Zusammenfassung
Spricht oder debattiert man in Deutschland über den Umgang mit der NS-Vergangenheit, über Möglichkeiten und Formen des Erinnerns und Gedenkens an die NS-Verbrechen, begibt man sich auf vermeintlich „tabuvermintes“ Gelände. Zwischen „Erinnern und Vergessen“ schwingt das Debattenpendel, das je nach politischer Couleur in die eine oder andere Richtung ausschlägt. Die Geschichte der „Vergangenheitsbewältigung“ in Deutschland ist auf den ersten Blick eine, die vom Ringen einer Gesellschaft um angemessenen Umgang mit ihrer „schwierigen“ Geschichte erzählt, die naive Identifikation nicht zulässt. Auf den ersten Blick. Nähert man sich der „Vergangenheitsbewältigung“ von der anderen Seite, fragt man also weniger nach dem historischen Gegenstand selbst als nach der Funktion der Art und Weise seiner Repräsentation, erzählt sich diese Geschichte völlig anders. Die Schlüsselwörter lauten dann nicht mehr Nationalsozialismus, Holocaust oder Kriegsverbrechen — die Ingredienzien dieser Geschichte heißen Identität und Nation. Vor diesem Hintergrund wird die Frage nach dem Gedenken an die NS-Vergangenheit besonders brisant. Der Diskurs um die Vergangenheit ist eng verbunden mit der Frage nach der Konstruktion von (kollektiver) Identität. Das Thema, ob und wie weit der Nationalsozialismus hierfür als „negatives“ Sinnstiftungspotential für die Bundesrespektive Berliner Republik genutzt werden könne oder dürfe, existiert in unzähligen Spielarten seit nunmehr bald 60 Jahren.
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Literatur
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Kölsch, J. (2003). Politik und Gedächtnis. In: Bergem, W. (eds) Die NS-Diktatur im deutschen Erinnerungsdiskurs. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09744-0_7
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