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Politische Öffentlichkeit als Inszenierung

Resonanz von „Events“ in den Medien

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Öffentlichkeit

Abstract

Dieser Aufsatz konzentriert sich auf das Phänomen, daß politische Akteure in steigendem Maße versuchen, den Selektions- und Darstellungslogiken der Medien durch Event-Inszenierungen im öffentlichen Raum zu entsprechen. Event-Produktion wird damit zu einem zentralen Mittel im Kampf um Aufmerksamkeit, dem knappsten Gut moderner Gesellschaften. Auf der Basis der Berichterstattung in deutschschweizer Leitmedien in den Jahren 1996 und 1997 werden die medienwirksamen Aktionsformen politischer Akteure systematisch erfaßt und bezüglich ihrer Initiatoren, ihrer Inszenierungsformen und ihrer Medienresonanz verglichen. Die Untersuchung erlaubt die Darlegung einer Rezeptur erfolgreicher Events und die Differenzierung der Event-Inszenierungen etablierter und nicht etablierter politischer Akteure.

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Literatur

  1. Gerhards/Neidhardt 1990; Marcinkowski 1993; Gerhards 1994; Imhof 1994; Jarren 1996; Pöttker 1996. In der mediensoziologischen Literatur insbesondere systemtheoretischer Provenienz (Luhmann 1996; Gerhards/Neidhardt 1990) wird der Entdifferenzierungsprozeß, welcher die Medien der ökonomischen Marktlogik unterwirft, gegenüber dem Ausdifferenzierungsprozeß des Mediensystems vom politischen System aus theorieimmanenten Gründen vernachlässigt.

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  2. Der Zusammenhang zwischen spektakulärer Ereignisinszenierung und dem sprunghaften Anstieg der Resonanz von sozialen Bewegungen in den Massenmedien seit den sechziger Jahren kann am Beispiel der jurassischen Protestbewegung idealtypisch aufgezeigt werden (vgl. dazu Eisenegger 1999).

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  3. Die zitierte Studie zählt für die Bundestagswahlen 1990 in Anlehnung an die klassische Arbeit Boorstins rund 50 Prozent sogenannter „Pseudoereignisse“ („pseudo events”) in der medialen Berichterstattung, die von politischen Akteuren explizit im Hinblick auf massenmediale Resonanz inszeniert wurden (vgl. Boorstin 1961).

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  4. Das Projekt wurde am „Forschungsbereich Öffentlichkeitssoziologie und -geschichte des Soziologischen Instituts der Universität Zürich“ (fög/SIUZ) durchgeführt und von der,.Stiftung für wissenschaftliche Forschung der Universität Zürich” finanziert.

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  5. Das Mediensample umfaßt ein Medium mit Parteiaffinität (Neue Zürcher Zeitung), ein Forumsmedium (Tages-Anzeiger, vergleichbar: Süddeutsche Zeitung), eine Boulevardzeitung (Blick, vergleichbar: Bild) und die Sonntagspresse (Sonntagsblick und Sonntagszeitung).

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  6. Die Keyword-Liste wurde in die drei kategorialen Gruppen „Event-Typ“, g pp „ yp”, „Event-Initia toren“ und „Event-Attributierung” gegliedert. Im Forschungsprozeß wurde diese Keywordliste in iterativen Suchprozessen sukzessive verfeinert. Die Keyword-Kategorie Event-Typen umfaßt Keywords wie „Aktion“, „Ereignis”, „Event“, „Demonstration”, „Boykott“. „Manifestation”, „Streik“, „Kundgebung”, „Protest“, „Blockade”, „Informationskampagne“ etc. Die Kategorie Event-Initiatoren umfaßt die Bezeichnungen etablierter politischer Akteure (Parteien, Verbände, Behörden, Ministerien etc.) wie nicht etablierter politischer Akteure (soziale Bewegungen, Protestparteien, NGOs). Die Kategorie EventAttributierung schließlich beinhaltet Begriffe, die sich für die Event-Berichterstattung als charakteristisch erwiesen (z.B.: „spektakulär”, „medienwirksam“, „Provokation”, „attraktiv“, „innovativ”, „gewaltsam“, „Rechtsbruch”, „Slogan“, „Transparent”).

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  7. Erfaßt wurden folgende Ausprägungen: soziale Bewegungen, Protestparteien, NGOs, mmigrantengruppen, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Exekutivbehörden, Bundesratsparteien, übrige Parteien, Hilfswerke und die Medien. Diese Initiatoren wurden in etablierte versus nicht etablierte Akteure differenziert (dichotome Kategorien). Als etablierte politische Akteure wurden alle Event-Initiatoren erfaßt, die unmittelbar in den politischen Entscheidungsprozeß eingebunden sind oder sich mittelbar über neokorporative Arrangements in diesen integrieren. Zu den etablierten politischen Akteuren zählten wir insbesondere Exekutivbehörden und Parteien (Ausnahme: im Parlament vertretenen Protestparteien), aber auch Arbeitgeber-bzw. Arbeitnehmerverbände. Zu den nicht etablierten Akteuren zählten wir soziale Bewegungen, Protestparteien und NGOs. Event-Initiatoren, die sich den dichotomen Kategorien etablierte bzw. nicht etablierte politische Akteure nicht eindeutig zuordnen ließen (z.B. die Massenmedien selbst) sowie uneindeutige Textverweise (z.B. „eine aufgebrachte Menge von Bauern“) wurden der Residualkategorie zugeordnet.

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  8. Kategorisierung: Bewilligte und unbewilligte Kundgebungen, Protestaktionen, Besetzungen, Boykotte, Streiks, Informationskampagnen, Benefizveranstaltungen und Spendenaufrufe.

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  9. Differenziert wurde zwischen den Protestobjekten „Akteure“ oder „gesellschaftliche Prozesse” (dichotome Kategorien).

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  10. Kategorisierung: Event an symbolträchtigem Ort oder nicht (dichotome Kategorien).

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  11. Unterschieden wurden die Thematisierungsfoki „Inszenierungsform“ versus „politische Botschaft” und „Personalisierung des Event-Initiators“ versus „keine Personalisierung” (dichotome Kategorien). Die Unterscheidung des Thematisierungsfokus „Inszenierungsform“ versus „politische Botschaft” schließt an Arbeiten an, deren Interesse den Resonanzchancen von sozialen Bewegungen in den Massenmedien gilt (vgl. Rucht 1994, 348; Schmitt-Beck 1990, 652; Jenkins 1983, 546). Darin wird die Beobachtung geäußert, daß die Anpassungsstrategie ereignisproduzierender Akteure an die Selektionskriterien der Massenmedien die Gefahr birgt, daß der Inhalt und die politischen Anliegen insbesondere bei spektakulären Inszenierungen in den Hintergrund treten.

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  12. Nicht Thema dieses Papiers ist der Vergleich der Berichterstattung zwischen den verschiedenen Medientypen.

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  13. Die Rangfolge der Events wird auf der Basis der absoluten Artikelzahlen zu einem Event gebildet. Die Tabelle gibt zudem Aufschluß über die Gesamtlänge der Berichterstattung, die in„Characters” gemessen wurde. Insgesamt wurden 379 Events erfaßt.

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  14. Die Praxis medienwirksamer Aktionsformen wird durch das Anknüpfen an die Protesttradition dieser Organisationen erleichtert. Streik oder Streikdrohung und Manifestationen bei den Gewerkschaften sowie Manifestationen, Boykott-, Nahrungsmittelvernichtungsund Blockadeaktionen gegenüber Großverteilern bei den Bauernverbänden gehören zum traditionellen Protestrepertoire dieser Interessenverbände.

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  15. Bei dieser Untersuchung wurden die ebenfalls antitraditionalen Formen der Inseratwerbung der Zürcher SVP nicht erfaßt (vgl. hierzu Hartmann/Horvath 1995; Imhof 1996).

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  16. Die nachfolgenden Tabellen weisen nur diejenigen Events bzw. Beiträge über Events aus, bei denen die thematisierten Initiatoren in das dichotome Schema etablierter versus nicht etablierter Akteure eingeordnet werden konnten.

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  17. Bei den übrigen 49 Events konnte die dichotome Kategorie „Etabliertheit“ bzw. „Nicht Etabliertheit” des Event-Initiators nicht eindeutig zugeordnet werden (vgl. Anm. 7).

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  18. Beispiele solcher gewaltfreier Normverstöße sind: Die Traktoren-Blockade der Nationalstraße 12 durch Bauern, um gegen die Verordnung zur Schlachtung von 230 000 Rindern als Folge der BSE-Bekämpfung zu demonstrieren (1996), die Blockade von Zufahrten zum Regierungssitz in Neuenburg durch Gemeindepolitiker, um gegen die „wirtschaftliche Vernachlässigung“ des Val-de-Travers zu demonstrieren (1997) sowie etwa die Besetzung von Parkplätzen auf dem Zürcher Münsterhof durch die Gruppe „Züri autofrei” (ZAF), um ihr Anliegen einer autofreien Zürcher Innenstadt zu manifestieren (1996).

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  19. In bezug auf die Affinität zwischen nicht etablierten politischen Akteuren und Normverstößen mit oder ohne Gewalttätigkeiten gilt es, eine Ausnahme zu betonen: Die Untersuchung zeigt, daß Immigrantengruppen praktisch nie mit Rechtsverstößen und gewalttätigen Events in Verbindung gebracht werden.

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  20. Beispiele für Events mit spektakulären Effekten sind: die Entfaltung eines 30 Meter breiten Transparents durch Greenpeace-Aktivisten auf dem Jungfraujoch (Protest gegen die Umweltbelastung der Alpen); ein Sitzstreik auf einer 40 Meter langen Bank durch Ho osexuelle vor dem Bundeshaus in Bern, um der Forderung visuellen Ausdruck zu verleihen, ihre Anliegen „nicht auf die lange Bank“ zu schieben; der Protest von Umweltverbänden mit einem aufblasbaren Wal ebenfalls vor dem Berner Bundeshaus, um gegen die Artenschutzpolitik der Schweizer Behörden zu protestieren; die Errichtung eines „Stausees” durch Greenpeace-Aktivisten vor dem Hauptsitz der BKW Energie AG, um gegen das geplante Groß-Stauseeprojekt Grimsel-West zu protestieren; das Verbrennen des „Agrarberichts 2002“ durch den schweizerischen Bauernverband (SBV) vor dem Bundesamt für Landwirtschaft in Bern sowie das durch Gewerkschaften vor dem Bundeshaus initiierte „Beamten-Pfeifkonzert”, im Rahmen einer Manifestation gegen Lohnkürzungen.

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  21. Die von Gewerkschaften 1996 organisierte Kundgebung „gegen Sozialabbau“ auf dem Bundesplatz in Bern (Tab. 1: Rang 3) ist ein Beispiel für einen Event, in dessen Zentrum die Kritik an einem deklarierten gesellschaftlichen Problem steht. Der Anschlag linksradikaler Gruppen auf einen Skinhead-Treffpunkt im Zürcher Niederdorf illustriert eine akteursbezogene Protestorientierung.

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  22. Der hohe Nachrichtenwert des politischen Konflikts, der sich in diesen beiden Kundgebungen manifestiert, zeitigt eine Medienresonanz, die bis Anfang 1996 anhält und entsprechend von unserer Untersuchung erfaßt wurde.

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  23. Die Kundgebung wurde unter das Motto „gegen die SwissAir und gegen die Fremdbestimmung und Übermacht der Deutschschweiz“ gestellt.

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  24. Der Chefredakteur des „Nouveau Quotidien“, Jacques Pilet, fungiert als charismatische Führungsfigur der Kundgebung. Gemäß einem Kommentar der Neuen Zürcher Zeitung haben sich die welschen Zeitungen „[…J wie noch nie vom Piletismus’ hinreißen lassen” (NZZ, 27.4.96, 12).

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  25. Die Kundgebung fand im Flughafen Cointrin statt.

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© 1999 Springer Fachmedien Wiesbaden

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Imhof, K., Eisenegger, M. (1999). Politische Öffentlichkeit als Inszenierung. In: Szyszka, P. (eds) Öffentlichkeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10931-0_14

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-10931-0_14

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

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