Zusammenfassung
Alle Menschen haben zu allen Zeiten in allen Gesellschaften gearbeitet (vgl. Luckmann/Sprondel 1972, S. 12). Aber durchaus nicht alle Menschen sind berufstätig, und keineswegs zu allen Zeiten und in allen Gesellschaften gab es Berufe — jedenfalls nicht in einem Sinne, der unserem heutigen Verständnis dieses Begriffes einigermaßen entspricht. Um diese Feststellung verstehen zu können, muß man wissen, daß ich mit „Arbeiten“ jede Form von Handeln meine, die ihrem Entwurf nach darauf abzielt, bestimmte (und beträchtliche) Veränderungen in der Welt bzw. in der Umwelt des Handelnden hervorzurufen. Diese Form des Handelns wird — in Abgrenzung von Denken und Wirken — in der phänomenologischen Tradition eben als „Arbeit“ bezeichnet (vgl. v. a. Schütz/Luckmann 1984, auch Luckmann 1980). „Arbeit“ ist demnach nicht nur an äußerlichen Merkmalen zu erkennen, sondern muß auch auf ihren typischen subjektiven und intersubjektiven Sinn bezogen werden. Arbeit kann gegen Entgelt oder unentgeltlich, freiwillig oder unfreiwillig, dauerhaft oder nur kurzzeitig erbracht werden. Phänomenologisch gesehen umfaßt Arbeit also alles, was umgangssprachlich als Arbeit gilt, reicht aber in der Regel noch darüber hinaus (z. B. jemanden verfluchen, überreden, verprügeln, mit jemandem einen Liebesakt vollziehen usw., all das gilt hier ebenfalls als Arbeit). Was je als „Arbeit“ angesehen wird, ist eine je gesellschaftlich konstruierte geschichtliche Gegebenheit. Die Grenzziehungen zwischen Arbeit und anderen Formen des Wirkens können sozio-historisch mithin recht unterschiedlich ausfallen.
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Hitzler, R. (1998). Reflexive Kompetenz — Zur Genese und Bedeutung von Expertenwissen jenseits des Professionalismus. In: Schulz, W.K. (eds) Expertenwissen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10021-8_3
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