Zusammenfassung
Beim Lesen polnischer Zeitungen und Zeitschriften der ersten Hälfte der 90er Jahre entsteht der Eindruck, als ob das größte Problem des Feminismus in Polen seine Anlehnung an den amerikanischen Feminismus wäre, dicht gefolgt von jener an den Kommunismus. Beide wurden in den polnischen Massenmedien als Schreckensbilder dargestellt: Polen möge hinsichtlich der Frauenfrage von der Nachahmung der amerikanischen Kultur und von der Rückkehr in die kommunistischen Zeiten verschont bleiben.1 Bis heute bleibt es ein Geheimnis des polnischen Journalismus, wie diese beiden so unterschiedlichen Phänomene in einem Atemzug genannt werden konnten. Der sich wiederholende Hinweis auf die Parallelen zwischen Feminismus und Kommunismus betraf meistens die längst verpönte Losung Kobiety na traktory (Frauen auf den Traktor!), mit der man Frauen gleich nach dem Zweiten Weltkrieg für die unbesetzten Arbeitsstellen gewinnen wollte.2 Die Pressestimmen, nach denen die polnische Zweite Frauenbewegung das kommunistische Programm mit den amerikanischen Ideen miteinander zu verbinden wisse, zeugen von einer Abneigung gegen Frauenaktivitäten wie Berufstätigkeit und politische Partizipation. Diese Abneigung ergibt sich zum Teil daraus, dass sie in Polen vor 1989 so gut wie unbekannt waren. Frauen erschienen auch nicht als eine potentielle Interessensgruppe. Erst vor den Wahlen zum polnischen Parlament (Sejm) im September 2001 überlegten sich einige Parteien, vor allem die Sozialdemokratie bzw. die Postkommunisten, ob man nicht bewusst Frauen auf die Wahllisten setzten sollte.
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Chołuj, B. (2003). Die Situation der Frauen-NGOs in Polen an der Schwelle zum EU-Beitritt. In: Miethe, I., Roth, S. (eds) Europas Töchter. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-10004-1_11
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