Zusammenfassung
Die Ausführungen über die institutionellen Strukturen und Besonderheiten der Berufsausbildung werfen die Frage auf, wie der Verknüpfungszusammenhang zwischen Berufsqualifikationen und Arbeitsmarktpositionen theoretisch charakterisiert werden kann. In diesem Kapitel werden zuerst allgemeine Aspekte zu Aufgaben diskutiert, die der beruflichen Bildung zugeschrieben werden. Der Fokus liegt dabei auf Unterschieden zwischen schulischen und betrieblichen bzw. dualen Ausbildungsformen. Im Zentrum dieses Kapitels steht jedoch das Verhältnis zwischen Berufsausbildung und Arbeitsmarkt. Diesbezüglich werden verschiedene makrostrukturelle Ansätze beleuchtet. Die Nachfrage des Beschäftigungssystems nach Berufsqualifikationen wird aus der Sicht verschiedener Ansätze der Arbeitsmarktforschung diskutiert. Basierend auf dieser Diskussion werden ausgewählte Hypothesen zur Rolle der Bildungs- und Berufsqualifikationen für den Eintritt und die berufliche Mobilität im Arbeitsmarkt formuliert.
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Literatur
Traditionelle Ansätze der Bildungsökonomie sowie verschiedene Varianten der Arbeitskräftebedarfsansätze stellen die Qualifizierung der Arbeitskräfte und die Erzeugung eines bedarfsadäquaten Qualifikationsangebotes in den Mittelpunkt ihrer Analysen des Zusammenhangs von Bildungsinvestition und Wirtschaftswachstum. Ebenso verweist die kritisch-funktionale Theorie in verschiedenen Varianten (siehe z.B. Offe 1975; Fend 1975) auf die Qualifizierungsleistungen des Berufsbildungssystems. Diese verschiedenen Ansätze wurden in den 60er und 70er Jahren ausführlich diskutiert und sollen hier nur erwähnt bleiben (siehe z.B. Franzke 1978; Kühlewind/Tessaring 1975; Hegelheimer 1974; Hüfner 1970; Hüfner/Naumann 1971; Hurrelmann 1975 ).
Prozeßunabhängige Qualifikationen umfassen jene „Fähigkeiten, die zwar in einem bestimmten Produktionsverfahren erlernt und trainiert worden sein mögen, die an dieses jedoch nicht gebunden sind und ohne größere Schwierigkeiten auf neue Arbeitsbereiche übertragen werden können.“ (Kern/Schumann 1977: 68).
Die Neuordnung der Metall-und Elektroberufe (vgl. Stratmann 1989; Heinz 1996; Streeck et al. 1987) sowie der Büroberufe (vgl. Bunk et al. 1991), deren Ausbildungsordnungen an diese Konzeption der Schlüsselqualifikationen anknüpfen, sind hier exemplarisch benannt.
In diesem Konzept werden vier Typen von Schlüsselqualifikationen unterschieden (vgl. Mertens 1974: 40ff.): L) Basisqualifikationen: logisches, analytisches, kontextuelles und kritisches Denken als Voraussetzung für Transferleistungen von allgemeinen zu spezifischen Anforderungen; 2.) Horizontalqualifikationen: sie beziehen sich auf die Informationsaufnahme und -verarbeitung zur spezifischen Problembearbeitung; 3.) Breitenqualifikationen: sie umfassen Kenntnisse und Fertigkeiten, die vergleichsweise breit im Arbeitsmarkt einsetzbar sind; 4.) ‘Vintage (Wachstums-)Faktoren’: darunter werden Bildungsprozesse verstanden, die der Aufhebung von Bildungs-, Leistungs-und Informationsdifferenzen zwischen den Generationen dienen. In einer Replik ergänzte Mertens sein Konzept insbesondere um ökologische Lernziele (Mertens 1989 ).
Berufliche Sozialisation kann theoretisch aus zwei Perspektiven betrachtet werden: als Sozialisation für den Beruf und als Sozialisation durch den Beruf (vgl. Heinz 1996).
Die Abschlußprüfungen stellen eine weitere leistungsbezogene Selektion dar, die in der betrieblichen sowie schulischen Berufsausbildung einen formalisierten Charakter aufweist. Die Abschlußprüfungen stellen eine weitere leistungsbezogene Selektion dar, die in der betrieblichen sowie schulischen Berufsausbildung einen formalisierten Charakter aufweist. Für die Ausbildung im dualen System stellt darüber hinaus die Übernahmeentscheidung eine spezifische Selektionsschwelle dar.
Für den Dienstleistungsbereich verwendeten Baethge/Oberbeck (1986) den Begriff der `Systemischen Rationalisierung’.
Kaiser definiert berufliche Mobilität als „(…) die Anpassung von Ausbildung und beruflichen Erfahrungen der Arbeitskräfte an die Arbeitsplatzanforderungen“ (Kaiser 1988: 517).
Berufliche Substitution hingegen wird definiert als „(…) die Anpassung von Arbeitsplatzanforderungen an die durch Ausbildung und berufliche Tätigkeit erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen der Arbeitskräfte“ (Kaiser 1988: 517).
Die empirische Flexibilitätsforschung konnte zeigen, daß SubstitutionsmÖglichkeiten vergleichsweise ausgeprägt in den Berufsfeldern der Bau-, der Metall-und Elektro-sowie der kaufmännischen Berufe bestehen. Diese Bereiche kennen jeweils einen `zentralen Beruf’, der unterschiedliche Tätigkeitsfelder abdecken kann, z.B. der Beruf des Maurers. So existieren typische Berufe, aus denen häufiger heraus und solche, in die wesentlich häufiger hinein gewechselt wird, sog. Zugangs-und Abgangsberufe (vgl. Kaiser 1988 ).
Für ein neueres Konzept des 1AB, das ausbildungs-und berufsspezifische Risikofaktoren berücksichtigt, siehe Buttler 1993, 1995.
Das Konzept der Übergangsarbeitsmärkte (vgl. Schmid 1993; Schömann et al. 1998) weist hinsichtlich der Übergänge zwischen Bildungssystem, Erwerbstätigkeit und Arbeitslosig-keit große Parallelen zum Schwellenkonzept auf.
Ein Überblick für die Forschungsarbeiten findet sich bei Mertens/Parmentier 1988: 491ff.
Zur einer ausführlichen Kritik siehe z. B. Doré/Clar 1997, Pfeiffer 1997.
Neben den Qualifikationen betont Piore (1978) die Bedeutung der sozialen Herkunft für die berufliche Plazierung in einem der Segmente, in dem er die Segmente bestimmten Klassen und der in ihnen typischerweise vorfindbaren sozialen Verhaltensweisen zuordnet.
Spence (1973) sieht im Rekrutierungsprozeß Parallelen zur Lotterie, wobei die Arbeitgeber den Unsicherheitsfaktor aufgrund der vorhandenen Informationen über Charakteristika und Attribute der Bewerber reduzieren können.
Die Differenzierung in Stamm-und Randbelegschaft (vgl. Köhler/Preisendörfer 1988) läßt sich in Analogie zu dieser Konzeption der offenen und geschlossenen Positionen verstehen: die Stamm-oder Kernbelegschaft befindet sich in der Tendenz in geschlossenen Positionen und Arbeitsverhältnissen, während die Randbelegschaft die beschäftigungsunsicheren, dem Marktwettbewerb ausgesetzten offenen Positionen innehat.
Mit Veränderungen in den Karriereleitem tur Manager im US-amerikanischen Arbeitsmarkt beschäftigt sich die aktuelle Studie von Osterman (1996); siehe auch Leicht/Fennell 1997; Long/Fox 1995.
Vgl. dazu u.a. White 1970, Stewman/Konda 1983, Baron/Bielby 1980, Brüderl et al. 1989, Preisendörfer 1987, Preisendörfer/Burgess 1988; zur Modellierung von Karriereprozessen in Organisationen als Turnier sukzessiver Wettbewerbe siehe Rosenbaum (1990).
Verschiedene empirische Studien belegen die unterschiedliche Rolle, die Bildung und Berufsbildung im Zugang zu den unterschiedlichen Beschäftigungspositionen in verschiedenen Ländern spielen (vgl. KÖnig/Müller 1986; Müller et al. 1990; Müller/Shavit 1998b; Carroll/Mayer 1986; KÖnig 1990; DiPrete et al. 1997 ).
In ähnlicher Weise typologisiert Haller (1989) Bildungssysteme als Wettbewerbs-oder Selektionssysteme, an die sich unterschiedliche Allokationsmechanismen für das Matching von Personen zu Jobs am Karrierebeginn knüpfen.
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Steinmann, S. (2000). Berufsqualifikationen und Arbeitsmarktstrukturen. In: Bildung, Ausbildung und Arbeitsmarktchancen in Deutschland. Forschung Soziologie , vol 110. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09418-0_4
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