Zusammenfassung
„Es gehört zum heillosen Zustand, dass auch der ehrlichste Reformer, der in abgegriffener Sprache die Neuerung empfiehlt, durch Übernahme des eingeschliffenen Kategorienapparats und der dahinter stehenden schlechten Philosophie die Macht des Bestehenden verstärkt, die er brechen möchte.“, notieren Horkheimer/Adorno (1968: 8) 1944 in der Vorrede der „Dialektik der Aufklärung“. Es sind auch „Angst vor der gesellschaftlichen Abweichung“ (ebd.) und die „selbstvergessene(n) Instrumentalisierung der Wissenschaft“ (Horkheimer/Adorno 1968: 6) im Spiel, wenn die ehrliche Reformerin in schlechten, eingeschiffenen, vermachteten Kategorien sprechen muss. „Kein Ausdruck bietet sich mehr an, der nicht zum Einverständnis mit herrschenden Denkrichtungen hinstrebte...“ (ebd.). Selbst diejenigen „Richtungen“, „die zur offiziellen Wissenschaft oppositionell sich verhalten“, sind vom „Gesamtprozess der Produktion ergriffen“ (ebd.). Aufklärung selbst erstarrt „in Furcht vor der Wahrheit“ (Horkheimer/Adorno 1968: 8). In aller Schärfe grenzen sich Horkheimer und Adorno deshalb von der Wissenschaft als Betrieb ab: Zunächst, so merken sie eingangs an, glaubten sie noch, „dem Betrieb so weit folgen zu dürfen, dass sich unsere Leistung vornehmlich auf Kritik oder Fortführung fachlicher Lehren beschränkte.“, doch mussten sie „jenes Vertrauen aufgeben“, da „nicht bloß der Betrieb sondern der Sinn von Wissenschaft fraglich geworden“ sei (Horkheimer/Adorno 1968: 5).
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Literatur
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Holland-Cunz, B. (2003). Die Vision einer feministischen Wissenschaft und der Betrieb der normal science. In: Niekant, R., Schuchmann, U. (eds) Feministische ErkenntnisProzesse. Politik und Geschlecht, vol 7. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10054-6_2
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