Skip to main content

ICH-Stärkung unerwünscht? Über die Folgen der Über-Ich-Dominanz und der Es-Unterdrückung im Militär

  • Chapter
Militär als Lebenswelt

Zusammenfassung

Militärische Erziehung in der Bundeswehr ist Charakterbildung. Der nur gut ausgebildete, funktions- und einsatzfähige, kampf- und kriegstüchtige Soldat ist — nach offizieller Lesart — noch kein guter Soldat; er bedarf der Erziehung. Die Legitimation der Erziehung in der Bundeswehr gründet in diesem Fehl der Ausbildung , in der Differenz von gut ausgebildeten und charakterlich gut gebildeten, d.h. kriegstüchtigen Soldaten. Erst der gute Soldat mit (Charakter-)Bildung ist bereit und willens, für Recht und Freiheit des deutschen Volkes, für die Bundesrepublik Deutschland und deren Verfassung (die Demokratie) einzutreten, tapfer zu kämpfen und äußerstenfalls sein Leben einzusetzen; aber auch Staatsbürger genug, daß er den Primat der Politik anerkennt und fur sinnvoll hält, daß er die Integration von Bundeswehr und Gesellschaft fördert und mehrt, indem er sich politisch bildet und seine Rechte — auch innerhalb der Armee — wahrnimmt. In dem fair unsere Streitkräfte in der Demokratie entwickelten Konzept der Inneren Führung mit dem Leitbild des Staatsbürgers in Uniform wird diese Einheit von Bürger und Soldat, einzelnem und Gesellschaft, von Können und Wollen (Bereitschaft), Fähigkeit und Motivation vorgestellt und repräsentiert gedacht.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 64.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Anmerkungen

  1. Vgl. HDv 100/100, Führung im Gefecht (TF/G), v. Sept. 1973, Nr. 701.

    Google Scholar 

  2. Vgl. z.B. FüAkBw, Kdr, Az 33–02–3/64 v. 22.11.1983: Lehrplan Funktionslehrgang Fortbildungsstufe C Lehrstabsoffizier (Didaktik), Katalognummer Lehr KatSK 120–C–135 und Anweisung für die Truppenausbildung, Nr. 2, Die Vollausbildung im Heer. 04410 Panzergrenadierkompanie. August 1977, Teil A, Gemeinsame Bestim–mungen, Anl. 6.

    Google Scholar 

  3. In dem Leitbild des Staatsbürgers in Uniform werden durchaus widersprüchliche Eigenschaften vereint und als Erziehungsziele gefordert: Selbständigkeit und Ge-horsam, Initiative und Disziplin, Kreativität und Ordnung, Toleranz und Konflikt-bereitschaft sind Eigenschaftspaare, die miteinander im Widerstreit liegen, und zu deren Vermittlung entgegengesetzte Wege eingeschlagen werden müßten.

    Google Scholar 

  4. Zum Gegensatz von Selbständigkeit und Gehorsam vgl. Hoffmann, Gisbert: Der Streit um die Erziehung in der Stabsoffizierausbildung, in: Die Neuordnung von Bildung und Ausbildung in der Bundeswehr, hrsg. von K.-E. Schulz, Baden-Baden 1982, S. 162. — Zum Gegensatz von Initiative und Disziplin vgl. Bigler, Rolf R.: Der einsame Soldat, Frauenfeld 1963, S. 168ff., bes. 178ff.; ferner Marshall, S.L.A.: Soldaten im Feuer, Frauenfeld 1951, S. 20f. u. 178 und Janowitz, Morris/Little, Roger W.: Militär und Gesellschaft, Boppard 1965 ( Orig. 1959 ), S. 62f.

    Google Scholar 

  5. Z.B. werden in der Beurteilungsvorschrift (ZDv 20/6, Personelle Auswahlmittel für Soldaten der Bundeswehr, v. Febr. 1974 ) keineswegs, wie man erwarten könnte, alle diejenigen Eigenschaften aufgelistet und als beurteilungsrelevant eingeführt; die in den anderen Vorschriften und im Soldatengesetz gefordert werden. Überdies stellt diese Vorschrift fachfremd den Persönlichkeitsmerkmalen Eignungs-und Lei-stungsmerkmale gegenüber. Sodann unterscheidet sie Merkmale, die einander ähneln, wie sie umgekehrt Eigenschaften in ein Merkmal versammelt, die man eher trennen möchte: So ist es sicherlich nicht leicht, zwischen dem charakterlichen Merkmal,Wille/Entschlußkraft` einerseits und den Eignungsmerkmalen,Einsatzbereitschaft` und,Durchsetzungsvermögen` andererseits, die sich auch in der Erläuterung (Anl. 9/2b) ähneln, zu unterscheiden. Wiederum läßt sich durchaus jemand vorstellen, der z.B. beharrlich, aber schwunglos ist (Begriffssammlung Anl. 10/1 Ia; Merkmal,Wille/ Entschlußkraft` ). Letztlich werden in der Begriffssammlung Eigenschaften z.T. anders als umgangssprachlich gewertet (I B,impulsiv` gilt als negativ).

    Google Scholar 

  6. Ich denke u.a. an: Rothacker, Erich: Die Schichten der Persönlichkeit, 6. erw. Aufl., Bonn 1967 (1. Aufl. München 1938); an Lersch, Philipp: Aufbau der Person, 10. Aufl., München 1962 (1. Aufl. München 1938); an Wellek, Albert: Die Polarität im Aufbau des Charakters, 3. Aufl., Berlin/München 1966 (1. Aufl. 1950 ).

    Google Scholar 

  7. Freud, Sigmund: Massenpsychologie und Ich-Analyse, Ges. Werke, Bd. XIII, S. 71ff.

    Google Scholar 

  8. Benutzt wird die Gesamtausgabe von Freud, Sigmund: Gesammelte Werke. Chrono-logisch geordnet. Bd. I - XVIII, Frankfurt: verschiedene Auflagen: insbes. „Das Ich und das Es“, Bd. XIII, S. 235ff. — „Jenseits des Lustprinzips”, Bd. XIII, S. 1ff. — „Abriß der Psychoanalyse“, Bd. XVIII, S. 63ff. — „Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse”, Bd. XV, S. lff. — „Das Unbehagen in der Kultur“, Bd. XIV, S. 419ff.

    Google Scholar 

  9. Zur Vielfalt der Erziehungsziele in der Bundeswehr vgl. u.a. die Tugendkataloge bei Portner, Dieter: Soldatische Tugenden und militärische Ausbildung heute, WK 1980, S. 615 und Wiesendahl, Elmar: Demokratischer Wertewandel und militärische Sub-kultur; in: Streitkräfte im gesellschaftlichen Wandel, hrsg. v. K.-E. Schulz, Bonn 1980, S. 110. — Die Vorschriften und die Hefte der Schriftenreihe Innere Führung, in denen sich viele unterschiedliche Charaktereigenschaften finden, werden hier nicht gesondert aufgeführt.

    Google Scholar 

  10. Beispiele sind den Jahresberichten des Wehrbeauftragen zu entnehmen, die als Bundestagsdrucksachen erscheinen.

    Google Scholar 

  11. ZDv 10/5: Der Innendienst, v. Aug. 1974, Nr. 105.

    Google Scholar 

  12. Freud, Sigmund: Das Unbehagen in der Kultur. Ges. Werke, Bd. XIV, S. 451ff.; Ders.: Charakter und Analerotik. Ges. Werke, Bd. VII, S. 201ff.

    Google Scholar 

  13. Vgl. das anschauliche Konzept der Normenfalle bei Treiber, Hubert: Wie man Soldaten macht, Düsseldorf 1973, S. 51.

    Google Scholar 

  14. Vgl. z.B. den Jahresbericht 1981 des Wehrbeauftragten v. 3.3.19$3, Deutscher Bun-destag, 9. Wahlperiode, Drucksache 9/1406, S. 8 und Christian Schulze, in: Ganser, Helmut W.: Technokraten in Uniform, Reinbek b. Hamburg 1980, S. 85.

    Google Scholar 

  15. Zu den Abwehrmöglichkeiten vgl. Freud, Anna: Das Ich und die Abwehrmechanismen, München (Kindler Tb 2001 ).

    Google Scholar 

  16. Vgl. Wiesendahl, Elmar: Demokratischer Wertewandel ..., a.a.O., S. 104ff.

    Google Scholar 

  17. In der Phase des Heranwachsens (18–21 Jahre) begriffen, mag das Ich des Soldaten bei geglückter Sozialisation zwar gut ausgebildet sein, es ist mit Sicherheit noch nicht gefestigt.

    Google Scholar 

  18. Jahresbericht 1980 des Wehrbeauftragten v. 17.3.1981. Deutscher Bundestag, 9. Wahlperiode, Drucksache 9/240, S. 8: „Bruch zwischen zwei Welten“; Becker/Leist: Militarismus in der Bundesrepublik Deutschland, Köln 1981, S. 99 und „Die ersten Tage”, in: ZIF, S. 53.

    Google Scholar 

  19. Vgl. Becker/Leist: ebd.

    Google Scholar 

  20. Häufiges Attribut der Rekruten im kritischen und offiziösen Schrifttum; vgl. Becker/ Leist, a.a.O., S. 98; Ganser, a.a.O., S. 84, S. 108, 120, 151 u.ö.; Steinert/Treiber: Erziehungsziel: Soldat, in: Klöss/Grossmann (Hrsg.): Unternehmen Bundeswehr, Frankfurt 1974, S. 107f., ferner; „Die ersten Stunden“, in: SIF, H.9/1980, S. 14; Kontakte, Erarb. v. H.-D. Bastian, Bonn 1979, S. 19, 103; „Die ersten Tage”, ZIF, S. 3, 13, 83.

    Google Scholar 

  21. Führungsfähigkeit und Entscheidungsverantwortung in den Streitkräften. Bericht der Kommission des Bundesministers der Verteidigung zur Stärkung der Führungs-fähigkeit und Entscheidungsverantwortung in der Bundeswehr v. 31.10. 1979, Zif. 29, S. 26.

    Google Scholar 

  22. Entschlossenheit: HDv 100/100 Führung im Gefecht (TF/G), Nr. 604, 1006; vgl. HDv 100/1 Truppenführung (TF), Nr. 38 u. 46, ferner ZDv 20/6 Anl. 10/1 Ia. Initiative: TF/G, Nr. 1007, HDv 100/200 Führungssystem des Heeres (TF/S), Nr. 207, ZDv 20/6 Anl. 9/1 Ba u. 9/4 IVa; ferner Eigeninitiative — Führungsfähigkeit.. a.a.O., Zif. 2, S. 3, Engagement: Führungsfähigkeit... a.a.O., Zif, 8, S. 12.

    Google Scholar 

  23. Kühnheit: TF, Nr. 39; Wagemut: TF, Nr. 41; wagen: TF/G, Nr. 1008 und TF, Nr. 66. Kampfwille: TF, Nr. 39.

    Google Scholar 

  24. freie schöpferische Tätigkeit“ TF, Nr. 64;kreatives Handeln: Führungsfähigkeit .. a.a.O., Zif. 8, S. 12; einfallsreich: TF/G, Nr. 603; vorausdenken: TF/G, Nr. 60, 603 u. TF, Nr. 46.

    Google Scholar 

  25. Tatkraft: TF/G 1007 und 1010, TF, Nr. 46, ZDv 20/6 Anl. 9/4 IVa und 10/1 Ia. Energieentfaltung: ZDv 20/6 Anl. 9/4 IVe; energisch: ZDv 20/6 Anl. 10/1 Ia.

    Google Scholar 

  26. Vgl. Führungsfähigkeit und ..., a.a.O., Zif. 22, S’20 (Kontroll-und Absicherungs-maßnahmen); Zif. 45, S. 40 (Absicherungsdenken); Empfehlung Nr. 34, S. 41 (kleinliches Absichern).

    Google Scholar 

  27. Seit dem Weißbuch 1973/74: „Zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Entwicklung der Bundeswehr“ braucht die Bundeswehr kein Feindbild mehr (Zif. 75, S. 51).

    Google Scholar 

  28. Zu dem Topos, Gruppenkohäsion als Kampfmotiv’ vgl. insbes. Moskos, Charles: Eigeninteresse, Primärgruppe und Ideologie, in: KZSS, Sonderheft 12/1968: Mili-tärsoziologie, S. 199–220.

    Google Scholar 

  29. Vgl. Terheggen, Michael: Gefühl: Sand im Getriebe? Offizierbrief 16. Offenbach/ Main, S. 13.

    Google Scholar 

  30. Vgl. Martini, Winfried: Freiheit auf Abruf, 3. Aufl., Köln/Berlin 1960, S. 328ff.

    Google Scholar 

  31. Vgl. Führungsfähigkeit und..., a.a.O., Nr. 29, S. 26.

    Google Scholar 

  32. Ebd.

    Google Scholar 

  33. Häufige Klage der Rekruten: vgl. z.B. Christian Schulze (S. 84) und Gerd Gerdes (S. 112), in: H. Ganser (Hrsg.): Technokraten ..., a.a.O.; ferner den Jahresbericht 1980 des Wehrbeauftragten, a.a.O., S. 9 und „Seit drei Wochen ...“, in: SIF, H. 1/84, S. 10, 14 u.ö.

    Google Scholar 

  34. Vgl. z.B. „Seit drei Wochen ...“, in: SIF, H. 1/84, S. 15ff.

    Google Scholar 

  35. Selbst wenn man rechtens bestimmte militärische Kampfgruppen als Primärgruppen anspricht, gerade weil sie ein starkes Wir-Gefühl entwickelt haben, also dem Kriterium der Intimität genügen, bleibt diese Bezeichnung eine empirische, die sich an der Faktizität orientiert. Sie schließt andere Gruppen aus, weil und solange sie diese Intimität nicht ausgebildet haben. Sie kommt meist unter besonderen (z.B. Kriegs-) Bedingungen zustande, die nicht beliebig verfügbar oder konstruierbar sind und nicht ohne weiteres auf andere Situationen (Frieden) übertragbar sind.

    Google Scholar 

  36. Vgl. Freud, Sigmund: Massenpsychologie und Ich-Analyse. Ges. Werke, Bd. XIII, S. 101ff.

    Google Scholar 

  37. Zum Gegensatz von Humanität und Funktionalität vgl. Portner/Schulz/Driftmann/ Wullich: Grundlagen der Allgemeinen Wehrpädagogik, Regensburg 1977, S. 24, 58ff., 159.

    Google Scholar 

  38. Vgl. Selbständigkeit TF/G, Nr. 605 und TF, Nr. 37, 46–48. Wider die Bevormundung HDv 100/200, Nr. 203, Zur Verantwortung: GF/G, Nr. 606; TF, Nr. 37, 48 und HDv 100/200, Nr. 202.

    Google Scholar 

  39. Vgl. Anweisung für die Truppenausbildung, Nr. 2: Die Vollausbildung im Heer, Teil B: Gesamtausbildungsplan, a.a.O., S. 75ff.

    Google Scholar 

  40. Z.B. bei Hildebrandt, Horst: Führen in modernen Landstreitkräften: Kampftruppen/ Kampfunterstützungstruppen, H. 2, 1979, 49f. und Wörner, Manfred: Politik der Friedenssicherung im Atlantischen Bündnis, in: SEF, H. 1/1983, S. 40–51; vgl. aber auch die Anweisungen für die Truppenausbildung, Nr. 2, Teil A I 3, S. 11.

    Google Scholar 

  41. Freud, Sigmund: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Ges. Werke Bd. XV, S. 86.

    Google Scholar 

  42. Vgl. TF/G, Nr. 1007 und TF, Nr. 68.

    Google Scholar 

  43. Bei der Panik kommt immer wieder der Augenblick, da die Realangst, die Angst vor der faktischen Bedrohung, durch die Triebangst verstärkt wird. Gerade die nicht ausgelebten Triebe sind es, die angstbereit und kopflos machen. Ausgelebte Triebe aber stärken das Ich und setzen es instand, der realen Situation realistisch zu begegnen.

    Google Scholar 

  44. Siehe Anm. 36.

    Google Scholar 

  45. Vgl. die Äuflerung Christian Schulzes in: H. Ganser (Hrsg.): Technokraten ..., a.a. O., S. 91.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1988 Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Hoffmann, G. (1988). ICH-Stärkung unerwünscht? Über die Folgen der Über-Ich-Dominanz und der Es-Unterdrückung im Militär. In: Vogt, W.R. (eds) Militär als Lebenswelt. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10803-0_3

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-10803-0_3

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-0532-8

  • Online ISBN: 978-3-663-10803-0

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics