Zusammenfassung
Wie bereits im Vorausgegangenen angedeutet, kann sich die Interkulturelle Pädagogik nicht mit einem rein prozeduralen Ansatz begnügen (vgl. auch Roth 1995). Es ist weniger der Aspekt, dass dessen immanente Universalität gerade den Ansatz am Interkulturellen konterkariert, sondern es ist die Struktur seiner Konstruktion, die von einer Trennung eines allgemeingültigen Staatsbewusstseins auf der einen Seite und einer pluralisierten kulturellen Lebenswelt auf der anderen Seite ausgeht. In der Praxis pädagogischen Handelns lassen sich die beiden Seiten so wenig trennen wie in der alltäglichen Lebensführung der Bürger.
worin die Frage nach der Bedeutung von Kultur für die Interkulturelle Pädagogik aufgeworfen und am Faktor Bildung angeknüpft wird.
Ich habe die Grundthese meiner nun folgenden Überlegungen erstmals für einen Kongress der Hanns-Martin-Schleyer-Stiftung zusammengefasst (Roth 1992). 1993 erschien eine kleine Studie von Assmann, die mit demselben Begriffspaar die Geschichte des deutschen Bildungsbegriffs ideengeschichtlich aufarbeitet (vgl. Assmann 1993,88); sie kommt zum Teil zu ganz ähnlichen Ergebnissen, was den Zusammenhang von Kultur und Bildung angeht. Im Gegensatz zu Assmann geht es mir im Folgenden jedoch vorrangig um eine Rückkoppelung des interkulturellen Kulturverständnisses an die ideengeschichtliche Tradition der Pädagogik, so dass ich auf eine ausführliche Darstellung ihrer Überlegungen verzichte und lediglich Übereinstimmungen markiere.
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Literatur
Jungmann (1995, 65ff.) verweist auf Überlegungen Elias und Plessners (,verspätete Nation’) mit der Herausbildung der „Kulturnation“ als „Integrationsidee” (ebd., 72f.)
Geertz— muss man hinzufügen — sah durchaus die dynamische Komponente des Kulturellen. Vgl. die Diskussion verschiedener Modelle des Kulturwandels in Geertz (1988, 89ff.).
Begriffe wie,Struktur‘,,Funktion‘,,Norm‘,,Integration‘,,Rolle, sie alle stellen in ihrer gegenwärtig vorherrschenden Form eine gedankliche Verwandlung von Aspekten menschlicher Gesellschaften mit Hilfe einer Abstraktion von deren Werden, deren Genese, deren Prozesscharakter, deren Entwicklung dar“ (Elias 1981, XLII).
Diese Etikettierung lässt sich auch nicht mit dem Hinweis auf vergleichbare Selbstdefinitio nen von Einwanderern stützen; inzwischen liegen Studien vor, die belegen, dass es sich dabei um Prozesse von self-fullfilling-prophecies oder um reaktive Prozesse aus einer Position gesellschaftlicher Marginalisierung heraus handelt (vgl. Bukow/Llaryora 1988, 45).
Vgl. dazu die Ansätze von Wenning (1993), Jungmann (1995); vgl. auch Zimmer (1996).
Im Gegensatz dazu sieht W. Welsch Herder als den maßgeblichen Stichwortgeber (persönli che Mitteilung; vgl. auch Welsch 1991 ). M.E. liegt darin jedoch kein Widerspruch, da Herder als,Vater` des kulturrelativistischen Schemas ein zentrale Bedeutung hat (vgl. Kap. 2.2.1.3), wohingegen Schiller eine klar universalistische Ausrichtung anzielt. Beide Ebenen sind also für das deutsche Verständnis wichtig (vgl. 2.2.1.10). Bollenbeck (1996) behandelt beide als unterschiedliche Repräsentanten eines geistigen Kontinuums.
Vgl. hierzu Lessings Hamburgische Dramaturgie ( 1967, II, 443f.): „Denn ich bin sehr überzeugt, dass kein Volk in der Welt irgend eine Gabe des Geistes vorzüglich vor anderen Völkern erhalten habe“.
Die Bedeutung des Begriffs „problematisch“ entspricht hier m.E. dem Kantischen Verständnis eines Urteilstyps: „Problematische Urteile sind solche, wo man das Bejahen oder Verneinen als möglich (beliebig) annimmt” (KdrV A 75, 1968, III, 114).
Die ersten 53 Paragraphen, die sich auf die „Kindheit“ des Menschengeschlechts beziehen, erschienen 1777 anonym; die gesamte Fassung, in der sich Lessing lediglich als Herausgeber präsentiert, 1780. Für die an diesen Fragen interessierten Zeitgenossen bestand an der Autorschaft Lessings trotz aller Geheimnistuerei jedoch kein Zweifel.
Kant benutzt den Ausdruck Kultur durchaus vieldeutig, ähnlich Schiller: Man findet, wie im angegebenen Zitat, Kultur als Zielbegriff einer vollkommenen und gerechten universellen Staatsverfassung, ebenfalls Kultur im Sinne von Rousseaus dekadenter „Gesellschaft“ (ebd., 93, 95), Kultur als Kultiviertheit in Abgrenzung gegen barbarisch oder roh (ebd., 38) oder auch gegen Natur (ebd., 97); Kultur (wie Kunst) als höhere Stufe menschlicher Lebensform (ebd., 40); aber auch die „innere Kultur” einzelner Staatswesen, die sie von anderen unterscheidet (ebd., 46, 99f.).
Lessing fasste zusammen: „Was endlich den moralischen Endzweck anbelangt, welchen Aristoteles der Tragödie gibt […,] so ist bekannt, wie sehr, besonders in den neuem Zeiten, darüber gestritten worden“ (Lessing 1967, II, 430).
Vgl. z. B. F. Schlegels „Von der Schönheit der Dichtkunst“ von 1796, § 23: „Die Einheit des schönen Objekts als solches, als Schönheit, erfodert den Schein der Selbstgenugsamheit, der inneren Vollständigkeit: und macht eben dadurch das blos schöne Objekt (deßen Accidenz und Attribut Schönheit ist) zu einer selbständigen Schönheit (deren Essenz und Substanz Schönheit ist)./Man könnte diese Eigenschaft auch ein Maximum der Autonomie nennen ” (Schlegel 1988, 173 ).
Ich werde im Folgenden auf das Thema der Nachahmung nicht mehr eingehen, da es für den vorliegenden Zusammenhang nicht weiter relevant ist und verweise auf die materialreiche und informative Studie Ober Mimesis von Gebauer/Wulf (1992).
Vgl. seine durchaus apodiktischen Äußerungen zum moralischen Nutzen des Theaters durch Aufklärung: „Die Komödie will durch Lachen bessern […]. Ihr allgemeiner Nutzen liegt in dem Lachen selbst; in der Übung unserer Fähigkeiten, das Lächerliche zu bemerken“ (Lessing 1967, II, 236). „Bessern sollen uns alle Gattungen der Poesie; es ist kläglich, wenn man dieses erst beweisen muß; noch kläglicher, wenn es Dichter gibt, die selbst daran zweifeln” (ebd., 431).
Die besondere Begründung Lessings ist eine psychologische: Aristoteles „spricht von Mitleid und Furcht, nicht von Mitleid und Schrecken; und seine Furcht ist durchaus nicht die Furcht, welche uns das bevorstehende Übel eines andern, für diesen andern, erweckt, sondern es ist die Furcht, welche aus unsrer Ähnlichkeit mit der leidenden Person für uns selbst entspringt; es ist diese Furcht, dass wir der bemitleidete Gegenstand selbst werden können. Mit einem Worte: diese Furcht ist das auf uns selbst bezogene Mitleid“ (ebd., II, 420 ).
Lessing bezieht sich auf die Tragödie, weist allerdings darauf hin, dass Aristoteles den Katharsis-Effekt allgemeiner auffasste und z.B. von einer Reinigung der Leidenschaften durch die Musik am Ende seiner „Politik“ sprach (Lessing 1967, II, 431).
Franz von Brentano kennt noch das jeden Bewusstseinsakt begleitende ästhetische Urteil; vgl. seine „Psychologie vom empirischen Standpunkt“ (1874ff.).
Vgl. in apodiktischer Kürze F. Schlegels „Von der Schönheit in der Dichtkunst“, §15: „Alle Erscheinung erscheint einer Empfänglichkeit, nicht einer Selbstthätigkeit; hat es mit dem Theile des menschlichen Vermögens zu thun, welcher Sinnlichkeit heißt”; vgl. auch seine Bemerkungen zur „Receptivität“ (Schlegel 1988, V, 169 ).
Diesen Ausdruck verwendete schon Moritz in seinem Traktat „Über die Nachahmung des Schönen“ von 1788 (vgl. Moritz 1981,I, 260).
Wenn Schiller auf Erziehung statt Revolution setze, „kann dem absolutistischen Staat vom Richterstuhl der Vernunft aus jegliche Legitimität abgesprochen werden. In der Realität erhält er aber eine vorläufige Bestandsgarantie“ (Bollenbeck 1996, 137). Wenn dieser Schluss stimmen sollte, sind dann alle Pädagogen, die nicht am Werk der Revolution arbeiten, Erfüllungsgehilfen des Staates?
Parallel zur Entwicklung des bürgerlichen Deutungsmusters Kultur formuliert Bollenbeck: „Die neuartige Wertschätzung des,rein Geistigen’ bewirkt eine Herabminderung der praktischen Dinge und der Erziehung zur Praxis“ (ebd., 100).
Schiller selbst spricht von „Veränderung und Identität“ (ebd., 477).
Nach der Definition Schillers ist das genaugenommen kein „Zustand“ mehr. Freiheit gerät hier zum Reflexionspunkt für das konkrete Handeln.
Vgl. dazu Schillers Bemerkung, dass die ästhetische Kultur als Zielzustand nur „durch eine Kultur“ bewirkt werden könne, „die zugleich jeden Missbrauch unmöglich mache” (ebd., 515).
Im Hintergrund steht als Erklärungsmodell m.E, der kategorische Imperativ Kants.
Der Geschmack allein bringt Harmonie in die Gesellschaft, weil er Harmonie in dem Individuum stiftet“ (ebd., 519).
Er kritisiert selbst seine Etikettierung als „zu holzschnittartig“ (Bollenbeck 1996, 151).
Scheler (1947, 26) unterschied drei Typen von Wissen: das Herrschaftswissen, das Bildungswissen und das Heilswissen.
Es waren also weniger die pädagogischen Theoretiker als die Schulen, i.e. die fortschreitende Institutionalisierung der Bildung, die die Kanonisierung von Bildung bewirkten (vgl. ähnlich Bollenbeck 1996, 158f.).
An dieser Stelle müsste eine Diskussion über Bildungsbarrieren und verminderter Zugange für besondere Personengruppen geführt werden; das gilt insbesondere für allochthone Kinder und Jugendliche (vgl. z.B. die Sonderschulüberweisungen, Glumpler 1992).
Vgl. auch seine Kritik der Jugendbewegung (ebd., 79ff.), der Reformpädagogik und der Pädagogik im Gefolge Diltheys (ebd., 92).
In allen Erziehungsfragen wird der moderne Erziehungsstaat immer das Grundprinzip des Liberalismus befolgen müssen“ (ebd., 75). Gemeint ist damit nicht die sogenannte Autonomie der Pädagogik, sondern Offenheit für kirchliche Bedürfnisse, so z.B. im Hinblick auf den Rel igionsunterricht!
Wir müssen ja gerade heraus aus diesem Befangensein im bloß Deutschen“ (ebd., 82).
Vgl. z.B. „Die Bildung des Menschen beginnt da, wo seine persönliche Auseinandersetzung mit den Gehalten der Welt beginnt“ (ebd., 88).
In neuerer Zeit erweist das die Grundthese Huntingtons (1996) als nicht gerade originell.
Auch der Gedanke des Führertums ist bereits in den „Lebensformen“ vorgeprägt, aber bei Weitem nicht derart radikal wie in der Schrift zum „deutschen Bildungsideal” (vgl. Spranger 1966, 64).
Vgl. z.B. Herder ( 1982, II, 150 ).
Das gilt für Hegemonialkultur wie für Subkulturen (vgl. Clarke u.a. 1981, 11; nach Auemheimer 1988, 119).
Vgl.: „Der deutsche Begriff,Kultur‘, so kann man sagen, hatte im Kern eine apolitische oder vielleicht sogar antipolitische Stoßrichtung, die symptomatisch war für das wiederkehrende Gefühl deutscher Mittelklasse-Eliten, dass Politik und Staat den Bereich ihrer Unfreiheit und Demütigung, die Kultur den Bereich ihrer Freiheit und ihres Stolzes berücksichtigte“ (Elias 1990, 165).
Einer der,Väter` dieses Denkens ist gewiss Rousseau (vgl. Kap. 2.2.1.2): „sobald ein Mensch sich mit den anderen vergleicht, wird er notwendigerweise ihr Feind“ (Rousseau 1995, 214).
Das gilt auch für meine eigenen Texte (vgl. Roth 1991, 1992).
Man denke an den Kampf der Volksschullehrer um wissenschaftliche Ausbildung seit Anfang des 19. Jahrhunderts und die Einrichtung pädagogischer Lehrstühle und Institute an den Universitäten im 20. Jahrhundert.
Zur Problematik der vordergründigen Widersprüchlichkeit der Erziehungsvorstellungen im Emile und im Contract Social vgl. Rang (1965, 163).
So sieht z.B. Blankertz (1982, 70) noch den Widerspruch.
Starobinski (1988, 49–55) weist auf Kant und Cassirer hin, die bereits im Erziehungsgedanken die Synthese sahen; er selbst weist auf den Revolutionsgedanken hin.
Vgl. dazu Lévi-Strauss (1975, 45ff.), Ritter (1974, 113ff.). „Rousseau hat nicht nur die Ethnologie vorhergesehen; er hat sie begründet. Dies zunächst dadurch, dass er die Abhandlung über den Ursprung der Ungleichheit schrieb, die das Problem der Beziehungen zwischen der Natur und der Kultur stellt, und die man als den ersten Traktat der allgemeinen Ethnologie ansehen darf “ (Lévi-Strauss, zit. nach Ritter 1974, 115 ).
Insofern ist Rehberg (1994, 225) zuzustimmen: „Rousseau ist zuallererst Anthropologe“.
Hegel soll über Napoleon gesagt haben, er habe den Weltgeist reiten gesehen (vgl. zu Napoleon in der Geschichtsphilosophie Hegels (1970, 12, 533ff.)); als Exemplar der Gattung „welthistorisches Individuum“ dient recht anschaulich Cäsar (ebd., 45ff.; zur „List der Vemunft” vgl. ebd., S. 49).
Löwisch erwähnt die Erziehungskonzeption sowie die anthropologischen Grundlagen von Freiheit und Autonomie nur „als mithin naturgegebene Wesensbestimmungen des Menschen”, ohne eine Verbindung zu den Diskursen herzustellen (Löwisch 1989, 65f.).
Vgl. hierzu Goethes Geschichtssicht und ebenso Nietzsches Postulat der Geschichte als der „Wiederkehr des immer Gleichen“. Später findet man diesen Gedanken in Oswald Spenglers „Untergang des Abendlandes” (1918–22), der die Wellentheorie allerdings organologisch verengte, indem er das Werden und Vergehen von Kulturen mit denen von Organismen identifizierte.
Dieser Relativismus ist bereits bei Vauvenargues deutlich in die Vicosche Zyklentheorie eingebettet, vgl.: „Die Weltanschauungen entstehen und vergehen wie die Geschlechter der Menschen und sind gut oder sinnlos in dauerndem Wechsel“ (Vauvenargues 1973, 110).
Im Gegensatz zu späteren radikalen Relativisten ist für Vico das Verstehen fremder Kulturen durchaus möglich, da er allen Differenzen letztlich den Glauben an die eine Menschennatur, eine gemeinsame geistige Sprache, substituiert (vgl. Hösle 1990, CLX).
Vgl. auch Rousseaus Polemik gegen Assimilationsdruck und Missionierung einerseits bei gleichzeitigem Exotismus der Europäer andererseits (1967, 134, Anm. p); vgl. eine Bemerkung im ersten Diskurs (ebd., 27); vgl. ebenfalls das Kapitel Ober das Reisen im „Emile“ (Rousseau 1987, 496ff.).
Hoch die Chinesen! Sie sind eine uralte Nation und halten uns für Kinder und Narren. Wir glauben, dass wir etwas Großes bedeuten, weil wir uns über Länder und Meere ausbreiten: bigis atque quadrigis petimus bene vivere. Aber wir bringen überallhin unsern Krieg, unsere Zwietracht, unser Leinen, unsere Gewehre, unser Evangelium “ (Galiani 1973, 51 ).
Die Komplexidee Orient dient uns dazu, um uns der Zweideutigkeit unserer Kultursituation bewusst zu werden“ (Spranger 1969, 51).
Ein schönes Beispiel ist die These des Missionars Joseph Lafiteau in seinem Buch „Moeurs des sauvages Américains comparés aux moeurs des premiers temps“ von 1724, die Indianer seien ausgewanderte Griechen (vgl. Hösle 1990, CLXI).
Vgl. die entsprechenden Stellen bei Demokrit im Band „Die Vorsokratiker“, hg. v. Capelle (1968, 466–470).
Auf diesen Zusammenhang hat neuerlich Müller (1997) aufmerksam gemacht.
Da notwendig sich stets ein Zustand reiht an den andern. Nichts bleibt immer sich gleich; es wechselt und wandelt sich alles;/Alles verändert und zwingt die Natur zu steter Verwandlung“ (Lukrez 1991, V, 830ff.). Ich folge im Weiteren der Übersetzung von Diels von 1923.
Ausführlicher vgl. Müller (1997).
Das natürliche Recht,in der Literatur gewöhnlich jus naturale genannt, ist die Freiheit eines jeden, seine eigene Macht, das heißt sein Leben, einzusetzen und folglich alles zu tun, was er nach eigenem Urteil und eigene Vernunft als das um Zweck geeignetste Mittel ansieht“ (Hobbes 1991, 99).
Vernunft“ ist bei Hobbes „als zweckrationale Kalkulation (ja als,Zählen`)” aufgefasst (Fetscher 1991, XXIII).
Redlichkeit“ scheint mir in diesem Kontext, in dem es um Verträge geht, die bessete Übersetzung. So übersetzt im übrigen auch Szudra in der Ausgabe (1980, 106).
Vgl. die Vorstellung bei Empedokles (59 fr. 78; 196 fr. 128) im Anschluss an seine Kosmologie, nachzulesen bei Capelle (1968, 208; 246f.); vgl. auch Locke (1998, 183).
Vgl. auch die Bemerkungen über die „Vermutung über diesen primitiven Zustand“ (ebd., 84) oder „Mutmaßungen” (ebd., 86).
Die Natur […] macht die Gesunden stark und kräftig und läßt alle anderen zugrunde gehen“ (Rousseau 1967, 65).
Vgl. dazu Locke (1998, § 77).
An anderen Stellen wird allerdings auch bei ihm schon eine Idealisierung des väterlichen Prinzips als milder patriarchalischer Herrschaft unübersehbar, aus deren Hochschatzung seine spätere Bevorzugung der Monarchie als idealer Herrschaftsform zu erklären ist (vgl. Rousseau 1967, 101), ohne jedoch jemals die ideologische Höhe eines Herder zu erreichen, der sich immerhin durchaus auf Rousseau zu beziehen glaubte: „ewig wird Patriarchengegend und Patriarchenzelt das goldene Zeitalter der kindlichen Menschheit bleiben “ (Herder 1982, II, 12 ).
Persönliche Mitteilung; vgl. auch Welsch (1992, 6).
Zu Beginn des Textes wird der Ausdruck einige wenige Male deskriptiv verwendet (vgl. Herder 1982, lI, 24f.).
Vgl. Herders Einwand, dass z.B. die ägyptische Kultur im 18. Jahrhundert von Winckelmann „nur nach griechischem Maßstabe“ beurteilt und damit zu negativ bewertet sei (vgl. ebd., 20).
Vgl. die „Brief zur Beforderung der Humanität“: „Das Göttliche in unserm Geschlecht ist also Bildung zur Humanität” (Herder 1982, II, 470).
Vgl. auch Bollenbeck (1996, 123); dennoch sieht Bollenbeck in „Bildung“ einen Schlüsselbegriff für Herders Konzeption (ebd., 120).
Vgl. ähnlich aus Assmann (1993, 24f.).
Vgl. Auernheimer (1990, 112); Kalpaka/Räthzel (1990, 46ff.); vgl. ebenso Schweitzer (1994), Kiesel (1997), Puritz (1998).
Greverus übertitelt daher ihre Einführung in die Kulturanthropologie programmatisch als „Kultur und Alltagswelt“ (1978).
Vgl. z.B. Apitzsch (1985), Auernheimer (1988), Auemheimer (1990, 159 u.ö.), Rehbein ( 1988, 30 ).
Vgl. z.B. Gramsci (1983, 82); Auernheimer (1990, 100).
Vgl. die Diskussion um die die afrikanische Philosophie bei Mall (1995, 15f.). Auf dieser Basis bauen auch die amerikanischen Bildungsprogramme in Minderheitenkulturen auf („cultural studies“).
Interessanterweise sind diese beiden über ihr Verständnis von Interkultureller Pädagogik und Erziehung in der Zeitschrift „Lernen in Deutschland” in Streit geraten (vgl. Sayler 1991, Essfinger 1992, Sayler 1992 ).
Vgl. zur prinzipiellen Unvereinbarkeit psychologischer und soziologischer Erklärungsmodelle Schneider (1973), Roth (1990, 201).
Vgl. ebenso: „Begriffe wie,Struktur‘,,Funktion‘,,Norm‘,,Integration‘,,Rolle‘; sie alle stellen in ihrer gegenwärtig vorherrschenden Form eine gedankliche Verwandlung von Aspekten menschlicher Gesellschaften mit Hilfe einer Abstraktion von deren Werden, deren Genese, deren Prozeßcharakter, deren Entwicklung dar“ ( Elias 1981, I, XLII).
Vgl. z.B. Thomas (1986), Auernheimer (1988), Weber (1989); vgl. zusammenfassend Schweitzer (1994, 299ff.).
Auch fir das Konzept der kulturellen Identität gilt die zuvor ausgeführte prinzipielle Problematik der Vereinbarkeit von Psychischem und Sozialem; vgl. dazu auch die Ablehnung der Analogie von Ich-Identität und kultureller Identität bei Glowka/Krüger (1988, 37).
Bereits Okamura (1981, 455, 463) bezieht in seine Konzeption der „situationalen Ethnizität“ strukturelle Faktoren wie an das Individuum herangetragene Rollenerwartungen ein (vgl. dazu Hansen 1989, 24f.). Im Rahmen der Rassismusforschung ist auf die Theorie der Rassenkonstruktion bei Miles (1990) hinzuweisen; konstruktivistisch argumentieren inzwischen auch Ethnologen und Nationalismusforscher; vgl. z.B. Andersons „Erfindung der Nation” (1988).
Zur Kulmination der Kontroverse zwischen Auemheimer und Radtke vgl. Auernheimer (1996).
Vgl. hierzu z.B. den Beitrag von Glowka und Krüger über die „Ambivalenz des Rekurses auf Ethnizität in der Erziehung“ (1988) sowie Wegeners Aufsatz,,,Region` und,Regionalismus`. Vom Widerstand gegen die Modernisierung zu ihrem Schrittmacher?” (1991).
Vgl. die Erlangener Kulturtage 1982 unter dem Motto „Wieviel Heimat braucht der Mensch?“; vgl. auch die von der Konrad Adenauer-Stiftung herausgegebenen Bände über Heimat, Nation und Geschichte (Weigelt 1984, 1986).
Vgl. Oelkers (1991, 34f.); Blok (1985, 115ff.).
Erst in neuerer Zeit mehren sich auch in der Philosophie die Stimmen einer differenztheoretischen Öffnung der Philosophie, die z.T. Traditionsbestände uminterpretieren (vgl. Simon/Stegmaier 1998). Vgl. zur interkulturellen Philosophie Wimmer (1990), Mall (1995), Miinnix 2000.
Vgl. hierzu Dickopp (1982, 1986); Lbwisch (1989); Roth (1991); Sayler (1991).
Essinger versucht dem selbst entgegenzuwirken, indem er an anderer Stelle ethische Orientie rungen wie Humanität und Dialog ins Spiel bringt (Essinger/Kula 1989 ). Er bezieht diese jedoch nicht auf seinen Kulturbegriff, wie es z.B. Nieke (1995) tut. Es fehlt eine anthropologische Fundierung zugunsten einer soziologisierenden Betrachtungsweise.
Vgl. die Ausführungen Löwischs zu seinem zentralen Terminus der „Kulturmündigkeit“, der ausschließlich von einem Konzept individueller Bildung her konstruiert ist (vgl. Löwisch 1989, 9; 51ff.).
Vgl. dazu Löwisch (1989, 80).
Zum Verhältnis von menschlicher Gesamtpraxis und Einzelpraxen vgl. Benner (1987, 34); auf das Spannungsgefüge der Wirklichkeitsschichten wies insbesondere Sayler (1967, 135) hin.
Auch Benner betont in seiner „Allgemeinen Pädagogik“ den Sinnanspruch der Praxis als „humane Praxis” (Benner 1987, 28), wenngleich er eine andere Definition vorschlägt, die an den Polen aus der Unfertigkeit des Menschen folgender Not zur Praxis und dem Willen zum Handeln orientiert ist, also auf die anthropologische Dichotomie von Zwang und Freiheit zurückgeführt werden kann (ebd., 26f.). Eine Theorie der Bildung kann nach Benner (ebd., 160) im Gleichgewichtsverhältnis der Einzelpraxen als Humanität wurzeln.
Zur genauen Entwicklung des Verhältnisses von Theorie und Praxis, auch in Hinblick auf die Rolle der Kunst (zéxvn, techne) und die Weiterentwicklung der praktischen Tradition bei Albertus Magnus und Thomas von Aquin (vgl. Sayler 1967, 119ff.).
Hierbei handelt es sich um eine heute weithin geteilte Haltung; vgl. z.B. Malls „Philosophie im Vergleich der Kulturen“ (1995, 4ff.).
Vgl. hierzu Greverus (1978, 82f); siehe als Beispiel das „Kleine politische Wörterbuch“ der DDR. Dieser Grundgedanke ist in anderer Form in Freires „Pädagogik der Unterdrückten” eingeflossen und findet sich heute z.B. noch bei Essinger/Kula (1987) sowie bei Gotze/Pommerin (1986, 113f) selbst.
Da das Krefelder Modell weithin bekannt ist, verzichte ich an dieser Stelle auf eine ausführliche Darstellung; vgl. genauer Dickopp (1982).
Im Folgenden zitiert nach der dritten Auflage 1972.
Vgl. z.B. Weber (1979, 37ff); vgl. auch Roth (2000).
Vgl. z.B. Thomas (1986, 100ff.), Auernheimer (1988, 311T.).
Ansatzweise findet sich ein solches Vorgehen bei Borrelli (1986), worauf noch eingegangen wird. Ich habe das selbst ebenfalls nur ansatzweise in einer Grundlegung zur interkulturellen Kommunikation versucht (vgl. Roth 1994 ).
Borrelli verwendet den Begriff „ontologische Befangenheit“ synonym mit „ethnozentrische Befangenheit” (vgl. ebenso Borrelli 1988, 26).
Vgl. grundlegend zum Kulturdifferenztheorem Bukow/Llaryora (1988, 12ff.).
In Anlehnung an Schweitzer (1994) verwende ich die Begriffe Segregation als von der Mehrheitsgesellschaft strukturell erzeugte Ausgrenzung und Separation als die von der
Auernheimer (1988, 119) bezieht sich hier auf Greverus (1978, 158f.).
Vgl. ebenso Auernheimer (1988, 115).
Auf diesen Bezug weist er an anderer Stelle hin (vgl. Nieke 1995, 53).
Ich beziehe mich in bewusster Verstümmelung auf die „Multioptionsgesellschaft“ von Gross (1994).
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Roth, HJ. (2002). Integration oder Ausgrenzung? Zur Rolle des Kulturbegriffs in der Interkulturellen Pädagogik. In: Kultur und Kommunikation. Interkulturelle Studien, vol 10. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10581-7_3
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