Zusammenfassung
Im folgenden Kapitel sollen unter systematischer und historischer Perspektive Koalitionsbildungen in den deutschen Bundesländern eingehender betrachtet werden. Nachdem vorangehend theoretische Erörterungen im Vordergrund standen, gilt es nun, die föderativen und die konkreten parteiensystematischen Faktoren für Koalitionsbildungen in den Bundesländern zu untersuchen. Die Charakteristika des politischen Systems der Bundesrepublik bilden den politischen Gesamtrahmen für Koalitionsbildungen in den Bundesländern. Da in dieser Arbeit der parteiensystematische Ansatz für die Erklärung von Koalitionsbildungen im Mittelpunkt steht, soll auch das Verhältnis von Parteienkonkurrenz und föderativem System erörtert werden.
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Referenzen
Siehe Kap. 4.2.
Im Wahlkampf 1969 nahm die Freie Demokratische Partei eine Änderung ihrer Abkürzung vor: von der FDP zur F.D.P.; dies soll in dieser Arbeit entsprechende Berücksichtigung finden, so daß für die Zeit ab 1969 für die Liberalen die neue Abkürzung verwendet wird. Vgl. dazu auch Zülch (1972).
Zu den verschiedenen Funktionen von Parteien unter den verschiedenen Perspektiven normativer Sichtweisen von Demokratietheorien siehe Wiesendahl (1980), S. 184ff.; vgl. auch Greven (1977); Oberreuter (1992); Greven (1993).
Der parteienstaatliche Affirmationsansatz geht zurück auf Gerhard Leibholz’ “Parteienstaatstheorie” (siehe Gerhard Leibholz (1967)). Leibholz geht davon aus, daß in einer modernen Massendemokratie ausschließlich Parteien in der Lage sind, den Willen mündiger Bürger zu organisieren und zu artikulieren: “Parteien sind das Sprachrohr, deren sich das organisierte Völk bedient, um sich artikuliert äußern und Entscheidungen fällen zu können” (S. 76). Zur Diskussion um Leibholz’ Parteienstaatstheorie vgl. aus der wissenschaftlichen Literatur u.a. Wiesendahl (1980), S. 67ff; Hartmann (1979), S. 7ff.; Haungs (1981), S. 11ff.; Oberreuter (1992), S. 25ff.
Oberreuter(1992), S.31.
Siehe zu “Parteienmachttheorien” Hartmann (1979), S. 16ff.; Haungs (1981), S. 90; geht zurück auf Max Webers Axiom: “Parteien gibt es ex definitione nur innerhalb von Verbänden und im Kampf um deren Beherrschung” (Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 167/168).
So Friedrich (1989), S. 1707.
Vgl. Friedrich (1989), S. 1708.
Thaysen (1985), S. 7.
Friedrich (1990), S. 35.
Vgl. Lehmbruch (1976), S. 124ff.; auch Lehmbruch (1986), S. 105ff.
Für die frühe Nachkriegszeit spricht Josef Schmid von regionalen Substrukturen der Parteiensysteme (siehe Schmid (1990b)).
Schmid (1990b), spricht von einer Nicht-Identität der Parteiensysteme in den Ländern, ohne allerdings darauf näher einzugehen. Gemeint ist wohl die unterschiedliche Ausprägung in den Mehrheitsverhältnissen und die dadurch mitbedingte Differenz in der jeweiligen Struktur. Auch das Auftreten landesspezifischer Parteien dürfte darunter subsumiert sein.
Feist/Hoffmann (1991), S. 22.
Vgl. auch Kaltefleiter (1991), S. 31; Kaltefleiter konstatiert eine Angleichung des gesamtdeutschen Parteiensystems an das traditionelle Parteiensystem der alten Bundesrepublik.
Vgl. zu den Veränderungen des deutschen Parteiensystems nach der Vollendung der politischen Einheit Deutschlands U. Schmidt (1991); Völkens/Klingemann (1992); Jung/ Roth (1992); Pappi (1991) und die einzelnen Beiträge in dem die jüngste Entwicklung der großen Massenparteien analysierenden Sammelband von Eisenmann/Hirscher (Hrsg.) (1992); Kolinsky (1993), S. 51ff.
Siehe die Kap. 4.3. und insbesondere 4.4.
Vgl. Schmid (1990b), S. 104f.; Schmid konstatiert mit Bezug auf die CDU, daß von einer steigenden Autonomie der Landesverbände und einem wachsenden Einfluß auf die Bundespolitik ausgegangen werden kann.
Siehe schon den Titel von Georg Fabritius (1978). Fabritius konstatiert insgesamt eine Dominanz bundespolitischer Aspekte bei Landtagswahlen, woraus er die These entwik-kelt, daß die Bundesrepublik Deutschland de facto zu einem parteipolitisch zentralisierten und pseudo- bzw. quasi-plebiszitär föderalen Staat geworden sei (S. 164); an anderer Stelle spitzt Fabritius zu, indem er eine politische Abhängigkeit der Landesparteien von der Bundespolitik als einen zentralen Aspekt des föderativen Systems der Bundesrepublik sieht, woraus deutlich werde, daß der politische Spielraum der Länder sehr eingeengt sei: vgl. Fabritius (1976), S. 460; zur Einschränkung der bundespolitisch orientierten Interpretation von Landtagswahlergebnissen Dinkel (1989), S. 253ff.
Einzelne bisher durchgeführte Erhebungen bestätigen auch, daß der Wähler überhaupt große Schwierigkeiten hat, landes- und bundespolitische Faktoren zu unterscheiden; vgl. dazu Fabritius (1983), S. 115ff.
So auch Fabritius (1978), S. 2.
Reiner H. Dinkel verweist zutreffend darauf, daß einer direkt bundespolitisch orientierten Interpretation von Landtagswahlergebnissen Grenzen gesetzt sind; ausführlicher zu den spezifischen Besonderheiten von Landtagswahlen: Dinkel (1989), S. 254ff.
Die bisherige Kieler Regierungspartei CDU verlor vorwiegend aufgrund der Verfehlungen ihres ehemaligen Ministerpräsidenten Barschel 15,7 Prozent der Stimmen, während die oppositionelle SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Engholm als “Opfer” der Barschel Affäre 11,1 Prozent der Stimmen hinzugewann; vgl. zu den Vorkommnissen: Der Kieler Untersuchungsausschuß (1988), herausgegeben vom Schleswig-Holsteinischen Landtag, Kiel.
Feist/Hoffmann (1990), S. 446.
Vgl. Feist/Hoffmann (1990), S. 446f.; 77 Prozent der Wähler in Nordrhein-Westfalen erklärten sich mit der Regierungspolitik des Kabinetts Rau “vollauf (19 %) oder zumindest “überwiegend” (58 %) einverstanden.
Vgl. exemplarisch Sandscheider (1990), S. 426: “...profitieren nach allen Erfahrungen der Wahlforschung überzeugende Kandidaten besonders stark, was ganz erheblich zum Wahlsieg der SPD beigetragen haben dürfte”; R. Roth (1990), S. 456: “Die Mehrheit der Wähler hatte sich im Personalduell für Schröder und gegen Albrecht entschieden”; Feist/Hoffmann (1991), S. 34: “Dies (eigene Länderkonturen zu entwickeln, UJ.) gelang dort umso besser, wo Personen mit politischem Gewicht (Biedenkopf in Sachsen, Stolpe in Brandenburg) diese Tendenz kräftig mit ihrer Ausstrahlug unterstützten”. Feist/ Hoffmann nennen an anderer Stelle als wichtigen Grund für die unterschiedlichen Entwicklungen in den fünf neuen Bundesländern von der Völkskammer bis zu den Landtagswahlen die Zugkraft der Führungspersönlichkeiten des Landes bzw. deren fehlende Attraktivität (S. 24); Billing (1991), S. 597: “Alle Anzeichen sprechen daher dafür, daß die Konstellation der Spitzenkandidaten das Abstimmungsverhalten der Wähler nicht unerheblich beeinflußt hat”.
Dies steht entgegengesetzt zum Ergebnis von Schultze (1991); Schultze vertritt die Auffassung, daß die Persönlichkeit des Spitzenkandidaten eine geringere Rolle spielt als gemeinhin angenommen, auf den Amtsbonus käme es an (S. 53). Schultze steht damit jedoch in Widerspruch zu anderen Wahlanalysen, zudem kann er mit der “Amtsbonus-These” kaum die Regierungswechsel in Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz erklären, wo auch der jeweilige oppositionelle Spitzenkandidat höhere Popularitätswerte erzielte als der amtierende Ministerpräsident.
Siehe Kap. 4.2.5.
So zutreffend H. Naßmacher (1990), S. 13f.; siehe auch den noch folgenden Exkurs zur Entstehung von neuen Parteien im Zusammenhang mit Koalitionsbildungen.
Vgl. zu den Republikanern aus der sehr umfangreichen politikwissenschaftlichen Literatur u.a. D. Roth (1990); Minkenberg (1992); Leggewie (1990); Stoß (1990); Falter/Schumann (1992).
Näheres zur Etablierung von neuen Parteien und zu Veränderungen des Parteiensystems noch im folgenden.
Siehe dazu Kap. 4.2.3. und 4.2.4.
Friedrich (1993), S. 80.
Vgl. Schüttemeyer (1990). Identische Mehrheiten sind nicht als Ausnahme anzusehen, was angesichts der beiden längeren Perioden gleichgerichteter parteipolitischer Mehrheiten in den sechziger und achtziger Jahren wohl auch belegt sein dürfte.
Vgl. Fabritius (1983), S. 121ff.
Vel. Völk (1989), S. 128.
Siehe dazu noch das folgende Teilkapitel 4.1.5.
Vgl. dazu ausführlicher und eingehend Toews (1971); Wettig-Danielmeier (1970).
Vgl. Fabritius (1976), S. 453f; Fabritius ist der Auffassung, daß in den siebziger Jahren das Wohlverhalten der CDU im Bundesrat eine wichtige Legitimationsgrundlage der F.D.P. für Koalitionen auf Länderebene mit der Union war.
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland: Art. 52, Absatz 3.
Vgl. Fabritius (1976), S. 448: “Unter den bundespolitischen Faktoren spielen die Mehrheitsverhältnisse eine besondere Rolle”; Schmidt (1992), S. 45, der auf die unterschiedliche Durchschlagskraft der Veto-Position des Bundesrates hinweist; Völk (1989), S. 120f
Stand 1.12.1993.
Vgl. dazu Fabritius (1976), S. 448ff.; Fabritius (1978), S. 64ff.; Haungs (1983), S. 108ff.; Völk (1989), S. 120ff.; Wildenmann (1989), S. 143ff.; Schüttemeyer (1990), S. 470ff.
Fabritius (1976), S. 451; vgl. auch Fabritius (1978), S. 65ff.; Völk (1989), S. 121, dort konstatiert er, daß “die Bedeutung des Bundes auf das Koalitionsgeschehen in den Ländern bislang wesentlich größer war als umgekehrt”.
Die Glaubwürdigkeitsthese wurde wohl vorwiegend aus strategisch-taktischen Gründen vertreten, auch zur Betonung der politischen Berechenbarkeit der Parteien. Eine Verifizierung über verbale Bekenntnisse hinaus hat diese These kaum erfahren.
Kolinsky (1993), S.48.
Zur Bedeutung der Landtagswahl und zu einzelnen Ergebnissen siehe Dieter v. Herz (1969).
Vgl. dazu Bohnsack (1976); zur gleichen Auffassung kommen Fabritius (1978), S. 46, Baring (1982), S. 53f; Völk (1989), S. 94; vgl. weiterhin Lösche/Walter (1992), S. 92. Lösche und Walter sehen in der parteipolitischen Neuorientierung eines großen Teils der katholischen Arbeiterschaft in Nordrhein-Westfalen 1966 hin zur SPD den Einsturz der Vorherrschaft der CDU und diese Neuorientierung “läutete gewissermaßen den Machtwechsel in Bonn ein”.
Vgl. zur damaligen Situationseinschätzung der F.D.P. Hoffmann-Lange (1986), S. 59.
Vgl. Frankfurter Rundschau vom 5.9.1992; Franz/Danziger/Wiegand (1983), S. 65.
So auch Franz /Danziger /Wiegand (1983), S. 72. Die Autoren zeichnen auch die bundespolitischen Perspektiven der hessischen Koalitionsentscheidung der F.D.P. nach; vgl. desweiteren Schiller/von Winter (1990), S. 259f.
Vgl. Broughton/Kirchner (1986), S. 78ff.; Völk (1989), S. 130ff.
Vgl. Kaltefleiter (1984), S. 146f.; Kaltefleiter spricht von einer offensichtlichen Billigung der Bundespartei zur hessischen Koalitionsaussage; Bohnsack (1983), S. 13: “Die Reaktion der F.D.P.-Führung und des Bundesvorstandes (auf die Entscheidung der hessischen F.D.P., U.J.) ist insgesamt positiv”; Vorländer (1992), S. 284f.
Die Koalitionsaussage der hessischen F.D.P. soll aber nur als einer der auslösenden Faktoren des Bruchs der sozialliberalen Koalition im Bund angesehen werden, der zur Beschleunigung des Zerfalls beitrug.
Broughton/Kirchner (1986), S. 88.
Vgl. ftlr die Bundesebene Mintzel (1980), S. 169: “Die Bildung der Großen Koalition bedeutete...einen Wendepunkt in der Struktur des Parteiensystems der Bundesrepublik”; Fenner (1980), S. 194; Fenner ist der Auffassung, daß die Bildung der sozial liberalen Koalition im Bund 1969 eine Zäsur in der Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems war. Daß Koalitionen in den Ländern auch bundespolitische Signal Wirkung im Hinblick auf Veränderungen des Parteiensystems haben können, ist bereits festgestellt worden. Hingewiesen werden soll an dieser Stelle auf die Bildung der ersten Koalition von SPD und Grünen 1985 in Hessen, eine Koalitionsbildung, die dahingehend einen Wandel des Parteiensystems bewirkte, daß die Grünen damit als möglicher neuer Koalitionspartner der SPD nach ihrem Aufkommem im Parteiensystem ihre Bereitschaft zeigten, sich innerhalb des Parteiensystems koalitionskonform zu verhalten, d.h. eine Koalition mit einer der etablierten Kräfte im Parteiensystem zeigte ein geändertes Selbstverständnis an und zog eine Positionsveränderung der Partei im Parteiensystem nach sich; siehe auch Kap. 4. 2.4.
Vgl. Mintzel (1980), S. 79f; Greven (1989), S. 167f.
Näheres zu den Parteigründungen nach 1945 bei Kaack (1971); Lösche (1993), S. 104ff.; Treue (1975), S. 193ff.; Sternberger (1956), S. 43ff.; Schmollinger/ Starite (1980), S. 109ff.; Mintzel (1980), S. 73ff.; Kunz (1979), S. 77ff. und die Beiträge in dem Sammelband: Parteien in der Bundesrepublik (1955).
Einige Beispiele mögen dies veranschaulichen. Aus der Zeit bis 1955 sind beispielsweise zu nennen die Drei-Parteien-Koalition von CDU, FDP und Zentrum in Nordrhein- Westfalen 1954, obwohl schon CDU und FDP über 115 der 200 Mandate im Düsseldorfer Landtag verfügten; die 1951 abgeschlossene Koalition von SPD, BHE und DZP im niedersächsischen Landtag, obwohl schon SPD und BHE 85 der 158 Sitze im hannoverschen Landtag inne hatten; die Koalition von SPD, BP, BHE und FDP in Bayern 1954 (siehe Kap. 3.1.2.1.); für die Zeit nach 1955 seien noch beispielhaft erwähnt die Bildung der sozial liberalen Koalition in Hamburg 1970, obwohl die SPD alleine über 70 der 120 Mandate in der Hamburger Bürgerschaft verfügte; die Bildung der SPD/FDP-Koalition in Berlin 1963 unter Willy Brandt, der eine Koalition mit den Freien Demokraten abschloß, obwohl die SPD 89 der 140 Sitze im Abgeordnetenhaus inne hatte.
Nicht berücksichtigt werden KPD und WAV, da sie nur an Koalitionen beteiligt gewesen sind, deren Bildung vor Gründung der Bundesrepublik Deutschland erfolgte.
Vgl. Kap. 5.2; Stöß (1991), S.224f.
Bei der Bundestagswahl 1949 erreichte die DP in Niedersachsen einen Stimmenanteil von 17,8 Prozent, die BP in Bayern sogar einen von 20,9 Prozent; siehe zum Aufkommen von BP und DP Mintzel (1983), S. 395ff.; Schmollinger (1983), S. 1023ff.; K.-H. Naßmacher (1989), S. 58ff.; Rowold/lmmerfall (1992), S. 391ff.
Zum GB/BHE aus der politikwissenschaftlichen Literatur: Stöß (1983); Neumann (1968) und Virchow (1955).
Zur Koalitionspolitik des GB/BHE schon überzeugend Virchow (1955), S. 460ff.; Virchow weist auch auf die verantwortungs- und staatsbewußte Einstellung des “immer koalitionsbereiten” (S. 461) GB/BHE hin.
So auch Kaack (1971), S. 209, der von einer dadurch bedingten größer werdenden Distanz zwischen den großen Massenparteien und den kleineren Parteien spricht.
Eine Ausnahme ist die Koalitionsbildung in Niedersachsen 1959, da der GB/BHE zur Gewinnung einer Mandatsmehrheit im hannoverschen Landesparlament notwendig war. Die anderen beiden Koalitionsparteien SPD und F.D.P. verfügten nur über 46,5 Prozent der Mandate. Dennoch hat wohl auch diese Koalitionsbildung letztlich zur Absorbierung des GB/BHE beigetragen.
Kaack (1971), S. 218.
Vgl. Dittberner (1980), S. 155.
Vgl. dazu ausführlich eingehend Keinemann (1973); Keinemann gibt darüber hinaus einen Überblick zur Koalitionsentwicklung im bevölkerungsreichsten Bundesland.
Völk (1989) wertet diesen Koalitionswechsel des “zweifelsohne ... am äußersten rechten Rand stehenden Landesverbandes” als ein Beleg dafür, daß “die FDP existentielle Fragen bei Koalitionsbildungen wesentlich höher gewichtet als ideologische Vorbehalte” (S. 96, Anm. 150).
Drei Tage nach dem Sturz Arnolds erklärten 16 FDP-Abgeordnete im Bundestag ihren Fraktionsaustritt, darunter alle vier Bundesminister.
Vgl. Kaack (1971), S. 262, der die Geistesströmung des Liberalismus und die historische Kontinuität, in der die FDP in der Geschichte der politischen Parteien Deutschlands steht, als wesentliche Ursachen für die Fortexistenz der liberalen Partei in den bundesdeutschen Parteiensystemen sieht; Dittberner (1987), S. 154; Greven (1989), S. 170.
Greven (1989) spricht von einer entpolitisierten Akzeptanz, wobei er neben dem Rückgang der Mitgliederzahlen die abnehmende ideologische Polarisierung, die sich in einer wechselseitigen Koalitionsmöglichkeit niederschlage, als einen Indikator dafür aufrührt (S. 170f.).
Dittberner (1980) spricht zugespitzt und etwas einseitig davon, daß das “Wirtschaftswunder” die entscheidende Legitimationsgrundlage der erfolgreichen Parteien der Jahre 1953 bis 1961 sei (S. 155).
Kunz (1979) nennt drei wichtige Faktoren der Bildung von Mehrparteien- bzw. Allparteienkoalitionen. Nicht so wesentlich erscheint doch aber die in den ersten Legislaturperioden der Landesparlamente zu verzeichnende geringe Stabilität der innerparlamentarischen Struktur, d.h. Fraktionsdisziplin und organisatorische Geschlossenheit der Parteien waren geringer ausgeprägt als heute.
So zutreffend Meyn (1965), S. 144.
Vgl.Kunz (1979).S. 141f.
Zu den Veränderungen der SPD vgl. aus der wissenschaftlichen Literatur u.a. Lösche (1990), S.49f.; Dittberner (1980), S. 148ff.; Heimann (1984), S. 2059ff.; Rovan (1980), S. 223ff.; und neuerdings Lösche/Walter (1992), S. 77ff., bes. 146ff.
Siehe Lösche (1990), S. 49f; Rovan (1980), S. 225f.
Kaack (1971), S. 259.
Vgl. ausführlicher dazu Schüle (1964); Gerber (1964).
Kaack(1971), S.270.
Vgl. ausführlich Bick (1985), S. 189ff.
Siehe auch Kap. 4.3.1.
Vgl. Völk (1989), S. 127.
Siehe auch Schwickert/Wolffsohn (1978), S. 544.
So auch Friedrich (1975), S. 248.
Vgl. Fabritius (1976), S. 452.
Zum Bruch der christlichliberalen Koalition und zur Entstehung der Großen Koalition Kaack (1971), S. 305fT., bes. 315ff.; Zeuner (1980), 175ff.; Röhrich (1983), S. 183ff.
Für Alf Mintzel (1980) bedeutet die Große Koalition einen Wendepunkt in der Struktur des Parteiensystems der Bundesrepublik: die SPD verlor endgültig das Odium der ewigen Oppositionspartei (S. 169); Heino Kaack (1971) hebt hervor, daß die Bildung der Großen Koalition nicht zwingende Folge der Umstrukturierung des Parteiensystems war (S. 321); für Peter Haungs (1983) bildet die Große Koalition das Schlußglied der von der SPD seit Anfang der sechziger Jahre betriebenen Konvergenzstrategie, die das Ziel verfolgt habe, den Beweis der Regierungsfähigkeit zu erbringen (S. 99).
Zu den Ursachen für die Wahlerfolge der NPD vgl. Schmollinger (1984), S. 1953ff.; Liepelt (1967), S. 237ff.; Kaack (1971), S. 308ff; Zeuner (1980), S. 184f.
Siehe Kaack (1971), S. 345.
Diese Argumentation ist aber nur vordergründig und dient wohl fast ausschließlich dazu, die Legitimationskraft einer Großen Koalition nach außen zu erhöhen. Denn die Bildung einer Großen Koalition bedarf immer einer besonderen Legitimation, das Aufkommen einer rechtsextremen Partei konnte als Bedrohung der Demokratie nach außen den Eindruck einer politischen Ausnahmesituation entstehen lassen, hat aber bei der Bildung der jeweiligen Koalition tatsächlich nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt; gegenteilig dazu Kunz (1979), S. 148.
Vgl. zur Entstehung der sozialliberalen Koalition auf Bundesebene und ihrer Bedeutung aus der wissenschaftlichen Literatur u.a. Bohnsack (1976); Bermbach (1970); Fenner (1980), S. 194ff.; Kaack (1971), S. 346ff.; Haungs (1983), S.100ff.; Zeuner (1980), S. 185ff; Baring (1984), S. 166ff.
Vgl. Fenner (1980): “Während 1961 und 1965 die überwiegende Mehrheit der inkonsistenten FDP-Wähler (1961=2/3; 1965=3/4) ihre Erststimme der CDU/CSU gab, jedoch nur jeweils rd. 1/4 der SPD, wählten 1969 rd. 2/3 der inkonsistenten FDP-Wähler mit ihrer Erststimme die SPD, nur noch etwas weniger als 1/3 CDU/CSU” (S. 196); Kaase (1970), S. 78f.; Zeuner (1980), S. 186; Kaack (1971), S. 349ff.
Vgl. Dalton/Hildebrandt (1983), S. 70ff; Klingemann (1986), S. 398f.; auch Kap. 4.3.1.
Fenner (1980), S. 194.
So auch der Titel des die Entstehung der sozial liberalen Koalition nachzeichnenden und analysierenden Werkes des Zeithistorikers Arnulf Baring (1984).
Dieser Gedanke ist schon entwickelt bei Greven (1989), S. 175.
Vgl. Völk (1989), S. 123f, der von einem “fulminanten Gleichschaltungsprozeß” in der Koalitionspolitik auf Bundes- und Landesebene spricht. Völk belegt desweiteren die Wandlung der Koalitionspräferenzen der FDP-Landesverbände: waren demnach im Zeitraum von 1965 bis zur Bundestagswahl 1969 die Koalitionspräferenzen etwa gleich stark auf Union (36,4 %) und SPD (27,3 %) verteilt, so bevorzugten während der Zeit der sozialliberalen Koalition im Bund 72,9 Prozent der F.D.P.-Landesverbände eine parlamentarische Zusammenarbeit auf Landesebene mit der SPD und nur noch 16,2 Prozent ein Bündnis mit der Union.
Die wenigen Ausnahmen werden im folgenden hervorgehoben.
Kunz (1979) spricht von einer Reideologisierung in den Ländern, räumt aber richtigerweise ein, daß ideologische Oberzeugungen zugunsten der Notwendigkeit einer Regierungsbildung zurückgestellt werden können (S. 166); siehe auch R. Roth (1980), S. 296f. Roth konstatiert in dieser Abhandlung, daß im Kampf um Wähleranteile SPD und CDU/ CSU bevorzugt auf die Strategie der Konfrontation und Polarisierung setzten.
Näheres zu dieser Berliner Koalitionsbildung in Kap. 5.4.
So die Bezeichnung von Broughton/Kirchner (1986), die die Rolle der F.D.P. als Mehr-heitsbeschaffer umreißen: “...the FDP’s function as a ...’pivot’ in the process of coalition formation” (S. 74).
Vgl. zu den Koalitionsentscheidungen der F.D.P. zwischen 1972 und 1976 Fabritius (1976), S.455ff.
Vgl. R. Roth (1979), S. 30; Fenner (1980), S. 216.
Bei der Bundestagswahl 1976 erhielt die CDU/CSU 48,6 Prozent der gültigen Zweitstimmen (= 243 Mandate), die SPD 42,6 Prozent (=214 Mandate) und die F.D.P. 7,9 Prozent (= 39 Mandate). Die Union war also nur knapp an der absoluten Mehrheit gescheitert, während die sozial liberale Koalition im Vergleich zur Wahl vor vier Jahren deutliche Einbußen hatte; vgl. zu den Ergebnissen im einzelnen Berger/Gibowski/Roth/Schulte (1977), S. 197ff.; die Autoren heben hervor, daß die Distanz der F.D.P.-Wähler zur SPD deutlich gestiegen sei, während die F.D.P.-Wähler die Union deutlich wohlwollender beurteilten als 1972.
R.Roth (1980), S. 295.
Die CDU verfügte über 25, die SPD über 22 und die F.D.P. über 3 Mandate im Saar-brücker Landtag; vgl. zum Wahlergebnis Kimmel (1975), S. 498ff.; Kimmel faßt auch die innerparteilichen Probleme und Diskussionen der F.D.P. nach dem Koalitionsangebot der saarländischen CDU zusammen. Für eine erste Ablehnung waren nahezu ausschließlich bundespolitische Gesichtspunkte verantwortlich. Der damalige Bundesvorsitzende Genscher begründete die zunächst erfolgte Ablehnung folgendermaßen: auch wenn es nicht darum gehe, die Bundesrepublik koalitionspolitisch zu uniformieren, dürfe die F.D.P. nicht der unsichere Kantonist sein, bei dem der Wähler nicht recht wisse, woran er sei (Kimmel (1975), S. 506). Der doch erfolgende Eintritt in die Koalition mit der CDU wurde dann von Seiten der F.D.P. wesentlich mit dem Hinweis legitimiert, daß dadurch die Bundesratsmehrheit der Union aufgeweicht werden solle, was die Arbeit der sozialliberalen Koalition im Bund erleichtere.
Fenner (1980), S. 217.
Diesmal ging die F.D.P. auch schon mit einer Koalitionsaussage zugunsten der CDU in den Wahlkampf, allerdings mit dem Hinweis, daß diese Koalition einen “Sonderfair darstelle; vgl. Kimmel (1980), S. 222ff.
Siehe auch Vorländer (1992), S. 283ff.
Vgl. zum Aufkommen der Grünen aus der reichhaltigen politikwissenschaftlichen Literatur Guggenberger (1983), S. 81ff.; Müller-Rommel (1983), S. 83ff.; Poguntke (1990), S. 86ff.; Zeuner (1991), S. 53ff.; Weinberger (1984); Kleinen (1992), S.14tY; zur Entstehung der Grünen in den Bundesländern: Fogt (1991), S. 234ff; Grupp (1986), S. 11ff.; zum Wahlverhalten der Wähler der Grünen Schultze (1980), S. 296ff. Schultze weist darauf hin, daß 1980 vorwiegend Jung- und Erstwähler aus dem sozialliberalen Wählerpotential zu den Grünen tendierten; siehe zum damaligen Wählerpotential der Grünen auch Rönsch (1980), S. 32ff.; Grupp (1986), S. 38ff. und neuerdings Veen/ Hoffmann (1992), S. 92ff.; Raschke (1993).
Insbesondere in Hessen und in Berlin. Zu den Ereignissen in Berlin 1981 noch Kap. 5.4.1. und zu denen in Hessen 1982 Kap. 4.3.1.
Dieser Begr1ff steht für eine ganze Reihe von Wandlungsprozessen in der Interessenstruktur heutiger Gesellschaften und umfaßt Werte ebenso wie Lebensweisen, politische Aktivitäten und Interessen. Die diversen Erklärungsansätze für die Herausbildung neuer Werte sind vielfältig und theoretisch nicht immer kompatibel. Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, intensiver auf diese Diskussion einzugehen, zumal angesichts der großen Menge an soziologischer Literatur zu dieser Thematik.
Vgl. zu den Mängeln des postmaterialistischen Ansatzes Schumann (1989), S. 58ff.
Vgl. Haungs (1981), S. 90ff.; Guggenberger (1983), S. 84ff.; Müller-Rommel (1983), der die Auffassung unterstreicht, daß die Existenz der Grünen als relevante Partei in den Parteiensystemen der Bundesrepublik “zu großen Teilen ein Produkt sozialdemokratischer Versäumnisse und Fehler” (S. 93) sei. Nur sehr bedingt ist aber Müller-Rommels Schluß-folgerung zuzustimmen, daß die Stabilität der Grünen abhängig sei von der richtungspolitischen Entwicklung der SPD und daß eine enge Zusammenarbeit der beiden Parteien existenzbedrohend für die Grünen wirke. Diese Schlußfolgerung orientiert sich zu sehr an dem Ausgangspunkt, daß sich die Wählerschaft der Grünen fast ausschließlich aus der Basis der SPD-Wählerschaft rekrutiert, die bei entsprechenden richtungspolitischen Änderungen der SPD-Politik wieder ins Wählerlager der Sozialdemokratie zurückkehren würden.
Guggenberger (1983), S. 91; siehe auch Veen/Hoffmann (1992); S. 95: “Entstehung und Wachstum der Grünen haben ihre Ursprünge weder in der Qualität ihrer Programmatik noch in der Qualifikation ihres Führungspersonals, sondern in der Ausbildung eines neuen sozial-kulturellen, sozial-moralischen und politisch-ideologischen Milieus, das sich im Zuge tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungsprozesse seit dem Ende der 60er Jahre entwickelte”.
Siehe den Ansatz von Inglehart (1983); und neuerdings Abramson /Inglehart (1992): “The basic thesis about the development of Materialist/Postmaterial ist values is that value priorities are shaped by social and economic conditions and that Postmaterialist values develop when economic security enables people to emphasize higher order-goals” (S. 187).
Bürklin vertritt dagegen die Auffassung, daß nicht der Gegensatz zwischen materialistischen und postmaterialistischen Werten die traditionelle Rechts-Links-Dimension der Politik überlagert, sondern der Konflikt zwischen Establishment und Anti-Establishment; vgl. Bürklin (1981), S.359ff.
Siehe dazu ausführlich die Studie von H. Schmitt (1987). Schmitt kommt darin zu dem Ergebnis, daß die etablierten Parteien — gemessen an den ideologischen Profilen ihrer mittleren Eliten — der doppelten Linkage-Funktion von Deutung und Aktualisierung traditioneller Konfliktlinien auf der einen und responsiver Reaktion auf politikrelevante Dimensionen des gesellschaftlichen Problemhaushaltes auf der anderen Seite durchaus gerecht werden (S. 213).
So schon Raschke (1985), S. 36.
Ausführlicher zu den unterschiedlichen Auffassungen der Sozialdemokraten im Punkt der Koalitionsbildung mit den Grünen Braunthal (1986), S. llff.; Heimann (1991), S. 35ff; Lösche/Walter (1992), S. 119ff.
Vgl. Müller-Rommel /Poguntke (1992), S. 321: “Durch den fundamentalistisch orientierten Zwölfpunktekatalog (Katalog von zwölf Koalitions- bzw. Tolerierungsbedingungen, U.J.) war das Scheitern der kurzen Sondierungsgespräche zwischen SPD und GAL vorprogrammiert”; siehe auch Esche/Hartmann (1990)., S. 227; die gegenteilige Auffassung vertritt Wischermann (1992), S. 276. Wischermann sieht in den “maximalistischen und unrealistischen Forderungen” der SPD an die GAL die Gründe für das Scheitern der Gespräche. Jedoch gehen aus Wischermanns Arbeit weder die “unrealistischen Forderungen” der SPD hervor noch kann ihr die Kompromißwilligkeit der GAL-Delegation eindeutig entnommen werden. Wischermann selbst skizziert als Ziel der Tolerierungspolitik aus Sicht der GAL, daß diese “an bestehende Widersprüche innerhalb der Sozialdemokratie wie solche zwischen ihr und ihrer Wählerschaft anknüpfen, diese vertiefen und neue Widersprüche schaffen” sollte (S. 230).
Zu den Einzelheiten der ersten Gespräche Johnsen (1988), S. 32ff.; und1fferenzierter und in einzelnen Passagen sehr wertend Grupp (1986), S. 54ff.
Vgl. zur Phase der Tolerierung und zur Bildung der Koalition von SPD und Grünen in Hessen Johnsen (1988), S. 73ff.; zu einzelnen Details zum Winkel (1986); siehe in diesem Band Kap. 5.3.
So auch Völk (1989), S. 136; Vorländer (1992), S. 269.
Siehe ausführlich Kapitel 5.2., 5.3. und Jun (1993b), S. 200ff.
Vgl. Raschke (1985), S. 34.
Siehe Lösche /Walter (1992), S. 124: “Die Sozialdemokraten nahmen Kurs auf die postmaterialistische Gesellschaft und übten Zivilisationskritik”.
Vgl. zum Wandel der SPD-Wählerschaft Lösche/Walter (1992), S. 100ff.; H. Schmitt (1992), S. 152ff.
Zu Berlin vgl. die Wahlanalyse von Eckhard Jesse (1991), S. 405: “Die Ursachen für die Wahlniederlage der SPD liegen wesentlich darin begründet, daß auch ein Teil der eigenen Wählerschaft das Experiment mit der als unberechenbar geltenden Alternativen Liste nicht gutzuheißen vermochte”. Rüdiger Schmitt interpretiert in seiner Analyse der hessischen Landtagswahlen von 1987 die situativen Umstände des Koalitionsbruchs zwar nicht als wesentliche Ursache ftir die Stimmenverluste der SPD, dafür macht er eine Modernisierungskrise der SPD verantwortlich, was auch nicht bestritten wird. Allerdings räumt Schmitt auch ein, daß der Koalitionsbruch mit zur Mobilisierungsschwäche der Sozialdemokraten bei dieser Landtagswahl beigetragen hat. Zudem konstatiert Schmitt, daß bei den SPD-Wählern die Zustimmung zur Koalition mit den Grünen nach dem Scheitern der Koalition verhältnismäßig gering war ; vgl. R. Schmitt (1987), S. 343ff.
Siehe auch Kap. 5.2. und 5.3.
Siehe zur Bildung der Großen Koalition in Berlin 1991 noch ausführlich Kap. 5.4.
Bei der Landtagswahl am 5. April 1992 erhielt die CDU 39,6 Prozent der Stimmen, die SPD 29,4 Prozent, die F.D.P. 5,9 Prozent, Grüne 9,5 Prozent und Republikaner 10,9 Prozent. Es konstituierte sich also nach der Wahl ein Fünf-Fraktionen-Parlament im Stuttgarter Landtag; vgl. zum Wahlergebnis die Analyse von Sturm (1992), S. 622ff.
Auch in den Medien werden die beiden Großen Koalitionen als aus der Not geboren betrachtet; vgl. dazu Peter Henkel: Viele kleine Feuerstellen schaffen eine Eiseskälte (Frankfurter Rundschau vom 10.7.92): “In dieser Verfassung ist die große Koalition in Stuttgart alles andere als ein Modell für Bonn — eher könnte sie als Indiz dafür gelten, daß beide Parteien dort die Hände davon lassen sollten, so lange sie rechnerisch andere Optionen haben”.
Vgl. Ammer (1992), S. 421ff.
Vgl.Bomsdorf(1991), S.36f.
In Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen regiert seit 1990 jeweils eine CDU/F.D.P.-Koalition, lediglich in Sachsen bildet die CDU eine Einparteienregierung.
Bei der Bürgerschaftswahl im September 1991 erreichte die SPD einen Stimmenanteil von 38,8 Prozent, die CDU 30,7 Prozent, Grüne 11,4 Prozent, F.D.P. 9,5 Prozent und DVU 6,2 Prozent. Auch in Bremen konstituierte sich somit ein Fünf-Fraktionen-Parlament.
Vgl. auch R. Roth (1992), S. 288ff.
Siehe Lilo Weinsheimer: Weil Abstimmung eben nicht Abstimmung war, sondern Zufall. In: Frankfurter Rundschau vom 12. 12. 1991;
Eckhart Kauntz: Entscheidung kurz vor Mitternacht. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. 12. 1991.
So Jung/Roth (1992), S. 15f.; vgl. auch Dittrich (1992), S. 27ff.; Dittrich konstatiert eine starke politische Unzufriedenheit der Bevölkerung der fünf neuen Länder mit der westdeutschen Parteiendemokratie.
Vgl. Kaltefleiter (1991), S. 12f; Pappi (1991), S. 24/25: “Zusammenfassend kann man konstatieren: Sowohl im west- als auch im ostdeutschen Wahlgebiet führten die Regierungsparteien bei der Kompetenzzuschreibung, der Vorsprung war im Osten aber ausgeprägter. (...) CDU und FDP haben in der ehemaligen DDR die Wahl gewonnen, sie haben in der dortigen Wählerschaft aber keine (Policy-) Mehrheit in Fragen der inhaltlichen Politik”.
Die Schwierigkeiten bei der Regierungsbildung in Hessen 1982/83 und in Hamburg 1982 und 1986 können als Übergangsphasen betrachtet werden, da die Grünen bzw. die GAL aus ihrem Selbstverständnis heraus sich noch nicht als potentielle Regierungspartei verstanden haben. Daß auch die Grünen sich in ihrem Koalitionsverhalten den etablierten Parteien CDU, CSU, SPD und F.D.P. angenähert haben, zeigen die verschiedenen Koalitionsbildungen mit Regierungsteilnahme der Grünen in Berlin 1989, Niedersachsen 1990, Hessen 1991 und Bremen 1992; siehe auch Jun (1993b), S. 204ff.
Von den in den Landesparlamenten bisher vertretenen Parteien fallen hierunter SRP, DRP, NPD, DVU, Republikaner, KPD und PDS. Diese Parteien verfügen bzw. verfügten über keinerlei Koalitionspotential, sie werden von den anderen Parteien als nicht koali-tionsfälhig angesehen.
Vgl. Kunz (1979), S. 165f.
So auch Lösche/Walter (1992), S. 3.
So zutreffend schon Schwickert/Wolffsohn (1978), S. 542ff.; siehe auch Kunz (1979), S. 130f., 150ff.
Vgl. Sartori (1976), S. 179.
Zwar sind auch dort deutliche Verschiebungen der Wählergunst zu verzeichnen gewesen, jedoch wechselte jeweils nur einer der Koalitionspartner, wenn auch jeweils der führende; vgl. dazu noch das gesamte nachfolgende Kapitel 5.
Zu dieser Einschätzung kommen auch Kaase/Gibowski (1990), S. 17; vgl. auch Kaase/ Gibowski(1988), S.3ff.
Vgl. Wiesendahl (1992), S. 3: “Die Fähigkeit der Großparteien, für Wahlen mobilisieren und die dabei zum Ausdruck gebrachte Massenloyalität zu ihren Gunsten kanalisieren zu können, geht Schritt für Schritt zurück”; Lösche/ Walter (1992), S. 107: “Die Glanzzeit der großen Völksparteien dürfte vorbei sein”; Rattinger (1993), S.24fY.
Zum Begr1ff der Responsivität siehe von Alemann (1992), S. 120ff.
Schmid (1990a) nennt hier explizit Baden-Württemberg, Berlin und Niedersachsen als Koalitionsländer.
Vgl. Schmid (1990a), S. 69; Schmid kommt ausschließlich für die CDU zu diesem Ergebnis. Inwieweit sich dieses Ergebnis auch auf die SPD übertragen läßt, kann an dieser Stelle nicht exakt gesagt werden, jedoch ist aufgrund der d1fferierenden Strukturen und des unterschiedlichen Selbstverständnisses der Parteien eher von einem nicht gleichartigen Ergebnis auszugehen. Der größere Pragmatismus und die höhere sachpolitische Orientierung dürften sich wohl schon in großen Teilen aus der Funktion als Regierungspartei ergeben — reale Durchsetzung von politischen Programmen. Zu berücksichtigen ist bei der SPD auch die Koalitionsoption der Grünen, die auf die Politikkonzeptionen der einzelnen Landesverbände unterschiedlich einwirkt. Schmid kommt ferner zu der Auffassung, daß die föderative Komponente bei der Union einen höheren Stellenwert einnimmt als bei der SPD, was er zu Recht auf die historische Entwicklung, das Selbstverständnis und die innerparteiliche Machtverteilung zurückführt (S. 104). Bei der SPD hat in jüngster Zeit die föderative Komponente aber auch eine höhere Bedeutung erlangt.
Schmid (1990a), S. 247.
So Steffani (1983); vgl. zum Einfluß der Ministerpräsidenten auf die konkrete Politikgestaltung auch Thaysen (1985).
Ein gutes Beispiel für diese Zusammenhänge bietet die SPD seit 1987: einzelne bedeutende Ministerpräsidenten (Engholm, Lafontaine, Rau, Scharping, Schröder) bestimmen bzw. bestimmten wesentlich die Politik der Sozialdemokraten auf Bundesebene mit. Sie stellen mit Scharping den derzeitig amtierenden Parteivorsitzenden und mit Rau und Lafontaine zwei seiner vier Stellvertreter. Schröder ist zudem gewähltes Mitglied des Präsidiums der Partei. Die innerparteiliche Macht der Ministerpräsidenten und die Durchsetzung ihrer politischen Konzepte hat schon zu Auseinandersetzungen zwischen diesen, dem Parteiapparat und der Bundestagsfraktion geführt. Mit der Besetzung innerparteilicher Schaltstationen versuchen die Ministerpräsidenten derzeit den Einfluß auf den Parteiapparat zu erhöhen.
Vgl. H. Naßmacher (1989), S. 175.
H.Naßmacher(1990), S. 14.
Vgl. H. Naßmacher (1989), S. 175f.
H. Naßmacher (1989), S. 178.
H. Naßmacher (1989), S. 189.
H. Naßmacher (1989), S. 188.
Es wird keineswegs übersehen, daß andere Faktoren das Entstehen von neuen Parteien wesentlich eher begünstigen und daß die Ausd1fferenzierung an den Rändern eines Parteiensystems vorwiegend durch Transformations- bzw. Erosionsprozesse soziokultureller Milieus und der Vervielfältigung und zunehmenden D1fferenzierung der Interessen hervorgerufen wird.
Wenn Christian Haerpfer von einer fehlenden Entwicklung des Parteiensystems der Bundesrepublik in den siebziger Jahren spricht, so verkennt er dabei, daß die Politik der sozialliberalen Regierungskoalition im Bund das Aufkommen der Grünen in den Ländern deutlich begünstigt hat; vgl. Haerpfer (1987), S. 173 ff.
Vgl. Lösche (1986), S. 43.
Auch Lösche (1986) stellt die geringe Sensibilität der beiden deutschen großen Parteien für neu aufkommende Bedürfnisse und Interessen heraus (S. 42ff.); vgl. auch Guggen-berger (1983), S. 84f., S. 88. Guggenberger attestiert vor dem Hintergrund des Aufkommens der Grünen zu Beginn der achtziger Jahre den Völksparteien die “Unfähigkeit, politisches Handeln als orientiertes Handeln zu vermitteln”. (S. 88). Auch wenn beide Aussagen vor einem zeithistorischen Hintergrund betrachtet werden müssen, so zeigen sie doch Grenzen der Interessenvermittlung von großen Parteien auf, die sich durch Koalitionskompromisse zwangsläufig noch vergrößern. (So auch Rudolf Wildenmann (1989), S. 113: “Die Parteiorganisationen stellen u.U. Forderungen, die die jetzige Fraktion — aufgrund koalitionspolitischer Zwänge — überhaupt nicht erfüllen kann”).
Hierzu u.a. Haerpfer (1987), S. 173ff.; Wildenmann (1989), S. 9ff.; Wiesendahl (1992); Mintzel (1989). Auch Mintzel konstatiert, daß die großen deutschen Massenparteien sich einander genähert haben, daß sie aber weder sozialstrukturell noch ideologisch-programmatisch noch organisatorisch gleich sind.
Vgl. auch Kolinsky (1993), S. 48: “Koalitionen ... schleifen Parteid1fferenzen eher ab und begünstigen eine auf Kooperation und Konsensus gegründete Parteikultur”.
Näheres siehe Kapitel 4.2.1. — 4.2.5.
Wildenmann (1989), S.U.
Wildenmann (1989); S. 11; vgl. auch dort S. 143.
Die F.D.P. ist bisher an 12 von 14 Regierungskoalitionen im Bund und an 67 von 92 Regierungskoalitionen in den Bundesländern beteiligt gewesen. Die SPD ist im Vergleich dazu an 55 Regierungskoalitionen in den Ländern beteiligt gewesen, die CDU an 54 Länderkoalitionen. Nicht zutreffend sind die Zahlen von Wildenmann, der angibt, die F.D.P. sei an 90 Prozent aller Regierungsbildungen in Bund und Ländern beteiligt gewesen, was aufgrund des in den Ländern schon häufiger auftretenden Typus der Einparteienregierung nicht der Fall sein kann. Die Einparteienregierungen sorgen auch dafür, daß in den Ländern CDU und SPD häufiger an Landesregierungen beteiligt sind als die F.D.P., während Wildenmann meint, SPD und CDU seien nur etwa jeweils an der Hälfte der Regierungsbildungen beteiligt gewesen (S. 143). Stand 1.12.1993.
Vgl. zu den Funktionen der F.D.P. im Parteiensystem u.a. Dittberner (1987); Vorländer (1992); Schiller (1990); Stammen (1987); Kaack (1980); Broughton/Kirchner (1986), S. 73ff.
Vgl. Wildenmann (1989), S. 143f; Haungs (1983), S. 105.
Vgl. Schiller (1990), S. 64: “Ohne diese Funktionsmerkmale wäre die FDP nicht lebensfähig”; Hoffmann-Lange (1986), S. 61: “The chance of an absolute majority of the CDU/ CSU represented a particular danger for the FDP, since this would have deprived it of its pivotal role in the West German party system”; Vorländer (1992), S. 270: “Mehrheitsbe-schaffiingsfunktion und Korrektivfunktion gehen so in der Rolle als Koalitionspartei Hand in Hand”.
Vgl. dazu die Daten bei Klingemann (1986), S. 398f.; siehe auch Hoffmann-Lange (1986), S. 55ff; siehe zur Wählerbasis der F.D.P. weiterhin Schiller (1993), S. 135ff.
So auch Broughton/Kirchner (1986), S. 79; Schiller (1990), S. 83; Jung (1992), S. 83: “Diese vielfach als prorammatische Profillosigkeit charakterisierte Situation macht es für die FDP notwendig, sich in jedem Wahlkampf — manchmal mit übertrieben scheinender Härte und mehr taktisch als programmatisch — von der Union abzugrenzen”; siehe weiterhin Dittrich (1991b), S. 163ff. Dittrich untersuchte u.a. die Motive der Wähler für die Stimmabgabe zugunsten der einzelnen Parteien. Dabei konstatiert er, daß für die Wähler der F.D.P. die Unterstüzung der Regierungskoalition neben der Stärkung der F.D.P. (innerhalb der Koalition? U.J.) der an erster Stelle genannte ausschlaggebende Grund für die Wahlentscheidung war. Bei den Wählern der anderen relevanten Parteien nehmen thematisch-inhaltliche Erwägungen einen weit höheren Stellenwert ein, funktionale Erwägungen spielen dagegen bei der Wahlentscheidung zugunsten von SPD, CDU, CSU oder Bündnis’ 90/Grüne nur eine untergeordnete Rolle.
Vgl. Wildenmann (1989), S. 145, der sehr zugespitzt formuliert, daß das geltende Wahlsystem der Bundesrepublik faktisch ein “FDP-Wahlrecht” sei.
So auch Kaltefleiter (1991), S. 5. Kaltefleiter kommt weiterhin zu dem Ergebnis, daß eine stabile sozialstrukturell begründete Stammwählerschaft für die F.D.P. kaum nachweisbar cewesen sei.
Vgl. dazu Niedermayer (1982), S. 110; Niedermayer konstatiert, daß zur Zeit seiner empirischen Erhebung ein Koalitionswechsel der F. D. P. nicht ohne wesentliche parteiinterne Konflikte und gefährliche Reibungsverluste erfolgen könnte; siehe auch Dittberner (1987), S. 13; Hoffmann-Lange (1986), S. 52; Broughton/Kirchner (1986), S. 84ff.
Vgl. Gringmuth (1984), S. 120; Gringmuth schreibt der F.D.P. als Regierungspartei unverzichtbare Mittelvorteile zu; siehe auch Schiller (1990), S. 76, der zutreffend eine direkte Abhängigkeit von Wahlerfolgen bei Landtagswahlen von der “mitregierenden Bundespräsenz” sieht.
Vgl. Vorländer (1992), der darauf hinweist, daß die Wahrnehmung und Funktion der Liberalen als Koalitions- und Regierungspartei insofern von Vorteil ist, da sie als kleine Partei durch ihre Regierungstätigkeit vermehrt öffentliche Darstellungsmöglichkeiten ihrer Politik gewinnt (S. 268).
Dies gilt natürlich nur, wenn im Bund nicht permanent eine Große Koalition regiert.
So auch Schiller (1990), S. 76.
Vorländer (1992), S. 269.
Näheres siehe im vorherigen Teilkapitel 4.2.
Veen/Hoffmann (1992), S. 162.
Vgl. dazu auch Rudzio (1992), S.48ff. Rudzio untersucht eingehend die verschiedenen koalitionspolitischen Optionen der SPD, wobei er zu der — wenn auch nach der politischen Einheit Deutschlands eingeschränkten — Auffassung gelangt, “daß die Grünen — und nicht die Liberalen — der bevorzugte Koalitionspartner der SPD sind” (S.52).
Siehe schon Teilkap. 4.2.4.
Siehe S. 82/83.
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Jun, U. (1994). Föderative Aspekte, Geschichte und Systematik der Koalitionsbildungen in den deutschen Bundesländern: Die Struktur des Parteiensystems als Hauptfaktor für Koalitionsbildungen. In: Koalitionsbildung in den deutschen Bundesländern. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10489-6_4
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