Zusammenfassung
Experten sind heute in fast allen Bereichen der Alltagswelt präsent, und ihr Wissen ist gefragt. Dies soll folgendes Beispiel illustrieren: Ein Grundstückseigentümer hatte einen Gartenteich angelegt, der in die Stadtbiotopkartierung aufgenommen wurde. Ein Nachbar und seine Ehefrau fühlten sich in den Sommermonaten durch das nächtliche Quaken der Frösche gestört. Im Rechtsstreit mit dem Teichbesitzer wurde eine umfangreiche Beweisaufnahme erstellt und eine ausführliche Begutachtung durch Experten vorgenommen. Die Richter verschafften sich durch das Abhören von Tonbandaufzeichnungen der Froschgeräusche einen eigenen Eindruck und fällten daraufhin folgendes Urteil:
„Wer einen Gartenteich anlegt und unterhält, an dem sich Frösche ansiedeln, ist Störer hinsichtlich der durch sie verursachten Lärmeinwirkung. Bei der Beurteilung von Lärmimmissionen ist auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen abzustellen. Für Lärm durch Froschquaken kann die erforderliche wertende Abgrenzung das geänderte Umweltbewußtsein und den auf Frösche bezogenen Artenschutz nicht unberücksichtigt lassen. Auch einem verständigen Durchschnittsmenschen sind aber massive Störungen seiner Nachtruhe [...] nicht zumutbar.“ (BGH zit.n. Toffert 1994: 57; Hervorhebung, d.V.)
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Guschker, S. (1998). Glaubwürdigkeit und Vertrauen Akzeptanzkriterien von Expertenwissen. In: Lucke, D., Hasse, M. (eds) Annahme verweigert. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09270-4_4
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