Zusammenfassung
Zu den besonderen Aspekten des gesellschaftlichen Problems Korruption, auf die in der kriminalpolitischen Diskussion immer wieder hingewiesen worden ist, gehört die Feststellung eines bei vielen involvierten Akteuren relativ schwach ausgeprägten Unrechtsbewusstseins. Die in der 1995er Untersuchung des Bundeskriminalamtes befragten Experten aus dem Bereich der öffentlichen Verwaltung gingen zwar mehrheitlich davon aus, dass ein völlig fehlendes Unrechtsbewusstsein eher den Ausnahmefall darstelle. Offen bleibe jedoch, so die Autoren der Studie, „inwieweit das Unrechtsbewusstsein zum Zeitpunkt der Tat von den Beteiligten bewußt verdrängt oder ausgeschaltet wird“ (Vahlenkamp/Knauß 1995: 151). Auch Schaupensteiner hatte festgestellt (1993: 250): „Die Gewährung und Annahme von Vorteilen wird zwar in ihrer strafrechtlichen Dimension nicht verkannt, aber durch die Beteiligten als moralisch vertretbare ‘Anerkennung für gute Zusammenarbeit’ gewertet.“ Zugleich wird das eingeschränkte Rechtsbewusstsein der Korrupteure weniger auf die Unkenntnis einschlägiger Strafvorschriften zurückgeführt als vielmehr auf individuelle oder kollektive Rationalisierungen und Legitimierungen (nach dem Muster „Das machen doch alle“ oder „Der Ehrliche ist der Dumme“).
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Literatur
Ich habe die Slogans, die bei Sykes und Matza für die einzelnen Neutralisationstechniken stehen und die — in ihren zahlreichen Variationen - „den Jugendlichen auf delinquente Akte vorbereiten“ (1968: 370; Hervorh. von mir), hier umformuliert. Die Autoren selbst hatten die Vergangenheitsform gewählt („I didn’t mean it.“ „I didn’t really hurt anybody.” „They had it coming to them.” „Everybody’s picking on me.” „I didn’t do it for myself.”) und damit — entgegen ihrer zentralen theoretischen Aussage — den Aspekt der nachträglichen Rechtfertigung wieder unnötig stark in den Vordergrund gerückt.
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Höffling, C. (2002). Neutralisation. In: Korruption als soziale Beziehung. Forschung Soziologie , vol 156. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10540-4_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-10540-4_8
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8100-3382-6
Online ISBN: 978-3-663-10540-4
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