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Strukturmerkmale der Aufgabenerledigung — 3 Beispiele

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Zusammenfassung

Die Aufgabenerledigung entspricht häufig nicht der Aufgabendefinition. Der Vollzug ist nur unter bestimmten Bedingungen so festzulegen, daß er genau das erreicht, was der Anordnende will. Jene Bedingungen sind einigermaßen klar: Entweder ist die Aufgabe so eindeutig gestellt, daß Abweichungen im Vollzug sofort erkannt werden können und sich gegen sie vorgehen läßt (Beispiel Personenstandswesen) oder aber der Anordnende stellt nicht nur die Aufgabe, sondern definiert und bewilligt auch die dafür benötigten Ressourcen und schaltet jeden Streit darüber aus, was wirklich an Ressourcen benötigt wird. In beiden Fällen müssen zudem alle Umwelteinflüsse zu eliminieren sein. In Geschichte und Gegenwart hat es solche Bedingungen stets nur für einige wenige Aufgabenfelder gegeben. In allen anderen kommt es zu Verwerfungen im Ablauf von Willensbildung und Vollzug, die es mit der Verwaltung als selbständiger Größe, den Reaktionen der Verwalteten und dem Zusammenspiel von Verwaltern und Verwalteten zu tun haben. Nur wenn man dies zur Kenntnis nimmt, werden Rolle und Funktionsweise der Verwaltung verständlich.

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Literatur

  1. Vgl. oben S. 305ff. und zur Gendarmerie G. Stolz, Das Fürstlich-Lippische Gendarmerie-Korps 1842–1919, in: Lipp. Mitt. 1975, S. 42ff.

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  2. Vgl. dazu W. Krabbe, Die lokale Polizeiverwaltung in der preußischen Provinz Westfalen (1815–1914), in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 1983, S. 141ff., bes. 151ff.

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  3. Grundlegend sind die Besoldungsunterschiede. Bielefeld bezahlt 1888 nach einer Meldung der Stadt an den Regierungspräsidenten (STADt M 1 I P 12, Blätter 47ff.) im Vergleich zu den ländlichen Polizeidienern sehr gut: Polizei-Inspektor 2.550 Mark, 2 Polizei-Commissare 1.600 und 1.500, 3 Polizei-Sergeanten 1.200, 3 weitere 1.130, 21.060 und 5 erhalten 990 Mark. Das Wohngeld kommt hinzu. Die Sergeanten, also die normalen Schutzleute, stehen sich damit mindestens um das Doppelte besser als ihre Kollegen auf dem Land. Das ist auch dann beachtlich, wenn man die höheren Lebenshaltungskosten in der Stadt und das weitgehende Fehlen von Nebentätigkeiten berücksichtigt.

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  4. Die Akte trägt die Überschrift: Die Verwaltung des Polizeiwesens im Kreis Büren. Band I — abgeschlossen 1905.

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  5. Daß der Landrat resigniert, wird auch später deutlich: Der Oberpräsident schreibt 1895 an den Regierungspräsidenten, er sei durch den Kreis Büren gefahren und habe teilweise wie auf einer früheren Fahrt eine „außerordentliche Unsauberkeit und Unordnung“ festgestellt. In Steinhausen besonders herrsche „ein jeder Beschreibung spottender Zustand” (ebenda Blätter 92ff.). Der Regierungspräsident möge den Landrat veranlassen, das Nötige zu tun, was mittels Randverfügung am 23.4.1895 geschieht. Am 5.5.1896 folgt eine Mahnung; sie wird am 4.6., 22.6., 18.7. und 17.8. wiederholt. Inzwischen hatte der Landrat allerdings am 4.8. geschrieben, die Verfügung sei bei ihm nicht eingegangen, um sich am 15.8. zu korrigieren — es habe ein Versehen seines Büros gegeben: Die Verfügung sei zu den Geheimakten gegangen und die Mahnungen hätten das nicht ersichtlich gemacht. Zur Sache habe er im übrigen wiederholt mündlich vorgetragen, weshalb über seine „persönliche Thätigkeit“ auf diesem Gebiete nicht der geringste Zweifel bestehen dürfe. Machen könne er wenig; es fehle an einer Baupolizeiverordnung, mit der man administrieren könne — im Kreisausschuß habe er eine solche VO nicht erreicht. So könne er nur erneut um eine solche VO bitten. Dazu die lakonische Randbemerkung im Präsidium: „Wird ja doch nicht ausgeführt, am wenigsten im Kreis Büren”.

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  6. Unsere Durchsicht konzentrierte sich im Staatsarchiv Detmold auf die Bestände M 1 I P, M 2 Halle (Amt Versmold), M 2 Büren und M 2 Warburg. Außerdem gab es Stichproben.

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  7. Daran ändert auch der Bericht des Amtmannes über den Polizeidiener in Boke in Zusammenhang mit einer Beschwerde eines älteren Menschen — „ist derselbe ein aufgeregter, anormaler Mensch“ — nichts, dem gute Dienstführung bescheinigt und hinzugefügt wird: „Der Polizeidiener ist 52 Jahre alt. Er ist ein etwa 1,84 m großer und kräftig gebauter Mann, der dieerforderliche Energie besitzt und von den Eingesessenen unabhängig ist.” Auch der Vorsteher erklärt: „Der Polizeidiener ist ein starker Mann und ist von Niemandem abhängig.“ STADt M 1 I P 123, Blätter 236ff.

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  8. Vgl. die Personalakte des Polizeidieners in Bockhorst (STADt M 2 Halle — Amt Versmold 1336), die aus mehreren Formularen besteht, zu denen eine Kranken-, eine Straf-und eine Urlaubs-Liste sowie der ‘Qualifikationsbericht’ gehören. Im vorliegenden Falle ist der Polizeidiener 1902 angestellt worden (290 Mark Gehalt), erhielt 1903 eine Ordnungsstrafe von 3 Mark „wegen mangelhafter Ausübung des polizeilichen Aufsichtsdienstes“ und wurde 1904 im allgemeinen gut beurteilt, auch wenn es hieß: „Könnte im Exekutivdienst zuweilen energischer auftreten”. Das Formular für die Beurteilung enthält präzise Fragen von der Art: „Verhalten gegen Publikum, Neigung zu Ausschreitungen, Mißhandlungen, Beleidigungen gegen das Publikum“ oder „Neigung zum Trunke, besucht er gern Wirtschaften, insbesondere solche mit weiblicher Bedienung?”

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  9. A. Funk 1986 meint davon abweichend S. 226: „Die preußische Polizei, d.h. also königliche und kommunale Polizeien sowie die Gendarmerie, besaß eine eigenständige Form und Aufgabenbestimmung, die sie vom Militär klar unterschied. Sie hatte frühere, vorstaatliche Formen der Ordnungserhaltung weitgehend abgelöst (Flurwächter, Nachtwächter) und die Polizei zu einer Institution gemacht, die innerhalb des Staatsgebiets im Regelfall allein zur Anwendung unmittelbaren Zwangs befugt war…. (Dabei beschränkte der Staat) das kommunale Polizeisystem weitgehend auf die Mittelstädte, in denen ihm ein loyal monarchisches, konservatives Bürgertum… die Ausübung der Polizeigewalt im übergeordneten staatlichen Interesse zu garantieren schien. Diese kommunalen Polizeien stellten keine Alternativen zu den staatlichen Polizeien dar, sondern wurden zu deren Annex.“ Wenig später (S. 227f.) heißt es aber übereinstimmend mit meinen Feststellungen: „Den Anforderungen städtischer Polizeiverwaltungen, als da sind: Umgang mit einer Vielzahl bürokratischer Verordnungen und eines situations-und schichtenspezifischen Verhaltens der Beamten waren die militärischen Gendarmen 1890 weniger gewachsen als die städtischen Sergeanten.”

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  10. Vgl. Ordnung für die Polizeischule des Landkreises Recklinghausen § 5 (STADt M 2 Büren 912), wo nach den allgemeinen Ausführungen zur Polizei als Einzelthemen genannt werden: Kriminalpolizei; Ges. über die persönliche Freiheit; Vereinsgesetz; Preßpolizei; Sicherheits-, Ordnungs-und Sittenpolizei; Gast-und Schenkwirtschaften; Glücksspiele usw.; Gesundheitspolizei; Veterinärpolizei; Bau-und Wohnungspolizei; Feuerpolizei; Feld-, Forst-und Jagdpolizei; Wasser-und Fischereipolizei; Wege-und Straßenpolizei; Gewerbepolizei; Verschiedenes und Erste Hilfe, im wesentlichen also Bereiche, die nach damaliger Begrifflichkeit zur Polizei als die „auf dem Gebiete der inneren Verwaltung mit Zwangsmitteln arbeitende Tätigkeit“ (Hue de Grais 1930, S. 387) gehören und für die der Polizeivollzugsdienst die Exekutive darstellt.

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  11. In diesem Zusammenhang ist das Institut des Polizei-Bezirkskommissars im niederrheinisch-westfälischen Industriegebiet zu erwähnen, der dem Regierungspräsidenten unmittelbar unterstellt ist, die Ortspolizei überwachen, die Strafverfolgung koordinieren und der Staatsanwaltschaft als Hilfsbeamter dienen soll (Dienstanweisung des Innenministers vom 18.5.1901 — STADt M 2 Büren 912), den man als Vorläufer der Vereinheitlichung der Polizei ansehen kann, die nach 1918 stattgefunden hat. Im Bezirk Minden hat dieses Institut aber offenbar keine Rolle gespielt.

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  12. Der Regierungspräsident eröffnet am 30.12.1881 den Landräten, „daß in den Fällen, in welchen die käufliche Beziehung von Waffen und Munition aus älteren Beständen der Militär-Verwaltung zur Bewaffnung von Gefängniß-Aufsehern, Polizeibeamten, Nachtwächtern, Feldhütern, Flurschützen, Amtsboten, Gemeindedienern und sonstigen Schutzbeamten gewünscht werden sollte, die betreffenden Behörden sich dieserhalb an die dritte ArtillerieDepot-Inspektion zu Coeln zu wenden haben“. STADt M 2 Büren 912.

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  13. So klagte am 7.12.1882 der Staatsanwalt in Paderborn dem Regierungspräsidenten, er habe einen Polizeidiener im Amt Brakel aufgefordert, eine Vernehmung durchzuführen, der Beamte habe das aber nicht getan und nur festgestellt, ein Resultat sei nicht zu erwarten. Er, der Staatsanwalt, müsse darauf bestehen, daß seine Weisungen unverzüglich und ohne eigene Überlegungen des Ausführenden ausgeführt würden. STADt M 2 Höxter 1641.

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  14. Für sie nur 2 Beispiele, nämlich die Instruktion für den Waffengebrauch der Polizeibeamten (nur zur Notwehr im Dienst, zur Brechung von Widerstand und wenn der Beamte anders „den ihm anvertrauten Posten nicht behaupten oder ihm anvertraute Personen nicht zu schützen vermag“) und ein Rundschreiben des Innenministers vom 9.4.1913, der ersucht, „die Beamten der staatlichen wie der kommunalen Polizeiverwaltungen darauf hinzuweisen, daß es unter allen Umständen unzulässig ist, wenn sie selbst oder durch Dritte, sei es gegen Entgelt oder ohne Entgelt, Personen zur Begehung strafbarer Handlungen zu veranlassen suchen, um dadurch einen bestehenden Verdacht bestätigt zu erhalten. Beamte, die hiergegen verstoßen, sind stets zur Verantwortung zu ziehen und gegebenenfalls streng zu bestrafen.” Beides im Akt STADt M 2 Büren 912.

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  15. Ich entnehme das einem Bürener Aktenvermerk, demzufolge einem Gendarmen diese Genehmigung zur besseren Bekämpfung des Jagdfrevels von der Militärbehörde erteilt und ihm dafür vom Landratsamt (unter der Nr. 11.228) 1904 eine Ausweiskarte ausgestellt worden ist. STADt M 2 Büren 907.

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  16. Um die Dienstpferde gab es nach Kriegsbeginn eine lebhafte Auseinandersetzung, in der sich das Innenministerium nach Anhörung der Gendarmeriebrigaden auf den Standpunkt stellte, daß in einer großen Zahl auf die Pferde verzichtet werden könne. Ersatzweise sollte man Fahrräder beschaffen. Da die Pferde sich im Eigentum der Gendarmen befanden, mußten entsprechende Entschädigungsregeln folgen. Vgl. STADt M 2 Büren 907.

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  17. Daß dem Gendarmen in Salzkotten 1905 die Amts-, Kreis-und Fahndungsblätter verbrannt sind, wird ihm angekreidet. In seiner Rechtfertigung heißt es, die Blätter seien in einer verschlossenen Kiste in einem Nebenraum gewesen. „Als ich meine Dienst-und Privatsachen gerettet hatte und auch in diesen Raum eindringen wollte, stand Alles in Flammen.“ Man beachte die Reihenfolge. STADt M 2 Büren 907.

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  18. Dem Bericht des Landrats von Büren an den Regierungspräsidenten vom 27.8.1900 ist zu entnehmen, daß solche Abkommandierungen von der Behörde ungern gesehen werden: In Atteln habe es Ausschreitungen gegen Soldaten gegeben, die sich wiederholen könnten, da der Gendarm zur Herbstübung eingezogen sei. Ob man nicht andere abkommandieren könne? STADt M 1 I P 128 Blatt 194.

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  19. Als Beispiel nenne ich den Bericht des Amtmannes von Lichtenau vom 23.9.1905 an den Landrat in Büren wegen eines Zusammenstoßes zwischen dem Gendarmen und Zigeunern, bei dem ersterer verwundet wurde (ebenda 907). Dieser und andere Fälle belegen, daß sich der Gendarm, sobald es schwieriger wurde, an den nächstzuständigen zivilen Vorgesetzten zu wenden und im Zweifel dessen Anweisungen Folge zu leisten hatte.

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  20. Bitter 1928 II, S. 293: „Der Ausdruck des § 10 II 17 ALR ‘ist das Amt der Polizei’ besagt, daß die P. in denjenigen Gefahrfällen, die in ihr Aufgabengebiet fallen, das Recht hat, die nötigen Anstalten zu treffen — das Recht, aber nicht ohne weiteres die Pflicht. Es gilt für die Handhabung der R. das Opportunitätsprinzip, nicht das Legalitätsprinzip, wie es für die Verfolgung strafbarer Handlungen früher unbeschränkt galt, nach dem neuen § 153 StPO aber für Übertretungen aufgehoben und auch für geringere Vergehen gemildert ist. Die R. soll danach nur dann und nur insoweit einschreiten, als das öffentliche Interesse es erfordert; auch soll sie vorher abwägen, ob durch ihr Eingreifen das Gleichgewicht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht etwa in höherem Maße gestört werden würde als durch stillschweigendes Gewährenlassen.“

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  21. Ich verweise auf das Gesetz über die Polizeiverwaltung vom 11.3.1850 und auf die Bestimmungen des Innenministeriums über die Verordnungen und Bekanntmachungen der Königl. Regierungen vom 6.6.1850, auf die VO der Regierung in Minden vom 10.7.1850, die erschöpfend klärt, was zu tun ist, damit eine Polizeiverordnung verbindlich gilt, und auf die Polizei-Verordnung (der Regierung in Minden) betreffend den Erlaß und die Verkündigung ortspolizeilicher Vorschriften vom 7.11.1860, welche die VO von 1850 aufhebt. Die Texte im Amtsblatt der Regierung (STADT) 1850 Nr. 28 und 1860 Nr. 50. — Mit den Vorschriften gab es anfänglich noch Schwierigkeiten. Noch 1898 meldete ein Fußgendarm, daß ein von ihm Angezeigter vom Gericht freigesprochen worden sei, weil die Polizeiverordnung (über den Gebrauch beweglicher Dampfkessel) keine Unterschrift gehabt hätte, und dies obwohl schon zum Ende der 80er Jahre geklärt worden war, daß die Gerichte auf die jedesmalige Prüfung der Rechtmäßigkeit von Lokalpolizeiverordnungen unter der Maßgabe verzichten wollten, daß von jeder dieser Verordnungen sofort nach deren Publikation eine beglaubigte Abschrift den Gerichten zugesandt würde. Vgl. STADT M 1 I P 123 Blatt 175f. und M 2 Halle — Amt Versmold 1172.

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  22. In Versmold erging 1882 folgende Polizeiverordnung: „Das unbefugte Fahren, Reiten, Viehtreiben und Schiebkarren über den Schulspielplatz ist bei Strafe verboten.“ In den Akten findet sich der Vermerk über den Aushang und die Bestätigung des Ausrufers, daß er die Verordnung mit Schellenruf verkündet habe. STADt M 2 Halle — Amt Versmold 1172.

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  23. etwa zeigt man sich im Ministerium darüber besorgt, daß manche Zündhölzer sich schon bei niedriger Temperatur selbst entzünden. Die Ortspolizeibehörden sollen berichten. STADt M 2 Halle — Amt Versmold 1172.

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  24. Daß es auch zu einem fortschrittlichen Verhalten von Bürgern kommen kann, das auf den Widerstand des Gemeinderates stößt, beweisen Vorgänge im Amt Beverungen. In Drenke wollten Grundbesitzer 1894 eine eigene Wasserleitung bauen, erhielten dazu aber nicht die Genehmigung der Gemeinde. Der Vorgang — STADt M 2 Höxter 1689 — ist auch wegen der anschaulichen Schilderung der örtlichen Wasserversorgung interessant.

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  25. So das Ortsstatut betr. Straßenreinigung innerhalb der Stadt Versmold vom 7.3.1903. STADt M 2 Halle — Amt Versmold 1372. Regelung des Straßenverkehrs. Für sie ist der Bürgermeister zuständig, der schon an der neuen Verordnung arbeitet. Sie muß aber erst einen langen Lauf durch die Instanzen nehmen. Dabei macht die Regierung, die sich vorher über den Landrat wegen des Aufwandes an Worten um eine so geringfügige Sache mokiert hat, keine gute Figur, weil sie viele Änderungen verlangt und nach deren Vornahme eine weitere Änderung nachschiebt. Auf einem Umweg ist so Büren zu einer neuen Straßenpolizeiverordnung gekommen, um deren Veröffentlichung es dann noch einmal Streit gegeben hat — der Beschwerde hat man offenbar weder stattgegeben noch sie zurückgewiesen (STADt M 1 I P 123 Blätter 108–146 und 163 ).

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  26. Die Velozipede tauchen in den 80er Jahren in den Akten auf, führen in Lippe zu einer eigenen Verordnung, die den benachbarten preußischen Kreisen als Anregung dient und bewegen 1887 das preußische Innenministerium zu der Feststellung, daß kein genereller Regelungsbedarf bestehe. Regional könne man anders entscheiden. Dies tat später der Oberpräsident mit seiner Polizei-Verordnung betreffend das Fahren mit Fahrrädern vom 19.12.1893 (die Bezeichnung des Geräts hatte sich also inzwischen geändert). Im übrigen galt auch für die Fahrräder der weit auslegbare § 366 des Strafgesetzbuches: „Wer in Städten übermäßig schnell fährt und reitet, wird mit Geldstrafe bis zu 20 Mark bestraft.“ Vgl. dazu STADt M 2 Halle — Amt Versmold 1190. Das Auto kommt in den Akten etwas später vor. 1906 schreibt der Minister für öffentliche Arbeiten aber schon an die Regierungspräsidenten, der Kaiserliche Automobil-Klub habe Klage darüber geführt, daß Autofahrer häufig mit Steinen beworfen worden seien. „So sehr es die Aufgabe der Polizeibehörde ist, gegen die Ausschreitungen zügelloser Automobilfahrer vorzugehen, so dürfen sie sich andererseits auch nicht der Pflicht entziehen, den Automobilfahrern gegen Angriffe und Tätlichkeiten Schutz zu gewähren” (ebenda 1192 ).

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  27. Ein solches Führungszeugnis hatte 1898 z.B. den Wortlaut, X., der seinen Wohnort verlegen will, werde „hierdurch der Wahrheit gemäß bescheinigt, daß er sich bis jetzt tadellos betragen haben, der Gemeinde nicht zur Last gefallen und auch wohl im Stande sei, für sich und die Seinigen den nöthigen Unterhalt zu erwerben.“ Unterschrieben hat in diesem Falle der Bürgermeister von Borgholzhausen. STADt M 2 Halle — Amt Versmold Nr. 13.

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  28. Vgl. Rundschreiben des Staatsanwaltes in Paderborn an die Polizeibehörden vom 1.10.1901 darüber, was dabei zu beachten sei. STADt M 2 Warburg 478.

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  29. PVO des Landrats von Höxter vom 22.12.1893 mit dem Vorspruch: „In Ausführung des § 34 des Feld-und Forstpolizeigesetzes vom 1. April 1880 in Verbindung mit § 6 und 15 des Gesetzes über die Polizei-Verwaltung vom 11. März 1850 sowie des § 142 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883, wird unter Zustimmung des Kreisausschusses für den Umfang des Kreises Höxter folgende Polizei-Verordnung erlassen“: Aufgrund der Verordnung konnten dann Ortspolizeibehörden anordnen, daß, wann und wie die Grundbesitzer zur Mäusevertilgung schreiten sollten. 1934 griff man auf eine VO der Regierung gleichen Inhalts von 1930 zurück und ordnete hinsichtlich des ‘wie’ an: „Zur Vertilgung eignen sich neben dem Räucherverfahren und dem Typhusbazillus-Verfahren’Rastiri besonders Giftkörner, unter denen neuerdings besonders Phosporweizen empfohlen wird.” Dieser sei am billigsten und könne mittels kleiner Löffel ausgelegt werden. STADt M 2 Höxter 2798.

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  30. Vgl. den Bericht des Landrats von Paderborn an den Regierungspräsidenten vom 30.7. 1871 ‘einen konfessionellen Exceß betreffend’ — STADt M 1 I Pr 14. Diese Art der (politischen) Polizei tritt in den Akten einerseits in Zusammenhang mit dem Kulturkampf und andererseits im Blick auf die Sozialdemokratie zutage. Die Mindener Akten sind aber in beiderlei Hinsicht nicht besonders ergiebig. Für Bielefeld verweise ich auf K. Ditt 1982.

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  31. Solche Streitigkeiten sind zahlreich. Ein Beispiel: Am 2.6.1892 schreibt der Pfarrer von Bruch-hausen an den Landrat in Höxter, er müsse sich leider noch einmal an ihn „betr. Aufhäufung und Liegenlassen von reinem Schweinedünger seitens des C.S. in unmittelbarer Nähe meines Gartens und Wohnhauses“ wenden. Der Pfarrer ist gesetzeskundig, verweist auf die einschlägige Polizeiverordnung und empfiehlt, auch den Kreisphysikus heranzuziehen. Der Landrat weist den Amtmann entsprechend an. Das Ergebnis ist eine Verfügung gegen den C.S., der „gesundheitsschädliche Ausdünstungen” herbeigeführt habe und dem das untersagt wird. Da der Pfarrer offenbar mehrmals schreiben mußte, darf man annehmen, daß der Amtmann nur ungern einschritt. STADt M 2 Höxter 1639.

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  32. In Jeserich III umfassender zum Thema: K. v. d. Groeben Die Erfüllung von allgemeinen und besonderen polizeilichen Aufgaben. S. 435ff.

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  33. Vgl. dazu und allgemein K. v. d. Groeben a.a.O. und R. Dessen Polizei im Revier. Modernisierung und Herrschaftspraxis im westfälischen Ruhrgebiet 1848–1914.1991.

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  34. G. Vobruba,Arbeiten und essen: Die Logik im Wandel des Verhältnisses von gesellschaftlicher Arbeit und existenzieller Sicherung im Kapitalismus, in: S. Leibfried/F. Tennstedt (Hrsg.), Politik der Armut und die Spaltung des Sozialstaats. 1985, S. 41ff.

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  35. Vgl. H. Lampert,Sozialpolitik. 1990.

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  36. A. Emminghaus (Hrsg.), Das Armenwesen und die Armengesetzgebung in europäischen Staaten. 1870.

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  37. B. Möllers (Hrsg.), Gesundheitswesen und Wohlfahrtspflege im Deutschen Reiche. 2. Aufl. 1930.

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  38. Das Preußische Gesetz betreffend die Ausführung des Bundesgesetzes über den Unterstützungswohnsitz, vom B. März 1871 § 1. In der Ministerial-Instruction zum Gesetze… vom 10.4.1871 heißt es zu Absatz 1: „Es ist, wie schon in den Motiven zur Regierungsvorlage bemerkt ist, darauf verzichtet worden, in Bezug auf das Maß der einem Hülfsbedürftigen zu gewährenden Unterstützung specielle Vorschriften instruirenden Inhalts, wie sie hier und da in Armenordnungen enthalten sind, zu geben. Eine derartige Specialisierung ruft bei einem Gegenstande, wie der vorliegende, in der Regel mehr Zweifel ins Leben, als sie zu lösen geeignet sein kann. Auch das Wort ‘Obdach’ war in der Regierungsvorlage nicht enthalten, weil das zu gewährende Obdach als unter dem ’unentbehrlichen Lebensunterhalt’ ohne Weiteres mitbegriffen betrachtet wurde.“ Eine Sammlung dieser Dokumente findet sich bei C. Rocholl, System des deutschen Armenpflegerechts. 1873; in seinen Rückblicken bringt viele Details Brauchitsch IV; hier zit. nach A. Ebert, Die Heimaths-, Armen-und Gemeindegesetzgebung nebst Ausführungs-Vorschriften in der Provinz Hannover. Für den praktischen Gebrauch der Staats-und Gemeindebehörden bearbeitet… von. 1871.

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  39. So gab es z.B. in Nieheim einen Studienfonds, den ein Stifter 1615 mit Kapital ausgestattet hatte und aus dem durch Bürgermeister und Rat ausgewählt noch 1899 einem Mitglied der Familie und zwei armen Bürgersöhnen der Besuch des Gymnasiums ermöglicht wurde. Um den Studienfonds gab es gelegentlich Ärger mit der Stiftungsaufsicht, die in diesem Falle der Generalvikar in Paderborn neben Landratsamt und Regierung beanspruchte. STADt M 2 Höxter 235.

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  40. wurde darüber frohgemut berichtet von K. v. Behr-Pinnow/E. Dietrich/A. Kayserling (Hrsg.), Soziale Kultur und Volkswohlfahrt während der ersten 25 Regierungsjahre Kaiser Wilhlem II.

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  41. In Preußen gab es unmittelbar nach 1871 55 Landarmenverände, nämlich 10 Provinzen, 3 Regierungsbezirke, 3 Städte (Berlin, Breslau, Königsberg), 38 Kreise und das Herzogtum Lauenburg. Vgl. C. Rocholl a.a.O. S. 292ff.

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  42. Sie sollte aus je 2 Mitgliedern des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung und einem Ortseinwohner bestehen, unter dem Vorsitz des Bürgermeisters arbeiten und mit 3 anwesenden Mitgliedern beschlußfähig sein. STADt M 2 Höxter 285.

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  43. und in den Folgejahren bescheinigte der Kirchspielsarmenkassenvorstand, daß die Kapitalien richtig verzeichnet und die entsprechenden Dokumente in „einem verschlossenen Pulte auf dem Amtsbüro“ aufbewahrt seien. 1895 mußte sich der Vorstand damit beschäftigen, daß eine landrätliche Revision das Fehlen eines wichtigen Dokuments ergeben hatte. „Unseres Erachtens kann uns eine Schuld an dem Verluste des in Sachen Q. verloren gegangenen Dokuments nicht beigemessen werden. Der Etat… von 1890/93 in welchem wir zwar die Bescheinigung vollzogen haben, daß die Dokumente in einem verschlossenen Pulte auf dem Amte Brackwede aufbewahrt würden, ist uns s. Zt. vom Herrn Amtmann Zittlow zum Mitvollzuge vorgelegt worden und mußten wir annehmen, daß die Dokumente noch vorhanden seien, zumal der Herr Amtmann dieselben stets aufbewahrt hat.” Man möge jetzt den Fehlbetrag auf die Kasse übernehmen und evtl. die Gemeinden bitten, ihrerseits beizusteuern. STADt M 2 Bielefeld 711.

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  44. Etat der Kirchspiels-Armenkassen-Brackwede pro 1884/85, 1885/86 und 1886/87. STADt ebenda.

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  45. Vorblatt: „Etat für die Gemeinde-Armenkasse Brackwede pro 1887/88,1888/89 und 1889/90 1. aufgestellt: Brackwede, den 1. März 1887 2. Daß dieser Etat 14 Tage zur Einsicht der Gemeindemitglieder auf dem Amte offen gelegen und durch Beschluß der Gemeinde-Versammlung vom 18ten April 1887 in Einnahme und Ausgabe balancierend auf den Betrag von 6020 Mark festgesetzt worden ist, bescheinigen…. der Amtmann und der Gemeindevorsteher.

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  46. Vgl. F. Frhr. v. Reitzenstein (Hrsg.), Die ländliche Armenpflege und ihre Reform. Verhandlungen des Dt. Vereins für Armenpflege und Wohltätigkeit… (Freiburg) 1887, S. 6 und 98.

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  47. Vgl. dazu besonders Herford 3, S. 74ff. und S. 79ff., wo das Thema Armut in Zusammenhang mit den gezahlten Steuern erörtert wird.

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  48. Ich beziehe mich hier auf ein Manuskript von G. André,Die Entwicklung der Aufgaben und der Organisation der öffentlichen Armenfürsorge zwischen 1870 und 1945. (Konstanz) 1991, das in Zusammenhang mit unseren Detmold-Untersuchungen entstanden ist und eine größere Arbeit über Entwicklungen in der Sozialverwaltung vorbereitet. Im übrigen verweise ich auf Sachße/Tennstedt 21988 und auf die Dokumentation von V. Böhmert,Das Armenwesen in 77 deutschen Städten und einigen Landarmenverbänden. 1886.

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  49. Das schiebt humane Vorstellungen nicht ganz beiseite. § 7: „Die städtische Armenpflege verfolgt in ihrer Fürsorge für die Hilfsbedürftigen hiesiger Gemeinde im Allgemeinen den Zweck, dieselben nicht nur gegen die äußerste Noth zu schützen, sondern ebensowohl mit nachhaltiger Unterstützung und durch Belebung ihres sittlichen und wirtschaftlichen Sinns ihre Lage dauernd zu verbessern“ (zit. nach Bielefeld 4/2 1988, S. 148). Vom Elberfelder System wich man 1855 insofern ab, als es neben den in den Distrikten arbeitenden Kommissionen einen hauptamtlichen Armenprovisor gab. Erst 1887 gründete man die gemischte Deputation unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters.

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  50. Hier treffen zwei Themen aufeinander: der ‘soziale Aufbruch’ der Frauen und die Nachfrage nach einem neuen Mitarbeitertypus in der Fürsorge, der menschliche Zuwendung und Professionalität miteinander verbindet. Aus der zeitgenössischen Literatur dazu nenne ich G. Bäumer,Die Frau und das geistige Leben. 1911, und A. Salomon,Zwanzig Jahre soziale Hilfsarbeit. 1913; aus der umfangreichen gegenwärtigen Literatur sei C. Sachße,Mütterlichkeit als Beruf. Sozialarbeit, Sozialreform und Frauenbewegung 1871–1929.1886 erwähnt.

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  51. So C. Sachße a.a.O. S. 151, und R. Landwehr/R. Baron ( Hrsg. ), Geschichte der Sozialarbeit. 1983, S. 73.

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  52. Vgl. ‘Instruction über die Veranlagung der durch das Gesetz vom asten Mai 1851 angeordneten Klassensteuer’ des Finanzministers vom 8.5.1851, abgedruckt in der Beilage zum 21. Stück des Amtsblattes der Kgl. Regierung zu Minden pro 1851. Die Instruktion umfaßt in der Hauptsache 8 Seiten, dann folgen die erforderlichen Formulare und die besondere Instruktion für den Vorsitzenden der Einschätzungskommission. Insgesamt ist die Veranlagung nach dem Gesetz auf 35 Seiten geregelt.

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  53. unterlagen in Bielefeld 618 Personen der Einkommensteuer (- 5,1% der Steuerpflichtigen), in Herford 173 (- 1,8%). in Minden 669 (- 4,9%) und in Paderborn 447 (- 4%). Vgl. Herford 3, S. 80; S. 81 werden alle Einkommensteuerpflichtigen Herfords für 1852 aufgelistet.

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  54. Dieses Gesetz mit seinen 85 Paragraphen befindet sich terminologisch schon in deutlicher Nähe zu den Vorschriften, die nach 1919 die Reichs-und später die Bundesgesetzgebung formuliert haben. Dabei waren 1891 noch der materielle Gehalt und das Verfahren in einem Gesetz geregelt, während später neben das EStG die Abgabenordnung trat.

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  55. Das Gesetz — vom 14.7.1893 Ges.-S. S. 134 — erforderte umfangreiche Bewertungsarbeiten, die vorwiegend die örtlichen Behörden belasteten. Der Gesetzestext und Unterlagen über solche Konsequenzen z.B. in STADt M 2 Halle — Amt Versmold 1194.

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  56. Sie erweiterte den Bereich der Werbungskosten und die soziale Komponente und es, grundlegende Einkommensänderungen schon im laufenden Jahr zu berücksichtigen. Vgl. Metzger/Weingarten 1989, S. 33. Zu den administrativen Konsequenzen des Gesetzes finden sich die Unterlagen in STADt M 1 St 57; sie können immer noch — im Vergleich mit den Einkommensteuerrichtlinien der Zeit nach 1950 — als relativ wenig umfangreich bezeichnet werden. Das nächste Änderungsgesetz folgte allerdings schon 1909, nachdem 1907 der Steuersatz deutlich angehoben worden war, und brachte eine weitere Verstärkung der sozialen Komponente. Zur letzten Änderung des Einkommensteuergesetzes vor Kriegsende kam es 1916. Das entspricht noch nicht dem heutigen Änderungstempo, immerhin verweist es auf spätere Entwicklungen.

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  57. Vgl. den Bericht des Vorsitzenden der Veranlagungskommission für den Stadtkreis Bielefeld vom 22.9.1906 in STADt M 1 I St 57 und ebenda den Erlaß des Finanzministers vom 5.7.1907, der einige Erleichterungen bringt.

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  58. Vgl. dazu Metzger/Weingarten 1989, S. 90ff. und den grundlegenden Aufsatz von P.C. Witt,Der preußische Landrat als Steuerbeamter 1891–1918. Bemerkungen zur politischen und sozialen Funktion des deutschen Beamtentums, in: J. Geiss/B.J. Wendt (Hrsg.), Deutschland in der Weltpolitik des 19. und 20. Jahrhunderts. 1973, S. 205ff. Der zeitgenössische Hauptwortführer der Kritik war Hans Delbrück; sein schärfster Aufsatz ist unter dem Titel ‘Volksvermögen und Steuerdeklaration’ in den Preußischen Jahrbüchern 1909, S. 166ff. erschienen.

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  59. Vgl. H. Leidet,Die Begründung der Reichsfinanzverwaltung. Schriftenreihe des Bundesministers der Finanzen Heft 1. 1964, hier S. 68.

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  60. Das Zitat aus P.C. Witt a.a.O. S. 210; auf S. 211 der Hinweis auf den Bericht. In ihm schreibt der Finanzminister, die langjährige Beobachtung der Veranlagungspraxis der Landräte habe eine elementare Unkenntnis des Einkommensteuergesetzes und seiner Ausführungsanweisungen ergeben, die zu nicht unerheblichen Verlusten für die Staatskasse geführt hätte. Häufig habe sich das Desinteresse der Landräte bis zur Untätigkeit gesteigert. Deshalb sei die Einführung hauptamtlicher Steuerkommissare erwägenswert.

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  61. K Ball,Organisationsprobleme der Finanzverwaltung, in: Vierteljahresschrift für Steuer-und Finanzrecht 1927, S. 523ff., hier S. 544f.

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  62. Weitere Nachweisungen für die Zeit vor 1870 z.B. STADt M 1 I St 17 und 20.

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  63. Unterlagen über deren Verwaltung und Revision finden sich z.B. in STADt M 1 I St 6 und 7. Aus ihnen ergeben sich Hinweise auf verwaltungstechnische Schwierigkeiten. So wird z.B. in einem längeren Bericht der Steuerkasse in Levern vom 25. Oktober 1877 über einige Formulare geklagt und angeregt, die Regierungsbeamten sollten sich doch mit Steuer-Empfängern zusammensetzen, um bessere Formulare zu entwickeln, wird über den Steuereinzug außerhalb des Kassenlokals gestöhnt und vor allem festgestellt, daß eine längere Abwesenheit gar nicht vertretbar, vielmehr Anwesenheit gefordert sei — u.a. „um die täglich mehrere Male ankommenden Verfügungen und Requisitionen zu erledigen” und das Publikum abzufertigen —, und wird verdeutlicht, was alles an Kassenarbeiten anfällt, gleichgültig ob es sich um den regelmäßigen Steuereinzug oder um den Einzug der vielen einmaligen Zahlungen handelt. Die für den Steuerpflichtigen gültigen Modalitäten des Steuereinzugs finden sich gedruckt in dem ‘Steuerzettel für das Etats-Jahr 1877/78. Steuerempfangs-Bezirk Steinheim’, aus dem sich die Steuerverpflichtungen und -termine und die Bürozeiten der Kasse selbst und in den einzelnen Hebeorten ergeben. Nach einem Erlaß von 1892 (STADt M 2 Halle — Amt Versmold 754) beginnt mit der Ausstellung des Steuerzettels die Steuererhebung, die mit der Steuerveranlagung nichts zu tun hat, weshalb im Zweifel die örtlichen Behörden auch nicht mehr zuständig sind. — Für die Steuerkassen gab es Kuratoren — meist Bürgermeister und Amtmänner —, die auch Revisionen durchzuführen hatten.

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  64. Hier gab es auch die Bescheinigungen über einige der Tatbestände, die ggf. steuermindernd berücksichtigt werden konnten — z.B. Schulden. Vgl. ein entsprechendes Verzeichnis des Amtes Versmold für 1878 mit 5 Schuldnern in STADt M 2 Halle — Amt Versmold 862.

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  65. Schon 1842 mußte nach einem ‘Straf-Resolut’ des Bürgermeisters von Versmold der Colon Oetker zu Loxten 4 Taler Strafe zahlen, weil er den Zimmergesellen Gößling, der klassensteuerpflichtig war, nicht angemeldet hatte. STADt M 2 Halle — Amt Versmold 780. Ebenda 838 die Akte ’Hinterziehung der Klassensteuer 1848–1857’.

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  66. Die Revisionen fanden primär nach Aktenlage statt: Die unterste Verwaltungseinheit, also das Amt, führte die Steuerlisten und trug in sie das Votum der Voreinschätzungskommission ein; der Landrat mit seiner Kommission entschied; die Unterlagen gingen an die Regierung zur endgültigen Entscheidung. Sie wurden dort aber auch mit Prüfungsfragen versehen, die sich erst auf das nächste Steuerjahr auswirken konnten. Diese hatte dann wieder der Amtmann zu beantworten, der Landrat nahm Stellung und in der Regierung erklärte man sich entweder für befriedigt oder stellte neue Rückfragen. Als Beispiele für dieses Hin und Her nenne ich die ‘Beantwortung der Notaten der Königlichen Regierung über die Klassensteuer-Rollen des Amts Petershagen pro 1865’ und eine weitere Beantwortung eines Amtes sowie die ’Nachweisung der von der Klassensteuer-Einschätzungs-Kommission pro 1865 vorgeschlagenen Steuer-Veränderungen pro 1865’ im Amt Windheim und die Gesamtnachweisung des Kreises Minden ebenfalls für 1865 — alles in STADt M 1 I St 262. Die Revisionsprotokolle sind sehr detailliert, auch wenn man die einzelnen Tatbestände griffig erfaßt, weil im Prinzip alle Steuerpflichtigen einzeln gewürdigt werden. Tendenziell entscheidet dabei die Regierung härter als Kommission und gutachtender Amtmann und Landrat.

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  67. hatte die Regierung offenbar moniert, daß man örtlich zu bereitwillig die regelmäßig unterstützten Armen gar nicht in die Klassensteuerlisten aufnahm. Dazu der Landrat von Höxter zu Beginn eines 5-seitigen Schreibens: „Wenn in der seitwärts bezeichneten verehrlichen Verfügung die Vermuthung als begründet hingestellt wird, daß die Bestimmung des Gesetzes vom 1. Mai 1851 § 5 bei der jüngsten Klassensteuer-Veranlagung nicht überall beachtet worden sei: so befinde ich mich in der Lage, gehorsamst bemerken zu müssen, daß ich diese Vermuthung, insofern dieselbe auch bezüglich des Kreises Höxter ausgesprochen sein möchte, nicht für begründet erachte und zwar um so weniger als mir einestheils die Klassensteuer-Veranlagungs-Beamten nur als durchaus zuverlässige Beamte bekannt sind, von denen eine absichtliche oder auch nur leichtfertige Umgehung jener gesetzlichen Bestimmung nicht“ zu erwarten ist usw. In der Sache moniert der Landrat, daß die Gemeinden zu arm seien, um allen Armen, die dessen bedürften, die ihnen an sich zu gewährende Unterstützung auch zu geben; in den Steuerlisten seien deshalb eher zu viel Personen aufgenommen als zu wenig. Man habe nur 777 Unterstützte von insgesamt 29.694 Personen nicht berücksichtigt, „welches Verhältniß in Anbetracht aller einschlägigen Umstände als ein auffälliges nicht angesehen werden kann”. Der Landrat von Halle wollte die Beanstandung dagegen für seinen Kreis als „grundlos nicht zurückweisen, wenngleich sich doch herausstellt, daß wenn im ganzen Regierungs-Bezirke durchschnittlich die 16. Person von der Klassensteuer als arm befreit blieb, hier nur eine solche Befreiung für die 25. Person eintritt. Der hiesige Kreis kann deshalb nicht sehr zu dem sich herausgestellten Mißverhältniß beigetragen haben.“ Der Landrat von Bielefeld meinte, „bei strenger Durchführung der eingeschärften gesetzlichen Bestimmungen” kämen auch nicht viel mehr Arme auf die Liste und beweist das mit einer Aufstellung, aus der sich ergibt, wie hoch der Prozentsatz der Personen ist, die wegen Armut bei der Klassensteuer nicht berücksichtigt werden. Dabei führt der Stadtbezirk Bielefeld mit 12,27 Prozent, gefolgt vom Amt Brackwede mit 12,26 Prozent, wobei hier Senne II mit 23 Prozent an der Armutsspitze liegt. Die Ämter Dornberg und Heepen weisen etwas weniger, das Amt Schildesche weist etwas mehr als 5 Prozent aus. (STADt M 1 I St 55).

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  68. Den eben zitierten Akten liegt ein Auszug aus dem Gemeinnützigen Wochenblatt für den Kreis Wiedenbrück vom 27.2. 1847 bei, in dem unter ‘Curiosum’ gemeldet wird: „An allen Orten, wo Klassensteuer erhoben wird, werden sämtliche Bewohner in der Steuerrolle aufgeführt; selbst Prediger, Lehrer, Hebammen, Invaliden, Gendarmen, u.s.w., welche nach den gesetzlichen Bestimmungen steuerfrei sind, nicht ausgenommen. — Hier in Gütersloh scheint aber eine andere Norm zu obwalten. Den Polizei-Commissair Sp…g, welcher hier schon seit zwei Jahren als solcher fungiert und ein erkleckliches Gehalt bezieht und gesetzlich nicht steuerfrei sein soll, hat man nämlich weder als steuerpflichtg noch steuerfrei darin aufgenommen. Wer möchte nicht gleiches Loos mit ihm theilen!!!?“

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  69. So kam der Herzog von Ratibor 1890 mit seiner Klage gegen 9 Gemeinden des Amtes Höxter, die ihn zur Gemeindesteuer herangezogen hatten, nicht durch. Der Kreisausschuß verminderte nur die Steuerschuld etwas, wies aber das Begehren auf gänzliche Befreiung von der Gemeindeeinkommensteuer zurück und gab auch bei der Kostenfestsetzung zu erkennen

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  70. STADt M 1 I 70, wo es im Erlaß vom 7.4.1880 weiter heißt: „Dennoch müssen diejenigen Schulden, deren wirkliches Bestehen nach dem von den Veranlagungsbehörden und Einschätzungs-Commissionen aus den Erörterungen in den Reklamationsfällen, aus den ihnen obliegenden Erkundigungen, aus der Notorität der Verhältnisse der Steuerpflichtigen u.s.w. gesammelten Material keinen Zweifel unterliegt, bei der Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens… in Abzug kommen.“

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  71. Dafür gibt es ein Formular, das den Namen und den neuen Wohnsitz des Steuerpflichtigen und sein jährliches Steuersoll nennt und auf dem der Vorsitzende der Steuer-Einschätzungskommission am neuen Wohnsitz den Zugang bestätigt. Vgl. STADt M 1 I St 260 mit einem Einzelbeleg und den Einkommensteuer-Abgangs-und Zugangslisten für Steuer-Empfangsbezirke im Kreis Höxter 1887/88, aus denen wir entnehmen können, daß jeder Einzelfall der Regierung gemeldet wird. Außerdem finden sich hier ‘Hebelisten’ mit dem genauen Eintrag der einzelnen zur klassifizierten Einkommensteuer Veranlagten und dem jeweiligen Steuersoll — die wichtigste Quelle für die Ermittlung der finanziellen Oberschicht, die man im Regierungsbezirk für die Mehrzahl der Steuererhebungsbezirke in den Kreisen erschließen kann.

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  72. Einkommensteuer-Gesetz vom 24.6.1891 (G.-S. 5. 175) § 24: „Jeder bereits mit einem Einkommen von mehr als 3000 Mark zur Einkommensteuer veranlagte Steuerpflichtige ist auf die jährlich durch öffentliche Bekanntmachung ergehende Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Letztere ist innerhalb der, auf mindestens 14 Tage zu bemessenden Frist, nach den vom Finanzminister vorgeschriebenen, kostenlos zu verabfolgenden Formularen, bei dem Vorsitzenden der Veranlagungscommission (§ 34) schriftlich oder zu Protokoll unter der Versicherung abzugeben, daß die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht sind….“ Den Text einer solchen öffentlichen Aufforderung findet man in STADt M 2 Halle — Amt Versmold 1327 und 1328.

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  73. Neben dem Finanzminister wird die Regierung in Minden entsprechend tätig; am 23.9.1899 schreibt z.B. der Vorsitzende der Einkommensteuer-Berufungs-Kommission wegen des Einkommens aus Holzungen und beruft sich dabei auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichtes. STADt M 2 Halle — Amt Versmold 1327. Weitere Beispiele ebenda 1328, u.a. ein Schreiben des Vorsitzenden der Veranlagungskommission des Kreises Halle von 1894, aus dem hervorgeht, daß sich die Gemeinden und die Voreinschätzungskommissionen mit der genaueren Bestimmung von Mieteinnahmen schwer tun und deshalb gern die Bruttoerträge einsetzen, obgleich doch nur die Nettoerträge zu steuerpflichtigen Einkommen beitragen. Auch die Kapitalzinsen und die -tilgung bereiten Probleme.

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  74. Vgl. dazu Metzger/Weingarten 1989, S. 31f. und Unterlagen in STADt M 2 Halle — Amt Versmold 1283. Durchschnittlich kann man vom Jahrhundertbeginn an mit etwa 10% Einsprüchen usw. rechnen. 1896 ordnete der Finanzminister an, daß alle Berufungen bis zum Oktober des kommenden Jahres erledigt sein sollten.

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Ellwein, T. (1993). Strukturmerkmale der Aufgabenerledigung — 3 Beispiele. In: Der Staat als Zufall und als Notwendigkeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09632-0_14

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