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Der rationale Erstwähler oder welche Rolle spielen Sachfragen bei der Wahlentscheidung?

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Jugendliche Wähler in den neuen Bundesländern
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Zusammenfassung

Das Modell des rationalen Wählens ist keine neue Erfindung. Es geht zurück auf die ökonomische Theorie der Demokratie, die Anthony Downs bereits 1957 formulierte. Aufgrund verkürzter Rezeption und offenbar zu enger Auslegung fand dieses Modell jedoch in der Wahlforschung über Jahrzehnte wenig Beachtung. Selbst als sozialstrukturelle Theorien des Wahlverhaltens (Lazarsfeld et al., 1944), die auf dem Argument sozialstrukturell verankerter gesellschaftlicher Spannungslinien fußten (Lipset & Rokkan, 1967b; Best, 1989; Pappi, 1986), an Erklärungskraft nachließen (Dalton & Wattenberg, 1993: 198–202), wurde der Frage des rationalen Wahlverhaltens noch wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Vielmehr wurde die Wahlforschung noch lange Zeit dominiert von einer sozialpsychologischen Herangehensweise, dem Ansatz der Parteiidentifikation oder auch der Parteibindung. Da politische Parteien diejenigen Institutionen sind, welche die Diskussion um zentrale politische Streitfragen strukturieren, stellt die Bindung an eine Partei, gleich ob affektiv oder kognitiv begründet, eine politische Grundposition dar. Auf Basis dieser einmal gefundenen Position ist es in der Folge leichter und damit rascher und effektiver möglich, in der politischen Diskussion befindliche Themen zu bewerten und diese Bewertung in eine Wahlentscheidung einfließen zu lassen. Doch wie bereits das sozialstrukturelle Modell ließ auch das Modell der Parteienidentifikation mit abnehmenden Parteibindungen in seiner Erklärungskraft stark nach (Dalton & Wattenberg, 1993; Dalton et al., 1984; Bürklin & Klein, 1998: 81–105). Mit der Abnahme von Parteibindungen traten immer öfter parteilich nicht gebundene, aber sehr wohl politisch interessierte Personen im politischen System als Akteure auf. Waren früher eher insbesondere Mitglieder von Parteien und anderen Institutionen des intermediären Systems der Interessenrepräsentation politisch aktiv, so entwickelte sich in den 1980er Jahren das Phänomen des „Apartisan“, des parteipolitisch ungebundenen aber dennoch politisch aktiven Menschen.

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Literatur

  1. In der amerikanisch inspirierten Wahlforschung wird der Begriff „Issue“ verwandt, der im deutschen häufig übernommen wird. Übersetzt wird dieser Ausdruck sowohl mit dem Begriff „Streitfragen” als auch mit dem Begriff „Sachfragen“. Wir verwenden hier den zweiten Terminus, da, wie die folgenden Ausführungen zeigen, nicht alle Themen respektive Sachfragen tatsächlich strittig sind, so dass der Ausdruck „Streitfragen” unseres Erachtens einen falschen Akzent setzen würde (vgl. hierzu auch Roller, 1998: 177).

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  2. Roller weist darauf hin, dass Parteineigung im sozialpsychologischen Modell eine feste unabhängige Größe ist, die ihrerseits Leistungs-und Positionsbewertungen zu beeinflussen vermag. In den neueren Modellen des rationalen Wahlverhaltens,insbesondere in der Formulierung Fiorinas (1981), spielt Parteineigung ebenfalls eine wichtige Rolle, jedoch als abhängige Größe, da davon ausgegangen wird, dass sie aus Leistungs-und Positionsbewertungen entstehen kann.

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  3. Die Daten unserer Erhebung zeigen darüber hinaus, dass eine stabile Parteineigung über den gesamte Erhebungszeitraum hinweg nur für eine kleine Minderheit der Jugendlichen gegeben ist (vgl. auch Kapitel 4 in diesem Band). Für die Parteiorientierungen der Wahlbevölkerung in den Neuen Bundesländern generell vgl. Kaase und Klingemann (1994).

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  4. Ein in der Wahlforschung hinlänglich bekanntes Problem liegt darin, dass bei Nachwahlbefragungen Probanden sich darum bemühen, ihr Verhalten konsistent erscheinen zu lassen und nachträglich Rationalisierungen vornehmen.

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  5. Darüber hinaus hat die FDP gerade auch in Brandenburg kein deutliches Profil. Sie ist nicht im Landtag vertreten und als bekannte Person tritt lediglich der ehemalige Minister für Wissenschaft und Forschung, Enderlein, in Erscheinung. Für junge Wähler, die keine eigenen Erfahrungen mit der SPD-FDP Koalition in Brandenburg haben, ist die FDP eine weniger bekannte Größe als irgendeine der rechtspopulistischen Parteien.

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  6. Vgl. für alle Frageformulierungen Kapitel 2.

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  7. Darüber hinaus bietet sie ein sehr anschauliches Ergebnis: Anhand des eingegebenen Erklärungsmodells und der daraus ermittelten Diskriminanzfunktionen wird eine Zuordnung der Fälle zu den Kategorien der Gruppenvariablen vorgenommen und mit der Originalvariablen verglichen. Die Güte des Modells wird daran erkennbar, wie viele Fälle richtig zugeordnet wurden. Und je nachdem, in welcher Kategorie die Zuordnung besonders exakt oder besonders schwach ausfällt, können zusätzlich Aussagen über die Vorhersagekraft einzelner Prädiktoren für eben diese Kategorie getroffen werden.

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  8. Der geringfügige Unterschied zur Darstellung der Wählerpositionierung auf der LinksRechts-Skala in Abbildung 4.3 (vgl. Kapitel 4) ist dadurch zu erklären, dass dort querschnittliche Zusammenhänge in der vierten Welle berichtet wurden, hier die Selbstpositionierung auf der Links-Rechts-Skala der dritten Welle mit der Parteiwahl in der vierten Welle in Beziehung gesetzt wurde.

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© 2001 Springer Fachmedien Wiesbaden

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Rebenstorf, H., Weiss, K. (2001). Der rationale Erstwähler oder welche Rolle spielen Sachfragen bei der Wahlentscheidung?. In: Kuhn, HP., Weiss, K., Oswald, H. (eds) Jugendliche Wähler in den neuen Bundesländern. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10452-0_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-10452-0_5

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-3305-5

  • Online ISBN: 978-3-663-10452-0

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