Zusammenfassung
Die vertikale Dimension jugendlicher Entwicklung wurde bereits definiert als die individuelle Entscheidung für einen raschen Übergang in das Erwachsenenalter, einem Übergang, bei dessen Vollzug sich Jugendliche an den Standards der älteren Generation orientieren. Bei der Durchsicht des Forschungsstandes wurde hervorgehoben, dass mit dem Entwicklungsaufgaben-Modell von Havighurst (1948/1972) das dominante Konzept der transitiven Perspektive gegeben ist. Dieses wurde im deutschsprachigen Raum maßgeblich von Oerter (1978) und Dreher/Dreher (1983, 1985a, 1985b) weiterentwickelt, wobei eines der am häufigsten anzutreffenden Missverständnisse im Umgang mit diesem Konzept die mangelnde Unterscheidung zwischen Entwicklungsnormen und Entwicklungsaufgaben darstellt. Gemäß der Arbeit von Oerter (1978) wird davon ausgegangen, dass Entwicklungsnormen von der älteren Generation an die jüngere herangetragen werden und der jugendliche Akteur vor dem Hintergrund dieser Normen seine Entwicklungsaufgaben setzt (Kap. 5.1).
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Auch Backes et al. (1983) halten die von Oerter (1978) vorgeschlagene Unterscheidung nach Entwicklungsnormen und -aufgaben in ihren Beschreibungen nicht aufrecht. Sinnvollerweise müsste hier statt der Setzung von Entwicklungsaufgaben von Entwicklungsnormen die Rede sein.
Hinzu kommt noch, dass als hypothetisches Fallbeispiel, welches den Erwachsenen zur Beurteilung vorgelegt wurde, eine männliche Jugendbiographie diente.
So weist Hofer (1992, S.49) kritisch darauf hin, dass selbst den kulturvergleichenden Studien zu Familie und Jugend keine eindeutigen Hinweise darauf zu entnehmen seien, dass differierende Erziehungsstile genuin auf die unterschiedlichen Kulturen zurückzuführen seien. An der Oberfläche vorgefundene Merkmalsunterschiede könnten nicht auf spezifische Ursachen zurückgeführt werden.
Wobei konstatiert werden muss, dass die erziehungswissenschaftliche Forschung seit den achtziger Jahren die Denkfigur des zu Erziehenden zugunsten jener des zu Sozialisierenden aus den Augen verloren hat, was, wie bereits im Forschungsstand angedeutet, derzeit in der Diskussion um Selbstsozialisation zu münden scheint (vgl. Zinnecker 2000).
Die Items dieses Konstruktes beziehen sich auf elterliche Restriktionen, wonach die Jugendlichen durch Sanktionen der Eltern zu erhöhten schulischen Leistungen gebracht werden sollen. Insofern ist eine starke semantische Nähe zu Konzepten restriktiver Erziehungsstile gegeben.
Wobei auch bei schulformbasierten Befunden kritisch anzumerken ist, dass letztlich ungeklärt bleibt, ob die vorgefundenen Effekte dem Besuch der Schulform geschuldet sind, oder aber aus der divergenten Attraktion von Schüler-Klientel resultieren. Darüber hinaus konnte Ditton (1987) aufzeigen, dass die Variation zwischen den einzelnen Klassen ein besseres Erklärungsmoment darstellt, als jene zwischen den Schulen.
Damit wird im Grunde in vereinfachter Weise an die Figur der Schulkulturforschung angeknüpft, die eine starke Hinwendung zur einzelnen Schule verfolgt (vgl. Keuffer et al. 1998).
Zu dieser Sichtweise finden sich freilich kritische Positionen, die sich insbesondere in den 70er Jahren theoretisch und praktisch etabliert haben (vgl. Tillmann 1987).
Dass Top-Down Ansätze mit der Kernthese, Menschen besäßen eine generelle Disposition zu Zufriedenheit oder Unzufriedenheit unabhängig von objektiven Lebensbedingungen (vgl. hierzu die Kritik von Get6ler 1996B, S.323) an Milieutheorien, bei denen die vertikalen Ungleichheiten »wegpluralisiert, wegindividualisiert und wegdynamisiert« werden), nicht ausreichend erklärende Wirkung haben, zeigt sich vor allem an der Aussage des Jugendwerk (1997), wonach die gesellschaftliche Krise die Jugend erreicht habe.
Gemeint ist die Diskrepanz zwischen objektiven Lebensbedingungen und Lebenszufriedenheit.
Dass diese Vergleichsprozesse zur Beurteilung ihrer eigenen Lage von Jugendlichen auch vollzogen werden, zeigen die Untersuchungen bei Auszubildenden in Ost-und Westdeutschland von Horn (1995, S.175). Die befragten Jugendlichen nennen in qualitativen Interviews drei Bezugspunkte: Vergangenheitsbezug, gegenwärtige persönliche und soziale Lage, Bezug zur sozialen Gruppenzugehörigkeit.
Grundlage der Berechnung waren die Angaben von 405 Familien. Die Elterninformationen zum familialen Zusammenhalt und erlebtem sozialen Druck wurden zur Bildung der Typen genutzt und in einem zweiten Schritt mittels Varianzanalyse auf Unterschiede bei den Angaben der Jugendlichen überprüft.
Author information
Authors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2003 Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Reinders, H. (2003). Die vertikale Dimension — Transition. In: Jugendtypen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10454-4_4
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-10454-4_4
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8100-3695-7
Online ISBN: 978-3-663-10454-4
eBook Packages: Springer Book Archive