Zusammenfassung
Dieses Kapitel stellt einen kritischen Überblick über die Organisationsdimensionen von NGOs bereit. Gleichzeitig dient die Zusammenfassung der vorhandenen Merkmale von NGOs als Grundlage fur die spätere Verortung von NGOs im Globalen Governance.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Referenzen
In der Realität sind alle Faktoren des Modells miteinander verbunden und beeinflussen sich wechselseitig, nicht zuletzt weil Organisationen allgemein — und damit auch NGOs — keine statischen Gebilde sind, sondern prozesshaften Charakter besitzen und sich laufend an ihre Umgebung anpassen, lernen, sich verändern und sich gegebenenfalls auch „auflösen“.
vgl. Gordenker/ Weiss 1996:42. Eine Reihe der in diesem Kapitel auftauchenden Organisationsdimensionen wurden aus einem der wenigen umfassenden Analyserahmen zu NGOs nach Gordenker und Weiss 1996, übernommen. Obwohl die Autoren dort viele Faktoren zusammengetragen und geordnet haben, bleibt jedoch in ihrer Darstellung das Füllen der Dimensionen mit konkreterem Inhalten offen, was wiederum Anstoß zum Schreiben dieses Kapitels gegeben hat.
vgl. Ian Smillie 1994: 174ff: Laut den Studien, auf die sich Smillie bezieht, werden im Schnitt ca. ein Drittel der finanziellen Mittel von NGOs wieder für Publicity (Öffentlichkeitsarbeit) und Fundraising ausgegeben.
Auf dieses Problem wird in Kapitel 4.1. im Zusammenhang mit der Kooperation zwischen Staaten und NGOs genauer eingegangen.
Ian Smillie fuhrt hier das Beispiel Oxfam an, wobei Oxfam Großbritannien bis zu 20% staatliche Mittel annimmt, Oxfam America aber jede staatliche Finanzierung ablehnt (Smillie 1994: 174).
vgl. Smillie 1994: 173. Viele NGOs haben sich deshalb sehr aufwendige Methoden ausgedacht, um Geld von dort, wo es verfügbar ist dorthin zu schaffen, wo sie es einsetzen wollen.
In Kapitel 3.5. wird erläutert, wie diese Erfahrung und Expertise im Einzelnen eingesetzt wird.
Als Alternative zur Kooperation mit lokalen NGOs ist es auch gerade in der Entwicklungshilfe nicht unüblich, Ethnologen als Experten für lokale gesellschaftliche Zusammenhänge mit in die Projektplanung und -durchführung einzubeziehen, nicht zuletzt weil sie, ebenso wie lokale NGO-Mitarbeiter, über für den Kontakt mit lokalen Bevölkerungsgruppen ausreichende Sprachkenntnisse verfügen.
Diese Aussage ist übernommen aus einer Diskussionsrunde im Rahmen der Tagung „Globalisierung — regierbar?“, Akademie für politische Bildung Tutzing,. Februar 2001. Der Kommentar zum Zusammenhang zwischen Greenpeaces Außenwirkung und der finanziellen Folgen wurde von Dr. Walter Homolka (ehemalig Präsident von Greenpeace) beigetragen.
Zur Verdeutlichung der vielfaltigen Ziele habe ich auf die empirischen Studien von Smith zurückgegriffen, die für ihre Auswertungen des Yearbook of International Associations eine Liste von 70 Themenbereichen für die Ziele und Interessen von TSMOs herausgearbeitet hat. Diese zur Kodierung der Ziele aller NGOs benutzten Zielbezeichnungen sind übernommen aus Smiths „Coding Form: Transnational Social Movement Organizations“ (unveröffentlichtes Arbeitsdokument).
Diese Beispiele wurden nach dem Aspekt der Ausrichtung am Gemeinwohl ausgesucht, beim Lesen aller einzelnen Ziele und Interessen von NGOs im „Yearbook of International Associations“ wird dagegen erschreckend deutlich, dass es sich bei einem größten Teil der Interessen nicht um Menschheitsinteressen handelt, die aus einer universellen Moralphilosophie ableitbar sind, sondern um handfeste, gesellschaftlich organisierte Partikularinteressen, (vgl. hierzu auch Kapitel 3.3.)
Keck und Sikkinks Kategorisierung basiert wiederum auf dem Kodierungsschema von Jackie Smith für das Yearbook of International Associations, die Zahlen beschränken sich hier also auf die thematischen Trends derjenigen Organisationen, die unter Smiths Definition fallen. Weil die Definitionskriterien fur die von ihr untersuchten TSMOs viel strenger sind als die Kriterien der UIA, ist in dieser Abbildung die absolute Anzahl der Organisationen sehr viel niedriger als in Abbildung 1.
Ein überraschendes Gegenbeispiel liefern die NGO-Kampagnen gegen das MAI (Multilateral Agreement on Investment), bei der die gemäßigtere Front der NGOs unter der Führung des WWF gegenüber den fundamentalistischen MAI-Gegnern unter der Führung des Third World Networks den Kürzeren zog. Das MAI wurde schlussendlich nicht verabschiedet, die Kompromissvorschläge der gemäßigten Positionen waren damit hinfallig (Wahl 2001: 132).
Lester Salamon z. B. warnt vor einer Romantisierung des Bilds von NGOs und meint, dass der “myth of pure virtue”, also die Idee der tugendhaften NGO, eine Fehlwahrnehmung ist und unbedingt abgebaut werden muss (Salamon 1994).
Smiths Untersuchungen sind bis zur Ausgabe des Yearbooks of International Associations 1993 durchgeführt worden (Smith 1997: 53). Die Veränderungen in der Organisationsform über die Zeit könnten bei einer entsprechenden Aktualisierung der Forschung noch weitere Trends in der Herausbildung spezifischer Organisationsstrukturen aufzeigen.
Um die Verwirrung komplett zu machen, wird dieser Typ von Tränhardt „internationalföderativ“ genannt und damit von seinem zentralistischen Gegenstück unterschieden.
Tränhardt unterscheidet noch einen dritten Typ, bei dem „ein nicht gewählter, aus Honoratioren bestehender ‚Rat der Götter‘“ gekoppelt wird mit anderen Strukturen wie z. B. der Mitgliedsverbändeföderation (Tränhardt 1992: 226). Dieser Typ soll hier vernachlässigt werden, zumal er sich einer föderativen oder netzwerkartigen Struktur zuordnen lässt.
Während 1973 nur 2% der Organisationen angaben, mit mehr als 5 anderen NGOs offiziell Kontakt zu halten, so waren es 1993 bereits 31%. Wenn man zusätzlich den starken Zahlenanstieg der registrierten NGOs weltweit berücksichtigt, ist diese Vernetzungsleistung beachtlich (Smith 1997:51).
Vgl. Lahusen, 2000. Am Beispiel der „Brent Spat;“-Kampagnenfuhrung zeigt Christian Lahusen deutlich, dass die einzelnen nationalen Teilkampagnen von Greenpeace auf den jeweiligen nationalen Kontext zugeschnitten wurden. Sowohl die nationalen Medienöffentlichkeiten als auch die unterschiedlichen nationalen Unternehmensstrukturen des europäischen Shell-Konzerns stellten die schwierige Aufgabe, eine Integration dieser Teilsysteme zu einer einheitlichen, transnationalen „Greenpeace-Kampagne“ zu erreichen.
Hier soll an dieser Stelle daran erinnert werden, dass für die Strategien der Informationspolitik von NGOs die modernen Kommunikationstechnologien von besonderer Bedeutung sind. Vor allem das Internet und mobile Telefone sind fur Informationsverbreitung, Ad-hoc-Mobilisierungen und Massenprotest entscheidende Hilfsmittel. „The innovations that have occurred in the field of communications technology, of which NGOs are making ever greater use, has made it possible for the latter to influence the ideas, values, political convictions, and perceptual models of people all over the world“ (Take 2000: 202).
Vgl. www.un.org/esa/coordination/ngo/
Der Schluss, dass „Interessenpolitik angesichts der Globalisierung“ sich selbst zu einem Mehrebenenspiel entwickeln muss, und die Adressaten für Interessen nicht mehr eindeutig erkennbar sind, wurde aus einem Vortrag von Dr. Martin Sebaldt im Rahmen der Tagung „Globalisierung — regierbar?“ der Akademie für Politische Bildung Tutzing im Februar 2001 übernommen.
In der Sprache der UN läuft diese Art der Bereitstellung von Informationen und Bildungseinheiten (vor allem an benachteiligte Bevölkerungsteile) unter dem Begriff des „Empowerment“.
Über den Erfolg der Gerichtsbeschlüsse lässt sich streiten. Angesichts des weit verbreiteten Analphabetentums in den betroffenen Weltregionen und wegen der bereits in kulturelle und soziale Praktiken übergegangenen, positiven Statussymbolwirkung von Milchpulver andererseits, hat sich mit den Warnhinweisen auf den Packungen an den Praktiken der Babyfut-terung nicht viel geändert (vgl. Scheper-Hughes 1992).
NGOs in ihrer Umgehungsstrategie wirken demnach entgegen dem nationalstaatlichen Prinzip der gegenseitigen Nicht-Einmischung in innere Angelegenheiten. Dass diese Strategie Konsequenzen für das Verhältnis zwischen NGOs und Nationalstaaten haben kann, wird in Kapitel 4.1. thematisiert.
Die Ergebnisse der NGO-Arbeit haben außerdem einen anderen Zeithorizont als die wirtschaftlicher oder nationalstaatlicher politischer Akteure. Wenn NGOs nach Jahrzehnten zur Herausbildung eines globalen Umweltbewusstseins beigetragen haben, entzieht sich die Bewertung ihrer Arbeit den üblichen Zeiträumen für die Messung von Leistungen, wie z. B. in Legislaturperioden oder jährlichen Profitsteigerungen in Unternehmen.
Wieder handelt es sich hier um ein Urteil aus Sicht der (zwischen-)staatlichen Organisationen. Die dahinterstehende kritische Frage wäre nämlich, ob die Professionalität und vor allem Effektivität in einigen IGOs nicht auch zu wünschen übrig lässt.
Der Erfolge, die NGOs im Rahmen der Schuldenerlass-Kampagne gegen die Weltbank erzielt haben, sind im Nachfeld wieder getrübt worden, denn die „Umsetzung zog sich so in die Länge, dass bei Inkrafttreten der Initiative nach fünf Jahren die HIPC-Länder fast genauso viel Schuldendienst geleistet haben, wie Ihnen jetzt an Schulden erlassen werden“ (Wahl 2001: 130).
Rights and permissions
Copyright information
© 2003 Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Curbach, J. (2003). NGOs als Organisationen. In: Global Governance und NGOs. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10176-5_4
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-10176-5_4
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8100-3921-7
Online ISBN: 978-3-663-10176-5
eBook Packages: Springer Book Archive