies bei Rose [1995] der Fall ist) oder aber - wie in der vorliegenden Untersuchung - den chronologisch zuerst genannten Themenaspekt als Thema des Beitrags zu codieren (vgl. Kap. 4).
Aus diesem Grund eignet sich diese Studie besonders gut als Vergleichsfolie für unsere eigene Untersuchung über die drogenpolitische „Freigabe“-Debatte in der Bundesrepublik.
Dazu haben Boller/Coray (1997) und Coray (1995) weitere Detailanalysen vorgelegt (siehe Kap. 3.2.5). Die Kontroverse um eine kontrollierte Vergabe von Heroin an Süchtige spielt auch in der bundesdeutschen „Freigabe“-Debatte eine bedeutende Rolle (siehe die Ausführungen in Kap. 3.3 und 5). Dabei wurde in der deutschen Berichterstattung zum Teil direkt auf die Schweizer Debatte und die dort durchgeführten Modellversuche zur Heroinvergabe Bezug genommen.
Der kontroverse Charakter der des Themas Heroinvergabe zeigt sich auch daran, daß der Anteil meinungsorientierter Beitragsformen hier deutlich höher ist als im Durchschnitt aller Themen (Boller/Coray 1997: 87).
Erfaßt wurde nur der jeweils zuerst genannte Akteur.
Dies hat methodische Gründe: Die Daten, die als Indikatoren für diese Variablen zur Verfügung standen, waren auf einer vierteljährlichen oder jährlichen Basis erhoben worden, während die Zeitreihenanalyse mit Monatsintervallen arbeitete. Sie mußten daher auf Monate heruntergebrochen werden und waren innerhalb eines Vierteljahres bzw. Jahres somit jeweils konstant.
Über diesen speziellen Aspekt hinaus liefern Reinarman/Levine (1989) eine fundierte methodische Kritik der in den USA verfügbaren Daten zum „Drogenproblem“ (siehe vor allem S. 543548 sowie die Fußnoten 5 und 6).
Statt der Daten über Notaufnahmen in Krankhäusern verwendet Beckett Umfragedaten des National Institute an Drug Abuse („Household Survey an Drug Abuse”) als Indikator für das Problemausmaß.
Das von Beckett (1994) verwendete Maß für die Priorität des Drogenproblems auf der politischen Agenda erscheint gegenüber dem von Gonzenbach (1994) verwendeten Maß (PR-Aktivitäten des Präsidenten) als umfassender und angemessener: Beckett bezieht zum einen nicht nur den Präsidenten als politischen Akteur ein, sondern auch alle anderen staatlichen Akteure auf der nationalen Ebene. Zum anderen berücksichtigt sie nicht die Verlautbarungen als solche, sondern nur solche, die in der Lage waren, Medienberichterstattung zu generieren: „I assume that in order for state definitional activities to have an impact an public opinion, they must be made public by the mass media. “ (Beckett 1994: 431 )
Man könnte vermuten, daß der negative Befund in bezug auf die Berichterstattungsintensität auf das von Beckett verwendete Maß zurückzuführen ist. Denn es stellt sich die Frage, wie aussagekräftig ein Medien-Indikator ist, der explizit alle staatlichen Akteure ausschließt. Es erscheint durchaus plausibel, daß der Teil der Medienberichterstattung, der sich nicht auf diese Akteure bezieht, in der Tat wenig Einfluß auf die Problemwahrnehmung der Bevölkerung hat. Allerdings zeigte sich bei dem von Beckett ebenfalls untersuchten Thema „Straßenkriminalität“, daß „state initiative” und „media initiative” gleichermaßen einen Einfluß auf die Problemwahrnehmung ausübten.
Zu den von Gamson/Lasch (1983) übernommenen Analysekriterien zur Beschreibung von Deutungsmustern gehören: „frame” (grundlegende Problemdefinition), „position” (drogenpolitische Hauptstrategie), „exemplars“ (Fallbeispiele), „catchphrases” (Schlagworte), „depictions“ (Verbildlichungen), „roots” (Ursachenzuschreibungen) und „principles“ (moralische Werte).
Beckett (1995) macht keine näheren Angaben darüber, wie sie die Verwendung eines „issue packages“ durch einen Akteur (von ihr als „package display” bezeichnet) codiert hat. Hier liegt eine weitere methodische Schwäche dieser Untersuchung: Ein offenbar weitgehend interpretativer Codiervorgang mündet in Daten, die dennoch quantitativ analysiert werden. 66 Aus diesem Grund beginnt der Untersuchungszeitraum der vorliegenden Arbeit Ende 1988; die Vorläufer-Diskussionen (z.B. über Substitutionstherapien) werden hier außer Acht gelassen. Der Untersuchungszeitraum endet aus forschungspraktischen Gründen im Februar 1995 (vgl. Kap. 4). Dennoch wird an dieser Stelle auch der aktuelle Stand der Diskussion wiedergegeben.
Anders als etwa in den USA (vgl. Merriam 1989) und der Schweiz (vgl. Boller 1995) existiert in Deutschland keine kontinuierliche wissenschaftliche Beobachtung der Berichterstattung überil darüber hinaus auch für diejenigen Studien, die sich einer argumentations-, diskursoder deutungsanalytischen Methodik bedienen (Boller 1997; Beckett 1995; Bell 1985, 1982). Diese Untersuchungen können die vorliegende Fallanalyse also nicht in prozeßanalytischer Hinsicht anleiten; sie sind jedoch im Hinblick auf die deutungsanalytische Ausrichtung der Fallstudie interessant. legale Drogen oder Drogenpolitik (Monitoring). Das erschwert entsprechende Verlaufsanalysen, insbesondere über längere Zeiträume hinweg. Die hier nicht im Detail betrachteten deutschen Studien aus den 70er Jahren (Gaedt/GaedtlReuband 1976; Schenk 1980; Wormser 1976; Meudt 1979) orientieren sich in ihrem Analysekonzept zudem an der zum Zeitpunkt der Erhebung aktuellen Sach-und Diskussionslage und verfolgen ein jeweils spezifisches Anliegen. Die Vergleichbarkeit dieser Studien ist daher stark eingeschränkt, so daß keine Langzeitvergleiche zur Entwicklung der Drogenberichterstattung in Deutschland möglich sind.
Einen solchen Vorschlag machte die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen Ende 1993. Aufgrund des sog. Haschischurteils des Bundesverfassungsgericht (siehe unten) vom April 1994 wurde dieser Vorschlag jedoch nicht weiterverfolgt.
Einen - erfolglosen - Gesetzesantrag zur Entkriminalisierung einer Wochenration aller illegalen Drogen hat die SPD-Bundestagsfraktion am 3.6.1992 sowie wortgleich noch einmal am 11.12.1996 im Bundestag gestellt. Eine Möglichkeit der teilweisen Entkriminalisierung besteht außerdem darin, den Besitz und Erwerb geringer Mengen Cannabis zum Eigenverbrauch zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen. Ein Gesetzesvorstoß in dieser Richtung, den Rheinland-Pfalz am 21.1.1993 im Bundesrat eingebracht hatte, fand dort nicht die notwendige Zustimmung.
Im Bundestag wurden 1994 und 1996 zwei Gesetzesanträge eingebracht, die eine Legalisierung von Cannabis zum Inhalt hatten (Antrag von PDS/Linke Liste vom 23.2.1994 sowie Antrag von Bündnis 90/Die Grünen vom 26.4.1996). Beide Anträge fanden keine Mehrheit..
Der drogenpolitische Berichterstatter der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Hubert Huppe (CDU), hat im Juli 1997 erstmals zu erkennen gegeben, daß er bereit sei, über eine kontrollierte Heroinvergabe zu diskutieren, wenn die Begleitforschung zu den Schweizer Programmen den Erfolg dieses Modells erweise (vgl. Frankfurter Rundschau vom 11. 7. 1997 ).
Author information
Authors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 1999 Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Weßler, H. (1999). Das Thema „Drogen“ als Untersuchungsgegenstand. In: Öffentlichkeit als Prozeß. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10932-7_4
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-10932-7_4
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-13259-4
Online ISBN: 978-3-663-10932-7
eBook Packages: Springer Book Archive