Zusammenfassung
Sozialisation bezeichnet Prozesse, in denen Menschen in der Auseinandersetzung mit der Mitwelt individuell und als Gesellschaftsmitglied ihre Handlungsfähigkeit erzeugen und genießen. Diese Prozesse geschehen im Alltagsleben, in Familie und Nachbarschaft, Beruf und Freizeit, im Medienkonsum etc. häufig absichtslos beiläufig, zufällig. Im Unterschied zu diesen informellen Lernprozessen wird in gesellschaftlichen Bildungs-, Ausbildungs- und Weiterbildungsinstitutionen systematisch und absichtsvoll sozialisiert. Auch hier gibt es offizielle und heimliche Lehrpläne. In der frühen Sozialisation bildet sich die Persönlichkeit, verstanden als Charakter mit reflexiven und habituellen Wahrnehmungs-, Relevanz-, Dispositionsstrukturen. In der Erwachsenensozialisation werden weitere Lebensorientierungen, Handlungskompetenzen und Identitätsmerkmale erzeugt und in das bestehende dynamische Persönlichkeitsgewebe eingewebt. Wolfgang Lempert bezeichnet berufliche Sozialisaton als„...die Entwicklung, das heißt die Entfaltung, Verfestigung und Veränderung individueller Persönlichkeitsstrukturen in Prozessen der direkten und indirekten Auseinandersetzung (Interaktion) mit sozialen und sozial geprägten Merkmalen beruflicher und betrieblicher Umweltstrukturen, die dadurch selbst reproduziert, aber auch transformiert werden können“ (Lempert 1998: 186). In der Arbeitswelt, im öffentlichen und privaten Leben werden Persönlichkeitsstrukturen, Handlungsorientierungen und Kompetenzen stabilisiert und neu konfiguriert. Sind die Prozesse der Neuorientierung, der Neu- und Weiterentwicklung von Kompetenzen, das Eindringen in neue unbekannte Lebensfelder, die Verwirklichung von Visionen irgendwann abgeschlossen? Oder holen die Senioren in den Volkshochschulen, Selbsthilfegruppen und Universitäten nur symbolisch nach, was sie nicht rechtzeitig schafften? Verpflichtet Alterssozialisation zum Schulbankdrücken?
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Schäuble, G. (2000). Sozialisation und Bildung im Alter. In: Becker, S., Veelken, L., Wallraven, K.P. (eds) Handbuch Altenbildung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10248-9_37
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