Zusammenfassung
Das Ende des Staatssozialismus in Europa und seine Transformation zur Konkurrenzdemokratie und marktwirtschaftlichen Ordnung hat die Sozialwissenschaften vor eine zweifache Herausforderung gestellt, die sie wohl noch für einige Zeit beschäftigen wird: zum einen die Erforschung des Übergangs zwischen grundlegend unterschiedlichen Sozialordnungen, zum anderen die retrospektive Rekonstruktion des „realen Sozialismus“, dessen Untergang erstmals einen weitgehend freien Zugang zu den verfügbaren Wissensquellen und Datenbeständen für seine empirische Analyse eröffnet hat. Beide Aufgaben stehen in einem systematischen Zusammenhang, denn die Endphase des Staatssozialismus bildete die Ausgangskonfiguration für die nachfolgenden Transformationsprozesse. Andererseits gilt jedoch, daß dieser Zusanunenhang nicht die Eigenständigkeit beider Forschungsaufgaben aufzulösen vermag, denn die postsozialistische Transformation geht offenkundig über eine bloße Umbildung des Ende der 1980er Jahre in Ost- und Ostmitteleuropa bestehenden Zustandes hinaus, während der Staatssozialismus nicht nur von seinem Ende und Übergang her begriffen werden kann.1 Er bildete einen besonderen Gesellschaftstyp, mit einer spezifischen Machtorganisation, eigenen Legitimationsfiguren, Strukturformen, Reproduktionsmechanismen und Kommunikationsweisen, bei unterschiedlichen Anpassungen an die gesellschaftlichen Gegebenheiten, denen er nach 1945 oktroyiert worden war. Man beginge deshalb einen „Fehlschluß des retrospektiven Determinismus“,2 würde man die Systemgeschichte des Staatssozialismus ausschließlich von seinem Untergang her rekonstruieren.
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Best, H., Hornbostel, S. (1998). Prozeß-produzierte Daten als empirisches Material für eine Soziologie des realen Sozialismus. In: Materialien zur Erforschung der DDR-Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10757-6_7
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