Skip to main content

Koalitionen in Ungarn und Polen: Mehr Eliten- als Parteienkonkurrenz?

  • Chapter
Koalitionen in West- und Osteuropa

Zusammenfassung

Die Koalitionsforschung zu Mittel- und Osteuropa ist bisher wenig ausgeprägt. Vor allem in den westlichen Sprachgemeinschaften ist bisher kaum empirisches Material gesammelt und ausgewertet worden1. Zwar gehörten Parteien und Parteiensysteme sowie Wahlen und Wahlsysteme zu den ersten Themen, die (neben wirtschaftspolitischen Fragen) von der Transformationsforschung aufgegriffen wurden; auch wurde die materielle Politikproduktion schnell und zeitbegleitend beleuchtet. Das Zustandekommen, die Funktionsweise, die innere Logik und Kohärenz von Koalitionsregierungen — bis auf wenige Ausnahmen die gängige Variante in Ostmitteleuropa — gerieten aber kaum je in den Fokus sozialwissenschaftlicher Analyse. Wenn Koalitionen in das Blickfeld der Forschung rückten, dann vor allem weil sie auseinander gebrochen waren. Doch auch hier waren die Arbeiten mehr tagespolitische Deskription denn systematische Analyse und selten länderübergreifend vergleichend angelegt.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 69.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  1. Dies liegt sicher auch daran, dass die historisch betrachtet recht kurze Zeitspanne zwischen der Etablierung von Mehrparteiensystemen und der Gegenwart verallgemeinerbare Aussagen erschwert.

    Google Scholar 

  2. In Polen darf die Protestbewegung des Jahres 1980, in deren Folge das Kriegsrecht verhängt wurde, als Ausgangspunkt der Umgestaltung benannt werden, in Ungarn begann die Systemtransformation spätestens seit der Entmachtung Jcínos Kddärs im Jahre 1987.

    Google Scholar 

  3. Vgl. Jurgen Dieringer, Parteien und Parteiensysteme in Mittel-und Osteuropa. Zum Stand der demokratischen Entwicklung zehn Jahre nach der Systemtransformation, in: Gegenwartskunde 1/2000, S. 111–132.

    Google Scholar 

  4. Die MSZMP reagierte auf die ausgeprägte Wirtschaftskrise der achtziger Jahre mit der Entideologisierung ihrer Kaderpolitik. Die Nomenklatur wurde insofern als zentrales Rekrutierungsinstrument eingeschränkt, als grundsätzlich die fachliche Eignung der Kandidaten für eine bestimmte Tätigkeit den Ausschlag gab und so immer mehr „Technokraten“ in wichtige Positionen gelangten. Bei diesen wiederum — einer der wichtigsten Vertreter war der Ministerpräsident Mikl6s Nemetli — setzte sich Ende der achtziger Jahre die Erkenntnis durch, dass die Ursache der Wirtschaftskrise im System als solchem liegt.

    Google Scholar 

  5. Die Solidarnosc war in ihrer inneren Struktur äußerst heterogen. In der Führungsspitze agierten Vertreter eines klar gewerkschaftlich ausgerichteten Kurses neben klerikal-katholisch und national orientierten Gruppierungen und Anhängern einer liberalen Richtung. Das Einzige, was diese Gruppierungen zusammenhielt, war das gemeinsame Ziel der Ablösung des sozialistischen Systems. Sofort nach Erreichen dieses Zieles begann der Zerfall. Der „Massenintergrationsbewegung“ Solidamosé ist es nicht gelungen, sich zur „Massenintegrationspartei” zu verändern.

    Google Scholar 

  6. Der Beginn der differenzierten Entwicklung politischer Parteien in Ungarn wird meist auf 1987 datiert. Damals trafen sich führende Regimekritiker und Oppositionelle im kleinen ungarischen Städtchen Lakitelek. Vor allem das Ungarische Demokratische Forum (MDF) betrachtet dieses Treffen als Gründungskongress. Obwohl die Parteigründungen nach dem ungarischen Recht illegal waren, wurden die oppositionellen politischen Parteien vom Regime geduldet. Die Legalisierung erfolgte schließlich durch die Vereinbarungen des Runden Tisches 1989 und die Verabschiedung des neuen Parteiengesetzes.

    Google Scholar 

  7. Als der ultrakonservative Scíndor Lezsdk zum Parteivorsitzenden gewählt wurde, spaltete sich der liberale Flügel der Partei ab und gründete die Ungarische Demokratische Volkspartei (MDNP), die aber schnell marginalisiert wurde.

    Google Scholar 

  8. Jerzy Holzer, Stabilisierungserfolg und Gefahr der Unregierbarkeit: Polen, in: August Pradetto (Hrsg.), Die Rekonstruktion Ostmitteleuropas. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Umbruch, Opladen 1994, S. 145.

    Google Scholar 

  9. Grundlegend zu dieser Frage etwa Herbert Kitsehelt The Formation of Party Systems in East and Central Europe, in: Politics and Society, Vol. 20, No. 1, März 1992, S. 7–47.

    Google Scholar 

  10. Die Hochburg des SZDSZ ist traditionell die Hauptstadt Budapest, in der seit 1990 ein prominenter SZDSZ-Politiker, Gkbor Demszky, als Oberbürgermeister regiert und 1998 zum zweiten Mal bestätigt wurde.

    Google Scholar 

  11. Vgl. zum polnischen Wahlsystem Florian Grotz, Politische Institutionen und postsozialistische Parteiensysteme in Ostmitteleuropa. Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei im Vergleich, Opladen 2000.

    Google Scholar 

  12. Das ungarische Wahlrecht, ein Grabensystem, gliedert sich in drei Komponenten: 176 der insgesamt 368 Sitze werden mit der Erststimme durch Direktwahl in Einzelwahlkreisen vergeben. Mit der Zweitstimme wird eine Komitatsliste (Regionalliste) gewählt. Auf diese Art und Weise werden 152 Sitze vergeben. Die restlichen 58 Sitze werden über eine landesweite Kompensationsliste verteilt, in der die unterlegenen Direktkandidaten proportional berücksichtigt werden, vgl. hierzu auch Jürgen Dieringer, Die ungarischen Parlamentswahlen 1998, in: ZParl 29. Jg (1998), H. 4, S. 650f.

    Google Scholar 

  13. Vgl. zu den konkreten Auswirkungen des ungarischen Wahlsystems auf die Mandatsverteilung Florian Grotz, „Dauerhafte Strukturprägung“ oder „akrobatische Wahlarithmetik”? Die Auswirkungen des ungarischen Wahlsystems in den 90er Jahren, in: ZParl 29. Jg (1998), H. 4, S. 624–647.

    Google Scholar 

  14. Hier traten in den meisten Fällen FKGP-Kandidaten zugunsten von FIDESZ/MDF-Kandidaten zurück.

    Google Scholar 

  15. Dies äußert sich auch im permanenten Ausbau des Ministerpräsidentenamtes, insbesondere seit der Übernahme der Regierungsgeschäfte durch die Regierung Orbmi (1998). Im Volksmund hat sich mittlerweile das Wort „kancellkria“, in bewusster Anlehnung an das deutsche Modell, durchgesetzt.

    Google Scholar 

  16. József Anfall des MDF, Gyula Horn der MSZP und Viktor Orbdn des FIDESZ (bis 2000).

    Google Scholar 

  17. Vgl. zu Ungarn Jürgen Dieringer, Ungarn. Vom „demokratischen Zentralismus“ zur dezentralen Demokratie?, in: Europäisches Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen (Hrsg.), Jahrbuch des Föderalismus 2000, Baden-Baden 2000; zu Polen Bokajlo, Wieslaw, Polen. Die neuen Wojewodschaften im Europa der Regionen, ebda.

    Google Scholar 

  18. Vgl. Andrzej Kowalczyk, Local Government in Poland, in: Tands Horvcúh (Hrsg.), Decentralization: Experiments and Reforms, Local Government and Public Service Reform Initiative/Open Society Institute, Budapest 2000, S. 220–253, S. 228f.

    Google Scholar 

  19. Dies zeigt sich vor allem im wirtschaftspolitischen Bereich. In Ungarn bestehen in diesem Zusammenhang im Gegensatz zu Polen zahlreiche Institutionen mit (neo)korporatistischem Charakter, vgl. Jürgen Dieringer, Staatlichkeit im Wandel? Die Regulierung der Sektoren Verkehr, Telekommunikation und Energie im ungarischen Transformationsprozess, Opladen 2001, S. 171ff. Auch das Abstimmungsverhalten im ungarischen Parlament und die zahlreichen Versuche einer „Sechsparteieneinigung“ zeigen starke konsensdemokratische Element, wenngleich die politischen Akteure in der Praxis oft über Ansätze nicht hinaus kommen.

    Google Scholar 

  20. Hier mag auch das ungarische Beispiel eine abschreckende Wirkung haben. Die sozialliberale Koalition (1994–1998) hat den liberalen SZDSZ vor eine Zerreißprobe gestellt, die Partei verlor die Wahlen 1998.

    Google Scholar 

  21. So reklamierte der Vorsitzende der FKGP, der Landwirtschafts- und Regionalentwicklungsminister JózsefTorgycín im Frühjahr 2000 das Staatspräsidentenamt für sich. Obwohl dieser Anspruch im Koalitionsvertrag verbrieft war, konnte der unbeliebte und oft populistische Torgydn seinen Willen gegen die Öffentlichkeit und den Koalitionspartner nicht durchsetzen. Ähnlich erfolglos blieb Torgydn mit seiner Forderung nach einer umfassenden Aufstockung des Agrarbudgets sowie dem Ansinnen, einige Ministerien zu einem „Superministerium“ unter seiner Führung zusammenzufassen.

    Google Scholar 

  22. Die Aufgaben, die im Transformationsprozess zu bewältigen sind, sind enorm: Die Herstellung einer neuen institutionellen und prozessualen Ordnung, die Umgestaltung der Wirtschaftsordnung und gleichzeitig die Anpassung an den Acquis communautaire der EU sind die übergeordneten Probleme. Offe spricht in diesem Zusammenhang von dem „Dilemma der Gleichzeitigkeit“ gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Wandels, das den Transformationsprozess Ostmitteleuropas von denen in Lateinamerika oder Südeuropa unterscheidet, vgl. Claus Offe, Der Tunnel am Ende des Lichtes. Erkundungen der politischen Transformation im neuen Osten, Frankfurt/Main 1994.

    Google Scholar 

  23. Attila Agh, Emerging Democracies in East Central Europe and the Balkans, Cheltenham and Northampton 1998, S. 47f.

    Google Scholar 

  24. Olson spricht in diesem Zusammenhang von „couch parties“ und „party tourists”, vgl. David M. Olson, Party Formation and Party System Consolidation in the New Democracies of Central Europe, in: Political Studies, Special Issue 1998, S. 434.

    Google Scholar 

  25. Michael Bauer Das Ende des „kalten Bürgerkriegs“? Die inhaltlich-programmatischen Orientierungen im ungarischen Parteiensystem, in: Osteuropa 52 (2002), S. 789–805.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2002 Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Dieringer, J. (2002). Koalitionen in Ungarn und Polen: Mehr Eliten- als Parteienkonkurrenz?. In: Kropp, S., Schüttemeyer, S.S., Sturm, R. (eds) Koalitionen in West- und Osteuropa. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10487-2_10

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-10487-2_10

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-3176-1

  • Online ISBN: 978-3-663-10487-2

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics