Die Wissenschaftlichkeit des Rational-Choice-Ansatzes in der Politikwissenschaft

Zusammenfassung

Immer wieder ist zu lesen, daß der Rational-Choice-Ansatz den Ansprüchen, die die Naturwissenschaften an sich stellen, gewachsen sei. Bei einer Überprüfung von Rational-Choice-Modellen nach den Kriterien des in den Naturwissenschaften vorherrschenden Falsifikationismus stellt sich jedoch heraus, daß sie diesen Kriterien nicht gerecht werden. Das gilt sowohl für den sogenannten naiven Falsifikationismus als auch für eine raffiniertere Variante. Allerdings wird auch immer wieder der Falsifikationismus als Wissenschaftstheorie in Frage gestellt. Ich schlage eine Beurteilung nach den schwächeren Kriterien der Wissenschaftstheorie von Imre Lakatos vor und werde an einer Anomalie das Vorgehen beispielhaft vorführen. Die hier vorgenommene Beurteilung zeigt — wenn auch hinsichtlich nur einer Anomalie — daß zumindest der Wissenschaftscharakter für den Rational-Choice-Ansatz beansprucht werden kann, da sich einzelne theoretisch progressive Fortentwicklungen zeigen. Allerdings muß auch erkannt werden, daß es mit der empirischen Progressivität schlecht bestellt ist. Eine Superiorität des Rational-Choice-Ansatzes im Vergleich zu anderen Ansätzen zu behaupten, entbehrt nach den hier gewählten Kriterien der wissenschaftstheoretischen Grundlage.