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Soziale Konstruktion von Wirklichkeit

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Die Wirklichkeit der Medien

Zusammenfassung

Daß Wirklichkeiten1 als soziale Konstrukte verstanden werden können oder gar sollten, haben zumindest einige Soziologen seit der Etablierung ihrer Disziplin gewußt2. Weil jedoch die Medien weder in der heute gegebenen technischen Vielfalt und Leistungsstärke, noch in der damit einhergehenden sozialen Organisation präsent waren, konnten diese frühen Überlegungen zur sozialen Konstruktion von Wirklichkeit noch nicht in eine Medientheorie verlängert werden. Indem sie jedoch die Folgen sozialer Differenzierung für Wirklichkeitsvorstellungen und Kommunikation thematisierte, verband bereits die frühe evolutionistische Soziologie konstruktivistische und funktionale Überlegungen in einer Weise, die in der soziologischen Theorie die systematische Stelle entstehen ließ, die die moderne Medientheorie ausfüllen konnte.

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Literatur

  1. Der Begriff „Wirklichkeit“ im Sinne von „sozial erzeugter Wirklichkeit“ wird hier synonym mit „sozial erzeugtem Wissen“ bzw. mit „Kultur“ verwendet (vgl. dazu Hejl 1992a).

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  2. Als knappen Überblick über die Entwicklung der Wissenssoziologie vgl. Stehr/Meja (1980).

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  3. Mannheim sah diese (heute mit dem Thema Selbstorganisation aufgenommene) sich aus wissenssoziologischer Sicht ergebende Beziehung der Erkenntnistheorie zu den Einzelwissenschaften deutlich, wenn er betonte, daß die Erkenntnistheorie einerseits die Einzelwissenschaften fundiere, andererseits aber auch durch sie fundiert werde (Mannheim 1969: 247).

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  4. So versteht Durkheim etwa seine ganze Religionssoziologie als Teil der Wissenssoziologie, vgl. Durkheim (1985: 1–28). Wichtige wissenssoziologische Texte sind (1974; 1975a; 1975b; 1987) sowie Durkheim/Mauss (1969). Zur Durkheimschen Wissenssoziologie vgl. z.B. Bloor (1980); Joas (1985); Lukes (1975:435 ff.) und Namer (1977).

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  5. E. von Glasersfeld (1984) hat darauf verwiesen, daß im angelsächsischen Bereich, dies gilt ebenso für den französischsprechenden, der Begriff „representation“ bzw. „représentation“ vier im Deutschen unterschiedlich zu bezeichnende Bedeutungen hat: „darstellen“, „abbilden“, „vertreten“ und „vorstellen“. Klarerweise bezeichnen diese Wörter in erkenntnistheoretischer Sicht sehr unterschiedliche Konzepte, die nicht vermischt werden dürfen.

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  6. Alle Übersetzungen P. M Hejl. Da die angebotenen Übersetzungen durchweg problematisch sind, wird, soweit nicht ausdrücklich angegeben, nach den Originaltexten zitiert.

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  7. So verweist er bereits in der 1893 veröffentlichten Arbeit zur sozialen Arbeitsteilung (Durkheim 1986: 335) darauf, daß die Welt für einen Organismus nur soweit besteht, wie sie ihn beeinflußt. In der Religionssoziologie, d.h. fast zwanzig Jahre später, bezeichnet er den klassischen Empirismus als einen Irrationalismus.

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  8. Darauf, daß aus diesem Abstellen auf kognitive Prozesse das Mentalitätskonzept entstanden ist, sei hier nur verwiesen. Vgl. als Forschungsüberblick Schöttler (1989) und zum modernen Konzept der sozialen Repräsentationen Farr/Moscovici (1984).

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  9. Vgl. zu den Veränderungen des Evolutionsbegriffs Bowler (1975) und zur Bedeutung des Organismus- und Evolutionskonzepts für die Soziologie Spencers und Durkheims Hejl (1995).

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  10. Durkheim sieht in diesem Zusammenhang Religion entstehen als ersten Ausdruck der Erfahrung von Gesellschaft als einer überindividuellen Macht, zu der der Einzelne dennoch gehört, an der er sich orientiert, die ihn schützt, aber die auch Ansprüche stellt, vgl. etwa Durkheim (1985:597 ff.).

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  11. Daß Durkheim wie viele frühe Evolutionisten den Grad der Differenzierung ursprünglicher Gesellschaften und auch das Ausmaß der in ihnen vorhandenen Konflikte unterschätzte, sei hier nur erwähnt.

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  12. Ich verwende hier den Begriff „soziale Differenzierung“, der sich in der Soziologie durchgesetzt hat. Durkheim (1988:421 f.) lehnte den Begriff ab und sprach stattdessen von „Arbeitsteilung“ oder „sozialer Arbeitsteilung“. Unter „Differenzierung“ verstand er für die Gesellschaft negative (Differenzierungs-)Prozesse, etwa wenn Gesellschaftsmitglieder sonst allgemein akzeptierte Normen nicht länger anerkennen. Deshalb diskutiert er die Differenz zwischen Arbeitsteilung und Differenzierung auch erst im Zusammenhang mit seinem Konzept der Anomie.

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  13. Vgl. außerdem die im Beitrag von Schmidt genannten Arbeiten aus der biologischen Hirnund Kognitionsforschung.

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  14. Zur Ausnahme von diesem allgemeinen Befund, den Orang Utans, vgl. die Diskussion bei Dunbar (1992).

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  15. Als Bericht über systematische Feldforschungen, teilweise auch experimenteller Art, vgl. Cheney/Seyfarth (1990b).

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  16. Daly/Wilson (1989: 108) verweisen in diesem Sinne auch darauf, daß viele Erklärungen von Verbrechensraten passiv reagierende Akteure annehmen. Zur Kritik dieses nach wie vor am Behaviorismus orientierten Menschenbildes vieler Sozialwissenschaftler vgl. auch Moscovici (1984: 15 f.) und zu den fachspezifischen Menschenbildern homo oeconomicus und homo sociologicus Weise (1989).

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  17. Es ist klar, daß ein derartiger Mechanismus unter den historisch sehr viel jüngeren veränderten Bedingungen intern differenzierter Gesellschaften getäuscht werden kann oder nur auf spezifische Situationen „anspricht“. Es sollte ebenso klar sein, daß die Entwicklung eines derartigen Mechanismus nicht nach dem Muster der Auseinandersetzung Durkheims mit Spencers Vertragstheorie diskutiert werden kann. Die Ausbildung dieser und anderer Mechanismen und sozialer Lebensformen ist koevolutiv gedacht, also ist keiner Seite (kognitive Mechanismen, Gesellschaft) eine Priorität einzuräumen.

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  18. Obwohl er für soziologische Erklärungen nicht ausreicht, für die in der Regel auch die soziale Organisation heranzuziehen ist.

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  19. Vgl. als Überblick über Ansätze zu einer evolutionstheoretisch orientierten Kulturtheorie Durham (1990) und zur Weitergabe kulturellen Wissens Cavalli-Sforza/Feldman (1981); Boyd/Richerson (1985) und Richerson/Boyd (1989).

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  20. Sozialsysteme werden dabei bestimmt als eine Menge von Individuen, die zwei Bedingungen erfüllen, durch die sie Systemkomponenten werden und zur Systemorganisation beitragen. Sie müssen a) die gleichen Wirklichkeitskonstrukte ausgebildet haben, sowie mit Bezug auf sie in einer spezifischen und ihnen zugeordneten Weise handeln können (wobei die Handlungen als angemessener Umgang mit dieser Wirklichkeit gesehen werden), und sie müssen b) mit Bezug auf diese Wirklichkeitskonstrukte tatsächlich handeln und interagieren. Individuen sind, das sei ausdrücklich hervorgehoben, Komponenten sozialer Systeme nur soweit, wie sie die angegebenen Bedingungen erfüllen. Die Organisation eines Sozialsystems wird als das zwischen den Komponenten bestehende Interaktionsmuster bestimmt (vgl. dazu ausführlich Hejl 1987 und 1992b).

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  21. Die Systemorganisation wird durch zwei Merkmale charakterisiert. Erstens ist sie gegenüber dem Verhalten einzelner oder weniger Komponenten relativ unabhängig, was als „Autonomisierung der Organisation“ bezeichnet wird. Zweitens ist das zwischen Systemkomponenten bestehende Interaktionsmuster in der Regel dadurch gekennzeichnet, daß nicht alle Komponenten miteinander interagieren. Das wird als „Selektivität der Organisation“ bezeichnet. Eine nichtselektive Organisation liegt also dann vor, wenn alle Komponenten interagieren, was etwa dem Konzept der Basisdemokratie entspricht.

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  22. Nichtselektive, im Anschluß an McCulloch (1965) als „heterarchisch“ bezeichnete Organisationen bestehen aus einer Verkettung von Komponenten, die diese so am Systemverhalten beteiligt, daß keine Komponente aufgrund der Organisation von Entscheidungs- und damit Einflußmöglichkeiten auf das Gesamtsystem ausgeschlossen wird.

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  23. Hier werden lediglich die bei Durkheim genannten Hauptgründe genannt. Auch die moderne Anthropologie geht davon aus, daß das Bevölkerungswachstum wichtigster Auslöser sozialer Differenzierungen ist, nimmt freilich noch weitere Faktoren hinzu (vgl. Johnson/Earle 1987). Auf eine genauere Diskussion und Ergänzung muß hier verzichtet werden.

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  24. Zur sozialen Emergenz sozialer Differenzierung und Individualisierung gehört freilich auch eine Imergenz, selbst wenn keine Gleichgewichtigkeit der beiden Prozesse leichtfertig unterstellt werden sollte (vgl. dazu Hejl 1992b).

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  25. Vgl. als Fallstudie zur Ausdifferenzierung des Justizsystems in Deutschland Ogorek (1986) und zur Selbstorganisation des Literatursystems Schmidt (1989).

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  26. Beispiele auf der Sozialebene: Justiz, Sozialversicherung, Bundeskartellamt; auf der Wirklichkeitsebene: wachsende Menge von Individualrechten, Ausbildung von Verfasssungs-, Vertrags-, Verwaltungsrecht usw.

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Klaus Merten Siegfried J. Schmidt Siegfried Weischenberg

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© 1994 Springer Fachmedien Wiesbaden

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Hejl, P.M. (1994). Soziale Konstruktion von Wirklichkeit. In: Merten, K., Schmidt, S.J., Weischenberg, S. (eds) Die Wirklichkeit der Medien. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09784-6_4

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-09784-6_4

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-12327-1

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