Zusammenfassung
Es fällt auf, daß in Erzählungen, Lebenserinnerungen (Borgelt 1983), Kinderbüchern (Kordon 1982; Zimmer 1982), Romanen (Pillau 1987; Koeppen 1980), in Studien zur Nachkriegszeit (Meyer/Schulze 1984, 1985)2, in Texten des populären Kabaretts (van Sweringen 1989 über die ‚Insulaner‘) und in Berichten der seriösen und weniger seriösen Presse der Zeit nach den Währungsreform(en) in den Westsektoren von Berlin Geld- und Warenschmuggel, aber auch der offizielle und schwarze Austausch von Arbeitskräften zwischen den beiden Währungsgebieten nicht als Unrecht galten. Es wurde in beide Richtungen geschimpft, gehetzt, gespottet, verleumdet, denunziert nach dem Motto: es ist alles erlaubt, wenn es nur dem Gegner schadet. Den Beteiligten war bewußt, daß sie ‚Unrechtes‘ taten, aber sie überlagerten etwaiges Unrechtsbewußtsein damit, daß sie im Dienst der richtigen politischen Idee, das heißt im Sinne der westlichen Besatzungsmächte handelten und auch kämpften. Die für den Kampf im Kalten Krieg verwendeten alltäglichen Konstruktionen waren außerordentlich differenziert. Sie reichten von der materiellen Not, die den Einkauf mit illegal getauschtem Geld in der DDR notwendig machten, bis hin zu Berufskarrieren, die sich nur auf diesem Hintergrund entwickeln konnten. Da es für die Durchführung des Kalten Krieges keine öffentliche politisch-administrative Logistik und keine Handlungsanweisungen gab, mußten diese durch Interpretationen und Handeln konstruiert werden. Beteiligt an diesen Konstruktionsprozessen waren nicht nur die Menschen in Ost und West, sondern auch zahlreiche Institutionen, nämlich die Presse, das Kino, die Kunst, die Gerichte, die Parteien, die Gewerkschaften, die Kammern, die Standesvertretungen, die Berufsverbände, der Magistrat (ab 13.1.1951 Senat von West-Berlin), die Bezirksverwaltungen, die Persölichkeiten des öffrntlichen Lebens und nicht zuletzt die Administrationen der westlichen Besatzer.
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Literatur
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Hoerning, E.M. (1995). Kalter Krieg in Berlin. In: Fischer-Rosenthal, W., Alheit, P. (eds) Biographien in Deutschland. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09434-0_7
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