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Wie untersucht man Beratung? Methodendiskussion

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Part of the book series: Forschung Gesellschaft ((FORSCHGES))

Zusammenfassung

Beratung, speziell aktuelle Ratgeberliteratur (und zum Vergleich: Expertenwissen), stellt das Untersuchungsfeld dar für die Fragestellung dieser Arbeit. Diese bestand aus zwei Teilen: Zum einen stellte sich ausgehend von der Vermutung einer diskursiven Obermacht die Frage, inwiefern die Sinngebung des Todes heute durch ein psychologisch geprägtes Skript beherrscht wird und man insofern von einer ‚Wiederbelebung‘ des Todes sprechen kann. Offen war auch, in welcher Form sich der als Revivalismus bezeichnete Diskurs durchsetzt: Ob als abstraktes und weitgehend einheitliches Expertenwissen oder als durch Betroffenheit gekennzeichnetes und dadurch eher vielfältiges Laienwissen. Besonders populäre Literatur zum Tod, die in den letzten Jahrzehnten unaufhörlich zugenommen hat, geriet dabei ins Blickfeld. Ich habe diese Literatur anschließend unter dem Stichwort „Beratung“ diskutiert, um zu zeigen, dass es sich dabei um eine typisch spätmoderne Form der Reflexivität handelt, die weit über das Thema Tod hinaus Relevanz erlangt hat. Gleichzeitig rückte damit auch der Bereich der Organisation ins Blickfeld, zeigt er doch ähnliche Tendenzen einer Auflösung von Experten- und Laienwissen. Inwiefern setzt sich auch hier der revivalistische Trend durch, wonach der Tod ein Thema fü;r Reden und Gefühl darstellt? Expertenwissen aus ausgewählten Einrichtungen, die mit dem Tod befasst sind, dient somit als Vergleichspunkt für die Ergebnisse der Ratgeberauswertung.

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Literatur

  1. Das Phänomen der Beratung läßt sich, wie oben dargestellt, nicht einseitig verorten in und zurü;ckfü;hren auf,objektive Strukturen (z.B. Organisationen, z.B. Krankenhaus); genauso wenig ist Beratung immer nur Selbsthilfe, d.h. Austausch unter,Betroffenen’ (Laien), bei der die,subjektive Erfahrungswelt in den Mittelpunkt gestellt wird. Sie kann beides sein oder irgendwo dazwischen liegen. Es bleibt eine offene Frage, wie Beratung als spezifische Reflexion von Unsicherheit je konkret auf organisatorische oder individuelle Umwelten Bezug nimmt. Zur Form der Beratung zählen also Selbsthilfegruppen genauso wie organisierte Expertenberatung.

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  2. Einen Überblick zur Forschung ü;ber Unternehmensberatung gibt etwa Steyrer 1991: 19ff.

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  3. Ein Vergleich zur Gesundheitsberatung in Japan und den USA zeigt beispielsweise, dass in den USA mehr Wert auf Autonomie und Aufklärung des Patienten gelegt wird (Annas/ Miller 1994).

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  4. Hier wird untersucht, inwiefern sich das Alter von Hinterbliebenen auf die Trauerberatung auswirken kann.

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  5. Meist steht dabei also die Funktion der Beratung fest: als abhängige Variable oder unabhängige Variable. Sie gilt selbst entweder als (passives) Objekt von ursächlich wirkenden Einflü;ssen oder als (aktives) Subjekt bestimmter Folgen. Letztlich dienen die Studien dem Ziel, den Einfluß von Faktoren auf die Beratung zu erhellen und dadurch die Beratung zu verbessern. Indirekt läßt sich daraus schließen, dass Beratung offenbar häufig nicht nach Plan verläuft. Allerdings fehlt bei einem solchen Ansatz das methodische Interesse fü;r die eigengesetzliche Form der Beratung.

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  6. Das geschieht mit den typischen Mitteln der Inhaltsanalyse wie Frequenz-und Valenzanalysen, vgl. dazu Schnell/ Hill/ Esser 1992: 409ff.

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  7. Bei Giddens (1991; 1993) und Wouters (1999) hat die Literatur denn auch eher exemplarische Funktion fü;r die theoretischen Aussagen.

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  8. Daneben jedoch gibt es vereinzelt Studien zu Ratgeberrubriken in Zeitschriften (vgl. Brinkgreve/ Korzec 1977; Schmid 1980). Ratgeberliteratur wird noch untersucht bei Jördis Land (1989), Cas Wouters (1999).

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  9. Sie gilt generell als geeignet fuir die Analyse größerer Textmengen. Vgl. Mayring 2000.

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  10. Oft genug, so lautet der Vorwurf, verbleibe die Analyse damit auf der „manifesten“ Ebene des Inhalts (vgl. Lindau 1998: 18).

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  11. Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine qualitative Auswertung (vgl. Fuchs 1969: 84).

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  12. Genau darauf hebt das Postulat der kü;nstlichen Dummheit von Ronald Hitzler ab (vgl. 1991). Erst dann aber kann man sehen, dass Wörter, z.B. Gott oder Tod, aber auch Sätze oder ganze Kapitel erst im Kontext eines Musters (innerhalb des Textes) Bedeutung bekommen. So kann Gleichlautendes höchst verschiedene Bedeutungen haben. Wer zuviel weiß, macht womöglich dieselbe Beobachtung, wie Jördis Land (1989) in seiner Studie zu Schwangerschaftsratgebern. Er zerteilt die Texte je nach „Empfehlung“, „Begrü;ndung” und „Erklärung“ und stellt ü;berrascht fest, dass ein und dieselbe Begrü;ndung mit gänzlich widersprü;chlichen Empfehlungen fü;r das Verhalten von Schwangeren verbunden sein können. Dass Lösungen (oder Empfehlungen) jedoch nie isoliert von einem Kontext der Problemdefinition zu trennen ist, hat Michael Pfadenhauer in einem Aufsatz zu Professionalität dargestellt (1998).

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  13. Formal, weil das Genre eben keineswegs nur eine Domäne von Experten darstellt, sondern auch häufig den Charakter von Selbsthilfe hat. Das gilt im ü;brigen inzwischen nicht nur fü;r die Literatur, sondern zeigt sich ansatzweise in der Thanatopraxis (s. Kap. 3.8). Und wollte man beispielsweise ¡ª inhaltlich - die Kategorie „Verdrängung des Todes“ untersuchen, stü;nde man vor dem Problem, sowohl den Begriff der Verdrängung als auch den des Todes eindeutig zu definieren. Dabei belegt selbst die thanatologische Literatur, dass Verdrängung sich einmal auf mangelnde Aufklärung im positivistischen Sinn beziehen kann, mal genau entgegengesetzt das aufgeklärte, medikalisierte Wissen bezeichnen kann - bis hin zu Verdrängung als formaler Bevormundung des Individuums. Wie vielfältig thanatologische Todesbegriffe sind, läßt sich in Kap. 2 nachlesen.

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  14. Zwar ähnelt Beratung im Hinblick auf die formalen Eigenschaften dem, was Susanne Gü;nthner und Hubert Knoblauch als „Kommunikative Gattung“ bezeichnen. Deren Merkmal sei es, sich in unterschiedlichen „Kontextualisierungsprinzipien” zu bewähren (Gü;nthner/ Knoblauch 1997: 285). Die Gattungsanalyse basiert demnach auf der Annahme, dass man in der sozialen Wirklichkeit bestimmte „Formen“ oder „Muster” vorfinden und unterscheiden kann. Obwohl die Autoren den Begriff vor allem auf mü;ndliche Kommunikationen beziehen, ließe sich der Begriff m.E. gut auf das Phänomen der Beratung ü;bertragen (vgl. ebd.: 282).

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  15. Gattungen, so heißt es dort, „bezeichnen diejenigen kommunikativen Prozesse, die von typischen Akteuren in besonderen Interaktionssituationen als Lösungen eines wiederkehrenden Problems hervorgebracht werden.“ (1997: 282)

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  16. Die Diskursanalyse ist ein Verfahren, das sich vielleicht mehr noch als die ü;brigen besprochenen dem autonomen und produktiven Charakter der sozialen Wirklichkeit widmet (vgl. Keller 2001: 113ff). Mehr noch als bei anderen Verfahren gilt das Interesse der immer wieder neu vollzogenen Konstruktion von Wirklichkeit im sozialen Geschehen. Die Perspektive auf die soziale Welt wird damit vollständig ent-ontologisiert (vgl. ebd.: 124): Wirklichkeit sei, so Keller, nicht,an sich’ zugänglich (vgl. ebd.: 118), sondern das Ergebnis von Sinn-Verweisungen, die uns auf Schritt und Tritt, bei allem Erleben und Handeln begleiteten. Zudem sei der Vorgang von Bedeutungszuweisung kein „Automatismus“, sondern ein „aktiver und kreativer Handlungsprozeß” (ebd.: 115). Gesellschaftliche Wirklichkeit verdanke sich somit einer jeweils „besondere[n], kontingente[n] Sinnordnung“ (ebd.: 118). Diese konstruktivistische Perspektive zeigt deshalb zunächst viele Parallelen zu dem Begriff der Beratung.

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  17. Wo aber liegen die Grenzen des Diskurses Beratung? Angesichts der Vielfalt der Beratungsformen, sowohl thematisch als auch formal, ist das schwer festzustellen. Welche Institution ist demnach fü;r Ratgeberbü;cher zum Tod zuständig: ein Verlag, die Wissenschaft, die Medizin, eine Familie?

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  18. Deutlich wird das daran, dass Meuser die Deutungsmuster zur Männlichkeit als „kulturelle Leitbilder“ bezeichnet, die dann auch Orientierungshilfen fü;r die Männer sein könnten (vgl. 1998: 127).

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  19. Die gesamte Herstellungstechnik der Ratgeberliteratur stellt diese Vorstellung auf den Kopf: Der Leser erscheint als Dreh-und Angelpunkt der gesamten Beratungssituation.

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  20. Die Autoren gehen dabei von unbewußt wirkenden Mechanismen aus, so dass sich die spezifische Funktion einer Gattung von den „individuellen Handlungszielen oder Strategien der Akteure“ (ebd.: 283) unterscheiden könne. D.h. auch hier gibt es so etwas wie hinter dem Rü;cken der Akteure wirkende Strukturen und Muster, die von ihnen angewendet werden. Auch diese Annahme ü;bersieht, wie unvollkommen Ratgeberbü;cher sind und wie wichtig es demzufolge ist, sich gesondert mit der Relevanz der Beratung zu beschäftigen. Vgl. dazu Kap. 5 und 6.

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  21. So mancher Praktiker scheint in ganz spezifische Zeitpläne eingespannt zu sein, wie etwa die Grabmacher der Stadt Mü;nchen. Laut Sü;ddeutscher Zeitung sind diese die „letzten Akkordarbeiter der Stadt“ (SZ vom 08.02.04). Wo soll da die Zeit zum Lesen bleiben? Der Rat mag irritieren, was passiert (und auch das ist nicht garantiert); bestimmen kann er es nicht.

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  22. Um der Selbstständigkeit Rechnung zu tragen, fragt man nach dem Bezugsproblem, fü;r das der jeweilige Text eine Lösung präsentiert. Vgl. dazu weiter unten.

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  23. Insofern ähnelt das hier gewählte Verfahren, nicht aber der methodologische Horizont, einer Deutungsmuster-oder auch Rahmenanalyse (vgl. Luders/ Meuser 1997: 58).

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  24. Zu sehen ist das weniger an den ebenfalls sehr unterschiedlichen Titeln als vielmehr an den Aufmachung der Bü;cher selbst. Die Umschlaggestaltung und die gesamte Textform spielen dabei eine wesentliche Rolle. Ich werde das bei der Darstellung der Ergebnisse jeweils einfließen lassen.

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  25. Es handelt sich dabei nicht immer um dieselbe Person. In dem Forschungsprojekt (Leitung: Prof. Dr. Armin Nassehi) waren mehrere Personen, u.a. die Verfasserin, angestellt, daher wurde nicht jedes Interview von derselben Person gefü;hrt.

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  26. Meuser und Nagel unterscheiden zwei Anlagen der Untersuchung. Das eine Mal stehen Experten als Zielgruppe im Mittelpunkt, das andere Mal Experten als Informanten ü;ber „Kontextbedingungen“: bei letzterem dienen sie lediglich als „Datenquelle” (1991: 445). Das hier gewählte Verfahren orientiert sich demnach stärker am ersten Modell, wo die Experten selbst die „Zielgruppe“ darstellen.

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  27. Alle Beispiele stammen aus den fü;r die Auswertung verwendeten Interviews, s. dazu Kap. 5.

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  28. Während Meuser und Nagel der Sequenzialität des Interviewtextes eine untergeordnete Rolle zuweisen, ist sie hier fü;r die Interpretation unverzichtbar.

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  29. Gerade am Typ 1, der,Intervention’, wird das deutlich, indem hier auf den ersten Blick hin ganz unterschiedliche Sparten auftauchen, nämlich Bucher zum Sterben als auch Bü;cher zum Trauern. Siehe das folgende Kapitel.

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Brüggen, S. (2005). Wie untersucht man Beratung? Methodendiskussion. In: Letzte Ratschläge. Forschung Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10664-7_4

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-10664-7_4

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-14570-9

  • Online ISBN: 978-3-663-10664-7

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