Zusammenfassung
„Wachstum“ läßt sich — in einer ersten Annäherung an ein schwieriges Begriffsverständnis — zunächst negativ kennzeichnen als ein Konzept, das weder einen festgelegten Gegenstandsbereich hat, noch eine singuläre Vorgabe kennt, nach der Wachstum zu quantifizieren wäre. Ein möglicher Versuch der schärferen begrifflichen Eingrenzung besteht darin, den Gegenstandsbereich von Wachstumsprozessen auf „Systeme“ in der organischen Welt zu beschränken. Systeme sind hier als adaptive Systeme zu verstehen, welche die Fähigkeit besitzen, unter Einwirkung von Umwelteinflüssen eine innere Ordnung in gewissen Grenzen aufrechtzuerhalten und zugleich Anpassungsprozesse an die sie umgebende Umwelt zu vollziehen. Die innere Ordnung dient als Filter für die aus der Umwelt eingehenden Informationen und Ressourcen und richtet sich an systeminternen Zielvorgaben aus. Nach der fundamentalen These Ashbys reagieren Systeme nach dem Grundsatz einer „requisite variety“ auf ihre komplexer werdenden Systemumwelten, indem der systemeigene Komplexitätsgrad entsprechend erhöht bzw. gesenkt wird (vgl. Ashby 1974, S. 298ff.). Die Gegenüberstellung von System und Umwelt ist der erste zentrale Aspekt des modernen Systemverständnisses (vgl. Klages 1986, S. 25f.). Der zweite grundlegende Aspekt betrifft nicht die System-Umwelt-Beziehung, sondern die innere Ordnung bzw. die Struktur des Systems als solche. „Innere Ordnung“ bzw. „Struktur“ stellen nichts anderes dar als das Gerinnen von Prozessen zwischen den systeminternen Elementen zu einem bestimmten Zeitpunkt. Was jeweils Struktur und was Prozeß ist, hängt von der Feinheit der Beobachtung ab und ist insofern eine willkürliche Setzung. Eine scheinbar feste Struktur kann bei geeigneter Auflösung zum Prozeß werden. Prozesse können über längere Zeit betrachtet strukturhafte Regelmäßigkeiten aufweisen. Prozesse sind der Veränderungsaspekt von Strukturen, Strukturen das Bleibende im Prozeß.
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Weber, M. (1994). Wachstum — ein systemtheoretischer Zugang. In: Das Wachstum von Verwaltungsorganisationen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09564-4_2
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-09564-4_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-12599-2
Online ISBN: 978-3-663-09564-4
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