Zusammenfassung
Durch die nicht zu übersehende Präsenz in den Medien ist Werbung ein Massenkulturphänomen, das kulturelle und gesellschaftliche Entwicklungen in einem breiten Maße kommunikativ macht (vgl. Schmidt 1992a). Werbung stiftet individuelle und soziale Identität und bietet zunehmend Trendberichte an (z.B. Symbolbesetzung für Subkulturen, neue SeniorInnentypen, Geschlechts- und Rollenbilder usw.). Im Werbefernsehen werden in höchst komprimierter Form die populären Lebensentwürfe zitiert, die den ZuschauerInnen u.a. von ihren eigenen Erfahrungen, Träumen und Wunschvorstellungen sowie vom übrigen Programm her bekannt sind. Die werbespezifische Betrachtung des weiblichen Geschlechts erhellt somit den alltagsgeschichtlichen Boden, in dem die Vorstellungen von weiblicher Identität bzw. Existenz wurzeln.
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Referenzen
Vgl. Projekt C3 „Der kommerzielle deutsche TV-Werbespot als Indikator sozialen Wandels“, Sonderforschungsbereich 240, Universität-Gesamthochschule Siegen. Die im folgenden referierte Untersuchung zu den Frauenbildern in der Fernsehwerbung ist im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung entstanden (vgl. Spieß 1992).
Geworben wird längst nicht mehr nur für Autos und Zahnpasta, sondern ebenso für Politiker und Parteien, für Kirchentage und Kunstausstellungen, für den Erhalt von Regenwäldern und gefährdeten Tierarten.
Zum Beispiel den Wunsch nach einer heilen Familienwelt, den Willen zur Völkerverständigung oder zum Umweltschutz.
Der Zwang zur Innovation, der durch den Konkurrenzkampf der Werbeagenturen und durch zunehmende Mengen und Paritäten von Produkten und Leistungen forciert wird, macht das Werbesystem notwendig parasitär.
Die Kritik an den Weiblichkeitsklischees der Fernsehwerbung hat diesen Aspekt bisher zu wenig berücksichtigt. Die von der Werbung konstruierten Leitbilder sind in der Regel kein Abbild der sozialen Wirklichkeitsmodelle von Frauen. Es ist deshalb wenig sinnvoll, die femininen Stereotypen permanent als ‚realitätsfremd‘ zu attackieren. Wir sollten vielmehr etwas an der Art ändern, wie wir jene Leitbilder sehen und auf sie reagieren. Das stillschweigend implizierte Publikumsbild vieler KritikerInnen läßt zudem auf einen niedrig angesetzten Bildungsgrad schließen, den sie der Mehrheit der Konsumentinnen und Zuschauerinnen von Werbespots unterstellen.
Zu den Arbeiten von Frauenwerbeagenturen siehe Schmerl (1992: 291 ff.). Ich schließe mich den Ausführungen von Christiane Schmerl an, die (an einer anderen Stelle) m.E. zu Recht herausstellt, daß „[...] die Verschiedenartigkeit menschlicher Möglichkeiten und Geschmacksrichtungen nicht ausgerechnet entlang der Biologie in zwei willkürliche und homogene Lager geteilt werden sollte“ (Schmerl 1992: 54).
1989/90/91: 36 Werbespots; 1954–1985: 10 Werbespots.
Beispiel: Idee Kaffee, vgl. Anhang.
Beispiel: Kärcher Dampfstrahler, West (Zigaretten), vgl. Anhang
Im Jahre 2000 wird jeder vierte Bundesbürger zur älteren Generation gehören. 65 Prozent der Älteren sind Frauen und 35 Prozent Männer; mit zunehmenden Alter wächst der Frauenanteil auf 75 Prozent. 60 Prozent der Frauen leben alleine, Manner selten. Die alten Menschen verfügen über viel freie Zeit (32 Prozent über vier bis sechs Stunden) und werden in ihrem Freizeitverhalten immer aktiver (vgl. dazu Kübler 1992: 48–50).
Beispiele: Rondo (Waschautomat); Overstolz (Zigaretten), Dolores (Strumpfhosen), Triumph (Mieder), vgl. Anhang.
Beispiele: Melitta (Gefrierbeutel), American Express Card, Merci (Schokolade), Pampers (Windeln), Skip (Waschmittel), vgl. Anhang.
Beispiele: El Vital (Schampon), Krönung light (Kaffee), Ballisto (Schokoriegel), vgl. Anhang.
„Sie dürfen“, so formulierte ein Creative Director, „nie den Menschen so ansprechen, wie er ist, sondern sie müssen die Vision ansprechen, die ein Mensch von sich hat. Und die liegt immer auf einem anderen Niveau als seine reale Existenz“ (Schmidt/Spieß 1994).
Beispiele: HDW-Beratung (Social Spot), Nikon-Kamera, Coca Cola; Ariel Ultra, vgl. Anhang.
Beispiele: Fiskars (Schere), Citroen, Schneider (Hifi), Egoiste (Parfüm), Telecom, Blaupunkt (Videorecorder), vgl. Anhang.
Beispiele: Fiskars (Schere), Citroen, Blaupunkt (Radio), Blaupunkt (Video), Lynx Tierschutz, vgl. Anhang
Beispiele: Dolores (Strumpfhosen), Bosch (Bremsen), Triumph (Mieder), Recadol (Schlankheitskur), Oil of Olaz (Creme), Nestlé-Schokolade, Fenjala (Lotion), Für Sie (Zeitschrift), Harzer Handkäse (vgl. Anhang).
Ich möchte noch einmal betonen, daß es sich bei den aufgeführten Beispielen nicht um die Mehrzahl der TV-Werbespots handelt. Es sind neue Formen der Repräsentation von Weiblichkeit, die — wie bereits erwähnt — Seltenheitswert haben.
Frauen werden z.B. immer häufiger in einer perfekten Fassade präsentiert, die keine Berührung mit dem anderen Geschlecht mehr erlauben.
Die Amerikanerin Naomi Wolf hat den Zwang vieler Frauen zum perfekten Körper als Ersatz des alten Kleider- und Modediktats interpretiert: „Mächtige Industrien — die Diätmittelindustrie, die Kosmetikindustrie, die Schönheitschirugie und die Porno-Industrie — nähren sich mittlerweile von diesen unbewußten Ängsten und sind daher natürlich daran interessiert, sie zu schüren. Das Ergebnis ist eine gewaltige Wachstumsspirale“ (Wolf 1992: 20).
Die Erscheinungsformen von Sexualität und Gewalt sind in den 80er Jahren immer vielfältiger geworden. Neben Pornographie und Sadomasochismus bieten die Medien (insbesondere das Kino) glamouröse Vergewaltigungsszenen an. Sie erotisieren sexuelle Gewalt und inszenieren extreme Angst als Erweckungserlebnis des Körpers.
Die stereotypen Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit sind in dem werbespezifischen Leitbild z.T. aufgehoben worden. Erhalten haben sich dagegen „althergebrachte Assoziationen“ von der dominierenden Frau, die dem Manne Unheil bringt.
Bestimmte Themenbereiche, die den Wandlungsprozeß des weiblichen Geschlechts besonders deutlich demonstrieren, werden in der Fernsehwerbung ausgeblendet, zum Beispiel das Ringen der Frauen um Selbstverwirklichung, der Balance-Akt zwischen eigenem Leben und Leben zu zweit, die örtliche, soziale und alltägliche Mobilität im Wechsel zwischen Familie und Beruf, zwischen Arbeit und Freizeit, der Typus der ledigen Mutter usw.
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Spieß, B. (1994). Weiblichkeitsklischees in der Fernsehwerbung. In: Merten, K., Schmidt, S.J., Weischenberg, S. (eds) Die Wirklichkeit der Medien. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09784-6_19
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