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Die Entwicklung des moralischen Urteils nach Kohlberg

  • Chapter
Argumente, Bildung und Moral

Part of the book series: Forschung ((FS,volume 69))

  • 249 Accesses

Zusammenfassung

Angeregt durch das frühe Werk Piagets (1954 [1932]) über das moralische Urteil beim Kinde beabsichtigte Kohlberg (1958, vgl. auch Kohlberg 1979a: vii sowie Tappan et al. 1987: 315 sowie 317) mit seiner Dissertation das Thema der Moralentwicklung erneut aufzugreifen und die Analysen auf die weitere Entwicklung des moralischen Urteils bis ins Jugendlichenalter hinein auszudehnen.5 Als naheliegenden theoretischen Ausgangspunkt für seine Forschungsaktivitäten wählte Kohlberg daher zunächst Piagets (1954 [1932]: 119ff. sowie 220ff.) typologische Unterscheidung zwischen einer heteronomen Moral, die auf einseitiger Achtung oder dem Zwang der Erwachsenen beruht, und einer autonomen Moral, die der gegenseitigen Achtung oder Zusammenarbeit zwischen Kindern oder Gleichgestellten entspringt. Der Übergang von der Heteronomie zur Autonomie gelingt demzufolge dann, „wenn die gegenseitige Achtung stark genug ist im Individuum das innerliche Bedürfnis hervorzurufen, den anderen so zu behandeln, wie es selbst behandelt sein möchte“ (Piaget 1954 [1932]: 222). Aus einem heteronomen Regelbewußtsein, das sich den eigenen Vorstellungen zufolge den von Autoritäten gegebenen und als unveränderlich wahrgenommenen Regeln unterordnet, wobei die Regeln das Verhalten in Wirklichkeit jedoch kaum beeinflussen,6 wird dabei ein autonomes Regelbewußtsein, das Regeln als das Ergebnis eines freien Entschlusses in dem Maße achtet, wie sie auf gegenseitigem Übereinkommen beruhen (vgl. ebd.: 62ff.). Indem das Kind vorgegebene Regeln der gemeinsamen Diskussion unterwirft, wird es möglich, bloße Sitten von vernunftgemäßen Idealen zu unterscheiden; aus Regeln werden eigene moralische Gesetze, die es nicht zuletzt aufgrund von Gleichheit und Gegenseitigkeit zu achten gilt.

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Literatur

  1. Nach der Veröffentlichung der Arbeit über das moralische Urteil beim Kinde verfolgte Piaget das Thema der Moralentwicklung nicht weiter, sondern wandte sich insbesondere der kognitiven Entwicklungspsychologie zu (vgl. auch Heibrink 1991: 11).

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  2. Da das Kind nicht zwischen dem unterscheidet, was tatsächlich von einer Autorität und was von ihm selbst stammt - was also von einer höheren Autorität auferlegt wurde und was das Ergebnis seiner individuellen Phantasie ist -, geraten die Unantastbarkeit vorgegebener Regeln und die gleichzeitige Ungebundenheit des Verhaltens - das Kind macht ungefähr das, was es will - psychologisch nicht miteinander in Widerspruch (vgl. Piaget (1954 [19321: 58 sowie Heidbrink 1991: 14). Das Kind ist mit jeder Abänderung einer feststehenden Gewohnheit einverstanden, besteht jedoch darauf, daß diese immer schon genau so gewesen sei.

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  3. Über die Stärke der Revisonen mag folgendes Ergebnis einen Eindruck vermitteln: Die nach einer neueren Fassung - vermutlich das als „Standard Issue Scoring“ bezeichnete, heute noch gültige Auswertungsverfahren - kodierten Interviews aus Kohlbergs Dissertation korrelierten nur noch mit etwa 0,39 mit den ursprünglich zugewiesenen Stufenwerten (Kohlberg et al. 1978, vgl. Rest 1986: 199 sowie ders. 1983: 575).

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  4. Zwischen den beiden Komponenten hat, was die Präskriptivität anbelangt, in der Zeit von 1983 und 1987 eine leichte Akzentverschiebung stattgefunden. In der früheren Fassung lauten beide Komponenten: „The first component is social perspective level… The second formal component of the stages is more specifically moral or prescriptive. Here we refer to the… justice operations…“ (Kohlberg et al. 1983: 42). Die Präskriptivitätsforderung war somit stärker bei den Gerechtigkeitsoperationen zu verorten.

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  5. Mead (1965 [19341: 152ff., dt. 1968 [19341: 194ff., vgl. auch Selman 1984 [19801: 33) unterscheidet 3 Stadien (,,stages“) der Entwicklung zum „generalisierten Anderen”, denen verschiede Fähigkeiten zur Rollenübernahme zugrundeliegen: Im ersten Stadium, dem des Spiels („play“), ist es dein Kind lediglich möglich, sich abwechselnd in eine von zwei Rollen hineinzuversetzen. Im anschließenden zweiten Stadium, dem des organisierten Wettkampfes („game”), ist das Kind bereits in der Lage, die Rollen innerhalb der Gruppe simultan zu erfassen und zu koordinieren. Das Kind neigt dazu, sich in seiner Beziehung zu der Gruppe, der es angehört, zu definieren. Ln dritten Stadium gelingt es dein Heranwachsenden schließlich, die gesamte organisierte Gesellschaft als „generalisiertes Anderes“ zu begreifen.

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  6. Deontologische Theorien sind nicht am Zweck oder an den Konsequenzen einer Handlung orientiert, sondern an der Pflicht and Rechtmäßigkeit per se (vgl. dazu auch Kapitel 2.2.).

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  7. „In Selman’s scheme, responses can vary across a number of levels even if the highest competence is being assessed, because for solving some kinds of problems a lower level may be all that is required and thus the most appropriate response. Because of the prescriptive nature of morality, lower level responses can never be said to be more morally appropriate than higher level responses, though one may want to argue that under some circumstances they could be more psychologically appropriate. Thus, although we do distinguish between competence and performance in moral judgment, we hold that lower levels are used only in situations with a significant downward press“ (Colby et al. 1987b: 8, Hervorhebung im Original).

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  8. „What fundamentally defines and unifies the characteristics of the conventional level is its sociomoral perspective, a shared viewpoint of participants in a relationship or a group. This perspective subordinates the needs of the single individual to the viewpoint and needs of the group or the shared relationship” (Colby et al. 1987b: 17, Hervorhebung durch H.D.).

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  9. Auf diese Ähnlichkeit macht Kohlberg (Colby et al. 1987b: 20, vgl. dazu auch Kohlberg 1976: 36) aufmerksam, wenn er schreibt: „… consider the perspective of the principled or postconventional level. It is like the preconventional perspective in that it returns to the standpoint of the individual rather than taking the point of view of ‘us members of society.’“

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  10. Bei den folgenden Ausführungen werden, soweit dies dem Verständnis dient, bereits inhaltliche Aspekte thematisiert. Eine systematische Darstellung soll jedoch dem späteren Teil der Arbeit vorbehalten bleiben. Quelle: Kohlberg (1976: 34f.), übersetzt von Oser (1981: 326–329). Die englische Fassung ist in Colby et al. (1987b: 18f.) erneut abgedruckt. 1m Unterschied zu früheren Abdrucken (etwa Kohlberg 1986: 488f.) wurde hier der ursprüngliche Begriff „Social perspective of Stage“ durch „Sociomoral perspective of Stage” ersetzt. Eine leicht abgewandelte deutsche Fassung, die auf eine Übersetzung von Oser und Althof zurückgeht, findet sich in Althof et al. (1996: 128–132).

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  11. Die Entwicklung des Gerechtigkeitsbegriffs beginnt nach Piaget (1954, [1932]: 322f. sowie 356ff.) im Stadium der heteronomen Moral und umfaßt alles in allem 3 Etappen oder auch Perioden, bis sie ihren Abschluß im Stadium der autonomen Moral findet.

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  12. Bei der Charakterisierung dieser drei Gerechtigkeitsoperationen dürfte die Nähe zur Nikomachischen Ethik von Aristoteles (Kapitel V: 1129a ff.) deutlich werden, auf die Kohlberg (so etwa Kohlberg et al. 1983: 19) selbst hinweist. Den drei Gerechtigkeitsoperationen ist somit gemeinsam, daß sie in erster Linie auf Verteilungsgesichtspunkte rekurrieren (vgl. auch Döbert 1986: 97).

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  13. Fatke (1983: 21) weist darauf hin, daß Piaget bei der Bezeichnung der Entwicklungsabschnitte nicht ganz einheitlich verfährt: Neben dem überwiegend benutzten Begriff „stades“ (Stadien) finden sich auch die Bezeichnungen „périodes”, „étapes“ und „niveaux”. Dies spiegelt sich dann auch in der unterschiedlichen Begrifflichkeit wider, die in der deutschsprachigen Literatur gewählt wird.

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  14. Abgeschlossenheit bedeutet, daß das Ergebnis c der Kombination beliebiger Elemente a und b einer Gruppe entsprechend der definierten Operation - etwa der Addition - wieder ein Element der Gruppe ist (a+b=c). Die Assoziativität besagt, daß (a+b)+c=a+(b+c) gelten muß. Identität bedeutet, daß es ein neutrales Element e gibt, das mit jedem anderen Element a der Gruppe kombiniert dieses unverändert läßt: e+a=a+e=a, wobei e bei der Addition 0 wäre. Die Reversibilität ist erfüllt, wenn es zu jedem Gruppenelement a genau ein inverses Gruppenelement â gibt, für das gilt: â +a=a+ â =e. Eine Gruppierung ist darüber hinaus durch die Tautologie gekennzeichnet. Anders als bei der wiederholten Addition einer Zahl (quantitatives Element) bleibt das Resultat etwa bei der wiederholten Addition einer logischen Klasse (qualitative Elemente) identisch: a+a=a. (vgl. etwa Piaget 1948 [19471: 63ff., ders. 1983 [19701: 71, Buggle 1985: 83ff. sowie Barth et al. 1976: 8). Eine recht leicht verständliche Einführung in die mathematische Gruppentheorie bietet etwa Mitschka (1975).

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  15. Bei der Kleinschen Vierergruppe handelt es sich um eine vierelementige, kommutative (a+b=b+a) Gruppe, bei der jedes Element sein eigenes Inverses ist und zwei verknüpfte Elemente jeweils das dritte ergeben. Bei den vier Elementen der Kleinschen (INCR-) Vierergruppe Piagets handelt es sich um 4 Transformationen von Aussagen: I: Identität, N: Negation, C: Korrelativität, R: Reziprozität (vgl. dazu Piaget 1983 [19701: 98ff., Buggle 1985: 97f., Garz 1989: 121 ff. sowie Kuhn et al. 1977: 102ff.). Anzumerken ist, daß es nicht zu den konstituierenden Eigenschaften einer Kleinschen Vierergruppe gehört, daß sie eine Verknüpfung (Operation) zweiten Grades enthält, die an Verknüpfungen (Operationen) ersten Grades ansetzt. Insofern schließt das Beispiel nicht nur eine gruppentheoretisch faßbare Veränderung vom konkret-operatorischen zum formal-operatorisehen Denken ein.

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  16. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß Kohlberg den Begriff der sozialen Perspektivenübernahme trotz Betonung der Unterschiede häufig (wie hier) als Synonym für die soziomoralische Perspektivenübernahme verwendet.

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  17. Die verschiedenen Formeln des kategorischen Imperativs aus Kants „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten” werden etwa bei Brülisauer (1988: 287ff.) diskutiert. Bei der hier zitierten Fassung handelt es sich um eine freie Wiedergabe der allgemeinen Gesetzesformel: „handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde“ (Kant 1996 [1785]: 68, Akademie-Ausgabe 421).

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  18. Mit der geforderten Reziprozität und Korrelativität nimmt Kohlberg hier Bezug auf zwei der vier Elemente der Kleinschen (INCR-)Vierergruppe Piagets (1983 [19701: 98ff.). In diesem Sinne versteht er Stufe 6 dort als ein äquilibriertes System von Operationen zweiter Ordnung. Diese Assoziation schwingt auch mit, wenn Kohlberg (etwa 1984: 636 sowie ders. 1986: 497) die „moral musical chairs“ als eine angewendete „Goldene Regel” zweiter Ordnung versteht. In der deutschen Sprichwortfassung lautet die Goldene Regel: „Was du nicht willst, daß man dir tu, das füg auch keinem anderen zu“ (zitiert nach Brülisauer 1988: 305).

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  19. Kritische Stimmen zur Reversibilitätsannahme Kohlbergs finden sich etwa auch bei Locke (1986: 32ff.) oder Puka (1986: 280ff.).

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  20. So wird in dem Artikel von Kohlberg et al. (1986: 222ff.), der der Stufe 6 gewidmet ist, explizit auf keine der drei ursprünglichen Gerechtigkeitsoperationen Bezug genommen. Allerdings wird der idealen Rollenübernahme und der Universalisierbarkeit als dritte „Denkoperation“ die Sympathie im Sinne des Wohlwollens dem Anderen gegenüber zur Seite gestellt.

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  21. Anzumerken ist, daß bei der Klassifikation der prototypischen Argumente des Auswertungshandbuches für das MJI (Colby et al. 1987f) häufig keine Beziehung zu den Gerechtigkeitsoperationen hergestellt wird.

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  22. Trotz der strukturellen Definitionsprobleme hält Kohlberg (Kohlberg et al. 1983: 61 sowie Kohlberg 1986: 512ff.) - ebenso wie Habermas (1986: 291ff.) - es aus moralphilosophischer Sicht für erforderlich, daß jede Stufe einen normativ-inhaltlich ausgezeichneten Zielzustand aufzeige, von dein aus der Entwicklungsprozeß rückblickend als Lernprozeß beschrieben werden könne. Über einen solchen Zielzustand lassen sich dann auch Erziehungsziele formulieren, die Auskunft darüber geben können, wie die moralische Entwicklung idealerweise ablaufen sollte. Dies ist für Kohlberg aufgrund seiner Arbeiten im Bereich der Moralerziehung von entscheidender Bedeutung (vgl. etwa Kohlberg 1987). Aus der deskriptiven Sicht einer Entwicklungspsychologie sind die Stufen Ziele an sich und müssen nicht von einem vorgegebenen Endpunkt aus konstruiert werden (vgl. etwa Heidbrink 1992: 101 oder Puka 1986: 284ff.). In einer früheren Arbeit hatte Kohlberg (1971: vor allein 214ff. sowie 224ff.) den später zurückgenommenen Versuch (vgl. Kohlberg 1986: 507) unternommen, einen Isomorphismus zwischen der psychologischen Erklärung für eine Stufenentwicklung und der philosophischen Rechtfertigung einer größeren moralischen Angemessenheit späterer Stufen nachzuweisen. Daß deskriptive und normative Ansätze ineinander überführbar sind, scheitert allerdings nach wie vor am naturalistischen Fehlschluß (vgl. dazu auch Alston 1971, Frankena 1981 [1963]: 116 oder Vollmer 1997). Dieses Problem veranlaßte Kohlberg, sich mit Habermas auf eine Kornplementaritätsannahme zurückzuziehen (vgl. Kohlberg 1986: 507ff.).

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  23. Die begriffliche Festlegung des jeweiligen Standpunktes ist insofern etwas willkürlich („somewhat arbitrary”, Colby et al. I987b: 47), als daß in einem Dilemma mehr als zwei Standpunkte thematisiert werden können. Dies ändert jedoch nichts daran, daß in jedem Dilemma nur zwei Entscheidungsmöglichkeiten bestehen, denen die Standpunkte untergeordnet sind. Die Bezeichnung der Standpunkte orientiert sich an den Argumenten, die auf den höheren Stufen in den Vordergrund rücken. Bei der Aufteilung der Dilemmata auf die drei Parallelformen des Mil wurde darauf geachtet, daß jede annähernd dieselben Standpunkte abdeckt.

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  24. The issues and norms represent the same nine values“ (Colby et al. 19876: 47).

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  25. Darüber hinaus führt Kohlberg noch die erotische Liebe/Sexualität, die Bürgerrechte und die Religion an, die im Auswertungshandbuch allerdings keine Berücksichtung finden (Colby et al. 1987b: 50).

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  26. Ohne die Verwendung eines Modalverbs bzw. modalen Elements erfüllt ein Argument nicht die Präskriptivitätsforderung und könnte bei der Auswertung daher eigentlich nicht berücksichtigt werden. Ausnahmen sind bei den Stufen 1 und 2 möglich, da die Interviewten dieser Entwicklungsstufen häufig noch nicht klar zwischen „würde“ und „sollte” unterscheiden können und beide Begriffe synonym verwenden (vgl. Colby et al. I987c: 171). Darüber hinaus können nicht in präskriptiver Weise formulierte Argumente im Rahmen des sogenannten Schätzverfahrens („guess scoring”) in die Auswertung einbezogen werden (vgl. Colby et al. 1987e: 181ff.). Die Argumente werden bei der Berechnung des Stufenwertes dann allerdings weniger stark gewichtet.

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  27. „At least at higher stages, value elements are synonymous with principles“ (Colby et al. 19876: 54).

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  28. Gibt es mehrere gleichrangige Prinzipien, dann wiederholt sich das Problem der Regelkollision auf der Prinzipienebene. Gibt es mehr als ein Prinzip, das universelle Gültigkeit beanspruchen kann, dann können diese nur den Status eines prima facie gültigen Prinzips beanspruchen (vgl. dazu auch Frankena 1981 [1963]: 46ff.).

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  29. Die Gemeinsamkeit der normativen bzw. der utilitaristischen Orientierung einerseits und der perfektionistischen bzw. der Fairneßorientierung anderseits besteht nach Kohlberg (vgl. Tappan et al. 1987: 322ff.) auch darin, daß die beiden erstgenannten eher einem heteronomen Moraltypus entsprechen, während die beiden letztgenannten Orientierungen eher einen autonomen Moraltypus verkörperten, wie er nach formalphilosophischen Kriterien (etwa Präskriptivität, Universalisierbarkeit usw.) angemessener sei.

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  30. Wie etwa Habermas (1983: 184) festhält, läßt sich über die „Art der Prinzipien, ob sie sich nun utilitaristisch, naturrechtlich oder kantianischen Ethiken zurechnen lassen, keine Stu-Mit diesen Ausführungen über die moralischen Orientierungen und den fendifferenz mehr“ begründen. Eine solche Unterscheidung kann nur im Rahmen einer bestimmten normativen Theorie geltend gemacht werden.

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  31. Wörtlich lautet die Begründung: „The interviewer must often push the subject to provide arguments on the nonchosen issue. As a result, subjects may sometimes use arguments in support of the nonchosen issue that represent slightly less mature thinking than that of which they are capable. For these reasons, scores for the subject’s chosen issue are weighted more heavily in the calculation of global interview stage scores than are scores on the nonchosen issue“ (Colby et al. 1987e: 161).

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  32. Zu fragen bliebe, woher die Autoren die Gewißheit nehmen, was die wirklichen Fähigkeiten der Interviewteilnehmer in einem solchen Falle sind. Besitzen die Befragten die Fähigkeit aber tatsächlich, setzen sie jedoch bei der Argumentation zugunsten der von ihnen nicht vertretenen Entscheidungsrichtung nicht in vollem Umfang ein (so vielleicht aufgrund stark verfestigter normativ-inhaltlicher Überzeugungen), dann handelt es sich bei den betreffenden Argumenten um unreliables Antwortmaterial. Die mutmaßliche Diskrepanz läßt sich durch eine Gewichtung allerdings höchstens abschwächen und nicht eleminieren.

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  33. Anzumerken ist, daß Kohlberg (vgl. Colby et al. 1987e: 161 sowie 186f.) einräumt, die Bestimmung des vertretenen Standpunktes könne einen substantiellen Einfluß auf die Berechnung des Gesamtstufenwertes ausüben.

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  34. Dies bedeutet nicht, daß die kognitive Entwicklung damit zum Stillstand kommt. Innerhalb der formal-operatorischen Stufe werden über die Äquilibrationsprozesse „unaufhörlich neue Strukturen“ aufgebaut (Piaget 1983 [1970]: 81).

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  35. Wenn hier von höherem bzw. geringerem Einfluß die Rede ist, so ist damit der jeweilige Betrag gemeint. Denn, wie aus der zweiten Hypothese hervorgeht, sollten nur die Argumente im positiven Sinne zur Rechtfertigung einer Entscheidung beitragen, die eine bestimmte Entscheidungsrichtung stützen. Besteht eine inhaltliche Dissonanz bzw. Inkonsistenz zwischen einem erwogenen Argument und der getroffenen Entscheidung, setzt sich ein Akteur also trotz besseren Wissens über seine eigenen Argumente hinweg, so sollte dies natürlich dazu beitragen, daß die Entscheidung von den Befragten als moralisch weniger gerechtfertigt beurteilt wird.

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Dülmer, H. (2001). Die Entwicklung des moralischen Urteils nach Kohlberg. In: Argumente, Bildung und Moral. Forschung Soziologie , vol 69. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09291-9_2

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