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Wissenschaftssoziologische Reflexion der Elias-Duerr-Kontroverse

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Der Zivilisationsprozess: Mythos oder Realität?

Part of the book series: . Schriften zur Zivilisations- und Prozeßtheorie ((FIG,volume 4))

Zusammenfassung

Bei der Untersuchung der Reaktion auf Duerrs Kritik an Elias′ Zivilisationstheorie stehen folgende Leitfragen im Vordergrund: Weshalb stößt Duerr mit seinem Versuch, den von Elias beschriebenen Zivilisationsprozess als eurozentrische Kolonialideologie zu entmythologisieren, in den deutschen Feuilletons auf so breite Resonanz und löst damit eine aufsehenerregende öffentliche Kontroverse aus? Welche Unterschiede bestehen in der Aufnahme von Duerrs Elias-Kritik in wissenschaftlichen und in außerwissenschaftlichen Publikationsorganen und wie sind diese zu erklären? In welcher Hinsicht unterscheiden sich die Reaktionen innerhalb des Wissenschaftsfeldes in unterschiedlichen Fachdisziplinen? Wie affektgesättigt sind die Rezensionen von Duerrs „Mythos-Bänden“? Sind die Beiträge eher von moralisch-politischen Motiven getragen oder zeichnen sie sich eher durch eine nüchtern-distanzierte Beurteilung aus? Weisen Reaktionen offensichtliche Verzerrungen und Fehlwahrnehmungen auf (Kompetenzgrad der Rezensenten)? Lassen sich bei der Rezeption von Duerrs Elias-Kritik Hinweise auf eine kollektive Abwehr im psychoanalytischen Sinne feststellen: Ignorierung, offene oder subtile Abwertung mit fadenscheinigen Argumenten, Rationalisierung, Verleugnung, Verkehrung ins Gegenteil, Projektion, Derealisierung (vgl. Vogt/Vogt 1997 für die deutschen Reaktionen auf Goldhagens Buch „Hitlers willige Helfer“)? Oder gibt es Anzeichen für eine die Urteilsfähigkeit nicht weniger beeinträchtigende Idealisierung und Identifizierung?

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Literatur

  1. Im Internet war zwischenzeitlich sogar eine in spanischer Sprache abgefasste Rezension von Duerrs viertem „Mythos-Band“ unter der Überschrift „De pechos para adentro” zu finden, die in „Naciôn Digital. Revista Viva“ am 15.09.1997 erschienen ist (www.nacion.co.cr/viva/ 1997/septiembre/ 15 /varl.html).

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  2. In Zeitungs- und Zeitschriftenfeuilletons kommen mitunter auch promovierte Akademiker und Hochschullehrer zu Wort kommen. Dies ändert aber nichts daran, dass die Auswahl der Rezensenten und Rezensionen nicht nach wissenschaftlichen, sondern nach medialen Kriterien erfolgt.

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  3. Mit zunehmendem Alter hat Elias es vermieden, seine Zeit mit längeren Streitgesprächen zu verbringen. „Projekte noch im neunten Lebensjahrzehnt in eine weite Zukunft entwerfend“ wollte er „seine Kräfte aufbewahren für die Arbeit an seinem Werk, für eine Form des lehrenden ‘Sprechens.”; hierbei zeigte er sich nicht wirklich „diskussionsoffen“, sondern verfuhr eher nach einem undogmatisch-emphatischen „Arrangement platonischer Dialoge” (Rehberg 1996: 13; zu Elias’ „Hang zum Belehren“ vgl. auch Schröter 1997a: 208f). Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass Elias überhaupt eine schriftliche Entgegnung auf die Kritik von Duerr veröffentlicht.

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  4. Gegen sein vormaliges Postulat diskutiert Engler (1995: 131ff) Duerrs Elias-Kritik in einer späteren Schrift eingehender. Auch Mennell (/Goudsblom 1997) und Blomert (2000) geben später detaillierte Kommentare zu Duerr ab.

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  5. Den Bezug auf Duerr lässt Schröter (1997a: 192) in der überarbeiteten Version des zuerst 1993 veröffentlichten Textes weg.

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  6. Im Wissenschaftsbetrieb spielen persönliche Kontakte eine zentrale Rolle, etwa bei der Auswahl relevanter Ansätze und Daten, dem Ignorieren von als inkompetent betrachteter Fachliteratur oder der Besetzung akademischer Arbeitsplätze (Murray et al. 1981: 219ff).

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  7. Die Rezeption von Elias’ Werk verläuft in den Niederlanden und in Deutschland landes-spezifisch unterschiedlich. Das niederländische sozialstrukturelle „Versäulungssystem“, ein relativ stabiles innergesellschaftliches Machtbalance-Gefüge, kommt der Rezeption des Figurationsmodells zugute. Das Zivilisierungsmodell entspricht dem Selbstbild der Niederländer, die „zivilisiertesten” Europäer mit einer langen gewaltverneinenden Tradition zu sein (Gleichmann 1991b). Während Elias ’ Zivilisationstheorie in den Niederlanden, die im Vergleich zu ihren östlichen Nachbarn ein relativ niedriges innergesellschaftliches Gewaltniveau aufweisen, sehr früh aufgegriffen und breit rezipiert wird, herrschen gegen selbige in Deutschland, dessen Geschichte von einem relativ hohen Ausmaß an innergesellschaftlicher Gewalt geprägt ist, viel stärkere Vorbehalte (Gleichmann 1987: 409f; 1996: 111f ).

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  8. Esser erschwert selbst eine unbefangene Auseinandersetzung zwischen Prozess-und Figurationssoziologie und Methodologischem Individualismus. Er gibt sich nicht damit zufrieden, Übereinstimmungen zwischen beiden Theorierichtungen herauszuarbeiten, sondern spricht — wohl auch eine Reaktion auf Elias’ Polemisierungen gegen Vertreter des Methodologischen Individualismus — Elias’ Ansatz auch jegliche Eigenständigkeit, Originalität und jedweden Neuigkeitswert ab und behauptet, Elias reüssierte mit Einsichten, die Popper längst vorher getroffen hätte (Esser 1984: 696f; 1985b: 257 ).

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  9. Mitte der 1990er]ahre entsteht auch in den Niederlanden eine Kontroverse über das Verhältnis von Elias’ Prozess-und Figurationssoziologie und Rational-Choice-Theorien, in dessen Verlauf mit de Swaan (1996: 593ff, 631ff) ein Forscher aus dem engeren Kreis der Prozessund Figurationssziologen eine vermittelnde Position einnimmt (Kritisch dagegen Goudsblom 1996: 620ff)

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  10. Es gibt Hunderte von Zeitungs-, Zeitschriften-, Radio-und Femsehinterviews mit Elias, die wissenschaftlich bisher noch nicht ausgewertet sind. Einige davon finden sich bei Mörth (1991: 269ff).

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Hinz, M. (2002). Wissenschaftssoziologische Reflexion der Elias-Duerr-Kontroverse. In: Der Zivilisationsprozess: Mythos oder Realität?. Figurationen. Schriften zur Zivilisations- und Prozeßtheorie, vol 4. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09646-7_8

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-09646-7_8

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8100-3398-7

  • Online ISBN: 978-3-663-09646-7

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