Abschied vom Leitbild „Zivilmacht“? Konzepte zur EU-Sicherheitspolitik nach dem Irak-Krieg

Zusammenfassung

Folgt man manchen aufgeregten Kommentaren im Vorfeld und während des Irak-Krieges im Frühjahr 2003, so steckt die Gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GASP/ESVP) der Europäischen Union in einer schweren Krise. Nach dem Krieg konstatierten die einen „europäische Kollateralschäden“ für die Zukunft der GASP/ESVP (Dembinski/Wagner 2003: 31), während andere die Geburtsstunde einer europäischen Öffentlichkeit gekommen sahen (Habermas/Derrida 2003). Ab Mitte 2003 besannen sich die politischen Protagonisten darauf, dass sie aufeinander angewiesen sind. So wurde auf dem G-8-Gipfel in Evian im Sommer 2003 der transatlantische Streit offiziell beigelegt, ohne dass die Staaten des „alten Europa” auf der einen Seite und die USA sowie die Staaten des „neuen Europa auf der anderen Seite jedoch von den unterschiedlichen Grundsatzpositionen abrückten. Etwa zur gleichen Zeit einigte sich der „Konvent für die Zukunft Europas“ auf einen Verfassungsentwurf, der – wenn er von den Staats- und Regierungschefs angenommen werden sollte – die GASP/ ESVP auf eine neue Grundlage stellt. Gleichwohl ist die EU von einer GASP, die diesen Namen verdient, noch weit entfernt.

• Wo steht die europäische Außen und Sicherheitspolitik also nach dem Irak-Krieg?

• Könnten die Konzepte einer Avantgarde bzw. einer differenzierten sicherheitspolitischen Integration hilfreich sein?

• An welchem Leitbild sollte sich die Außen- und Sicherheitspolitik der EU ausrichten, nachdem das traditionelle Leitbild einer „Zivilmacht“ verblasst (Rummel 2002)?