Zusammenfassung
Beginnen möchte ich mit einem kleinen Spektakel. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen vor Ihrem Monitor und bereiten sich auf einen “surf” im Netz vor, der Sie auf die Höhe des natürlich internationalen Gedankens zum Thema Cultural Studies bringen soll. Natürlich gehen Sie schon davon aus, dass es eine Menge Informationen geben wird, die für Sie spezifisch irrelevant sind, aber sei’s drum: start search. Der Apparat arbeitet fieberhaft fir den Bruchteil einer Sekunde lang: 9.606.519 Einträge sind herzustellen, mit jeweils 10 pro Bildschirmlänge sind Sie dabei. Nun kann ich Sie gleich beruhigen: die absolute Mehrheit aller dieser Ergebnisse können Sie ignorieren. Da Ihr Suchbegriff nicht präzise genug war, haben Sie alles erwischt, was auch nur im entferntesten mit Cultural oder Studies zu tun hat — und das ist bekanntlich ein weites Feld. Fragt sich nun, wie den Begriff präzisieren?
Vorbemerkung der Herausgeberinnen:
Der folgende Artikel ist eigentlich keiner. Es handelt sich um ein Exemplar eines verwandten, aber doch in der Ansprache unmittelbareren Genres, nämlich der Rede, genauer gesagt, der Antrittsvorlesung. Diese Zugehörigkeit zu einem lokalen Diskurs — der einer Antrittsrede einer neuberufenen feministischen Wissenschaftlerin im Bremer Kontext der neu aufzubauenden American Studies — sichert der Text von Sabine Broeck auf zugegebenermaßen paradoxe Art einen Platz in diesem Band. Der Vortrag dokumentiert die im Verhältnis zu anderen, auch philologischen Fachdisziplinen weiterentwickelte Integration der Gender Studies: mit der Abwesenheit eines explizit abwesenden „feministischen“ Themas, das gegen einen “mainstream” offensiv argumentieren müsste, einerseits, und mit der unangestrengten Eindeutigkeit, mit der eine “gendered perspective” und die Ergebnisse von mehreren Jahrzehnten der Genderforschung innerhalb der American Studies in den USA und in Deutschland in die Situationsbestimmung des Arbeitsfeldes mit einfließen, andererseits. Dass eine Professur an einer Universität, die sich nur eine amerikanistische Stelle überhaupt leistet, ohne viel Aufhebens mit einer deutlich in den Gender Studies ausgewiesenen Wissenschaftlerin besetzt wird, spricht einerseits für diese Universität; es macht aber auch die weitgehende Selbstverständlichkeit deutlich, mit der in der deutschen Amerikanistik Positionen der Genderforschung professoral besetzt werden können und werden. In dieser Rede — und in den hier verhandelten methodologischen und epistemologischen Ansätzen selbst — erscheinen die Ergebnisse der Gender Studies ohne Ausrufezeichen — sei es nun ob das African-American Women’s Movement als ein Bestandteil einer kulturwissenschaftlichen Bestandsaufnahme, oder feministische Theorie als unverzichtbarer Beitrag in der Erarbeitung avancierter Diskurse über Subjektivität auftauchen. Ob selbstreflektiv über ein Pornographie-Seminar nachgedacht wird, dessen Konzeption eine feministische Perspektive zugrunde liegt, oder ob in der gedachten Ausgestaltung des Faches der Blick zielstrebig auf Autorinnenschaft und/oder weibliche Agenz in kulturellen Prozessen liegt- nicht en passant oder additiv, sondern konstitutiv fließt hier Gender als eine zentrale Analyse- und Diskurskategorie für die American Studies ein. Um diese produktive Verflechtung anschaulich zu machen, haben wir uns entschlossen, die Rede in ihrer ursprünglichen Form an dieser Stelle zu veröffentlichen.
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Literatur
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Broeck, S. (2003). Zwischen Disziplinarität und Spektakel: Anmerkungen zur Entwicklung der Cultural Studies im amerikanistischen Kontext. In: Heinz, K., Thiessen, B. (eds) Feministische Forschung — Nachhaltige Einsprüche. Studien interdisziplinäre Geschlechterforschung, vol 3. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10055-3_16
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