‚Innere Emigration‘

Zusammenfassung

Zwar ist sicher, daß es einen literarischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Deutschland gegeben hat, auch, daß es Autoren gab, die ihren Rückzug aus der Öffentlichkeit des faschistischen Deutschland als Protest verstanden — aber es gab auch Leute, deren Mitwirkung nur etwas gezierter war als es die offizielle Propagandamaschinerie der Nazis gern gehabt hätte. Die Grenzen sind fließend, vor allem wo Autoren zunächst begeistert den Nazis zujubelten und erst später etwas einsichtiger wurden. So ist der Begriff der »Inneren Emigration*, unter dem die distanzierteren Verhaltensweisen in Deutschland gebliebener Autoren gegenüber dem Faschismus gern gefaßt werden, sehr schillernd und keineswegs unproblematisch. Zudem verdeckt er, daß die ‚Kultur‘ des deutschen Faschismus nicht monolithisch war, nur aus ‚Blut-und-Boden‘-Schrifttum und Propaganda bestand, sondern durchaus Platz für einen vorsichtigen Experimentalismus, für elitäre Feinsinnigkeit, abstrakte Geistigkeit und christliche Innerlichkeit ließ — solange diese die massenorientierten Intentionen der Nazis und ihrer Nutznießer nicht störten.