Zusammenfassung
Es war wohl noch eine von Budapest bestimmte Perspektive, die die Sicht des Verfassers dieser Zeilen auf Karl Mannheim von Anfang an mit einer spezifischen Dynamik versehen hatte. Zwar sollte die Dynamik in keiner Form vom reifen Lebenswerk Mannheims weit entfernt stehen, denn er gehörte zu jenen Wissenssoziologen, die die Dynamik stets auf dem Niveau hoher Sensibilität in ihren Rekonstruktionen mitberechnet und mitbedacht haben. Trotz seines wortwörtlichen Sinnes für Dynamik hat jedoch Karl Mannheim jede größere Periode seines Lebens und seiner Arbeit neu zu begründen versucht. Er näherte sich jeder neuen größeren historischen Etappe mit dem Anspruch, die eben betreffende Etappe in ihrer Gesamtheit zu erfassen und auch eine spezifisch philosophische Rolle in der betreffenden neuen Periode für seine emanzipatorischen Ziele zu finden. Dadurch haben wir eine sehr spezifische und wohl auch singuläre Interpretation dessen vor uns, was ein Wissenssoziologe in seinem Leben und durch seine Wissenschaft zu spielen habe. Diese Rollen- und Berufsinterpretation vereint drei Schichten. Erstens besitzt sie eine kreative geschichtsphilosophische Dimension, die den Anspruch erhebt, die jeweilige Etappe geschichtsphilosophisch zu deuten und so einzuordnen. Zweitens besitzt sie einen individuellen Willen, tätig in den Gang der früher schon auf eine konkrete Weise identifizierten und kategorisierten Geschichte durch seine eigene Wissenschaft aufklärerisch und emanzipatorisch einzugreifen.
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Literatur
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Kiss, E. (2000). „… toter Akt oder Lebensvollzug?“ Karl Mannheim über „Lebensdistanzierung“ und „Reprimitivisierung“. In: Endreß, M., Srubar, I. (eds) Karl Mannheims Analyse der Moderne. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10418-6_9
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