Das Verhältnis von Integrationstheorie und Zusammenarbeit im Politikfeld innere Sicherheit

Zusammenfassung

Eine Inventur des Diskussionsstandes der politikwissenschaftlichen Integrationstheorie offenbart eine außerordentliche Vielfalt von Thesen, Modellen und Theorien, die von je unterschiedlichen Prämissen und Perspektiven zu je unterschiedlichen, teilweise auch gegensätzlichen Aussagen zum Integrationsprozess insgesamt wie auch zu sektoralen Problemstellungen gelangen.¹³ Die Intensität der politikwissenschaftlichen Beschäftigung mit dem europäischen Integrationsprozess weist indes eine bemerkenswerte Parallelität zu den Konjunkturen der jeweiligen europapolitischen „Großwetterlage“ auf (vgl. Giering 1997a). Die gegenwärtig festzustellende Renaissance des Themas könnte insofern als Reaktion auf die neue Integrationsdynamik interpretiert werden, die sich im Binnenmarktprogramm und im Maastrichter Prozess manifestiert hat. Das ist es aber nicht allein. Dass über die Kernfragen des Integrationsprozesses erneut eine intensive theoretische Erörterung stattfindet, deutet vielmehr auch auf eine fruchtbare Verunsicherung der scienitific community hin. Denn wenn sozialwissenschaftliche Theorien allgemein als jene gedanklichen Konstrukte verstanden werden können, „die es uns ermöglichen, die vorgefundene Komplexität zu reduzieren, zu ordnen und schließlich zu erklären“ (Haftendorn 1986: 451), dann kann die wieder gewonnene Intensität der Theoriedebatte als Indikator dafür gelten, dass die jüngsten Entwicklungen der europäischen Integration eine Fülle von Fragen aufwerfen, die mit den vorhandenen theoretischen Angeboten nicht oder nur unzureichend erklärt werden können.