Zusammenfassung
Nachdem die Vereinigung beider deutscher Staaten vollzogen war, fiel das politische System der Bundesrepublik wieder in die Normallage zurück. Die Politikformulierung vollzog sich nicht länger in der stark zentralisierten und entdifferenzierten Form, die für den Einigungsprozeß charakteristisch war, sondern erfolgte wieder im Rahmen der komplexen Aushandlungs- und Konsensfindungsmechanismen, die schon in der alten Bundesrepublik bestimmend waren.
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Aufgrund der mehrdeutigen Abkürzung sprach man bald vom Föderalen Konsolidierungsprogramm (FKP)
Diese mit der Integration der neuen Länderverbundene „Stimmenspreitzung“ wurde im Rahmen der EV-Verhandlungen vereinbart und war zwischen den alten Ländern sehr umstritten (Albert 1992). Der damalige hessische Minsterpräsident Walter Wallmann soll bei der internen Abstimmung unter den Ländern der Neuregelung nur aufgrund der Tatsache zugestimmt haben, daß er sich über die Einwohnerzahl seines Bundeslandes nicht im klaren war und in der irrigen Annahme seine Zustimmung gab, Hessen würde künftig über eine Stimme mehr verfiigen (Interview 14). Eine pikante Anekdote, die anschaulich zeigt, unter welchem Zeitdruck dieser Vertrag ausgehandelt worden war.
Als reiche Länder gelten dabei die zuletzt im Länderfinanzausgleich ausgleichsflichtigen Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen.
Nicht zuletzt aus Zweifel an der finanziellen Überlebensfähigkeit der neuen wie einiger finanschwacher alter Länder hatten kurz nach der Einigung Vorschläge zur Länderneugliederung Hochkonjunktur (Benz 1992b; Schmidt, M.G. 1993e ).
Manfred G. Schmidt prägte hierfür die Formel vom „Grand Coalition State“ ( Schmidt, M.G. 1994b: 15 )
Die vollständigen „Überleitungsregeln aus Anlaß der Herstellung der Einheit Deutschlands“ finden sich im 12. Kapitel des 5. Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB V).
Zur Entwicklung des Gesundheitswesens in der Bundesrepublik, den politisch-institutionellen Rahmenbedingungen und den Problemen politischer Steuerung bzw. Reformen vgl. Murswieck 1994
Man darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen, daß zur Zeit der Weichenstellungen für die Rentenüberleitung vor der Bundestagswahl 1990 weithin von einem Erfolg der SPD insbesondere in den ehemaligen Hochburgen, dem „roten“ Thüringen und Sachsen, ausgegangen wurde.
Diese Position wurde in den Protokollen jeder Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales in dieser Zeit deutlich.
Aufgrund des einheitlichen Beitragssatzes und der unterschiedlichen regionalen Verteilung von Arbeitslosigkeit und Beschäftigung ist ein permanenter interner Finanzausgleich zwischen Regionen mit niedriger Arbeitslosigkeit und Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit dem bundesdeutschen System der Arbeitslosenversicherung immanent, doch bedingt - ähnlich der Diskussion um den Länderfmanzausgleich - die Höhe der regionalen Disparitäten und damit des Umfanges dieses internen Finanzausgleichs die neue Qualität dieses Problems in der geeinten Bundesrepublik. Eine vergleichende Betrachtung bietet Mackscheidt 1993: 120–132.
Zur Begrifflichkeit vgl. Schmidt, M.G. 1995a: 61/62
Im Hinblick auf die zukünftige Entwicklung kann noch ergänzt werden, daß die zusätzlichen Aufgaben, die den Sozialversicherungen bei unverändertem Instrumentarium übertragen wurden, die Probleme noch verstärkt haben, die unabhängig von den einigungsbedingten Herausforderungen schon in der alten Bundesrepublik bestanden, so daß die Notwendigkeit zu Reformen deutlich gewachsen ist (Heinelt 1994: 70–73; Köpp 1995).
M3 umfaßt den Bargeldumlauf sowie bei Kreditinstituten im Inland gehaltene Sichteinlagen, Termingelder unter 4 Jahren und Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist (Geschäftsbericht 1994: 75)
Busch (1994) macht hauptsächlich drei Faktoren für die EWS-Krise verantwortlich: In der Vergangenheit unterlassene Anpassungen der Wechselkurse (Realignment) an veränderte realwirtschaftliche Entwicklungen, das in Folge des Einigungsschocks von der Bundesbank gesetzte hohe Zinsniveau sowie das enorm gestiegene Handelsvolumen an den internationalen Finanzmärkten, das es ermöglichte, spekulative Mittel in einer Gröenordnung zu mobilisieren, der die Notenbanken trotz massiver Interventionen machtlos gegenüberstanden (S. 85–91).
Über die starke geldpolitische Rolle hinaus ist der Bundesbank im Zusammenhang mit der deutschen Einheit ein Reformschritt gelungen, der den Bundesländern versagt blieb. Hatten die Länder die Chance zur Länderneugliederung verpaßt, nutzte die Bundesbank die Einheit zu einer Strukturreform des Systems der Landeszentralbanken. Statt jedem Bundesland eine Landeszentralbank zuzuordnen, wurde ihre Anzahl auf neun reduziert (Geschäftsbericht 1992: 126–129 )
Die deutsche Einheit war zweifellos das bedeutendste, aber nicht der alleine auschlaggebende Faktor für die stark angestiegenen Schuldenstände im öffentlichen Gesamthaushalt. Rezessionsbedingte zusätzliche Ausgaben und Steuerausfälle führten ebenfalls zu einer erhöhten Kreditaufnahme der öffentlichen Haushalte. Insgesamt waren im Untersuchungszeitraum nach Auskunft des BMF sogar nur ein Viertel der Defizite des Bundeshaushalts einigungsbedingt (BT-Drs. 12/8372: 22).
In diesem Zusammenhang entspann sich eine Diskussion um eine Neugliederung der Bundesländer, um weniger, dafür aber leistungsfähigere und stärkere Länder zu bilden (Benz 1992b; Schmidt, M.G. 1993c). Mit Ausnahme der Fusion von Berlin und Brandenburg wurden diese Pläne jedoch aufgrund fehlender Realisierungschancen bald aufgegeben. Im Mai 1996 scheiterte auch diese Länderfusion an der Ablehnung der Bürger Brandenburgs in dem für die Länderneugliederung erforderlichen Volksentscheid.
Wiederholt wurde in den Experteninterviews die Vermutung geäußert, die im Vorfeld aufgetauchten Probleme seien vom Bundesfmanzminister ferngehalten worden, wohl in der Erwartung, die Länder würden bei schrittweisen Zugeständnissen des Bundes ohnehin einlenken. So sei auch Waigel überrumpelt worden (Interviews 08, 17, 23). Auf Beamtenebene herrschte im BMF bis unmittelbar vor Beginn der Klausurtagung die Überzeugung vor, die Länder würden letztendlich nachgeben müssen (Interview 12).
Zur Finanzlage der Kommunen vgl. auch DIW 1993d, 1994a; Hunstock/Ohmert 1990; Karrenberg 1991, 1993a; 1993c
Für Details siehe das offizielle Ergebnisprotokoll, abgedruckt in: Senator fir Finanzen 1993: 149–158
Zwei Beispiele für viele: Chance vertan! in: Die Zeit v. 16.3.1993: 1, Solidarisch draufgesattelt, Die Zeit v. 16.3. 1993: 25
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Schwinn, O. (1997). Die Politik zur Finanzierung der Einheit im geeinten Deutschland. In: Die Finanzierung der deutschen Einheit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09703-7_4
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