Zusammenfassung
Mit diesen Bemerkungen leitet Arno Schmidt seine vergnüglich zu lesende ‚Ehrenrettung‘ Tiecks ein, um auf die Schwierigkeiten für die Forschung und für den Leser aufmerksam zu machen. Auch wenn inzwischen einige Arbeiten und Ausgaben vorliegen2, kann Roger Paulin nicht umhin, in seiner Einführung zu Tieck 1986 nach wie vor die gleichen Problem zu konstatieren und zurecht vor allem die Vernachlässigung des Spätwerks zu kritisieren.3 Dies gilt auch für die 1828 entstandene Novelle ‚Der Alte vom Berge‘4, die nur selten Gegenstand eingehender Interpretation wurde5 — stattdessen meist im Zusammenhang übergreifender Deutungen en passant und entsprechend oberflächlich abgehandelt wird.6
„Vielleicht ist mir noch keine meiner Arbeiten so schwer gefallen...“
(Tieck an Josef Max, 3.4.1828)
„A. (spöttisch): Dieses ‚Land der Dichter & Denker‘ hat im Fall Ludwig Tieck nichts hervorgebracht: keine Gesamtausgabe; keine Biografie; keine Briefbände./ (...) wohl gibt es nunmehr eine umfassende Biografie, aber — wehe! — sie trägt den Titel ...(mit sorgfältiger US = Aussprache): ‚Ludwig Tieck; the German Romanticist‘. Und wohl gibt es die große Briefsammlung; aber sie heißt ‚Letters of Ludwig Tieck; collected and edited by E.H. Zeydel‘
B.(in komischem Unmut): Brrr. Das ist allerdings eine kalte Dusche für unsere kulturelle Selbstzufriedenheit.- (ungehaltener): Mußte denn das sein: daß unsere Germanisten sich wieder einmal derart überrunden ließen?!
A.(bös=munter): Nach solch beschämend klatschender Ohrfeige für die besoldeten Verwalter unserer Literatur, wenden wir uns Leben und Werk eines unserer ganz Großen zu ...“1
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Literatur
Arno Schmidt: ‘Funfzehn’. Vom Wunderkind der Sinnlosigkeit. In: A. S.: Die Ritter vom Geist. Von vergessenen Kollegen. Karlsruhe 1965, S. 211.
Hingewiesen sei vor allem auf die materialreiche Monographie von Ernst Ribbat (Ludwig Tieck. Studien zur Konzeption und Praxis romantischer Poesie. Kronberg/Ts. 1978) und auf die kommentierte Ausgabe von Tiecks Schriften im Deutschen Klassiker Verlag (Ludwig Tiecks Schriften, a.a.O.).
R. P.: Ludwig Tieck. (= Realien zur Literatur Bd. 185) Stuttgart 1986, S. 1. Vgl. ebenso die Einleitung von Wulf Segebrecht in dem von ihm herausgegeben Band Ludwig Tieck. Darmstadt 1976, S. VIIff.
Ludwig Tiecks Werke werden zitiert nach der Ausgabe im Deutschen Klassiker Verlag - soweit bisher erschienen - bzw. nach der 28bändigen Werkausgabe von 1828–54. Reprint Berlin 1966. Im folgenden abgekürzt mit KA bzw. Schr., die Novelle ‘Der Alte vom Berge’ mit AvB.
Ausnahmen sind vor allem die Arbeiten von Joachim Müller (Tiecks Novelle ‘Der Alte vom Berge’. Ein Beitrag zum Problem der Gattung <1958/59>. In: Ludwig Tieck. Hrsg. von Wulf Segebrecht. A.a.O., S. 303–321) und von Peter Wesollek (Ludwig Tieck oder der Weltumsegler seines Innern. Wiesbaden 1984).
Roger Paulins Einwand, “daß man mit der Interpretation einzelner Taschenbuchnovellen kein positives Tieck-Bild gewinnen wird”, ist, abgesehen von der fragwürdigen Prämisse, dafür keine Rechtfertigung. Vgl. R P.: Der alte Tieck. In: Literatur der Restaurations- epoche 1815–1848. Hrsg. von Jost Hermand und Manfred Windfuhr. Stuttgart 1970, S. 257.
Vgl. C. G.: Der späte Tieck als Zeitkritiker <Diss. 1948>. Düsseldorf 1971, S. 47. Insgesamt wertet Gneuss das Dresdener Novellenwerk eher ab, vgl. S. 13: “...vieles im Werk des späten Tieck (ragt) über das Niveau bloßer Unterhaltungsliteratur nicht mehr weit hinaus(...).”
A. S.: Funfzehn, a.a.O., S. 277.
J. D.: Bedeutung Bergbau, a.a.O., S. 182ff.
R P.: Der alte Tieck, a.a.O., S. 257.
J. M.: Tiecks Novelle, a.a.O., S. 315.
P. W.: Weltumsegler, a.a.O., S. 169 und ebd., S. 168: “Kriminalgeschichte ohne Spannung”. Dagegen sieht Edwin Zeydel die Schwäche der Novelle woanders: “While the plot is clever, the motivation, as usual, leaves much to be desired.” (E. Z.: Ludwig Tieck, the German Romanticist. A critical study <1935 >. Hildesheim/New York 1971, S. 297).
Jürgen Heinichen: Das späte Novellenwerk Ludwig Tiecks. Eine Untersuchung seiner Erzählweise. Diss. Heidelberg 1963, S. 102. Heinichen differenziert dergestalt, daß er der dämonischen Landschaft im AvB eine andere Funktion zuordnet. Dort würde “...das Materielle zur Existenzbedrohung, zum Fluch, dem eine dämonische Runenberglandschaft Ausdruck gibt”. (S. 59) In Marianne Thalmanns früher Untersuchung (Probleme der Dämonie in Ludwig Tiecks Schriften <1919> Hildesheim 1978) ist der ‘Alte vom Berge’ als Beispiel für die Dämonie der Felsen und für “die Mystik der Hochöfen und Glashütten” genannt (S. 37). In ihrer 1950 erschienenen Studie (Ludwig Tieck ‘Der Heilige von Dresden’. Aus der Frühzeit der deutschen Novelle. Berlin 1960) wählt sie für die Novelle die interessante Charakterisierung einer “industriell verspießerten Runenbergatmosphäre” (S. 102).
J. M.: Tieck als Novellendichter <1884>. In: Ludwig Tieck. Hrsg. von Wulf Segebrecht.
A.a.O., S. 90. Ähnlich undifferenziert wird die Linie Eckbert-Runenberg-AvB auch bei Friedrich Gundolf (Ludwig Tieck <1929>. In: Ludwig Tieck, a.a.O., S. 238) gezogen.
H. E.: Ludwig Tiecks Altersnovellistik und das Problem der ästhetischen Subjektivität. Diss. Münster 1957, S. 163. Die vorangegangenen Äußerungen beziehen sich auf die Werke ‘Die Ahnenprobe’(Schr. 22, S. 53ff), ‘Eigensinn und Laune’(Schr. 24, S. 263ff), ‘Der junge Tischlermeister’(Schr. 28, S. 3ff) und AvB. Explizit nimmt E. zum AvB nicht Stellung, wie überhaupt der Nachweis seiner Hauptthese an konkreten Werkinterpretationen vermißt wird. Vgl. dazu die Kritik von Ralf Stamm: Ludwig Tiecks späte Novellen. Grundlage und Technik des Wunderbaren. Stuttgart u.a. 1973, S. 29ff.
Dies gehört in den Zusammenhang der umfänglichen Diskussionen um Tiecks ‘Abwendung von der Romantik’ (vgl. Rudolf Lieskes gleichnamige Arbeit <Berlin 1933>) und um den Einfluß Solgers und die Rezeption von dessen Ironiebegriff. Siehe dazu die Zusammenfassung von Manfred Frank (KA, Bd. 6, S. 1174) und die Arbeit von Josef Elias Heller (Solgers Philosophie der ironischen Dialektik. Ein Beitrag zur Geschichte der romantischen und spekulativ-idealistischen Philosophie. Diss. Berlin 1928).
C. G.: Der späte Tieck, a.a.O., S. 47.
ebd., S. 48.
J. C. F.: Das Wunderbare bei Ludwig Tieck. Diss. Zürich 1939, S. 90.
R S.: Novelle und Novellentheorie in der frühen Biedermeierzeit. Tübingen 1970, S. 37.
Vgl. J. M.: Tiecks Novelle, a.a.O., S. 318ff und J. H.: Romantik und Realismus im Spätwerk Ludwig Tiecks. Diss. Köln 1955, S. 62f.
Vgl. ebd., S. 64 bzw. S. 318ff.
Peter Wesollek: Weltumsegler, a.a.O. und Ralf Stamm: Ludwig Tiecks späte Novellen, a.a.O.
Peter Wesollek: Weltumsegler, a.a.O., S. 172. Vgl. ähnlich auch Hellmuth Himmel (Geschichte der deutschen Novelle. Bern/München 1963): “Dab der wachsende Wohlstand des Industriellen Balthasar, die Akkumulation des Kapitals, selbst wie die Wirkung von Magie erscheint, ist wohl kaum als wirtschaftlicher Befund gemeint, es kam dem Dichter darauf an, einen Charakter zu zeigen, der trotz materieller Glücksfülle immer mehr in Menschenfeindlichkeit versinkt.”(S. 144)
P. W.: Weltumsegler, a.a.O., S. 167. Diesbezüglich ähnlich auch Ralf Stamm (Späte Novellen, a.a.O.): “Das Wunderbare beim späten Tieck wurzelt nirgends mehr in einer mystischen Naturphilosophie.”(S. 104) Vgl. bes. ebd., S. 105: “Wenn unsere These lautet, daß es kein Dichten aus dem Geist einer ernstzunehmenden Naturmythologie mehr gebe, dann liegt ein Einwand nahe: Welchen Stellenwert haben dann die umfangreichen naturmythologischen Spekulationen aus dem (...) Alten vom Berge? Ist dort nicht genug des Wunderbaren zu finden? Nun, genug des Wunderbaren gewiß, aber es ist nicht das gestaltete Wunderbare als Kategorie der poetischen Realität, sondern das ungestaltete, das gleichsam eindimensionale Wunderbare der direkten Rede. Denn naturmythologische Diskurse und naturmythologisches Denken füllen ganze Unterkapitel der Spätnovellen, ohne daß man von konkreten Darbietungsformen des Wunderbaren sprechen könnte.”
Vgl. P. W.: Weltumsegler, a.a.O., S. 228f.
Vgl. Jean Clark Field: Das Wunderbare, a.a.O., S. 90f und Christian Gneuss: Der späte Tieck, a.a.O., S. 49f.
Joachim Müller: Tiecks Novelle, a.a.O., S. 308. Dagegen vgl. etwa Marianne Thalmann: Der Heilige von Dresden, a.a.O., S. 102: ‘Deck ist ohne Verständnis, selbst ohne Humor für die Hagestolzfigur (...)“
Jürgen Heinichen: Das späte Novellenwerk, a.a.O., S. 59. Die Gleichsetzung von Balthasars Meinung mit der Tiecks findet sich auch in dem Artikel von M. Sturm: Ein Romantiker über den Kapitalismus. In: Aufbau. Kulturpolitische Monatsschrift mit literarischen Beiträgen. Jg. 5, 1949, S. 559f.
J. C. F.: Das Wunderbare, a.a.O., S. 91. Vgl. ebd.: “...uns (muß) aber die Tatsache interessieren, daß Tieck hier einen eigenen frühen Seelenzustand rügt, denn die Tendenz des Werks ist gegen die pessimistische Philosophie des Alten gerichtet.”
Vgl. Peter Wesollek: Weltumsegler, a.a.O., S. 176.
Christian Gneuss: Der späte Tieck, a.a.0., S. 49.
Vgl. im Rahmen seiner Gesamtbeurteilung Ralf Stamm: Späte Novellen, a.a.O., S. 146ff.
Vgl. Edwin Zeydel: German Romanticist, a.a.0., S. 277.
Halbherzig, weil am Ende simplifiziert: Vgl. Joachim Müller: Tiecks Novelle, a.a.O., S. 320f.
Peter Wesollek: Weltumsegler, a.a.O., S. 235.
Vgl. hierzu die grundlegende Untersuchung von Rolf Schröder. Novelle und Novellentheorie, a.a.O. und vgl. Ute Schläfer: Das Gespräch in der Erzählkunst Ludwig Tiecks. Diss. München 1969.
Vgl. Elfriede Fischer: Zeiteinflüsse auf Tiecks Novellen. Diss. Wien 1948, S. 3, 126f und Rolf Schröder: Novelle und Novellentheorie, a.a.O., S. 32ff.
Ludwig Tieck: Vorbericht zur dritten Lieferung <1829>, Schr. 11, S. LXXXVIII.
Das Mißverständnis liegt meist darin, daß der Wendepunkt als formatästhetisches Charakteristikum betrachtet wird. Vgl. Manfred Schunicht: Der “Falke” am “Wendepunkt”. Zu den Novellentheorien Tiecks und Heyses <1960>. In: Novelle. Hrsg. von Josef Kunz. Darmstadt 1973, S. 451.
H. E.: Ludwig Tiecks Altersnovellistik, a.a.O., S. 80. Vgl. auch Ute Schläfer. Das Gespräch, a.a.O., S. 118ff.
Vgl. Elfriede Fischer. Zeiteinflüsse, a.a.O., S. 126f: “Denn dadurch, daß verschiedene Meinungen durch mehrere Personen vertreten und ihre Licht-und Schattenseiten aufgezeigt werden, erhält der Leser zwanglos ein Bild aller Möglichkeiten einer eventuellen Stellungnahme. Dabei möchte ich nochmals betonen, daß der Dichter (...) seinen eigenen Standpunkt immer klar zum Ausdruck brachte.” Heinichen (J. H.: Das späte Novellenwerk, a.a.O., S. 122) vertritt dagegen die Auffassung, daß die Wertung Tiecks, “auf wessen Seite Recht und Unrecht ist” immer nur in der Fabel zu suchen sei, die Gespäche entschieden nichts.
Diese Position vertritt vor allem Christian Gneuss (Der späte Tieck, a.a.O., S. 125) und auch Rolf Schröder, der ihm beipflichtet (Novelle und Novellentheorie, a.a.O., S. 223). Zurecht argumentiert dagegen Ralf Stamm: “Der Dichter ist nicht in erster Linie Erzieher - Gneuss irrt hier wohl sehr -, die Kunst ist nicht Mittel zu Volksbildung. So sah es Tieck (...). Nicht erziehen, höchstens diskret und unaufdringlich Hinweise geben für die, die Augen haben zu sehen: Das war die Tiecksche Linie literarischen Takts.”(R S.: Ludwig Tiecks späte Novellen, a.a.O., S. 148).
AvB, Schr. 24, S. 147.
Kein Wunder, daß gerade an dieser Stelle oft gleichermaßen eine Rückwendung zur Romantik wie eine Hinwendung zum Realismus in der Darstellung konstatiert wurde. Vgl. dazu die Ausführungen im vorangegangenen Kapitel.
Vgl. AvB, Schr. 24, S. 193f: das “wunderlich” leuchtende Feuer, die “tausend blendenen Funken”, die “Bewegung der dunklen Gestalten” und die einäugigen Schmiede.
AvB, Schr. 24, S. 148.
Ebd., S. 150.
Vgl. ebd., S. 193.
Vgl. ebd., S. 153.
Vgl. ebd., S. 192.
In den meisten Interpretationen wird die sozialgeschichtliche Detenniniertheit von Kunz Charakterzügen übersehen.
Vgl. AvB, Schr. 24, S. 191: “Die Bauern, die sich vor dem Betrunkenen zu fürchten schienen oder ihn vielleicht nur nicht noch mehr aufreizen wollten, zogen sich an ihren Tisch zurück.”
Die Gespenstergeschichten, die der Fremde selbst erzählt, dienen nur zur Verulkung von Kunz; seine Vorschläge, den Dieb mittels abergläubischer Praktiken zu überführen, erweisen sich als Vorwand, um Eliesar zu entlarven, ohne sich selbst dabei zu verraten.
Vgl. AvB, Schr. 24, S. 181ff. Gerade diese stolze Abgrenzung verweist auf den spätmittelalterlichen Status mit fast aristokratischen Privilegien (Fisch-und Jagdrechte) und nicht auf Zeiten landwirtschaftlichen Nebenerwerbs für den Bergmann. Vgl. Abschnitt II dieser Arbeit.
AvB, Schr. 24, S. 192, vgl. auch S. 181 u. 183.
Vgl. AvB, Schr. 24, S. 195: “Meine Ehre! meine große Bergmanns=Ehre! so schrie er, mein Ruhm und mein Stolz, alles ist dahin, unwiderbringlich und auf ewig! (...) Mord und Brand ist nicht so abscheulich! Und kein Gesetz dagegen, keine Hülfe, kein Menschenverstand in der ganzen weiten Welt.”
Vgl. Ernst Schneider. Das ‘Wachsen’ der Erze. In: Der Anschnitt. Heft 1, Jg. 1, 1956, S. 18ff. Theodor Haupt konstatierte 1865, daß solche Vorstellungen im Bergbau seit dem 18. Jahrhundert zunehmend verbannt wurden, aber noch aus der jüngsten Vergangenheit wußte er Fälle zu berichten, die von der anhaltenden Attraktivität dieses Glaubens zeugen. Vgl. Th. H.: Bausteine, a.a.O., Lief. III, S 45ff. Außerdem vgl. Mircea Eliade: Schmiede und Alchemisten, a.a.O., S. 48ff.
AvB, Schr. 24, S. 187.
Vgl. ebd., S. 188f.
Ebd., S. 188f/ Hervorhebungen H.G.
Wie Christian Gneuss (Der späte Tieck, a.a.O., S. 48) und Peter Wesollek (Weltumsegler, a.a.O., S. 166) meinen.
Vgl. AvB, Schr. 24, S. 153: “Darum ist der Alte auch immer so traurig und darf niemals lachen, darum wird er verrückt, wenn er zufällig Musik hört, die aller frommen Menschen Herz erfreut, darum geht er in keine Gesellschaft und ist immer griesgrämig, weil er wohl weiß, welches Ende er nehmen muß, wovon ihn alle die irdische Herrlichkeit nicht zurück kaufen kann, weil er Gott abgesagt hat (...).”
Vgl. M. F.: Steinherz, a.a.O., S. 311, 323 und Abschnitt I, Kapitel 2.2 dieser Arbeit. Frank weist darauf hin, daB die Stein-Herz-Metapher auch im ökonomischen Diskurs der Zeit Verwendung fand: “Franz Baader verurteilte den affek4- hen-und gefühllosen Purismus des ökonomistischen Kalkulieren, der die Seele zur Sache, das zirkulierende Metallgeld zur allgemeinen Ware (..) und zur einzigen spinozistischen Weltsubstan4 somit auch zum unsichtbaren Weltgott, mache (...). Adam Müller (in seinen Elementen der Staatskunst von 1809) fürchtete von jenem System, in welchem alles tauschbar wird und auch der unschätzbare Wert der Person auf einen rein ökonomischen Wert reduziert ist, eine metaphysische Erkaltung der Seele. Wilhelm Weitling (...) spricht 1838 von den steinernen Herzen der Kreditgeber, Wucherer, Händler und Kapitalisten;(...).” (Das Motiv, a.a.O., S. 400).
AvB, Schr. 24, S. 154.
AvB, Schr. 24, S. 155.
Vgl. Abschnitt III, Kap. 3 dieser Arbeit.
AvB, Schr. 24, S. 189.
M. F.: Steinherz, a.a.O., S. 311. Kunz Äußerung scheint mir auch im Sinne von Tiecks Abscheu gegen jede Form des Systematisieren interpretierbar. “...mit der Systematik scheint mir in der Geschichte der Philosophie das Böse hervorzutreten. Einer der widerstrebendsten Gedanken ist für mich der des Zusammenhanges. Sind wir denn wirklich im Stande ihn überall zu erkennen? Ist es nicht frommer, menschlich edler und aufrichtiger, einfach zu bekennen, daß wir ihn nicht wahrzunehmen vermögen, daß unsere Erkenntnis sich nur auf Einzelnes bezieht, und daß man resignire? (...) aber die Philosophen wollen den Zusammenhang um des Zusammenhangs wissen, sie machen ihn und verknüpfen das Einzelne, um ein System zu haben, und haben sie es, so schütten sie in dieses Fachwerk alles Mögliche hinein was paßt und nicht paßt. (...) In der Beziehung hat Wackenroder ein großes und kühnes Wort ausgesprochen: ”Systemglaube ist schlimmer als Aberglaube.“ (Zitiert nach Rudolf Koepke: Ludwig Tieck. Erinnerungen aus dem Leben eines Dichters nach dessen mündlichen und schriftlichen Mittheilungen. Leipzig 1855, Teil. II, S. 249f). Damit bezieht sich Tieck auf die ‘Herzergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders’, wo es heißt:”Wer ein System glaubt, hat die allgemeine Liebe aus seinem Herzen verdrängt. Erträglicher noch ist Intoleranz des Gefühls, als Intoleranz des Verstandes (...)“ (In: W. F. W.: Werke und Briefe, a.a.O., S. 55).
So Joachim Müller (Tiecks Novelle, a.a.O., S. 3190, der allerdings vor allem von Balthasars Äußerungen ausgeht, und damit die oft ergiebigeren Stellen bei Kunz übersieht; zudem mit seiner Behauptung, es sei im ‘Alten vom Berge’ auch die Marx’sche These von der Notwendigkeit der proletarischen Revolution vorweggenommen, weit über das tatsächlich in der Novelle Gesagte hinausgeht. Andererseits ist aber seine Grundannahme, daß sich in bestimmten Aussagen eine “Nähe zu geschichtsphilosophischen oder geschichtskritischen Erkenntnissen von Marx feststellen lassen ”, nicht, wie Peter Wesollek (Weltumsegler, a.a.O., S. 170ff) meint, dadurch zu widerlegen, daß man Tieck Konservatismus -er habe keine Revolution gewollt-, nachweist. Vor Müller hat übrigens schon Käthe Lewy Tiecks Gedanken mit “unseren heutigen sozialistischen und kommunistischen Ideen” in Zusammenhang gebracht. Vgl. K. L.: Die Problemwelt in Ludwig Tiecks Novellen aus den Jahren 1820–30. Diss. Greifswald 1923, S. 41.
Vgl. AvB, Schr. 24, S. 186f. Auch der Fremde meint: “Indessen, mag es nun Ernst oder Spaß seyn, was Ihr mir erzähltet, so giebt es doch gewiß, was kein Vernünftiger bestreiten wird, vieles Unbegreifliche und Wunderbare in der Welt.”(S. 186).
J. M.: Tiecks Novelle, a.a.O., S. 308.
Vgl. AvB, Schr. 24, S. 182.
Vgl. AvB, Schr. 24, S. 187f.
Ebd., S. 188.
Ebd., S. 188/Hervorhebungen H.G.
Vgl. AvB, Schr. 24, S. 182ff.
Vgl. Artikel ‘stehlen’ in: HwbdtAg, Bd. VIII, Sp. 379.
Vgl. AvB, Schr. 24, S. 185. Kunz gibt dem auch einen politischen Gehalt: “...seht, Mann, wenn es nicht dergleichen Tausendküstler (sic!) gäbe, wo sollte wohl alle die Contrebande herkommen, die in allen Ländern gemacht wird? Darum helfen alle Anstalten dagegen so wenig, so strenge sie auch immer seyn mögen.”
H. Stephan: Die Geschichte der Preussischen Post (1859). Zitiert nach: Klaus Beyrer. Die Postkutschenreise. Tübingen 1985, S. 235. Die erste Eisenbahn fuhr in Deutschland bekanntlich 1835, die ersten brauchbaren Telegraphen wurden ebenfalls erst in den 30er Jahren verwendet. Erste Versuche mit einem solchen nachrichtenübertragenden Medium waren schon länger bekannt (erster elektrischer Telegraph 1809). Schon 1810 nahm Heinrich Kleist in seinem satirischen Artikel ‘Entwurf einer Bombenpost’ im ‘Abendblatt’ vom 12. Oktober) Bezug auf die Telegraphie: “Man hat, in diesen Tagen, zur Beförderung des Verkehrs, innerhalb der Grenzen der vier Weltteile, einen elektrischen Telegraphen erfunden; einen Telegraphen, der mit der Schnelligkeit des Gedankens, ich will sagen, in kürzerer Zeit, als irgend ein chronometrisches Instrument angeben kann, vermittelst des Elektrophors und des Metalldrahts, Nachrichten mitteilt; dergestalt, daß wenn jemand, falls nur sonst die Vorrichtung dazu getroffen wäre, einen guten Freund, den er unter den Antipoden hätte, fragen wollte: ‘Wie geht’s dir?’ derselbe, ehe man noch eine Hand umkehrt, ohngefähr so, als ob er in einem und demselben Zimmer stünde, antworten könnte: ‘Recht gut’.” (Zitiert nach: H. K.: Werke, a.a.O., Bd 4, Leipzig und Wien o.J.(1904/05), S. 218/ Hervorhebungen H.G.).
Vgl. Wolfgang Schivelbusch: Geschichte der Eisenbahnreise. Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert. Frankfurt/M./Berlin 1979.
Klaus Beyrer. Postkutschenreise, a.a.O., S. 245. Vgl. ebd., bes. S. 235ff. K.B. zeigt, daß der Postreiseverkehr später zunehmend sein Image der Rückständigkeit und Langsamkeit verloren hatte: “Hierbei gibt es ein konkretes Datum, das Jahr 1821, in dem der erste preußische Schnellpost-Kurs eröffnet wurde.” (S. 245) 1827 gab es bereits 114, 1837 182 Schnellposten. Zudem wurden 1822 die ersten Seepostdampfschiffdienste nach Schweden, Kopenhagen und St. Petersburg eingerichtet.(Vgl. HbdtWisogesch, Bd. 1, S. 381).
Z.B. die Strecken Berlin-Hamburg von 85–91 auf 31,5 Std., Berlin-Breslau von 94–96 auf 32 Std. Angaben nach Klaus Beyrer. Ab geht die Post. Zur Reisekultur der Kutschenzeit. In: Stuttgarter Zeitung vom 9.8.1986 (Beilage).
Vgl. HbdtWiSogesch, Bd. 1, S. 328f.
Rudolf Koepke berichtet, daß Tieck auf seiner Reise in England neben Museen und Theatern auch das “Leben im Allgemeinen” aufmerksam beobachtete. Dabei machte er auch mit dem dortigen Wirtschaftsleben Bekanntschaft und nahm daran Anstoß: “London wollte ihm nicht gefallen. Der alterthümlichen Reste waren weniger als er geglaubt hatte, und diese wurden durch neue Bauwerke, und das Handels-und Fabriktreiben der modernen Welt verdrängt.” (R K.: Erinnerungen, a.a.O., Bd. I, S. 375). Vgl. auch Alfons Fedor Cohn: Ludwig Tiecks Reise nach London und Paris im Jahre 1817. Aus Wilhelm von Burgdorffs Tagebüchern. In: Zeitschrift für Bücherfreunde, Jg. 1.2., 1910, S. 343–364. Burgdorff bezeugt für den 19. Juni einen Besuch Tiecks in einer Londoner Bank, in den Docks und einem Tabak-Warenhause, sowie eines der Ost-India Warenhäuser. (S. 353).
AvB, Schr. 24, S. 151f. Vgl. auch ebd., S. 153 (“mein bester, jungbärtiger Allerweltsweisheitskrämer”) und S. 156 (“munter<er> Sorgenfrei”). Die oben zitierte Stelle ist übrigens die Einzige, die an die Erkenntnistradition der Tiefe anknüpft.
R H.: Die Romantik. Ausbreitung, Blütezeit und Verfall. Stuttgart /Tübingen 1951, S. 215.
AvB, Schr. 24, S. 152.
Sein Wohnsitz, die Fabrikantenvilla auf dem Berg, wird - offenbar in Reminiszenz an seine fast feudalistische Machtstellung - auch als das “sogenannte Schloß” bezeichnet. Vgl. AvB, Schr. 24,191.
Vgl. AvB, Schr. 24, S. 168, 173 u.ö.
AvB, Schr. 24, S. 172.
AvB, Schr. 24, S. 209, 213, 226.
AvB, Schr. 24, S. 208.
Ebd., S. 211.
Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft, a.a.O., Bd. 1, S. 433.
B. wird in der Novelle ja ausdrücklich als Wohltäter dargestellt, der mit seinem Geld Krankenhäuser stiftet und invaliden Arbeitern hilft.
Max Weber. Die protestantische Ethik und der ‘Geist’ des Kapitalismus <1905>. Teilabdruck unter dem Titel ‘Asketischer Protestantismus und kapitalistischer Geist’. In: M. W.: Soziologie. Weltgeschichtliche Analysen. Politik. Hrsg. von J. Winkelmann. Stuttgart 1956, S. 370. Bei aller Korrespondenz zwischen protestantischer. Ethik und Balthasars Lebenshaltung ist auch auf die Unterschiede hinzuweisen: ‘Der Alte vom Berge’ legitimiert sein Gewinnstreben zu keiner Zeit mit religiösen Motiven. Wohl aber seinen Umgang mit Besitz, der ihm zuwider ist, “er soll nicht seyn, und ihn festhalten zu wollen, ist ein gottloses Bestreben” (AvB, Schr. 24, S. 176).
Vgl. Peter Wesollek: Weltumsegler, a.a.O., S. 169.
AvB, Schr. 24, S. 168ff.
Ebd., S. 174f/Hervorhebung H.G.
Vgl. Balthasars Ablehnung des Aberglaubens: AvB, Schr. 24, S. 203: “Immer nur wildes und ungestümes Wesen und abergläubische Fratzen, die die Menschen regieren! rief er dem jungen Mann entgegen (...). Das Unerträglichste ist es mir, wenn die Menschen durch willkürlich ersonnene Formeln, oder durch überkommene Ceremonien, die meist aus geschichtlichen Mißverständnissen, oder alten Gebräuchen erwachsen sind, die ehemals ganz etwas anders bedeuteten, sich mit dem Wesen, was sie die unsichtbare Welt nennen, in Verbindung setzen wollen, ja wenn sie meinen, dieses, das ihnen doch als ein furchtbares erscheint, dadurch zu beherrschen.”
Ebd., S. 175f.
S.o. in diesem Abschnitt, Kap. 1.
Joachim Müller. Tiecks Novelle, a.a.O., S. 318.
Ulrich Stadler hat in seiner Interpretation von Jung-Stillings ‘Heimweh’ darauf hingewiesen, daß das Analogiedenken der Hermetik besonders geeignet ist, “ökonomische Fragen in nicht ökonomische argumentierender Weise (zu) besprechen”. U. S.: Die theuren Dinge, a.a.O., S. 94.
Daß Tieck dabei seiner Zeit verhaftet blieb, wie Joachim Müller (Tiecks Novelle, a.a.O., S. 318ff) beklagt, ist damit nicht bestritten.
“Tieck faßt damit, unbeholfen genug, den ihm in seiner Gesetzlichkeit verschlossenen Vorgang der Akkumulation des Kapitals in der Periode der ersten Industrialisierung.” Joachim Müller Tiecks Novelle, a.a.O., S. 318.
Vgl. Klaus Hammacher. Artikel “Glück”. In: HbPhilGb, Bd. II, S. 606ff.
Klaus Hammacher, HbPhilGb, Bd. II, S. 607.
Ein Zustand bedeutet dann Glück, wenn er als Entsprechung von Wunsch und Wille erfahren wird. Vgl. HbPhilGb, Bd. II, S. 606 und Joachim Ritter /Robert Spaemann: Artikel ‘Glück’. In: HistWbPhil, Bd. 3, Sp. 679ff.
Vgl. AvB, Schr. 24, S. 208: “Glücklich! rief der Alte, fast laut auflachend; glücklich Was soll der Mensch sich bei diesem Worte denken? Es giebt kein Glück, es giebt kein Unglück, nur Schmerz, den wir willkommen heißen, nur Selbstverachtung, die wir ertragen müssen, nur Hoffnungslosigkeit, mit der wir früh vertraut werden sollen.”
AvB, Schr., S. 154.
AvB, Schr., S. 154f /Hervorhebung H.G.
Vgl. auch die in Kap. 2 dieses Abschnitts zitierte Stelle (AvB, Schr., S. 154).
Friedrich Georg Jünger: Glück und Unglück. In: Was ist Glück? Ein Symposion. München 1976, S. 15.
AvB, Schr. 24, S. 173. Man beachte die fast wörtliche Umkehrung von Eduards Einschätzung “da das Glück alles, was er verständig, unternimmt, begünstigt.”(Ebd., S. 154).
Daß eine solche Erklärung nicht nur, wie Müller meint, von mangelnder Einsicht in die ökonomischen Gesetzlichkeiten zeugt, sondern ganz handfeste wirtschaftsgeschichtlich nachweisbare Grundlagen hat, zeigt die folgende Einschätzung der Gewinnlage im Großgewerbe des frühen 19. Jahrhunderts: “Über die Gewinne im Großgewerbe, auch in den frühen Fabriken, ist so gut wie nichts bekannt (...) Im Ganzen gewinnt man aus den wenigen zerstreuten Einzelnachrichten den Eindruck (...) daß die Gewinnsituation im Großgewerbe außerordentlich differenziert, aber auch stark schwankend war. Risiken und Gewinnchancen waren gleichermaßen groß. Pionierunternehmer konnten ohne dauernde Gewinne bleiben,(...) oder (...) ihre Profitmöglichkeiten ausdehnen. Zufallsgewinne oder -verluste waren nicht selten.”HwbWiSo, Bd. II, S. 348 (Hervorhebungen H.G.).
AvB, Schr. 24, S. 173.
Mit seinen Investitionen im Bergbau, in der Hüttenindustrie und der maschinellen Textilverarbeitung setzt der ‘Alte vom Berge’ ja in der Tat mit ‘traumwandlerischer Sicherheit’ auf die Wachstumsbranchen der industriellen Revolution.
AvB, Schr. 24, S. 173.
AvB, Schr. 24, S. 227.
AvB, Schr. 24, S. 229.
Vgl. dazu Manfred Frank im Zusammenhang mit Wilhelm Hauffs Märchen ‘Das kalte Herz’. M.F.: Das Motiv, a.a.O., S. 399.
AvB, GS 24, S. 177.
In der französischen Aufklärung des 18. Jahrhunderts wurde die ‘Erzeugung’ von Glück - in seiner Bedeutung als Glückseligkeit - als quasi technisches Problem diskutiert. Robert Spaemann nennt in diesem Zusammenhang vor allem Levesque de Pouilly, Fontenelle und Saint-Evremont “Techniker des Glücks”. Vgl.: R S.: Artikel: ‘Glück’. In: HistWbPhil, Bd. 3, Sp 700.
In: Vermischte Schriften über Staat, Philosophie und Kunst. Erster Theil. Wien 1812, S. 96–102.
Er bezieht darin gegen Versuche Stellung, allen Besitz nur aus “gemeiner Industrie” abzuleiten und “die schöne Satzung der Natur, oder der Zeit, da ein Theil des Besitzes ungebeten, wie ein reines Geschenk des Himmels auf den Besitzer kommt, welche Satzung dem unsteten Glück zu einer Art von Ableiter dient,” abzulehnen.(Ebd., S. 102) Stattdessen forderte er, das Glück als “anscheinende Unregelmäßigkeit” zuzulassen, es werde damit umsomehr an allgemeiner und ewiger Richtigkeit gewonnen, was an kurzfristiger Präzision verlorengehe.(S. 101).
Ebd., S. 97.
Ebd., S. 102.
Bei Helbach waren es nicht Armut und Strenge, sondern Reichtum und Schwäche, die seine Jugend überschatteten. Er konnte zwar die von ihm geliebte Frau heiraten, litt aber an der mangelnden Erwiderung seiner Leidenschaft. (AvB, Schr. 24, S. 257).
Vgl. etwa Peter Wesollek: Weltumsegler, a.a.O., S. 176; Joachim Müller. Tiecks Novelle, a.a.O., S. 318 und Arno Schmidt: ‘Funfzehn’, a.a.O., S. 259f.
Auch Müller nicht, der sonst stets so vehement auf das ökomomische Thema der Novelle hingewiesen hat. Vgl. Ebd., S. 318f.
Die Studie von Peter Wesollek, die so ausgezeichnet die Kontrastierung der Figuren und die soziale Genese ihrer Charaktere herausgearbeitet hat, übersieht diese Dimension. Zu einfach wird darum zur Gegenüberstellung Balthasar-Helbach behauptet, es gehe hier um eine Wertung Tiecks im Sinne eines Bekenntnisses zur Lebensfreude. Er wolle eine Perspektive als “fruchtbare Beziehung zur Welt” (Helbach), die andere als eine, die “die furchtbare Macht des Bösen in der Welt (...) steigert”(Balthasar), dargestellen. (P. W.: Weltumsegler, a.a.O., S. 177).
AvB, Schr. 24, S. 254.
AvB, Schr. 24, S. 254f.
Der ironische Unterton ist dabei deutlich vernehmbar, vor allem, wenn Helbach den Anspruch erhebt, aus diesem ‘Alles-Fressen-Können’ die Universalität von Kunst und Natur abzuleiten.
Verfeinerung ist ein wesentliches Merkmal von Luxus. Helbach fördert beides: den qualitativen (Verfeinerung) und quantitativem Luxus (Verschwendung). Eine Unterscheidung, die sich schon beim späten Kant findet. Vgl. Artikel: ‘Luxus’. In: HistWbPhil, Bd. 5, Sp. 567.
Vgl. Werner Sombart: Liebe, Luxus und Kapitalismus. Über die Entstehung der modernen Welt aus dem Geist der Verschwendung <1912>. Text nach der 2. Auflage 1922. Berlin, o.J. (1983), S. 49, 87 und 129. Als Grund nennt Sombart die neuen Möglichkeitenüppiger Lebensführung für breitere Bevölkerungsschichten und das Übertragen bisher dem Hofe vorbehaltenen Vergnügungen in die neuen Stätten Theater, Musikhallen, Edelrestaurants und -läden.
AvB, Schr. 24, S. 170.
Vgl. ebd., S. 257: “Treibe man nur etwas eine Zeit lang zum Schein, so wird es bald ein Theil unsres Wesens werden.”
Vgl. HistWbPhil, Bd. 5, Sp. 565f.
Bernhard Mandeville: Die Bienenfabel oder Private Laster, öffentliche Vorurteile <1714 >. Frankfurt/M. 1968, bes. S. 154ff.
Vgl. HistWbPhil, Bd 5, Sp. 568.
Vgl. W. S.: Liebe, Luxus und Kapitalismus, a.a.O., S. 141f. Vgl. auch den schon vor dieser Schrift erschienenen Abschnitt zum Luxus in seiner Abhandlung. Der moderne Kapita- lismus. Historisch-systematische Darstellung des gesamteuropäischen Wirtschaftslebens von seinen Anfängen bis zur Gegenwart. Bd. I.2. Die vorkapitalistische Wirtschaft. (Erstfassung 1902), Berlin 1969, S. 719ff.
Vgl. Georges Bataille: Die Aufhebung der Ökonomie. In: G. B.: Das theoretische Werk. Bd. 1. Hrsg. von Gerd Bergfleth. München 1975. Bataille schlägt Konsum zu einem Teil dem Bereich der Produktion zu, und zwar den, der zur Reproduktion und zur Produktionssteigerung dient. Der zweite Bereich umfaßt die sogenannten unproduktiven Ausgaben: Luxus, Zeremonien, Kulte, Prachtbauten, Spiele, Künste... (S. 12).
Vgl. Gerd Bergfleth: Theorie der Verschwendung. In: Georges Bataille: Das theoretische Werk, a.a.O., S. 293.
Vgl. etwa Rudolf Schilcher. Artikel ‘Luxus’. In: WbSoz, S. 648f und Karl Gustav Specht: Artikel ‘Luxus’. In: HwbSozWiss, Bd. 7, S. 71ff.
Gerd Bergfleth hat in seiner ‘Theorie der Verschwendung’, die im Anhang zur deutschen Ausgabe von Batailles ‘Aufhebung der Ökonomie’ abgedruckt ist (S. 289ff.), darauf aufmerksam gemacht, daß die französische Sprache über einen “außerordentlichen Reichtum an Ausdrücken für die Verschwendung” verfügt, die Bataille zur Nuancierung seiner Grundbegriffe Verausgabung, Verzehrung und Verlust benutzt: “Es sind dies: la dilapidation als Verschwendung im engeren Sinn, le gaspillage als Vergeudung, la dissipation als Verflüchtigung, Zerstreuung, la prodigalité als Verschwendungssucht und Freigiebigkeit.” (A.a.O., S. 293).
Th. W. A.: Velbens Angriff auf die Kultur. In: Prismen. Kulturkritik und Gesellschaft. Frankfurt/M. 1969, S. 99.
Th. W. Adorno: Velbens Angriff, a.a.O., S. 99.
Voraussetzung für die marktstimulierende Kraft des Luxus ist nämlich, “daß schon genug sparsame Leute da sein werden, um die nötige Reproduktion und Akkumulation des Kapitals zu sichern”.(Werner Sombart: Liebe, Luxus und Kapitalismus, a.a.O., S. 141f.).
Vgl. a.a.O.: Das theoretische Werk I, S. 49ff, bes. S. 64ff.
Vgl. Artikel ‘Bedürfnis’. In: GeschGb, Bd. I, S 472ff. Vgl. im Zusammenhang mit einer Interpretation von Tiecks ‘Des Lebens Überfluß’: Ingrid Oesterle: Des Lebens Überfluß. In: Romane und Erzählungen zwischen Romantik und Realismus. Hrsg. von Paul Michael Lützeler. Stuttgart 1983, S. 240f.
Carl Friedrich Flügel: Geschichte des menschlichen Verstandes <1765>. Zitiert nach: GeschGb, Bd. I, S. 472.
Vgl. auch Tiecks Novelle ‘Die Gemälde’ (1823), wo sich eine ganz ähnliche Verteidigung des Genusses (diesmal des Weines) findet. Auch hier wird Genuß als Übung bedürfende Kunst und Wissenschaft dargestellt. (In: Schr. 17, bes. S. 81ff).
AvB, Schr. 24, S. 252; vgl. ähnlich auch “wissende Speiser” (S. 251). Der gedankenlos leichtsinnig scheinende Rat erweist sich in der Ästhetik als strenger Verfechter des Maßvollen: “Schwelgen, Uebermaß, Seltenheiten, neue Moden, das zu Gepfefferte, zu Gewürzreiche, alle diese Sachen, meine Herren, sind es, die jetzt nur so oft einem Gastmahle sein Lob bereiten, und doch sind es gerade diese Dinge, von denen sich der denkende Esser mit Geringschätzung verachtend abwenden wird. (...) Es fehlt immer (...) das feine sichre Maß (...).” (S. 252).
AvB, Schr. 24, S. 252f.
AvB, Schr. 24, S. 255f /Hervorhebungen H.G.
Vgl.: Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft, a.a.O., S. 121: “Daß aber eines Menschen Existenz an sich einen Wert habe, welcher bloß lebt (und in dieser Absicht noch sehr geschäftig ist), um zu genießen,sogar, wenn er dabei andern, die alle eben so wohl nur aufs Genießen ausgehen, als Mittel dazu aufs beste beförderlich wäre (...): das wird sich die Vernunft nie überreden lassen. Nur durch das, was er tut, ohne Rücksicht auf Genuß, in voller Freiheit und unabhängig von dem, was ihm die Natur auch leidend verschaffen könnte, gibt er seinem Dasein als der Existenz einer Person einen absoluten Wert; und die Glückseligkeit ist, mit der ganzen Fülle ihrer Annehmlichkeit, bei weitem nicht ein unbedingtes Gut.”
Vgl. hierzu und zur Begriffsgeschichte den vorzüglichen Aufsatz von Wolfgang Binder: “Genuss” in Dichtung und Philosophie des 17. und 18. Jahrhunderts. In: Archiv für Begriffsgeschichte. Bd. XVII, 1973, S. 66–92.
Johann Gottfried Herder. Gott <1787>. In: Sämtliche Werke. Hrsg von Bernhard Suphan. Bd. XVI. Reprint der Ausgabe Berlin 1888. Hildesheim 1967, S. 536.
Wolfgang Binder. “Genuss”, a.a.O., S. 85.
Johann Gottfried Herder. Liebe und Selbstheit <1782>. In: SW, a.a.O., Bd. XV, S. 307.
AvB, Schr. 24, S. 256.
AvB, Schr. 24, S. 174.
Soweit ich sehe, ist es nur Joachim Müller, der den angeblich so positiven Ausgang relativiert. Er hält den Schluß für “halb satirisch, halb sentimental” - das positive Bild Eduards bleibt aber auch bei ihm ungetrübt. Vgl. J. M.: Tiecks Novelle, aa.O., S. 320f.
P. W.: Weltumsegler, a.a.O., S. 182.
Tieck an Josef Max am 3.4.1828: “Vielleicht ist mir noch keine meiner Arbeiten so schwer geworden, wenigstens hat keine so viele Störungen erlitten und ist so oft aufgeschoben worden als dieser Alte vom Berge. Ich fing ihn mit Freude an, dann wurde ich krank, dann kamen die Irrungen seinetwegen (...)dazwischen einige dringende Arbeiten, wieder Krankheiten, auch Geschäfte dazwischen (...).” Und am 145.1828: “Ich hoffe, obgleich die Novelle nicht die Länge erreicht hat, die Sie vermutheten, die Entwicklung ist Ihnen und unsern Freunden in Breslau nicht ungenügend. Die Aufgabe selbst ist eine sonderbare, und die ernsthafteste,ja finsterste aller meiner Erzählungen.” Zitiert nach: Dichter über ihre Dichtungen. Bd. 9/1. Ludwig Tieck. Hrsg von Uwe Schweikert. München 1971, S. 322f (Hervorhebungen H.G.).
Vgl. etwa Josef Dürler: Bedeutung Bergbau, a.a.O., S. 183: “Was Tieck auf den zwei, drei letzten Seiten seiner Erzählung noch als versöhnlichen Schluß aufzudrängen versucht, wirkt in keiner Weise überzeugend.”
Auch zum Montanwesen hat Eduard, obwohl Oberaufseher der Bergwerke, keine besondere Beziehung.
AvB, Schr. 24, S. 246.
AvB, Schr. 24, S. 249 (gegenüber Röschen).
AvB, Schr. 24, S. 247f (gegenüber Balthasar).
Vgl. Peter Wesollek: Weltumsegler, a.a.O., S. 178ff. Wie ein solches Thema gestaltet sein kann, ist sehr schön an Eduard von Bauernfelds ‘Parallelstück’ (Der Alte vom Berge. In: E.B.: Dramatischer Nachlaß. Hrsg. von Ferdinand von Saar. Stuttgart 1893, S. 43–94) von 1873 zu sehen. Bauernfeld, der sich mehrfach an Tiecks Werke anlehnte, verwertete hier den Stoff der gleichnamigen Novelle; allerdings steht bei ihm der Sieg der Liebe - sogar über den Pessimismus des Alten - tatsächlich im Zentrum. Im Vergleich beider Werke ist deutlich erkennbar, wie durch die Reduktion der Tieck’schen Brechungen und Differenzierungen die eigentliche Handlung zu bloßem Kitsch verkommt. Zum (leider nicht sehr kritischen) Vergleich siehe: Josef Hirschvogel: Der Alte vom Berge von Bauernfeld verglichen mit Tiecks gleichnamiger Novelle. Diss. hs. Wien 1904.
AvB, Schr. 24, S. 248.
AvB, Schr. 24, S. 227 vgl. außerdem die Szene am Totenbett Balthasars, als dieser Eduard mit Eliesar verwechselt.
AvB, Schr. 24, S. 249.
Eliesar und Eduard sind ähnliche Kontrahenten wie die beiden Bergleute. Auch sie sind in vielerlei Hinsicht Repräsentanten der alten und neuen Zeit. Der Pragmatiker steht gegen den Magiker, der Verfechter des Realitätsprinzips und der Vernunft gegen den Alchimisten: “Vernunft! rief der kleine Mann (=Eliesar /H.G.), und zog unzählige Falten in sin dürres Gesicht. Diese Vernunft dürfte wohl die rechte Chimäre seyn und immer nur Fabeln ausgeboren haben.”(AvB, Schr. 24, S. 218).
AvB, Schr. 24, S. 245.
AvB, Schr. 24, S. 250.
Christian Gneuss: Der späte Tieck, a.a.O., S. 49.
AvB, Schr. 24, S. 262.
AvB, Schr. 24, S. 250f.
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Gold, H. (1990). Ludwig Tieck: Der Alte vom Berge — Bergbauromantik an ihrem Ende. In: Erkenntnisse unter Tage. Kulturwissenschaftliche Studien zur deutschen Literatur. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09974-1_5
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