Zusammenfassung
In diesem Kapitel wird zunächst der für diese Arbeit zentrale Begriff der Regel bzw. des Regelsystems als umfassendes Mittel gesellschaftlicher Koordination eingeführt und mit seiner Hilfe die Problemstruktur der Herausbildung globaler Steuerungssysteme verdeutlicht. Im Anschluß werden vorliegende Konzeptionen des Verhältnisses von Unternehmung und Gesellschaft untersucht und bewertet. Auf Grundlage dieser Untersuchung wird in Abgrenzung zu normativistischen Konzepten die Verbindung zwischen sozialer Ordnung, allgemein Regeln, und ökonomischer Methodik dargestellt.
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Literatur
Ähnlich wie Ostrom (1990/ 1999), die ebenfalls den Begriff der Regel, „rule“, in den Vordergrund stellt, allerdings in einem etwas weniger umfassenden und grundlegenden Sinne.
Lorenz (1992, S. 444)
Als einer Regel unterliegend tritt einem dabei häufig lediglich die Dann-Folge entgegen, zum Beispiel in Form einer Anweisung: Unser Unternehmen besticht nicht! Die Konditionen, an die diese Dann-Folge geknüpft ist, werden in der Kommunikation zumeist weggelassen, denn wieviel zusätzlichen Aufwand würde deren Mitkommunikation bedeuten? Und überhaupt: Wo kämen wir hin, wenn alle Regeln, denen wir unterliegen, ihre Bedingtheit offenlegten? Auf der anderen Seite: Wenn man dann doch nachforscht, so wird man stets auf die situative Bedingtheit des Befehls, der Vorschrift etc. stoßen. „Du sollst nicht töten!“ Gut, aber was ist mit den Soldaten im Krieg oder in extremen Situationen der Notwehr?
Richter (1999, S. 20): „Eine Institution ist ein auf ein bestimmtes Zielbündel abgestelltes, für längere Zeit geltendes (insofern ‘persistentes’) System von Normen, einschließlich ihrer Garantieinstrumente, die den Zweck haben, das individuelle Verhalten der Mitglieder einer Gesellschaft in eine bestimmte Richtung zu lenken.“
Vgl. Richter (1999, S. 18 f.). Im Kern der Definitionen stehen die Begriffe Ordnung, Steuerung, Regeln, Verhaltensbeschränkungen. Alles Bezeichnungen, die hier unter den Begriff der Regeln fallen.
Brennan/ Buchanan (1985/ 1993, S. 15): „…, daß für den Prozeß der Regeländerung wiederum Regeln notwendig sind.“
In Ergänzung zur gängigen wirtschafts-und sozialwissenschaftlichen Theorie. Erlei et al. (1999, S. 25): „Einen nicht beeinflußbaren Rahmen aller wirtschaftlichen Aktivität bilden die zum Teil unbekannten Naturgesetze sowie das nicht erneuerbare, gegebene Ressourcenpotential. Da diese allem menschlichen Handeln vorgegeben sind, sind sie als Datum für ökonomische Analysen zu betrachten, und werden daher im Verlauf des Buches nicht weiter problematisiert.“ Demgegenüber ist die grundlegende Ansicht hier, daß Naturgesetze menschliche Formulierungen auf Basis menschlicher Wahrnehmungen, also im Grunde auch soziale Konstruktionen sind, die sich nur dann durchsetzen, wenn sie vorteilhaft sind - also von Menschen wahrgenommene Probleme besser als andere Konstruktionen überwinden können. Diese Auffassung scheint vereinbar mit den eher philosophischen Folgerungen der modernen Physik. Heisenberg (1969/ 1972, S. 170): „Wenn wir aus den atomaren Erscheinungen auf Gesetzmäßigkeiten schließen wollen, so stellt sich heraus, daß wir nicht mehr objektive Vorgänge in Raum und Zeit gesetzmäßig verknüpfen können, sondern - um einen vorsichtigen Ausdruck zu gebrauchen - Beobachtungssituationen. Nur für diese erhalten wir empirische Gesetzmäßigkeiten.” Die Beobachtungssituation ist also das „Wenn“, die Gesetzmäßigkeiten als solche das „Dann” der Regel.
D.C. North, zitiert nach Erlei (1999, S. 521): „Die Spezifizierung der Institutionen war und ist ausschlaggebend dafür, ob eine Gesellschaft sich positiv entwickelt, stagniert oder im Vergleich zu anderen Nationen zurückfällt.“
“ Ein Gedanke, den auch Vanberg (1993/ 1998) ausdrückt.
Ein prononciertes Firmenimage führt zum Beispiel dazu, daß viele, theoretisch denkbare, unternehmerische Handlungsmöglichkeiten nicht mit ihm in Einklang zu bringen sind. Dennoch führt eben diese Einschränkung - zumindest der Intention nach - zur Eröffnung anderer, höherwertiger Interaktionschancen (daß also zum Beispiel mehr Kunden gezielter nach den Produkten eines Unternehmens nachfragen).
Wenn in dieser Arbeit von „Dilemmastrukturen“ die Rede ist, so wird auf das Gefangenendilemma Bezug genommen, das in der Ökonomik eine fundamentale Rolle spielt.
Zu Logik und systematischer Bedeutung des Gefangenendilemmas in der Ökonomik vgl. Homann/ Blome¬Drees (1992) und Homann/ Suchanek (2000).
Was als Ausdruck der sokratischen Einsicht gelten darf, daß das Wissen, daß man nichts weiß, das größte Wissen ist. Platon (1993, S. 33): „Derjenige unter euch, ihr Menschen, ist der weiseste, der wie Sokrates erkannt hat, daß seine Weisheit in Wahrheit keinen Heller wert ist.“
Die begriffliche Unklarheit ist auch Ausgangspunkt für Logan et al. (1997, S. I): „…defining more clearly the rather ambiguous concept of global Corporate Citizenship.“
Es wird hier die Bezeichnung soziale Verantwortung/ g/ „corporate social responsibility“ gewählt, da Friedman sich auf dieses, im nächsten Abschnitt zu untersuchende Konzept bezieht. Corporate Citizenship soll hier als Bezeichnung für eine originär ökonomische Konzeptionierung freigehalten werden (die als solche viele Überlegungen Friedman’s aufnimmt). Die Bezeichnung „corporate social responsibility” wird häufig als Synonym für Corporate Citizenship gebraucht. Eine Aufgabe dieser Arbeit liegt in der Klärung der unterschiedlichen Konzepte, die hinter den jeweiligen Bezeichnungen stehen.
Friedman (1970/ 1988, S. 217).
Ebenda, S. 121. Wood bezieht sich u.a. explizit auf Archie B. Caroll, William C. Frederick, Keith Davis und Preston and Post.
Ebenda, S. 134.
Ebenda, S. 119. Ebenda, S. 41. Ebenda, S. 121. Ebenda, S. 415.
Wobei sich der Ökonom unwillkürlich fragt, was denn „gute Gründe“ sein sollen, außer einem grundsätzlichen „Wollen” derjenigen, die sich jeweils äußern.
Ulrich (1997/ 1998, S. 209) scheint das irgendwie auch zu erkennen: „Zwar wird das Praktizieren einer in diesem Sinne lebensdienlichen Wirtschaftsform nur möglich sein, wenn bestimmte strukturelle Voraussetzungen ordnungspolitisch durchgesetzt werden können - aber sie kann in einer demokratischen Gesellschaft auch nur aufblühen, wenn die Mehrzahl der Menschen eine solche kultivierte Wirtschaftsform und die dazugehörigen Rahmenbedingungen wirklich wollen.“
Ebenda, S. 12. Ebenda, S. 17. 3 Ebenda, S. 17.
In Form der rechtlichen Frage, ob ein angestellter Manager unternehmerisches Vermögen überhaupt gemeinnützig verwenden darf, wird die grundsätzliche betriebswirtschaftliche Frage nur am Rande berührt. Ebenda, S. 22 f.
Logan et al. (1997, S. I): At a very basic level, Corporations are granted a legal status as entities in their own right, separate from their owners…. „Citizenship“, the act of assuming duties to the community in addition to providing quality products or services by a company, implies that even as a separate legal entity, the Corporation nevertheless has responsibilities not unlike those of individual citizens. So what does being a good Corporate citizen imply? It is meeting, within reason, the expectations of all its societal stakeholders to maximize the company’s positive impact and minimize the negative impact on its social and physical environment, while providing a competitive return to its financial stakeholders.”
Logan/ Tuffrey (1999), The Corporate Citizenship Company (2000).
Es fehlt für diesen letzten Punkt bisher ein umfassenderes Werk. In die nachfolgende Bewertung fließen daher zum Teil auch nicht-veröffentlichte Vorträge und Aussagen ein.
In Summe gilt diese Bewertung auch für McIntosh et al. (1998) sowie Zadek (2000), deren Arbeiten hier nicht im einzelnen untersucht werden sollen.
Vgl. hierzu auch Homann/ Blome-Drees (1992, S. 169 f.). 2 Vgl. Walzer (1982/ 1992).
In den USA sind nach Muirhead (1999, S. 51) die „corporate contributions“ von 1987 bis 1997 von 2,36% der Vorsteuergewinne auf 1,1% zurückgegangen! Diese Zahlen sind entlarvend für die ganze Rhetorik um „business social responsibility”. Muirhead folgert völlig richtig, daß Philanthropie kein Zukunftskonzept sein kann und es um „social investment“ gehen muß. Diese Forderung löst sie dann jedoch ähnlich wie Logan nur mit Bezug auf einzelne Punkte ein, nicht in einer theoretisch konsistenten Art und Weise.
Royal (1998, S. 16).
Homann/ Suchanek (2000, S. 395). 2 Ebenda, S. 439.
Ulrich (1997/ 1998, S. 117 f.) sieht in der ökonomischen Grammatik eine normative Wertvorstellung, die inakzeptabel und daher in ihren Folgerungen abzulehnen ist. Diese Kritik kann man bezüglich der Ökonomik oder der Methode nach auch an jeder anderen Theorie anbringen, führt allerdings nur in einen Austausch letzter, individueller Glaubenshaltungen, dem sich die Ökonomik gleichwohl stellen muß und auch stellt. Der eigentliche Beweis - soweit ein solcher überhaupt möglich ist - für die Überlegenheit einer Theorie ist die Leistungsfähigkeit ihrer Gestaltungsvorschläge in der Wirklichkeit. Diese Zusammenhänge weist die ökonomische Theorie klar aus, und sie werden im Theorieaufbau berücksichtigt. Die Abgrenzung zwischen Ökonomik und Normativität hier erfolgt auf einer anderen Stufe. Der Unterschied zu inhaltlicher Normativität ist, daß das methodische Ziel der Ökonomik - Besserstellung - ein formales Ziel ohne inhaltlichen Charakter ist. Vgl. Homann (1997).
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Seitz, B. (2002). Unternehmen, Regeln und das Konzept der Corporate Citizenship. In: Corporate Citizenship. Markt- und Unternehmensentwicklung. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09521-7_3
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