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Akzeptanzforschung

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Akzeptanz
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Zusammenfassung

Bei der Akzeptanzforschung handelt es sich mehr um ein soziologisches Forschungsdesiderat und um ein erst noch einzulösendes Arbeitsprogramm denn um ein etabliertes Fachgebiet mit dem theoretisch und empirisch hinreichend gesicherten Wissen einer auch außerhalb der Disziplin anerkannten Speziellen Soziologie. Dies gilt zumindest auf den ersten Blick. Insoweit, als das hier unter dem Stichwort „Akzeptanz“ in einer subjektorientierten Perspektive thematisierte Phänomen zwar seit langem bekannt, in der Soziologie aber bislang weder „en detail“ noch „en bloque“ zufriedenstellend untersucht ist, kann man von einem eigenständigen Forschungszweig einer Soziologie diesen Namens derzeit nicht sprechen.

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Literatur

  1. Die theoriegeschichtlichen Wurzeln und unterschiedlichen disziplinären Strömungen dieser Diskussion über die an verschiedenen Stellen gegebenen Hinweise hinaus (vgl. insbes. Kap. 3.1.3) nachzuzeichnen und im einzelnen zu eruieren, kann nicht Aufgabe dieser Abhandlung sein. Die Untersuchung stützt sich, wie in der Einleitung vermerkt, in der Hauptsache auf aktuelle soziologische Quellen. Sie wurde bewußt gegenwartsbezogenund in erster Linie mit erfahrungswissenschaftlichen Intentionen angelegt.

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  2. Dem Hauptanwendungsfeld Technikakzeptanz entsprechend war der Akzeptanzbegriff anfangs auf das Engste mit den Gebieten der Verfahrens- und Produktinnovation verknüpft und auf den Verwendungszusammenhang der Rationalisierung von Büros und Betrieben beschränkt. Zwischenzeitlich hat sich der Anwendungsbereich des Akzeptanzbegriffs, wie in Teil 1 im einzelnen dargelegt, erheblich erweitert.

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  3. Untersuchungenzur Bedienerakzeptanz von Textverarbeitungssystemen-einschließlich der Akzeptanz der hierzu bei den Belegschaften durchgefiihrten Begleitstudien - wurden als Beiträge zur “Anwenderforschung im technisch-organisatorischen Wandel” mit Vorläufern in den 60er Jahren (z.B. Touraine u.a. 1965) bereits Ende der 70er Jahre durchgeführt (beispielhaft Reichwald 1978; Reichwald u.a. 1979; Lippert u.a. 1979; Schónecker 1980).

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  4. Zur Methode des “Technology Assessment” (TA) und zum Konzept der “Sozialverträglichkeitsanalyse” bei der Einfiihnrng innovativer Großtechnologien im bibliographischen Überblick vgl. von Thienen (1983).

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  5. Am Rande erwähnenswert ist ein zum Zeitpunkt der Recherche einziger Titelnachweis, welcher Akzeptanz als Bedingung demokratischer Legitimität thematisiert. Hierbei handelt es sich um den Abdruck eines Vortrags des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Ernst Benda vom 30.10.1987.

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  6. Ein Beispiel hierfiir ist eine Untersuchung zur Akzeptanz des in der Öffentlichkeit lange umstrittenen Zerrüttungsprinzips im reformierten Scheidungsrecht (Breithaupt 1986).

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  7. Zu den wenigen und entsprechend viel zitierten Ausnahmen gehören neben einschlägiger Literatur vor allem aus den 60er Jahren die techniksoziologische Diffusionsstudie zur Verbreitung des Telefons im historisch angelegten Vier-Länder-Vergleich (Rammert 1990a), die Sekundäranalyse zum Fortschreiten der Frauenemanzipation und sich verändernden Geschlechterrollen in verschiedenen westlichen Ländern (Pfeil 1975), die “Knowledge and Opinion about Law-”, die sogenannten “KOL-Studien” zum Rechtsbewußtsein in den Rechtskulturen unterschiedlicher Industrieländer (Kaupen 1973), die ebenfalls international vergleichende “Political Action”-Studie zur politischen Partizipation (Kaase o.J.) sowie die stärker sozialpsychologischausgerichtete Untersuchung zu “guilt” und “shame” im Vergleich von Schuld- und Schamkulturen (Bierbrauer 1992).

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  8. Weithin unbekannt ist ferner, wo Akzeptanz von Fall zu Fall wieder entzogen, nur noch unter Bedingungen gewährt oder - aus den unterschiedlichsten Gründen und Motiven - scheinbar plötzlich auf andere Gegenstände, Themen, Normen, Werte, Argumente und Maßnahmen verlagert wird. Die Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen würde nicht nur Rückschlüsse darauf erlauben, weshalb beispielsweise die Einführung technischer Innovationen in Japan problemloser möglich ist als bei angelsächsischen Belegschaften.

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  9. Auf dem Gebiet der Kunst und des Geschmacks finden sich akzeptanzrelevante empirische Ergebnisse in kunstpsychologischen (z.B. Schuster 1992), aber kaum in kunstsoziologischen Arbeiten. Für Ansätze einer auch soziologischen Erforschung von künstlerischen und von GeschmackspräferenzenMueller (1963); Bongard (1974); Burckhardt (1986) sowie im Bereich der Mode (Bovenschen 1986) und im sozialpsychologischenBereich Drews (1970).

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  10. Die hierzu auf kultursoziologischem Gebiet namentlich von Pierre Bourdieu vorgelegten Studien (Bourdieu 1981; 1982) sind auf die Verhältnisse in Frankreich bezogen und in ihrer empirischen Fundierung schon 30 Jahre alt. Obwohl sie in der Zwischenzeit eine Flut von Sekundärliteratur (zur Kritik ihrer Methoden etwa Blasius/Winkler 1989) - auch und gerade in Deutschland - produziert haben, sind diese Untersuchungen bis heute ohne deutsches Pendant. Ähnliches gilt im Bereich des Umgangs mit alltäglichen Gebrauchsgegenständen für die in Frankreich unter dem Titel: “Le système des objets” ebenfalls zum Klassiker avancierte Arbeit des Soziologen und Medienkritikers Jean Baudrillard (Baudrillard 1991).

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  11. Im Unterschied zur Soziologie existiert etwa im Bereich der Sozialpsychologie ein hier nicht im einzelnen zu belegender Fundus experimentell bestätigter Ergebnisse zu personeller und sexueller Attraktivität (“attraction”) und dem daraus resultierenden Kontaktverhalten (“dating”) zwischen den Geschlechtern.

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  12. Vgl. hierzu etwa die Ausführungen Kants zum Geschmacksurteil (Kant 1797a, 1991: 67ff.), die Anmerkungen Meads zu einer behavioristischen Theorie der Asthetik (Mead 1934, 1973: 24) sowie zur kultursoziologischen Begründung einer solchen Theorie Bourdieu (1981, 1982).

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  13. Unter ihnen bildet neben anderen vor allem die Sozialpsychologie die an einigen Stellen bereits angeklungene und im weiteren noch näher zu betrachtende Ausnahme (s. Kap. 3.1.3 und 3.2).

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  14. Zum Alltag als einem soziologischen ‘Restphänomen’ Alheit (1983).

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  15. In dieser - nicht unproblematischen - Einseitigkeit gründet die Tatsache einer, von unterschiedlichen Positionen ausgehend, theoretisch und empirisch gut entwickelten Soziologie des abweichenden Verhaltens (stellvertretend für viele andere Becker 1973; Wiswede 1973; Opp 1974; Lüderssen/Sack 1975; Lamnek 1988) im Vergleich zu einer weit weniger entwickelten Soziologie der Konformität (Peuckert 1975; Wiswede 1976) ebenso wie die - mit Ausnahme der Ethnomethodologie (als Überblick Weingarten 1976) - lange Vernachlässigung von Alltag und Alltagsnormen in der deutschen Soziologie.

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  16. Ohne sich bei der Auswahl ihrer Themen und bevorzugten Forschungsfelder mit der Sensationsgier der Medien zu decken und in das andere Extrem zu verfallen, versäumte es die Soziologie bei dieser Grundeinstellung hier, wie in einigen anderen Fällen, sich am aktuellen Handlungs- und Beratungsbedarf, etwa der Politik, in der einer anwendungsorientierten Wissenschaft angemessenen Weise zu orientieren.

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  17. Als Überblick über deren Entwicklung und derzeitigen Forschungsstand mit Hinweisen auf frühere Arbeiten Beck/BonB (1989).

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  18. Für eine in ihrer alltagsorientierten bzw. kritischen Ausrichtung erst am Anfang stehende Techniksoziologie Horning (1985) bzw. Ost (1988).

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  19. In den Ausgangsannahmen der “naiven” (Primär-)Rationalisierer gemeinhin übersehen wurde, daß es sich bei den Rationalisierten nicht mehr um die Bewohner nicht-wissenschaftlicher, nicht-technischer oder “rechtloser” Gegenwelten, sondern um ihrerseits rationalisierte und zu rationale Nicht-Akzeptanz fähige Subjekte handelte.

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  20. Ein solcher Ruf haftet bevorzugt jenen Bereichen angewandter Akzeptanzforschung an, bei denen ein sozialtechnologisch, betriebswirtschaftlich, profit-oder parteipolitisch motiviertes Interesse an Machterhalt, Manipulation, technokratischer Gesellschaftsplanung oder an der Produktivitäts- und Konsumsteigerung nicht einfach von der Hand zu weisen ist. Dies gilt speziell für die Effektivitäts- und die wissenschaftliche Begleitforschung, aber auch fir Teile der politischen Wahl-, der RechtsbewuBtseins- und der haushaltsökonomischen Konsumforschung.

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  21. Der emanzipatorische Gehalt, der im Wissen über Akzeptanz und Akzeptabilität auch liegt und einen legitimen Bestandteil soziologischer Aufklärung bildet, wird dagegen häufig übersehen und die - unbestrittene - Instrumentalisierbarkeit und prinzipielle Finalisierbarkeit, wie sie jedem Wissen innewohnt, als (Schein-)Argument allzu pauschal gegen das Betreiben von Akzeptanzforschung gewandt.

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  22. Der Eindruck einer gewissen Theorie- und Wissenschaftszentriertheit bei bloß postuliertem Anwendungs- und Anwenderbezug bestätigt sich anhand der Einzelbeiträge im KZfSS-Sonderheft “Soziologie und Sozialpolitik” (Ferber/Kaufmann 1977) für die zweite Hälfte der 70er Jahre ebenso wie in dem 12 Jahre später von Ulrich Beck und Wolfgang Bonß herausgegebenen Sammelband “Weder Sozialtechnologie noch Aufklärung?” (Beck/Bonß 1989). Beiden Bänden zufolge hat die Verwendungsforschung bislang mehr abstrakte verwendungstheoretische Konzeptionen als anwenderbezogene empirische Befunde anzubieten.

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  23. Ein vergleichbarer, ordnungspolitisch motivierter Forschungsdruck ging vom (vorübergehenden) Legitimitätsgewinn unkonventioneller politischer Partizipation, aber auch von Gesetzgebungsvorhaben aus, die trotz ordnungsgemäßer Verabschiedung im Parlament an mangelnder Akzeptanz in der Bevölkerung (vorerst) scheiterten.

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  24. Dies gilt mit gewissen Einschränkungen auch fir die kultur- und bildungspolitisch nicht un-bedeutsame Erforschung der “Schwellenängste” vor Bibliotheken und Museen und der Rezeptionabarrieren gegenüber zeitgenössischer Kunst und neuer Musik.

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  25. Die Folge war, daß die Atomenergie oder die Nachrichtensysteme als nicht in den ureigensten Gegenstandsbereich der Soziologie fallend definiert wurden und unter Akzeptanzgesichtspunkten soziologisch dethematisiert blieben. Bei den hierzu von Seiten der Soziologie angestellten Untersuchungen handelte es sich somit im Grunde um “Akzeptanzdebatten”und “Akzeptanzherstellungsverfahrens”-Forschung und damit um “poliiics”-Forschung im Sinne (rechts-)politologischer Unterscheidungen (hierzu GörlitzNoigt 1988: 1).

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  26. Ergebnisse solcher Forschungen beziehen sich deswegen stets auf die von Vertretern der beteiligten Disziplinen festgestellte Akzeptabilität, d.h. auf die von Atomphysikern, Maschinenbauern, Elektroingenieuren, Juristen oder Finanzexperten beurteilte objektive Akzeptierbarkeit von Kernkraftwerken, schadstoffarmen Autos, gerechten Gesetzen und sozialverträglichen Steuerreformen, nicht jedoch auf deren subjektive und intersubjektive Akzeptanz in der Bevölkerung oder in Gruppen der mittelbar und unmittelbar Betroffenen.

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  27. Auf die Notwendigkeit einer solchen Trennung haben explizit und sehr dezidiert MeyerAbich/Schefold (1986: 34) hingewiesen.

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  28. Eine solche dient weniger der Gewinnung von Erkenntnissen als der Delegitimierung antizipierbarer Kritik. Dies gilt teilweise für das “Technology Assessment” und die Sozialverträglichkeitsanalyse, für Teilbereiche der wissenschaftlichen Begleit- und der rechtstatsächlichen Implementations- und Evaluationsforschung, für Teile der Ressortforschung und der “policy”-Forschung sowie für die Aktionsforschung, wo immer diese ihre wissenschaftlichen Grenzen überschreitet und zum interessegeleiteten Aktionismus wird.

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  29. Stellvertretend für die indirekte Behandlung von Akzeptanfragen, beispielsweise im Zusammenhang der Berufsprestige- und der Mobilitätsforschung der 50er- und der 60er Jahre, Bolte (1959) und Fürstenberg (1962).

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  30. Als einschlägiger Forschungsüberblick Cohen (1968). Für eine Übersicht über die Beiträge amerikanischer Soziologen zur Verbreitung und Neuformulierung klassischer Theorien sozialer Ordnung, in der insbesondere auch die Geistesgeschichte dieser Idee und ihre Schlüsselstellung bei der Entstehung der Soziologie als intellektueller Disziplin herausgearbeitet wird, Parsons (1937).

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  31. Das “sogenannt” bezieht sich darauf, daß es sich bei Weber, wie auch bei Theodor Geiger (Geiger 1970, 1947), in beiden Fällen um “Vorstudien zu einer Soziologie des Rechts” und nicht um ausgearbeitete rechtssoziologische Theorien handelt.

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  32. Sämtliche auf Max Weber bezogenen Seitenangaben(S.) dieses Abschnitts folgen der 1968 erschienenen Studienausgabe der “Methodologischen Schriften” (Weber 1913, 1968).

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  33. Die Literatur zu dem im etwas weniger modernen Begriffsumfeld im Überschneidungsbereich der “Übereinstimmung” und des “Einverständnisses” anzusiedelnden “Konsens” ist mittlerweile Legion und allein aus dem sozialwissenschaftlichen Bereich heraus kaum mehr zu überschauen. Zum verwandten Begriff des “common sense” mit zahlreichen wissenssoziologischen Quellennachweisen Albersmeyer-Bingen (1986); zum Phänomen selbst im sozialwissenschaftlichen Kontext phänomenologischer Handlungsinterpretation Schütz (1953).

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  34. “AGIL” ist die Abkürzung fir die nach Parsons vier zentralen Systemfunktionen: Adaption, Goal Attainment, Integration und Latent Pattern Maintainance (vgl. Parsons 1951).

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  35. Als historische Rekonstruktion der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der “Öffentlichen Meinung” etwa Bauer (1914) und Lenz (1956).

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  36. Als Auseinandersetzung mit der transzendentalen Intersubjektivitätstheorie Husserls - und u.a. auch mit der transzendental-philosophischenSozialontologie Jean-Paul Sartres - vgl. die als Nachdruck erneut veröffentlichte Habilitationsschrift von Michael Theunissen (Theunissen 1981, 1964). Als Einfiihrung in das Husserlsche Gesamtwerk Prechtl (1991).

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  37. Sie im einzelnen aufzufiihren und nach dem jeweils erreichten, potentiell akzeptanzrelevanten Forschungsstand “en detail” aufzuschlüsseln, verbietet sich an dieser Stelle allein aus Platzgründen.

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  38. Für eine praxisbezogene Nutzanwendungs-bzw. wissenschaftsinterne Rezeptionsforschung am Beispiel der praktischen Anwendbarkeit der Organisationssoziologie Argyris (1972), exemplarisch fir die (Nicht-)Akzeptanz der DDR-Soziologie durch die westdeutsche “scientific community” Wagner (1989) sowie speziell zur Diffusion des Konzepts “soziale Kontrolle” Janowitz (1973). Für eine Forschungsperspektive von Verwendung als Trivialisierung bzw. Vulgarisierung, welche in diesem Punkt der revidierten Verwendungsforschung der späten 80er Jahre vorauseilt, Kaufmann (1969: 77) sowie mit entsprechend anderem Trivialisierungsbegriff und damit verbundenen Nutzungsvorstellungen Tenbruck (1975).

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  39. Trotz nachweislich vorhandenen gegenstands- und themenabhängigen Präferenzen ist es nicht möglich, systematische oder gar limitationale Verknüpfungen zwischen dem Vorherrschen bestimmter theoretischer und terminologischer Konzeptualisieningen und deren (ausschließlicher) Anwendung auf eine bestimmte Rationalisierungssphäre festzustellen und entsprechend eindeutige Zuordnungen vorzunehmen.

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  40. Dies gilt insoweit, als diese Kritik die in der Rollentheorie zu einfache Gleichsetzung von Normakzeptanz, Normgeltung und Normbefolgung problematisiert und damit den Blick fir hierzu analoge Differenzierungsnotwendigkeiten auch bei der Untersuchung von Akzeptanzphänomenen schärft.

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  41. Bei der Handlungstheorie (als aktuellen Überblick Luckmann 1992) gilt dies speziell für das Konzept alternativer Wahlfreiheiten und kontingenter Wirklichkeitsdeutungen sowie f ir Aspekte von Handlungsverantwortung, Zurechenbarkeit und Responsabilität als wichtigen Kriterien auch für die differentielle Akzeptanz von Motiven, Handlungen und Handlungsergebnissen. Ethnomethodologische und alltagssoziologische Erkenntnisse sensibilisieren vor allem für die interpretativen und konstruktivistischen Aspekte bei der Erforschung von Akzeptanzphänomenen(als Überblick Weingarten 1976).

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  42. Im zuletzt genannten Fall gilt dies vor allem fur die Vorurteilsforschung als einem zentralen Gebiet der Einstellungsforschung. Sie stellt wichtige Einsichten und Anhaltspunkte zur empirischen Erforschung speziell der Akzeptanz und Ablehnung bestimmter Personen(gruppen), aber auch fir die Beurteilung abweichenden Verhaltens bereit.

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  43. Ein Teil der aus der sozialpsychologischen Konformitätsforschung verfügbaren Befunde sind wegen ihrer Beschränkung auf Kleingruppen und wegen des Experimentalcharakters von Laborsituationen als Grundlage weiterführender soziologischer Akzeptanzforschung nur bedingt geeignet. Umgekehrt ist die soziologische Konformitätsforschung wegen mangelnder Konkretheit und Operationalisierbarkeit aus Sicht der experimentellen Sozialpsychologie unzulänglich.

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  44. Die Dissonanztheorie, die vielleicht sogar eher als “Konsonanztheorie” zu bezeichnen wäre, wurde wiederholt modifiziert und ist von mittlerweile zahllosen Autoren weiterentwickelt worden. Sie war auch auf vielen anderen Forschungsfeldern Anstoß zu einer Vielzahl empirischer Untersuchungen (als Überblick Frey 1980).

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  45. Speziell zum Sich-Entschuldigen und -Rechtfertigen als verlorengegangene Zurechnungsfähigkeit wiederherstellenden Strategien im Alltag Schild (1988).

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  46. Speziell zum Zusammenhang von Prestige und Imitation innerhalb von Kleingruppen Asch (1948).

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  47. Drogenkonsum, Teilnahme an einer Demonstration oder die Häufigkeit gegenseitiger Besuche z.B. fuhren nicht nur zur Selbstdefinition als Drogenabhängiger, Demonstrant oder Freund. Sie erhöhen, so wird man annehmen können, auch die Akzeptanzwahrscheinlichkeit homogener Einstellungen zu den betreffenden Verhaltensweisen und Beziehungen (für diese und weitere soziale Funktionen der gesellschaftlichen Akzeptanz vgl. auch Kap. 2.3).

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  48. Diese Realitätsprüfung vollzieht sich stets im Vergleich zu Meinungen relevanter anderer und wird insbesondere dann angewandt, wenn objektive, d.h. nicht-soziale Beurteilungsmaßstäbe fehlen. Dies geschieht, wie durch das “Standard-Konformitäts-Experiment” von Asch und Sherif zum Autokinetischen Effekt (Asch 1956) eindrucksvoll belegt, unter zumeist freiwilligem Verzicht auf direkte Realitätstests und faktische Überprufung der eigenen Sinneswahrnehmung.

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  49. Diese wird der analogisierenden Annahme zufolge, ähnlich wie einmal erteilte Akzeptanz, dann z.T. trotz sie widerlegender Zusatzinformationen und bisweilen sogar gegen jede empirische Evidenz aufrechterhalten. Hierin erweisen sich sowohl Einstellungskonformitätwie Akzeptanz als bis zu einem gewissen Grade realitäts- und veränderungsresistente soziale Phänomene.

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  50. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn vermehrte Gewaltanwendung höhere Gewaltbereitschaft und größere Gewaltakzeptanz nach sich zieht und ihre gehäufte Beobachtbarkeit sie anschließend auch einstellungsmäßig legitimiert.

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  51. Dem entsprechen Allodoxia-Effekte bei der Wahrnehmung und Einschätzung unterschiedlicher Akzeptanzobjekteund deren fehlerhafte (falsche) Akzeptanz infolge allodoxischerTäuschungen.

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  52. Im Bereich der Akzeptanz und ihrer typisierbaren Symbolisationen entspräche dem die unverhohlene Bewunderung f ir Straftäter, aber auch das partielle Auseinanderfallen von akzeptierter Rechtsnorm bei gleichzeitiger Nicht-Akzeptanz der Gleiches vorschreibenden Sozialnorm.

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  53. In der Widersprüchlichkeit von gesamtgesellschaftlich akzeptierten Wertvorstellungen (“Nächstenliebe”) und diese rechtlich sanktionierenden und ebenfalls fur richtig gehaltenen Gesetzen (Straftatbestand der “unterlassenen Hilfeleistung”) bei verbreiteter sozialer Zulässigkeit beidem widersprechender Verhaltensweisen der Zuschauer (“untätig Zuschauen statt Helfen”) findet diese Erscheinung mit dem vor allem in der Reaktanzforschung untersuchten Gegenstück der Weigerung, angebotene Hilfe anzunehmen, in den vielfältigen Bedeutungsebenen der Akzeptanz eine augenfällige Analogie. Eine andere Variante des Phänomens der Zuschauerintervention findet neuerdings ihren Ausdruck in der von den neuen sozialen Bewegungen, insbesondere von Umweltschutzorganisationen, praktizierten Strategie des “boaring witness”.

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  54. Angesichts ausländerfeindlicher Entwicklungen in den neuen und alten Bundesländern dürfte das Thema auch hier in Deutschland wieder an Aktualität gewinnen und müßte Gegenstand einer differenzierten soziologischen Akzeptanzforschungwerden (zu deren Perspektiven und Arbeitsfeldern ausführlich Kap. 3.4).

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  55. Der Sachverhalt spielt z.B. bei Fragen der Normgeltung und der Gesetzesakzeptanz vor dem Hintergrund unterschiedlicher Zwangs- und Anerkennungstheorien des Rechts eine Rolle.

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  56. Vgl. hierzu das im Schlußteil der Arbeit unter dem Begriff “Akzeptanzparadoxon” beschriebene Phänomen.

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  57. Perzeptions- und damit auch Akzeptanzkriterien bei widersprüchlichen Erwartungen sind u.a. die vermutete Legitimität der Erwartung und der befürchtete Eintritt von Sanktionen (vgl. Wiswede 1976: 152). Hierbei stattfindendes Lernen ist - so steht zu erwarten - nicht nur einfaches Reaktionslernen. Vielmehr handelt es sich auch um intentionales kognitives Verhalten zur Überprüfung von Erwartungen (auch im Sinne eines Probehandelns). Dieses schließt die Antizipation von Handlungsergebnisseneinschließlich der “antizipierten Dissonanz” (Peuckert 1975), der “Erwartungsenttäuschung” (Luhmann 1969b) und der “Frustrationstoleranz” (Habermas 1971) mit ein.

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  58. Dem Rollenstreß zu entgehen, wird Konformitätstheorien zufolge möglich u.a. durch Senkung der sozialen Visibilität, der Manipulation des Rolleninhalts und seiner Reduktion, etwa beim “role overload” der berufstätigen Mutter, oder durch geschicktes “muddling through” zwischen pluralistischen Bezugssystemen.

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  59. Speziell angesprochen sind sozialpsychologische Forschungen über “perception of choice”, zur Reaktanzantizipationund zum Phänomen des “reacting to reactance”. Für den Versuch einer ersten Systematisierung solcher Faktoren und Faktorengruppen im Bereich der Akzeptanz s. Kap. 3.5.

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  60. Auf Schwierigkeiten bei der empirischen Prüfung der (von den Autoren stets mit Bindestrich auseinandergehaltenen) Reaktanz-Theorie weisen auch Gniech/Grabitz (1980: 52) hin.

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  61. Diese Diskussion läßt sich bis zu einem bereits 1848 unter dem Titel “Civil Disobedience” erschienenen Essay des Frankokanadiers Herry David Thoreau (Thoreau 1848, 1969) zurückverfolgen. Thoreau hatte die Schrift seinerzeit verfaßt, nachdem er selbst der Steuerhinterziehung angeklagt worden war. Zum zivilen Ungehorsam und dessen Berechtigung auch Rawls (1975, 1979: 399ff., 409ff.).

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  62. Zur fir die Disziplin konstitutiven, in der neueren Soziologie etwas in Vergessenheit geratenen, ursprünglich sehr engen Verbindung zwischen Recht und Soziologie vgl. Gephart (1990) sowie Oswald (1990). Vielfältige Wechselbezüge und Gegenstandsüberschneidungen zeigen sich nicht nur in der Begrifflichkeit. Sie sind auch in der konvergierenden Analyse von sozialer Ordnung und sozialer Herrschaft nachweisbar.

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  63. Als umfassende Oberblicke über die Geschichte des Fachs Luschen (1979); Lepenies (1981).

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  64. Für eine grundsätzliche Abgrenzung von “Vorläufern” und direkten “Beiträgen” zur Theorieentwicklung vgl. Claessens (1968, 1970: 16f.).

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  65. Die erhaltenen Ergebnisse sind von begrenztem Aussage- und noch geringerem Vorhersagewert, lassen doch Meinungsäußerungen- und um nichts anderes handelt es sich hierbei - grundsätzlich keine gültigen Rückschlüsse auf die innere Einstellung und erst recht keine zuverlässigen Prognosen tatsächlichen Verhaltens zu (vgl. anstelle vieler anderer Bierbrauer 1976). Beides wäre die Voraussetzung, um aktuell vorhandene latente Akzeptanzbereitschaften diagnostizieren und künftig gezeigte Akzeptanzhandlungenvorhersagenzu können.

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  66. Von der Einstellungsforschung gestellte Zustimmungs- und/oder Ablehnungsfragen sind umgekehrt oft nichts anderes als im empirischen Meinungsfeld eingesetzte Instrumente angewandter Akzeptanzforschung. Jedoch erschöpfen sich Anwendungsbereich und Methodenrepertoire der Akzeptanzforschung nicht in einer bloßen Variante der sozialpsychologischen Einstellungsforschung. Wie in Kap. 3.4 noch näher ausgeführt wird, hat die Akzeptanzforschung sich darüber hinaus noch anderer, spezifisch soziologischer Methoden und Instrumentarien sowie sich hiervon unterscheidender Untersuchungsansätze, Operationalisierungen und Forschungskonzepte zu bedienen.

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  67. Bekannte Konformitätstheorien z.B. beantworten nicht die Frage nach der Entstehung und Bedingtheit der in einer konkreten Gesellschaft zu einem bestimmten historischen Zeitpunkt legitimen Erwartungen, welche Konformität in angebbaren Bevölkerungsgruppenerzwingen oder aber Abweichungen geradezu herausfordern. In ihnen ebenfalls weitgehend außer Betracht bleibt die jeweils durchgesetzte und mehrheitlich akzeptierte Wertordnung, welche die Akzeptanz aktualisierter Norm(alitäts)vorstellungen begünstigt oder aber verhindert.

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  68. Für eine methodenkritische Betrachtung der Einstellungsforschung und ihrem nicht unproblematischen Bezug zur sozialen Wirklichkeit grundsätzlich Berger (1974). Zu Problemen speziell der Einstellungsmessung auch Petermann/Hormuth (1978).

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  69. Letztere sind als begriffsanalytische und handlungstheoretische Unterscheidungen in Teil 1 dieser Arbeit grundgelegt (vgl. insbes. Kap. 1.3.2). Die Unterscheidungen bilden Voraussetzungen ihrer auch methodischen Differenzierbarkeit und graduellen Feststellbarkeit.

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  70. Angesprochen ist zum einen die Einstellungsforschung. Sie gilt seit der berühmten Studie von William I. Thomas und Florian Znaniecki über den polnischen Bauern in Amerika (Thomas/Znaniecki 1918) als zentraler, wenn nicht gar als der Forschungsgegenstand der Sozialpsychologie überhaupt. Auch die Konformitdtsforschung ist - im Unterschied zur Soziologie des abweichenden Verhaltens und der sozialen Kontrolle - ein traditionelles und entsprechend traditionsreiches Arbeitsfeld der Sozialpsychologie.

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  71. Für künftige Akzeptanzforschunguneingeschränktgeeignete Methoden und Instrumentarien werden, soweit sie zum Standardrepertoire der empirischen Sozialforschung gehören, nicht eigens behandelt und im folgenden als bekannt vorausgesetzt.

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  72. Die Liste dieser Fragen ließe sich beliebig fortsetzen und, auf das Widerstandsverhalten und die Perzeption bzw. Antizipation bedrohter oder schon verloren gegangener Freiheitsgrade bezogen, über weite Teile auch auf die Reaktanzforschung übertragen.

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  73. Diese Diskrepanz wird für künftige Alczeptanzforschung, soweit diese Einstellungen und Verhalten in ihre Untersuchungen einbezieht und sich nicht auf eine der beiden Ebenen beschränkt, als Methodenproblem von zentraler Bedeutung werden.

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  74. Ahnliche Effekte sind beobachtbar beim “coming out” prominenter Homosexueller oder bei den öffentlichen Selbstbekenntnissenbekannter Frauen zu einer Schwangerschaftsunterbrechung.

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  75. Deren Auftritte sind, in der massenmedialen Gesellschaft zumal, von den Richtlinien publikumsgerechter Selbstinszenierung und offizieller Selbstdarstellung geprägt und gehen - mit teilweise ergebnisverzerrenden Konsequenzen für die empirische Akzeptanzforschung - allzu häufig bis zur bekenntnislosen Anpassung in diesen auf.

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  76. Mitzuberücksichtigen sind u.a. die gewichtete soziale Relevanz der jeweiligen Meinungsgegner, die Akzeptanzchancen von Gegenargumenten und die Stärke der von ihnen beherrschten Gegenöffentlichkeiten.

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  77. Anhand der zu einem bestimmten Zeitpunkt erhobenen und stets nur auf den Augenblick bezogenen Konformitäts-oder Nonkonformitiitsäußerungensind solche Trends weder vorhersagbar noch in ihren jeweiligen Ursachen empirisch ermittelbar. Sie bilden somit auch kein uneingeschränkt taugliches Instrument zur Diagnose und Prognose künftiger Akzeptanzwahrscheinlichkeiten.

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  78. Als Formen ‘verdeckter Konformität“ sind diese Phänomene, ähnlich wie die ”heimliche Akzeptanz“, empirisch adäquat nur außerordentlich schwer zu erfassen. Erschwerend kommt hinzu, daß in aller Regel auch keine direkten Rückschlüsse von institutionalisierten Verhaltensnormen auf informell geltende Konformitätserwartungen oder auf deren akzeptierte Verhaltenswirksamkeit möglich sind.

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  79. Diese Diskrepanz wird für künftige Alczeptanzforschung, soweit diese Einstellungen und Verhalten in ihre Untersuchungen einbezieht und sich nicht auf eine der beiden Ebenen beschränkt, als Methodenproblem von zentraler Bedeutung werden.

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  80. Unter den genannten Voraussetzungen wurden Attituden als Kausalfaktoren fir individuell prognostizierbares Verhalten angesehen. In ihrem Vorhersagewert ähnelten sie in etwa den gerätetechnischenund energiepolitischen Akzeptanzvoraussetzungenin bezug auf potentielle Nutzer und Bediener.

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  81. Dabei wurde insbesondere die Bedeutung der (sub-)kulturellen Rahmung als empirisches Argument gegen die theoretische Konzeptionalisierung von Akzeptanz als einer (system-) immanenten, historisch und interkulturell invarianten Eigenschaft gewandt.

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  82. In der Empirie außer Betracht blieb vor allem, daß externe Einflußfaktoren, wie Gruppennormen, Rollen und Situationsdefinitionen, unter Umständen eine Überprüfung von Attituden erfordern und es notwendig machen können, diese in Übereinstimmung mit den jeweiligen situativen Zwängen zu bringen. Von der angewandten Einstellungsforschungvernachlässigt wurde neben den konkreten Bedingungen ihrer situationalen Aktualisierung auch das Entstehen von Attituden als dem möglichen Ergebnis von praktischen Verhaltenskonsequenzen in konkreten Handlungszusammenhängen. Dies fihrte u.a. zu einer gewissen Nichtthematisierung latenter Akzeptanzbereitschaften und inaktiver Protestpotentiale.

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  83. Ähnliches gilt im Bereich der Soziologie für die dort inzwischen vorherrschende Auffassung von Werten als nicht mehr nur unabhängigen, sondern auch ihrerseits abhängigen Variablen mit vergleichsweise undefinierten Wirkungsspektren (stellvertretend für diese Wertauffassung Hillmann 1986). Den gemeinsamen Hintergrund bildet die sich immer mehr durchsetzende Erkenntnis, daß sich ebensowenig wie von einem (abstrakten) Wert von einer (latenten) Attitude direkt auf ein bestimmtes Verhalten in konkreten Situationen schließen oder dieses sich aufgrund von (vermuteten) Wertvorstellungen oder Attituden allein mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit vorhersagen läßt.

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  84. Wie Bierbrauer auf dem Stand der Attitudenforschung der 70er Jahre feststellt, können tatsächlich “nur etwa zehn Prozent des offenen Verhaltens .. aufgrund der gemessenen Attitüdendaten vorhergesagt werden” (Bierbrauer 1976: 7). Triandis (1975) geht sogar so weit anzunehmen, daß Attituden durch beobachtetes Verhalten stärker beeinflußt werden als umgekehrt. Demnach kontrollieren Nonnen etwa doppelt so viel Verhaltenvarianz wie alle anderen Persönlichkeitsvariablen zusammen (vgl. Bierbrauer 1976: 13).

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  85. Bierbrauer (1976: 8) begründet diesen Unterschied in seiner kommentierenden Interpretation der Ergebnisse mit den in der realen Situation “höheren Schwellenwerten” für die Aktualisierung toleranten, also nicht-diskriminierenden Verhaltens. Tatsächlich müßte es an der betreffenden Stelle jedoch “niedriger” heißen. Wie die Untersuchungsbefundebelegen, ist die situative Schwelle dafir, latente Toleranznormen zu aktivieren und sich faktisch tolerant zu verhalten, im tatsächlichen Handlungskontext schneller erreicht (bzw. das Gegenteil schon früher blockiert) als in der distanzierten Beurteilung einer bloß fiktiven Situationskonstellation.

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  86. Ein ähnliches Ergebnis erbrachte ein vergleichbar angelegtes Experiment, bei dem eine Tischreservierung fir eine gemischtrassige Gesellschaft einmal telefonisch bzw. schriftlich vorgenommenwurde, während dieselbe Tischgesellschaft ein andermal das Lokal ohne jede Voranmeldung besuchte. Auch hier wurden Voranmeldungen zum überwiegenden Teil mit dem Hinweis darauf abgewiesen, das Restaurant sei “schon belegt”. In der realen Situation war die Bedienung dagegen mehrheitlich zuvorkommend. Die Darstellung beider Fallstudien folgte Bierbrauer (1976: 6ff.).

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  87. Ansatzweise wird dies bei den Operationalisierungsvorschlägen in Kap. 3.3 sowie insbesondere auch bei den systematisierenden Vorarbeiten in Kap. 3.5 versucht.

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  88. Wie am Anfang des Kapitels dargestellt, geschieht die Messung von Attituden in der Praxis hauptsächlich fiber verbale Statements. Diese werden entlang mehr oder weniger differenzierter Skalen abgefragt. Am gebräuchlichsten sind nach 5 bzw. 7 möglichen Antworten abgestufte Einstellungskalen. In Beliebigkeit und Abstraktheit erinnern sie häufiger an die mit dem Lineal gezogenen Staatengrenzen in den USA als an gegenstands- und problemangemessene Unterscheidungen. Das Erhebungsinstrument - am wohl bekanntesten ist die sogenannte “Liken-Skala” - wird dessen ungeachtet in immer neuen Versionen, im Prinzip und von der Idee her jedoch weitgehend unverändert, seit Jahrzehnten angewandt (stellvertretend Thurstone 1931; Rokeach 1967).

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  89. Diese lassen eben jene Spontaneität, Aktualität und Originalität häufig vermissen und fragen auch im übertragenen Sinne an dem zu einem bestimmten Zeitpunkt gesellschaftlich Relevanten und Interessanten teilweise “vorbei”.

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  90. Dies gilt z.B. für Vorgaben wie: “Sie sind, wie die meisten Ihrer Mitbürger, doch sicherlich auch der Meinung, daß...” oder “Eine Umfrage hat ergeben, daß eine große Mehrheit der Meinung ist, daß... Wie ist Ihre Einstellung dazu?”.

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  91. Den Originaluntersuchungen (Kaupen 1973) zufolge waren 1970 zwei Drittel aller Bundesdeutschen der Meinung, geltende Gesetze seien stets zu befolgen. Fünfzehn Jahre später waren nach einer zum selben Thema durchgeführten Studie des International Social Survey Program (ISSP 1985) nurmehr knapp ein Fünftel der Befragten dieser Ansicht.

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  92. Diese hatte einmal mehr auf “Gerechtigkeit” und einmal stärker auf das nach der NS-Erfahrung gerade hier in Deutschland belastete “Gewissen” gezielt und damit je nach Gruppen-, Milieu- und Generationszugehörigkeit bei den Befragten unterschiedliche Assoziationen ausgelöst.

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  93. Vergleicht man, wie Reuband (1989b) dies getan hat, beide Fragestellungen jede für sich über die Zeit, so zeigt sich, daß die Antwortverteilungen in Wirklichkeit (fast) konstant geblieben sind. 1970 waren 65 % der Befragten der Meinung, “auch ungerechte Gesetze” müßten befolgt werden. 1982 waren es ebenfalls 65 % und 1987 immerhin noch 57%, die diese legalistische Auffassung vertraten.

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  94. Für Teilbereiche der öffentlichen Meinung wurde dieses Konzept u.a. durch die Studie zur Kriegsdienstverweigerung von Kepplinger/Hachenberg (1980) empirisch widerlegt. Inzwischen wurde die “Schweigespirale” (Noelle-Neumann 1980) auch einer umfassenderen theoretischen Kritik unterzogen (Scherer 1990).

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  95. Zur Bedeutung der “Meinungslosen” als einer Restkategorie in der empirischen Sozialforschung bereits Leverkus-Bruening (1966).

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  96. Das Phänomen der Antwortehrlichkeit spielt in der Einstellungsforschung generell eine Rolle. Dies gilt insoweit, als trotz einer gewissen zeitlichen Verhaltensreliabilität von Individuen in aller Regel kaum von einer situationsübergreifenden Generalität von “Ehrlichkeit” ausgegangen werden kann. Selbst diese Tatsache macht Interviewpartner jedoch erst bei dauerhafter Nichtübereinstimmung von Einstellungsäußerungenund tatsächlichem Verhalten für Befragungen untauglich.

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  97. Hierauf keine Antwort zu geben, jedes “no comment”, könnte Anlaß sein, den Befragten perverse sexuelle Neigungen, persönliche Unsauberkeit oder “klammheimliches” Sympathisantentum fir terroristische Vereinigungen, Brandanschläge gegen Asylantenheime und andere kriminelle Handlungen zu unterstellen und die Interviewten ins Zwielicht vermuteter Illegalität setzen.

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  98. Erst aus den feinen Nuancierungen, den leisen Untertönen und den mehr oder weniger dezidierten und körpersprachlich unterstrichenen Ausdrucksweisen oder aber durch entsprechend sensibilisiertes “Lesen zwischen den Zeilen”, wo es sich um die schriftliche Beantwortung offener oder halbstandardisierter Fragen handelt, lassen sich gültige Rückschlüsse auf das tatsächlich (Nicht-)Akzeptierte ziehen.

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  99. Im Fall der eingenickten Richter wurde dies durch ein Gerichtsurteil, dessen Entscheidung seinerzeit nicht nur durch die juristischen Fachzeitschriften ging, bestätigt.

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  100. Schweigen kann stillschweigendes Einverständnis, unausgesprochene Zustimmung und insgeheime Billigung bedeuten, aber eben auch schlichtes Nicht-Wissen, Unverständnis oder Unsicherheit ausdrücken. Zur auch von der Soziologie, nicht nur im Bereich der empirischen Sozialforschung, lange vernachlässigten Kommunikationsform des Schweigens und Verschweigens Bellebaum (1992a).

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  101. Für die konkreten empirischen Befunde Smaus (1985); Puhe (1986). Für methodenkritische Anmerkungen zur Rechtsbewußtseinsforschungallgemein Lucke/Schwenk (1992).

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  102. Dabei ist das Umschlagen von expliziter Zustimmung in offene Ablehnung i.a. leichter zu identifizieren, als es gelingt, die filigranen Feinabstufungen affirmativer Grundeinstellungen und konformer Verhaltensweisen auszuloten. Dies gilt umso mehr, als die Grenzen zwischen Akzeptanz, Gerade-nicht-mehr- und Schon-wieder-Akzeptanz fließend sind. Auch aufgrund diverser situations-, kontext- und milieuabhängiger Maßstäbe sind Unterschiede nur schwer auszumachen und kaum trennscharf zu operationalisieren.

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  103. Das Ausmaß der eigenen subjektiven Oberzeugung zeigt sich in der (z.B. mit Hilfe von Wiederholungsfragenkontrollierbaren)Antwortkonsistenz sowie in der (ebenfalls meßbaren) Intensität und Nachdrücklichkeit der Meinungsbekundung. Diese korreliert ihrerseits positiv mit der Resistenz gegenüber spezifizierten Argumentationsmustern und differenzierten Fallkonstellationen. Letztere können beispielsweise in Form detaillierter Ausnahmesituationen in der Fragestellung thematisiert werden und unterwerfen den erfragten Standpunkt damit gewissermaßen einem “Emsthaf igkeitstest”. Für Ernsthaftigkeitsbedingungen im Sinne von “sincerery rules” in der Sprechakttheorie nach Searle vgl. Habermas (1971, 1976: 111).

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  104. Zur sehr differenzierten Bewertung der Schwangerschaftsunterbrechung vgl. Bora/Liebl (1986) sowie Erbslöh/Koch (1990); zur AIDS-Diskussion und der empirischen Überprüfung ihrer möglichen Folgen u.a. fir die gesellschaftliche Akzeptanz der Homosexualität Reuband (1989a).

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  105. Beim Konsistenzpostulat handelt es sich um eine der zentralen Annahmen der herkömmlichen Einstellungsforschung. Wie das indirekt bereits erwähnte Kausalitätspostulat, so ist auch das Konsistenzpostulat eine Grundimplikation des im Vergleich zu seinen differenzierteren theoretischen Konzeptualisierungen eher einfachen empirischen Attitudenbegriffs. Beide Postulate suggerieren als altributionstheoretische Forschungsfiktionen eine Úbereinstimmung von offenem Verhalten und innerer Einstellung. Diese erleichtert es der Einstellungsforschung, die in Wirklichkeit erheblich komplexeren und komplizierteren Zusammenhänge zwischen nicht-verbalem Verhalten und verbalen Äußerungen zu übergehen.

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  106. Der Einflug (körperlich) Anwesender auf das Antwortverhalten ist aus einer Reihe von Umfragen bekannt und hat, wie am Beispiel der Mithilfe von Ehemännern im Haushalt festgestellt, recht unterschiedliche Effekte. Nachgewiesen sind sowohl diskrepante Antworten von jeweils allein befragten Ehefrauen und Ehemännern - mit dem Ergebnis männlicher Selbstüberschätzung etwa bei Höpflinger (1986) -, aber auch weitreichende Übereinstimmung zwischen den Ehepartnern in bezug auf die von ihnen unabhängig voneinander eingeschätzte Arbeitsteilung in den von Pfeil reanalysierten Emanzipationsstudien (Pfeil 1975).

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  107. Gleiches gilt umgekehrt für Manifestationen des Widerspruchs und gespielte Oppositionsbekundungen in bezug auf Dinge, gegen die man persönlich nichts einzuwenden hat, die man insgeheim vielleicht sogar für gut und richtig hält oder als Werte internalisiert hat.

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  108. Diese subkulturell gültigen Normen legen je nach Milieuumfeld affirmative, konservative, feministische, progressive oder arbeitgeberfeindliche Außerungen nahe und sanktionieren diesbezügliche Abweichungen auf mehr oder weniger nachdrückliche Weise.

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  109. Die posthum publizierte Reanalyse von Studien zur tatsächlichen und wahrgenommenen Emanzipiertheit von Frauen von Elisabeth Pfeil erbrachte das überraschende Ergebnis, daß sich die in den 60er Jahren im Ländervergleich befragten Frauen seinerzeit real emanzipierter verhielten als es ihrem damaligen Idealbild von der “modernen emanzipierten jungen Frau” entsprach (Pfeil 1975: 389).

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  110. Antworten, welche eine unkonventionellepolitische Partizipation theoretisch befürworteten und verbal billigten, kamen regelmäßig häufiger vor und fielen deutlich positiver aus als die beobachtbare unkonventionelle Praxis der, was ihr politisches Handeln anlangte, in Wirklichkeit sehr viel konventionelleren befragten Bürger/innen (Kaase 1976). Zur Diskrepanz zwischen (signifikant häufiger) geäußerter negativer Einstellung speziell zum Volkszählungsgesetz und zur im Vergleich dazu geringen tatsächlichen Beteiligung am VolkszählungsboykottGrill (1989).

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  111. So mußte man als “Juso” zumindest noch in den 70er Jahren - mit allmählich abnehmender Verbindlichkeit dieser “Echtheitsgarantie” - für die Verstaatlichung der Schlüsselindustrien, für Lohnerhöhungenund gegen Steuerprivilegien für Großverdiener sein. Dem entsprach in den 80er Jahren der “aufrechte Links-Intellektuelle”, der Aufrufe gegen Kernkraft, gegen Ausländerfeindlichkeitund für Umweltschutz und Frieden unterzeichnete. Er findet nun im “aufgeklärten Arbeiter” der 90er Jahre, der sich in der Urabstimmung nicht mehr in jedem Fall und nicht ohne Bedingungen für einen Streik ausspricht, seine durch zahlreiche Akzeptanzrisiken gebrochene und nicht mehr geradlinige Fortsetzung.

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  112. Für eine kenntnisreiche und detaillierte Zusammenstellung deren (zum weitaus überwiegenden Teil auch heute noch vorhandener) methodischer Probleme auf dem Stand der soziologischen Werteforschung der 70er Jahre Kmieciak (1976).

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  113. Für eine problematisierende Gegenüberstellung von theoretischem und empirischem Normbegriff, dessen Auseinanderfallen im Bereich der Soziologie der sozialen Normen zu der Akzeptanzforschung vergleichbaren Methodenproblemen fuhrt, s. Keuth (1978). Für die in Zusammenhang mit sozialen Normen angesprochenenProbleme auch Spittler (1967) sowie Popitz (1980).

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  114. Identifizierbar wäre zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandene Akzeptanz als graduier-bares Auftreten gesellschaftlich erteilter oder aber vorenthaltener Zustimmung demzufolge nur im Nachhinein und nur dann, wenn angebbare Grenzen des Zumutbaren und Ver-kraftbaren eindeutig überschritten sind und Mißfallen und aufgekündigte Gefolgschaftstreue sich bereits unüberhör- und unübersehbar, z.B. in Form von Bürgerprotest, Demonstrationszügen und Boykottaufrufen, äußern.

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  115. In Wirklichkeit ist dieses Verhalten oft Ausdruck einer hochgradig internalisierten und von den Gruppenmitgliedern akzeptierten Gruppennorm. Ihre Befolgung deutet gerade nicht auf fehlendes Normbewußtsein und mangelnde Normakzeptanz hin, sondern beweist im Gegenteil deren besondere milieuspezifische und subkulturelle Ausgeprägtheit. Daß dies mit dem Rechtsgefühl der herrschenden und kulturell dominanten Mehrheit nicht übereinstimmt und sich auch nur vor deren Legitimitätshintergrund als “abweichend” darstellt, ist ein anderes, aber immer noch ein Akzeptanzproblem.

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  116. Selbst die Kindstötung durch die Mutter - in westlichen Zivilisationen eines der schwersten Verbrechen, für das in der Bundesrepublik Deutschland die Todesstrafe immer wieder ins Gespräch kommt, - ist unter bestimmten Voraussetzungen in anderen Kulturen straffrei und dort fir die noch gestillten Kinder geradezu (über-)lebensnotwendig. Almfiches gilt für den in polygamen Gesellschaften nicht stattfindenden Ehebruch. Dort ist sein faktisches Vorkommen weder abweichend, noch Anlaß zu Empörung und “erst recht” kein akzeptabler Scheidungsgrund.

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  117. Einen Versuch in der letztgenannten Richtung unternimmt Gregory Faller mit einer Untersuchung zur Frage, wie Kitsch zur Kunst wird, vgl. Faller (1992).

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  118. Die Unsichtbarkeit dieser Einverständnisgenese ist zugleich der Grund, weshalb man die Intendiertheit des etwa in einem Testament niedergelegten Inhalts durch einen entsprechenden Zusatz eigens vermerken und die Freiwilligkeit der darin zum Ausdruck gebrachten letztwilligen Verfugung gesondert attestieren muß.

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  119. Ein Grundgesetzartikel z.B. kann Ausdruck eines tatsächlich vorhandenen hohen gesamtgesellschaftlichen Konsens, etwa im Bereich der Grund- und Menschenrechte, sein. Ebenso gut kann seine verfassungsmäßige Verankerung aber auch aus ungewöhnlich heftigen Wert- und Interessenkonflikten resultieren, die mit der Kalmierungsstrategie der Verrechtlichung nur scheinbar gelöst und im Medium unantastbarer Verfassungsgrundsätze wenigstens vorübergehend aus dem Bereich dessen ausgeklammert werden (sollen), was jederzeit wieder zur Disposition stehen kann.

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  120. Letzteres dürfte auf den positiven Gleichheitssatz des Art.3 GG ebenso zutreffen wie auf die Neugründung von Umweltschutzministerien und Datenschutzbehörden oder die Berufung von Frauenministerinnen und Gleichstellungsbeauftragten.

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  121. Maßnahmen wie diese zielen entweder darauf, im Arbeitsrecht ein im konkreten Benachteiligungsfall einklagbares Gleichberechtigungs- und Antidiskriminierungsgesetz bzw. im ökologischen Bereich ein Umweltstrafrecht mit tatsächlich wirksamen Sanktionen generalpräventiv zu verhindern, oder aber es sind Vorkehrungen gegenüber zivilem Ungehorsam, welche nicht die Akzeptanz der mit seinen Mitteln verfolgten Ziele als vielmehr umgekehrt deren Nicht-Akzeptanz - und mit ihr den politischen Willen zu ihrer prinzipiellen NichtAkzeptierbarkeit - anzeigen (sollen).

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  122. Dieser nur auf den ersten Blick plausiblen und fir einige Einzelfälle erwiesenermaßen zutreffenden Annahme widersprechen zahlreiche Befunde u.a. aus der Subkultur- und aus der Rechtsbewußtseinsforschung. Ergebnisse aus beiden Bereichen belegen den oft besonders hohen subjektiven Verpflichtungsgrad partikularer informeller Normen. Dieser kann die Verbindlichkeit und innere Akzeptiertheit von allgemein gültigen und hochgradig sanktionsbewehrten Gesetzesnormen bei weitem übersteigen.

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  123. Relationalität und sozio-kulturelle Bedingtheit der genannten Merkmale verweisen einerseits auf die Notwendigkeit weiterer historisch und international bzw. (sub)kulturell vergleichender Akzeptanzstudien. Andererseits sollten sie für die gebotene Vorsicht im Umgang mit ihren Ergebnissen sensibilisieren.

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  124. Hochgradig institutionalisierte Konfliktregelungen bei Tarifauseinandersetzungen, auch die Existenz eines Streikrechts, dokumentieren von den Gewerkschaften lange erkämpfte und historisch strittige Errungenschaften. Zugleich sind sie hochkonsentierter Ausdruck eines - fast schon zur Selbstverständlichkeit gewordenen sozialen Friedens.

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  125. Beides hängt bekanntlich auch noch von ganz anderen Dingen ab, wie z.B. dem mit ihrem Besitz verbundenen Prestige, Regeln des guten Geschmacks und milieuspezifischen Aufwandsnormen.

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  126. Im Vergleich dazu dürfte etwa der Kauf eines Buches insbesondere dann, wenn dies auf eigene Kasse geschieht und nicht steuerlich absetzbar ist, schon sehr viel eher geeignet sein, Interesse am Thema zu signalisieren oder die Wertschätzung des Autors zum Ausdruck zu bringen.

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  127. Mit dem Satz: “Niemand kann mit Sicherheit wissen, was andere Leute im Bewußtsein haben” hat Theodor Geiger im B. Kapitel seiner zuerst 1947 erschienenen “Vorstudien”, das auch die “Anmerkungen zum Rechtsbewußtsein” enthält, einen wichtigen Teil dieser Operationalisieningsproblemebereits benannt (Geiger 1970: 382ff.). Auch Habermas weist im Kontext seiner rechtssoziologischen Theorie der Normgeltung (Habermas 1992) erneut und zumindest indirekt auf dieses Problem hin. Bereits in den “Vorbereitenden Bemerkungen zu einer Theorie der kommunikativen Kompetenz” hatte er zuvor mit Blick auf den Unterstellungscharakter hierzu gemachter Annahmen festgestellt: “...wir supponieren, daß die Subjekte sagen können, welcher Norm sie folgen und warum sie diese Norm als gerechtfertigt akzeptieren;...” (Habermas 1971, 1976: 119).

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  128. Daß z.B. auch formale Gesetzesakzeptanz weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung praktizierter Rechtstreue ist und normgemäßes Verhalten nicht automatisch mit normbefolgendem Handeln gleichgesetzt werden kann, gilt seit Geiger (1947) ebenfalls als eine Grundtatsache rechtssoziologischer Analyse. Einen entsprechenden Hinweis gibt unter Berufung auf Wittgenstein auch Habermas. Demzufolge “können wir nicht aufgrund von Beobachtung entscheiden, ob eine gegebene Folge von Handlungen nach einer supponierten Regel hervorgebracht worden ist oder nicht” (Habermas 1971, 1976: 133).

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  129. Speziell zur Bedeutung von Argumentation und Úberzeugung im Rahmen von Gerechtigkeitsdiskursen und juristischen Begründungen etwa Perelman (1963; 1980).

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  130. Innerhalb der Soziologie gibt es keinen Richtigkeitskatalog akzeptablen Sozialverhaltens, dessen Rationalitätsvorgaben von den Angehörigen der Disziplin und den Mitgliedern der Gesellschaft konsensuell als soziologisch rational akzeptiert würden. Ebensowenig existiert eine den Institutionen des Rechts, der Sprache und der Psychoanalyse vergleichbare Verifikationsinstanz oder eine fiur soziale Rationalität allein zuständige Berufsgruppe. Zu den diesbezüglichen Besonderheiten und möglichen Versäumnissen des Fachs auch Lepsius (1989).

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  131. Sich ausschließlich quantitativer Meßverfahren und pauschaler Typifikationen zu bedienen, erscheint unangemessen vor allem auch aufgrund der unterschiedlichsten Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und zwischenmenschlichen Austauschs, in denen sehr heterogene und höchst komplexe und komplizierte Phänomene von Zustimmung und Anerkennung (hierzu insbes. Kap. 2.5) eine Rolle spielen. Zu methodischen Fragen der Messung von Obereinstimmung Thiessen (1987) sowie zu deren theoretischer Grundlegung im Rahmen einer “Kritik der öffentlichen Meinung” Tönnies (1922, 1981) bzw. eines Exkurses im Kontext demokratischer Abstimmung Simmel (1984, 1908).

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  132. Dem als rein quantitativ und wegen einer gewissen Willkür kritisierbaren Verfahren entspricht eine nicht immer sinnvolle, aber weit verbreitete Definition von “Frauenberufen”. Dies sind Tätigkeiten, die, ungeachtet der Tätigkeitsinhalte, Qualifikationsvoraussetzungen und Aufstiegsmöglichkeiten, zu mehr als 75% von Frauen ausgeübt werden.

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  133. Vergleichbare Maßsrabssurrogate finden sich in der Politik. Sie werden z.B. dann angelegt, wenn die Qualität politischer Entscheidungen an der Verhandlungsdauer oder an der Zahl stattgefundener Anhörungen und eingeholter Expertisen gemessen wird.

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  134. Die meisten dieser Maßstabskriterien beruhen überwiegend auf neuen technischen Möglichkeiten. Unter den Bedingungen entwickelter Marktbeobachtung und Edv-gestützter Diffusionsstatistiken treten sie zusehens an die Stelle der in Ermangelung anderer Reproduktionsmöglichkeiten etwa noch zur Beliebtheitsmessung von Strauß-Walzern benutzten Tonwalzen. Aus einer solchen ließ sich beim damaligen technischen Entwicklungsstand eine limitierte Zahl von Druckexemplaren anfertigen, die es im Nebeneffekt erlaubte, von der Verbreitung der betreffenden Musikstücke auf die Popularität des “Walzerkönigs” zu schließen.

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  135. Selbst manche Gesetze gelangen nur deswegen zur Verabschiedung, weil sie staatliche Aktivität auch dort dokumentieren sollen, wo eine “greifende” Gesetzesmaßnahme seitens des Gesetzgebers weder erwünscht noch die Verfolgung ihrer Nichteinhaltung tatsächlich beabsichtigt ist. Zur in Anlehnung an die “symbolische Politik” (Edelman 1976, 1964; Sarcinelli 1987) formulierten “symbolischen Gesetzgebung” und deren oft schwieriger Abgrenzung von der “instrumentellen Gesetzgebung” und “regulativen Politik” Kindermann (1989).

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  136. Desgleichen kann der Politiker sein gutes Wahlergebnis nur deshalb erzielt haben, weil es einen offiziellen oder auch informellen Fraktionszwang gab. Der rasche Ausverkauf eines Produkts verdankt sich vielleicht ausschließlich der Tatsache, daß in der betreffenden Saison kein gleichwertiges Angebot auf dem Markt war.

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  137. Empirisch erprobt und forschungspraktisch bewährt, könnten diese zusätzlichen Bestimmungsgründe und Einflußfaktoren entsprechend dem Ansatz eines im begrifflichen Teil erläuterten “sensitizing concept” möglicherweise zu einer Modifikation der stets vorläufigen und fir erfahrungswissenschaftlich fundierte Korrekturen offenen Akzeptanzdefinition ßihren.

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  138. Zum hiermit indirekt mitangesprochenen Reziprozitäts- und subjektvermittelten Konstitutionsaspekt gesellschaftlicher Akzeptanz vgl. auch Kap. 2.1.2.

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  139. Zu ihrer Entdeckung und interpretierenden Analyse bedarf es jenes einleitend erwähnten “achten Sinns” (Bolte 1971). Dieser schließt das Gespür für die Dinge unter der Oberfläche der für sich genommen sinn- und bedeutungslosen äußeren Erscheinungen der Milieu- und Lebenswelt (Schütz 1974, 1932; Scheler 1960; Gurwitsch 1977, 1932) ein. Zusätzlich reflektiert er deren sozial konstruierten und gesellschaftlich definierten Entstehungsprozeß. Ihn betont auch Max Weber in seinen Ausfiihrungen fiber “Die konstitutive Bedeutung des kulturwissenschaftlichen Erkenntnisinteresses” (Weber 1913, 1968: 15ff.).

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  140. Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß die aus der prinzipiell nur mittelbaren Erforschbarkeit des jeweils Nicht-Realisierten resultierenden Methodenprobleme bei der Auslotung vorhandener Akzeptabilitäts- und Möglichkeitsräume zwar nicht mit in den Naturwissenschaften üblichen Experimenten, Testreihen, Zukunftsszenarienund Computersimulationen, aber auf anderen Wegen auch in den Sozialwissenschaften befriedigend gelöst werden können.

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  141. Denkt man an die Einfiihrung des Versorgungsausgleichs im Scheidungsfall oder an die Anrechnung von Kìndererziehungszeiten auf die Rente, die - als Teilaspekte einschneidender Strukturreformen - nur mühsam gegen eine Vielzahl besitzstandswahrender Interessen und eingefahrene Denkgewohnheiten durchgesetzt bzw. überhaupt erst diskussionswürdig gemacht werden konnten, sind ähnliche Akzeptanz- und Akzeptierbarkeitskämpfe im Bereich des Geschlechterverhältnisses und bei der (Neu-)Regelung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung absehbar.

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  142. Hierzu auch die in der Demoskopie in Zusammenhang mit der Wertewandeldiskussiongestellte Frage: “What Is Holy To The Germans?” (Schmidtchen 1981).

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  143. Bei einer Umsetzung dieses, zugegeben außerordentlich hypothetischen Gedankenexperiments würde sich vermutlich sehr bald herausstellen, daß man Atomkraftwerke (zumindest theoretisch) abschalten, das Autofahren (praktisch) aber nicht verbieten kann. Im Falle einer Bestätigung verwiese dies darüberhinaus auf bis zu einem gewissen Grad verallgemeinerbare Unterschiede in der gesellschaftlich weit verbreiteten und weitgehend schichtunabhängigen Akzeptanz von Klein-im Vergleich zu den Großtechnologien. Letzteren stehen größer werdende Kreise in der Bevölkerung zunehmend auch außerhalb des Einzugsbereichs technologiekritischer Alternativbewegungen skeptisch bis ablehnend gegenüber (vgl. Huber 1989). Zu Abstufungen im Bereich der Technikakzeptanz auch Wolf (1991).

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  144. Soziologische Norm- und Sanktionsforschung steht u.a. vor dem Problem, entscheiden zu müssen, ob es sich beim Eintritt einer (vermeintlichen) Sanktion tatsächlich um eine Sanktion - und nicht um eine Zufallsreaktion oder um ein anderes zeitlich koinzidierendes Ereignis - handelt. Sie ist beim derzeitigen Forschungsstand über weite Teile nicht in der Lage, in für die einwandfreie Identifikation der Sanktion als Sanktion hinreichender Genauigkeit angeben zu können, woran man dies gültig und zuverlässig erkennt.

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  145. Der Umweltschutz könnte beispielhaft als anerkanntes Staatsziel betrachtet werden, wenn ein entsprechender Grundgesetzartikel in die Verfassung auf- und damit aus der anhaltenden Diskussion herausgenommen würde.

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  146. Die objektive Geltung von Geld z.B. impliziert, daß in diesem Fall auch die subjektive Gültigkeit bei prinzipiell allen Beteiligten unterstellt werden kann und die Wahrscheinlichkeit seiner Annahme so hoch ist, daß sie nicht in jedem Fall erneut zur Disposition steht. Das Feilschen um den “gerechten Preis” oder der Kampf der Gewerkschaften um den “gerechten Lohn” tun der Akzeptanz des Geldes selbst keinen Abbruch. Sie beweisen im Gegenteil die grenzenlose Geltung, transnationale Gültigkeit und die Ländergrenzen, Wirtschaftsordnungen und z.T. selbst kulturelle Barrieren überwindende Konvertibilität des sprichwörtlichen “Pecunia non olet”. Mit den in Kap. 2.1.4 gemachten Ausnahmen sind diese Beispiele eine Bestätigung für die universalisierbare Akzeptabilität des Geldes als einem (nahezu) weltweit akzeptierten Tausch- und Zahlungsmittel.

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  147. Inwieweit solche Kleinigkeiten durchaus aufschlußreiche Rückschlüsse auf die gewandelten Akzeptiertheiten einer Gesellschaft und die in ihr auf unterschiedlichen Gebieten geteilten Akzeptanzstandards erlauben, zeigt u.a. das Beispiel des Datenschutzes. Auf dessen Einhaltung werden die Bürger/innen prophylaktisch - mit standardisierten Belehrungen über die Freiwilligkeit der gewünschten Angaben - mittlerweile auf fast jedem Behördenformular hingewiesen. Damit wird nicht nur die Ernsthaftigkeit des verfolgten Schutzinteresses unterstrichen, sondern die Akzeptanz der Schutzwürdigkeit der Privatsphäre auch auf formaler Ebene unter Beweis gestellt.

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  148. Ein solcher Zustand sich auch sprachlich manifestierender Gleichberechtigung ist erreicht, wenn daneben auch das Führen eines Doppelnamens nicht mehr automatisch auf weibliche Geschlechtszugehörigkeit schließen läßt, die Frage nach der Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub nicht mehr nur rhetorisch, sondern als eine ernstgemeinte an Frauen und Männer gestellt wird und die Antwort darauf nicht mehr so eindeutig, wie das Kinderkriegen elbst, biologisch vorgegeben ist.

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  149. Der mit dem Nichtehelichengesetz 1969 vorgenommene Ersatz der peiorativen “Unehelichkeit” durch die neutraler klingende, die Ehelichkeit als normativen Bezugspunkt gleichwohl beibehaltende “Nichtehelichkeit” trug einer abnehmenden Diskriminierung nichtehelich Geborener und lediger Mütter auch in der juristischen Begrifflichkeit Rechnung. Auch im Fall von unverheiratet zusammenlebenden Paaren ist nicht mehr wie früher von der mit dem Beigeschmack des Amoralischen und Verruchten befleckten “wilden Ehe”, sondern vom “Zusammenleben ohne Trauschein” oder - noch neutral-bürokratischer-von der “nichtehelichen Lebensgemeinschaft” die Rede. Für die zuletzt genannten Entwicklungen aus familienrechtlicher Sicht Diederichsen (1988).

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  150. Während es früher üblich war, insbesondere jüngere und nicht-habilitierte Wissenschaftlerinnen mit der Meinung von “Fräulein XY” zu zitieren, wird heutzutage eine Sprachregelung geläufig, derzufolge etwa eine Stellungnahme der Bundestagspräsidentin nun als diejenige von “Süßmuth” und nicht mehr als die von “Frau Süßmuth” in den Nachrichten und Pressemitteilungen erscheint. Ein weiteres Zeichen fir die sich allmählich durchsetzende Akzeptanz praktizierter Gleichstellung und alltäglicher Gleichbehandlung wäre es, wenn die “Bevorzugung von Frauen und Behinderten bei gleicher Qualifikation” als Zusatz in Stellenausschreibungen ersatzlos entfallen könnte.

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  151. Wendet man diesen Operationalisierungsvorschlagaufdie geschlechtsspezifischeArbeitsteilung und das traditionelle Geschlechterverhältnis an, dann können beide - in der deutschen Gegenwartsgesellschafthochgradig kontrovers verhandelt und mit den verschiedensten Vorschlägen und Strategien zu ihrer Veränderung bedacht - in ihrer jetzigen Form kaum noch als akzeptiert gelten.

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  152. Dagegen steht die existentielle Thematisierung des nicht akzeptierten Geschlechts und einer mit ihm nicht angenommenen geschlechtlichen Identität bei Transsexuellen (Anders 1984; Hirschauer 1989).

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  153. Eine solche Entwicklung ist derzeit in Zusammenhang mit der wachsenden Verbreitung nichtehelicher Lebensgemeinschaftenund der allmählichen Entstigmatisierung der Homosexualität z.B. in bezug auf das Institut der auf lebenslange Dauer angelegten, monogamen Ehe und die bis dato unangefochtene Kulturnorm der Heterosexualität konstatierbar.

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  154. wurden beispielsweise die Begriffe “Politikverdrossenheit”, “Fremdenhaß”, “Blauhelmeinsatz” und “Lichterkette” hierzu gekürt.

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  155. Auf- und Niedergänge solcher Begriffe werden von der Sprach- und Umfrageforschung seit Jahren registriert und demoskopisch erfaßt. Dokumentiert und in regelmäßigen Abständen veröffentlicht finden sie sich u.a. in dem seit den 40er Jahren erscheinenden und vom Institut für Demoskopie in Allensbach herausgegebenen “Jahrbuch der öffentlichen Meinung” sowie in vergleichbaren Publikationen sprachwissenschaftlicher Institute, etwa der Gesellschaft für Deutsche Sprache (GiDS) in Wiesbaden.

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  156. Ein Gegenbeispiel, das den Indikationswert angeeigneter Begrifflichkeiten und ihrer gegenständlichen Substrate modifiziert und zu differenzierender Betrachtung Anlaß gibt, ist die inzwischen habitualisierte und vom Europagedanken verselbständigte Nutzung von “EuroCards”, “Euro-Cars”, “Eurocity”-Zügenoder “Eurovision”-Sendungen. Aus der Einbürgerung dieser Begriffe läßt sich nicht unbedingt auf einen besonders hohen Sympathie-oder Aufmerksamkeitswert für Europa schließen.

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  157. .Ahnliches trifft auf die Idioms gegen- und subkultumller Gruppierungen imitierende Sprechweise derer, die z.B. als “Alt-68er” oder “Yuppies” gerne dazugehören möchten, dies aber nicht zugeben oder - als einem Fall von “gespaltener Akzeptanz” - selbst nicht wahrhaben wollen, zu.

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  158. Ähnliches trifft auf Ehescheidungen sowie auf Partei- und Kirchenaustritte zu. Auch sie sind immer weniger mit Ansehensverlusten oder, wie teilweise in der ehemaligen DDR, mit staatlichen Sanktionen verbunden. Zunehmend seltener bieten sie den legitimen Anlaß und von den Betroffenen für rechtmäßig gehaltenen Grund zur gesellschaftlichen Exkommunikation oder beruflichen Exklusion. Dies ist der Fall, seitdem diese Formen verweigerter oder wieder entzogener Akzeptanz sich, von der Öffentlichkeit weithin unbemerkt, allenfalls in den Partei- und Gemeindestatistiken niederschlagen oder in Form leerer gewordener Kirchenbänke, gelichteter Parteiensäckel und Klingebeutel und sinkender Kirchensteuereinnahmen bemerkbar machen.

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  159. Unter diesen Gesichtspunktenverfolgenswert ist die vermutlich vom Bundesverfassungsgericht zu treffende Entscheidung über mittlerweile in der ganzen Bundesrepublik gestellte Eheaufgebote homosexueller Paare. Aufmerksamkeit in diesem Zusammenhang verdient auch die Diskussion um eine mögliche Verrechtlichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft und die durch die Verfassungsreform angestoßene Debatte um den Familienbegriff des Art.6 GG und dessen u.a. steuerrechtliche Konsequenzen.

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  160. Die Richtigkeit dieser Annahme ist in ihren detaillierten Wirkungszusammenhängenund - richtungen erst noch zu untersuchen. Ihre Richtigkeitsvermutung ist einer der Hinderungsgründe f ir die Verrechtlichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft oder die Legalisierung “weicher Drogen”. Von Seiten des Gesetzgebers befiirchtet wird ein hiervon ausgehender “Legitimitätsschub” mit der Folge weiterer Akzeptanz- und Akzeptierbarkeitszuwächse. Für entsprechende empirische Nachweise am Beispiel der Legitimitätsumkehr bei der Kriegsdienstverweigerung Kepplinger/Hachenberg (1980), in bezug auf die Beurteilung und Praxis des DrogenkonsumsReuband (1988) sowie für Wahrnehmungsverschiebungen aufgrund öffentlicher Gewaltdarstellungen und medienvermittelter Ausschreitungen Kepplinger (1988).

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  161. Die Gegenläufigkeit dieser Entwicklungen läßt sich u.a. anhand vielschichtiger Entkriminalisierungs- und Entpönalisierungstendenzenzeigen. Diese sind als Sanktionsverzichtegegenwärtig in unterschiedlichen Teilbereichen des Strafrechts beobachtbar und werden von entgegengesetztenKriminalisierungsprozessen auf anderen Gebieten begleitet. Ein Beispiel fir den letztgenannten Entwicklungstrend bilden Teile des sogenannten “Sexualstrafrechts”. Dort findet u.a. mit Versuchen einer Hereinnahme des Straftatbestands der Vergewaltigung in der Ehe oder der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz sowie eines absoluten Verbots der Kinderpornographiez.Z. eine neuerliche Verrechtlichung und Pönalisierung stattfindet.

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  162. Beispiele fir solche Ungleichzeitigkeiten latenter und manifester, gesellschaftlicher und rechtlicher Akzeptanz bilden das erst 1977 abgeschaffte, aber längst zuvor ausgehöhlte Schuldprinzip bei der Ehescheidung sowie der mit Ausnahme der “Memminger Prozesse” nahezu vollständige Verzicht auf Strafverfolgung bei einem illegalen Schwangerschaftsabbruch, an dessen Rechtsstatus als “straffreier Rechtswidrigkeit” gleichwohl festgehalten wird. Für eine unter Akzeptanz- und sich verschiebenden Legitimititsgesichtspunkten interessante Dokumentation des Prozeßverlaufs Friedrichsen (1989). Beide Beispiele verweisen auf rechtssoziologisch z.T. noch unerforschte Zusammenhänge zwischen sozialen und gesetzlichen Nonnen und deren sich (vermutlich) wechselseitig bedingende Legitimität.

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  163. Ein Beispiel ist das im europäischen Raum seit mehr als finfzehn Jahren diskutierte, in Deutschland immer noch nicht in Kraft getretene Antidiskriminierungsgesetz. Dieses zeigt auch im Zustand einer Diskussionsvorlage ausbaufähige, aber vorhandene Wirkungen.

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  164. Für eine Theorie postrevolutionärer Prozesse Käsler (1977).

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  165. Angesprochen ist nicht nur die kontrovers diskutierte Möglichkeit einer Umkehr des Prinzips “Rückgabe vor Entschädigung”, sondern auch die in der westdeutschen (Medien-)Óffentlichkeit anzutreffende Neigung, den juristischen Grundsatz “In dubio pro reo” zuungunsten von der STASI-Mitarbeit Verdächtigten umzukehren und die rechtsstaatliche Unschuldsvermutung durch eine fast schon generaipräventive Schuldunterstellung bei ehemaligen DDR-Bürgern zu ersetzen.

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  166. Dies betrifft u.a. die geforderte Bereitstellung von Krippenplätzen schon für Kinder ab zwei Jahren, den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, die zeitlich befristete bevorzugte Einstellung von Frauen und die Einführung der “Quote”. Entsprechende Forderungen sind mittlerweile zumindest als diskussionswürdig akzeptiert. Noch vor Jahren lösten sie selbst im Status von Denkanstößen oder vorsichtigen Reformvorstößen heftige Kritik und Stürme der Entrüstung aus.

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  167. Far aktuelle Zahlen zu gerichtlichen Eheauflösungen in den alten und neuen Bundesländern neben den offiziellen Scheidungsstatistiken Wiegand (1992).

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  168. An der Stärke und gruppenspezifischen Verteilung des jeweiligen “Besitzdrucks” lassen sich möglicherweise gegenstandsspezifische Entwicklungstrends künftiger Akzeptanzbereitschaft ablesen. Diese dürfte bei entsprechend erleichterter Begründbarkeit in bezug auf den Verzicht auf ein eigenes Auto, etwa aus Umweltschutzgründen, im Steigen, in bezug auf die Nicht-Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien-mit näher zu untersuchenden gruppenspezifischen Schwankungen-dagegen eher im Sinken begriffen sein.

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  169. Vor diesem Hintergrund sind sowohl der in der Fassung v. 27.11.1992 von der Mehrheit der Mitglieder der Deutschen Gesellschaft fir Soziologie (DGS) verabschiedete “Ethik-Kodex” als auch das am 28.1.1994 an der Universität Bonn gegründete “Institut für Wissenschaft und Ethik” zu sehen. So heißt es in der in den BonnerUniversitätsNachrichten (BUN) veröffentlichten Begründung zur Neugründung dieses Instituts: “Um Subjekt ihres Handelns bleiben und fir ihr Handeln gesellschaftliche Akzeptanz finden zu können, muß sie (die Wissenschaft, D.L.) eine ihr eigenes Handeln begleitende ethische Urteilskompetenz entwickeln und zum integrierenden Bestandteil ihres Handlungskontextes machen. Dies ist aber nur dann möglich, wenn sich die verschiedenen Formen wissenschaftlicher und ethischer Raitonalität zu einer neuen Form der integrativen interdisziplinären Urteilsbildung verbinden und in einer spezifischen Form institutioneller und interfakultärer Zusammenarbeit ihren Ort finden” (BUN, Jg. 27/Nr. 194/Mai 1994: 17)

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  170. Dies war in identifizierbaren Phasen in der Entwicklungsgeschichte der deutschen und amerikanischen Soziologie z.B. beim Begriff der sozialen Kontrolle (“social control”) der Fall (als wissenschaftshistorischer Überblick Janowitz 1973). Ahnliches gilt fir den Entwurf einer Soziologie (allein) auf der Basis von “Gesetzen der Imitation”, wie ihn der französische Psychologe Gabriel Tarde bereits am Ende des vorigen Jahrhunderts vorgelegt hat (Tarde 1895; 1898). Ein vergleichbarer Monopolanspruch wurde in der deutschen Rezeption der “role analysis”, ausgelöst durch Ralf Dahrendorfs Essay “Homo Sociologicus” (Dahrendorf 1958), zeitweilig für Begriff und Theorie der “sozialen Rolle” vertreten und diese als Elementarkategorie fir die eigenständig soziologische Analyse der Probleme des sozialen Handelns propagiert (vgl. Tenbruck 1961).

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  171. Dies gilt vor allem ffir die bei den Klassikern der Soziologie verborgenen Quellen und in Kap. 3.1.3 nur angedeuteten Vorläufer der Akzeptanzproblematik. Unter ihnen dürften sich noch viele ungehobene Schätze befinden.

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  172. Konkret müßte beispielsweise die Techniksoziologie stärker als bisher mit der Kultur- und der Kommunikationssoziologie, aber z.B. auch mit der Soziologie der Geschlechterrollen und der Soziologie der Massenmedien kooperieren und die Medizinsoziologie mit der Ungleichheitsforschung, die Rechtssoziologie mit der politischen Soziologie, die Soziologie der Kunst mit der Alltagssoziologie usw. zusammenarbeiten, womit nur einige denkbare und nach ausführlicher Befassung mit der Akzeptanzthematik weiterffihrend erscheinende Forschungsnetzwerke genannt sind.

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  173. Solche Rahmungen formieren sich derzeit z.B. entlang von Grenzwerten bei der Umweltbelastung oder nicht linger tolerierten Restrisiken bei der Atomkraft. Die hierdurch markierten Ablehnungs- und Widerstandpotentiale in der Bevölkerung können sich in ihren Umrissen, Schwerpunkten und Konfliktlinien wie die erteilten Einverständnisse nach außen wie nach innen verschieben oder auch auf ganz andere Gegenstände und Streitfragen verlagern.

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  174. Letzteres war innerhalb von in größerem Umfang nicht weiterverfolgten Ansätzen u.a. mit Untersuchungen fiber Interaktionsbeziehungen und der Erhebung von Freundschafts- und Partnerwahlen im Rahmen des Frankfurt-Mannheimer SPES-Programms in den 70er Jahren versucht worden.

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  175. Die in diesem forschungsträchtigen Problemzusammenhang aufgeworfenen Fragen gehen damit fiber den harmonisierten Krümmungsgrad der mittlerweile sprichwörtlichen “EuroBanane” weit hinaus. Angesichts der Schwierigkeiten, den die Durchsetzung eines im deutsch-deutschenEinigungsvertragvorgeschriebeneneinheitlichen Abtreibungsrechts allein innerhalb Deutschlands verursacht hat, lassen sich die anstehenden Akzeptanzproblemeund der hieraus sich ergebende Forschungsbedarfallenfalls vage ermessen.

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  176. Neu zu überdenken wären vor diesem Hintergrund z.B. Zusammenhänge zwischen Bitdungsabschluß und Lebenseinkommen, Erwerbsdauer und sozialer Sicherheit oder zwischen Strafrechtsverschärfungen und straffälligem Verhalten.

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  177. Hiermit angeregte Forschungen stellten eine wesentliche Erweiterung der hier vorgelegten Arbeit dar. Sie könnten diese neben der ihr als einer gegenwartsbezogenen Analyse notwendigerweise fehlenden historischen Perspektive insbesondere auch um Aspekte infrastruktureller und national unterschiedich institutionalisierter Legitimitâtsvoraussetzungen ergänzen.

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  178. Dies gilt für Arbeiten wie diejenige zur Mutterliebe (Badinter 1982, 1980), der Geschichte der unehelichen Geburt (Mitterauer 1983) oder der Todesstrafe (Beccaria 1988, 1764), soweit Akzeptanzforschung sich speziell für die veränderte Ordnung der Gefiihle und die Strukturierung moralischer Verhaltensweisen und deren Auswirkungen auf die gesellschaftliche Deutung und zeitgenössische Akzeptanz ihrer Handlungskonsequenzeninteressiert. Dazu müßte freilich die Mehrzahl dieser Untersuchungen unter Akzeptanzgesichtspunkten völlig neu interpretiert werden.

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  179. Durkheim (1961, 1895) interpretiert z.B. auch Technik als “soziale Institution” und betont damit deren gesellschaftliche Konstruiertheit, Vermitteltheit und soziale Gestaltbarkeit.

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  180. Ein entsprechender Kategorisierungs- und Auswahlbedarf besteht umso mehr, als mithin auch von keiner adäquaten Unterscheidung von akzeptanzrelevanter Bedeutung auszugehen ist, welche die Ausklammerung einzelner Rationalitätssphären, Lebensbereiche und Themenfelder - weder als potentielle Objekte gesellschaftlicher Akzeptanz noch als mögliche Gegenstandsbereiche empirischer Akzeptanzforschung - rechtfertigen würde.

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  181. Weber ging es hierbei - als Vorstufe differenzierterer soziologischer Analyse - um die Suche nach typischen Handlungsregelmäßigkeiten und Rationalitätstypen und um deren Manifestationen in konkreten Rationalisierungsprozessen. Auffallenderweise entwickelte er dabei vier Typen sozialen Handelns, aber nur drei Typen legitimer Herrschaft.

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  182. Typologie sich wechselseitig beeinflussender Rationalisierungsprozes-

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  183. Da sich keine der nachfolgend genannten Rationalitäten oder Wahrnehmungsweisen - weder historisch noch gegenwärtig - auf einem Praxisfeld als die bereichsspezifisch oder gar bereichsübergreifend einzig dominante durchsetzen konnte, ist davon auszugehen, daß ihre Erscheinungsformenvielfach miteinander interferieren und teilweise auch konfligieren. In ihren wechselseitigen Überschneidungen und teilweisen Unvereinbarkeiten sind die unterschiedlichenPerzeptionsweisenund RationalitätstypenMitursachen zahlreicher Akzeptanzprobleme.

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  184. Aus der prinzipiellen Unbegrenztheit möglicher Wertpostulate und dem Fehlen überdauernder absoluter Maßstäbe fir Rationalität und Rationalisierung resultiert ein gewisser Wertperspekzivismus. Irrationalität ergibt sich vor diesem Hintergrund indes nur für den Fall der Unvereinbarkeit eines letzten Wertgesichtspunktes mit anderen Wertgesichtspunkten. Die Rationalität von Werten selbst beruht in einer Interpretation Webers ausschließlich auf ihrem Status als konsistenten Wertpostulaten.

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  185. Die formale Rationalität ignoriert kraft Universalismus und Kalkulation jedwede individuelle persönliche Betroffenheit. Die Wahl der geeigneten Mittel trifft sie unter Befolgung einer abstrakt-universalen zweckrationalen Norm. Insoweit erscheint die bürokratische Herrschaft als unpersönlichster und unmenschlichster- und damit in diesem Fall rationalster - Herrschaftstyp.

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  186. Dem entspricht die “Prozeduralisierung” des Rechts durch Verfahrensgerechtigkeit und diejenige der Politik durch demokratische Beteiligungs- und partizipative Mitwirkungsformen. Ihr rationaler Formalismus steht im Gegensatz zu einer legalen materialen Rationalitiit, welche Entscheidungen nach einem Postulat absoluter Gerechtigkeit trifft.

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  187. Für die demgegenüber vertretene, der obigen Unterscheidung jedoch nicht notwendig widersprechende These einer prinzipiellen Untrennbarkeit von materieller und symbolischer Kultur unter Berufung auf Durkheim Horning (1985: 190).

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  188. Ihre nachfolgende Beschreibung folgt einer tabellarischen Zusammenstellung bei Müller (1986: 174).

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  189. Ein in diesem Zusammenhang insbesondere in der Soziologie der sozialen Ungleichheit häufig genanntes Beispiel ist der auf der Basis von Chancengleichheit von vielen gleichzeitig angestrebte berufliche Aufstieg.

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  190. Die doxische Wirklichkeitswahrnehmung hat zur Folge, daß nicht nur soziale Konventionen, Sitten, Gebräuche, Werte und Normen, sondern auch vorhandenes Wissen und technisches Gerät als “natur”- oder “technisch vorgegeben” wahrgenommen werden. Sie werden mit einer Selbstverständlichkeit benutzt, welche deren Unabänderlichkeitunreflektiert impliziert und realisierbare Veränderungen und Alternativen selbst als Denkmöglichkeit ausschließt.

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  191. Seinen alltagssprachlichen Ausdruck findet dieses in Rechtfertigungsformeln, wie “Das war schon immer so” oder “Das haben wir noch nie anders gemacht”. Die Wirksamkeit solcher Floskeln stützt sich u.a. auf die Berufung auf die natürliche oder auch gottgewollte Verschiedenartigkeit der Geschlechter, die eingelebte Gewohnheit oder - schon etwas wissenschaftlicher - auf die übliche Praxis, eingeschliffene Verkehrsformen oder bewährte Rollen- und Arbeitsteilungen.

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  192. Diese Verirrungrührt u.a. daher, daß allodoxische Wahrnehmungen einerseits der Doxa verhaftet bleiben, zugleich aber deren systematische Erkenntnisgrenzen und mögliche Transzendenzen offenbaren und hierin einem Obergang von praktischer in theoretische Rationalität gleichkommen.

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  193. So wären, um ein Beispiel zu nennen, die von der Techniksoziologie hauptsächlich angewandten Methoden und Techniken der quantitativen Umfrageforschung und der skalierten Einstellungsmessung u.a. um Feldstudien mit teilnehmender Beobachtungen, Kontext- und Situationsanalysen, Gruppeninterviews etc. zu erweitern. Soweit diese sich auch in der Vergangenheit schon mit dem sozial definierten Umgang mit technischen Artefakten und der erfahrungswissenschaftlichenErmittlung von Einstellungen zu Geräten und neuen Technologien befaßte, ließen sich deren qualitativ angereicherte Vorgehensweisen dann möglicherweise auch auf Akzeptanzstudien in anderen, nicht-technischen Bereichen übertragen.

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  194. Das “Konzept des Perspektivewechsels” wurde ursprünglich in anderen Forschungszusammenhängen - anhand von Arbeitsplatzsituation und Familienleben von Fabrikarbeiterinnen - von Regina Becker-Schmidt und ihren Mitarbeiterinnen entwickelt. Es wurde anschließend in verschiedenenForschungsprojekten(stellvertretend Becker-Schmidt u.a. 1983) wiederholt erprobt und methodisch verfeinert.

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  195. Programmatisch ist dieser Kontextuierungsaspekt etwa im Rahmen einer “revidierten Wissensverwendungsforschung” (Beck/Bonß 1989) oder einer “alltäglichen Techniksoziologie” (Horning 1985) formuliert und auf theoretisch-konzeptioneller Ebene angelegt. In Kap. 1.3.3 findet er sich als mehrfach vermittelte Beziehung zwischen Akzeptanzsubjekt, Akzeptanzobjekt und Akzeptanzkontext auch graphisch dargestellt.

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  196. Empirisch erwiesen sind solche Zusammenhänge im Fall der Technikakzeptanz z.B. für die in einem Land vorherrschende Kommunikationskultur (als Voraussetzung fir die Nutzung und Weiterverbreitung technischer Geräte) oder bei der Politikakzeptanz fir den Einfluß des aktuellen Stands der Verwissenschaftlichung politischer Diskurse und des bei den Bürgern erreichten Grades an Partizipationsbereitschaft (als den innerhalb der politischen Kultur eines Landes wesentlichen Akzeptanzvoraussetzungen demokratischer Verfahren und wissenschaftlicher Argumente).

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  197. Zusammen mit gruppentypischen Lebensstilen, historisch gewachsenen Gebrauchsweisen, eingeschliffenen Aneignungsformen und eingelebten Alltagspraktiken müssen diese immateriellen Faktoren nach allem bisher Gesagten als notwendige, wenn auch nicht hinreichende und sicher nicht allein ausschlaggebende Bedingungen prinzipieller Akzeptierbarkeit und als wesentliche Voraussetzungen tatsächlicher Akzeptanz gelten. So wird es z.B. nur unter Mitberücksichtigung auch des kulturellen und gesellschaftlichen Rahmens, fiber den sich Technik(be)deutungen, Umgangsformen mit Technik und deren Symboliken sowie der “technische Habitus” insgesamt herstellen, möglich, die hierdurch mitkonstituierten Akzeptanzbereitschaften, aber auch bestehende Akzeptanzhindernisse zu ermitteln.

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  198. Ihrerseits rationalisierte Strukturen wirken - als Folge bereits stattgefundener Technik-, Wissenschafts- und Rechtsakzeptanz - auf das Verhältnis technik-, wissenschafts-, politikund rechtserfahrener Bevölkerungsgruppen zu Technik, Politik, Wissenschaft, Recht und Kunst und deren potentiell akzeptierbare Objektivationen zurück. Dadurch beeinflussen sie künftige Akzeptanzbereitschaften in einer Weise, welche u.U. auch gegenwärtige Akzeptanzkrisen ein Stück weit zu erklären vermag. Darin impliziert ist neben Thesen “reflexiver Rationalisierung” und “rationalisierter Gegenrationalisierung” auch der Grundgedanke einer Ambivalenz von Strukturen als Möglichkeitsbedingungen von Handlungen und als deren strukturelle Begrenzungen (vgl. Giddens 1984, 1976).

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  199. Wie in Kap. 3.1.2 im einzelnen dargestellt, konzentrierte soziologische “Akzeptanzforschung” sich bislang entweder auf die beschreibende Analyse der Verlaufsformen politischer Kontroversen und sozialer Konflikte oder sie beschränkte sich auf die Untersuchung von Akzeptanzdebatten und betrieb eine gegenstands- und problemindifferente Meinungsforschung über Themen und Sachverhalte, die von der Bevölkerung zu angebbaren Prozentsätzen akzeptiert oder abgelehnt wurden.

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  200. Die Aufhebung dieser “Arbeitsteilung” hätte zur praktischen Konsequenz, daß die AntiAtomkraft-Diskussion in Zukunft nicht mehr überwiegend oder gar ausschließlich als Angelegenheit der Technik-, Ingenieur- und Naturwissenschaften und die Gentechnologie nicht allein als medizinisches oder moraltheologisches Problem betrachtet warden.

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  201. Zu den von der Sozialpsychologie ausgehenden konstruktiven Anregungen und auch für die Soziologie weiterfithrenden, forschungsleitenden Impulsen vgl. Kap. 3.1.3, für einige methodenkritische Bemerkungen zu ihren Forschungen Kap. 3.2.

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  202. Das Anschauungsmaterialund die konkreten Ansatzpunkte für Forschungenzum Phänomen der Nicht-Akzeptanz lieferten z.B. der Volkszählungsboykott in Deutschland oder die Inattraktivität des Gedankens der Europäischen Einigung. Letzterer weckt - von Politikern beschworen - in der Bevölkerung verschiedener europäischer Linder offensichtlich nur wenig Europa-Begeisterung.

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  203. Von solchen, für die Nicht-Akzeptanzforschung relevanten Veränderungen ist auszugehen, wenn nicht mehr die Kontroversität, sondern die Einstimmigkeit von Abstimmungsergebnissen bedenklich stimmt und Einmütigkeit mittlerweile genausoviel Mißtrauen weckt wie die diskussionslose Annahme von Anträgen, der Verzicht auf den Einsatz von Expertenkommissionen, geschlossene Regierungsrücktritte oder nur per Fraktionszwang zu Fall gebrachte Mißtrauensanträge.daß nicht nur Akzeptanzphdnomene, sondern auch Akzeptanzprobleme

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  204. So ist fragwürdig geworden, wer was wem gegenüber steuerlich “erklären” oder an indikationsförmigen Notlagen, früheren (NS- oder SED-)Parteizugehörigkeiten etc. offen legen muß. Gleichzeitig wird im alltagspraktischen Einzelfall immer unklarer, ob der “Outer” oder der “Geoutete”, der Verkennende oder die Verkannte, der Bekennende oder das Bekannte das kollektive Einverständnis auf sich zu vereinen vermag oder die Empörung der Allgemeinheit hervorruft.

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  205. Insoweit, als die in vielen Bereichen und Sachfragen gestiegene Wahrscheinlichkeit der Nicht-Akzeptanz innerhalb der Soziologie bislang kaum zu einer entsprechenden Verlagerung von Forschungsschwerpunktengeführt hat, besteht hier ein - etwa im Vergleich zur psychologischen Reaktanzforschung - erheblicher Nachholbedarf.

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  206. Als Plädoyer für eine soziologische Risikoforschung - mit anderem Problemhintergrund - Halfmann/Japp (1990) und Bonß (1991) sowie fir eine ausdifferenzierte “Soziologie des Risikos” Luhmann (1991).

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  207. Neben den klassischen Domänen gesellschaftlicher Rationalisierung gehört hierzu auch der zeitweilig etwas in Vergessenheit geratene Bereich der alltäglichen Lebensführung. Mit neueren Untersuchungen auf diesem Gebiet (stellvertretend Voß 1991; Jurczyk/Rerrich 1993) sowie durch die Konjunktur der Lebensstilforschung (als Überblick Lüdtke 1989) erfährt das Webersche Konzept der “Lebensweise” in den letzten Jahren eine soziologische Reprise.

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  208. Als ein Überblick über die zwischenzeitlich unter immer neuen Aspekten wiederbelebte Rationalisierungsdiskussion und die ihr in unterschiedlichen Varianten zugrundeliegenden Rationalisierungstheorien s. Sprondel/Seyfarth (1981).

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  209. Diese und andere, hier nur kursorisch benannte Beispiele erscheinen zur exemplarischen Untermauerung der mit dieser Arbeit implizit zur Diskussion gestellten These einer umfassenderen Akzeptanzkrise ebenso geeignet wie als erfahrungswissenschaftliche Grundlage Eiur eine soziologische Analyse von Akzeptanzphänomen und Akzeptanzproblematik generell. Dies gilt nicht zuletzt aufgrund der i.a. recht genauen Dokumentation der hierzu gefiihrten Akzeptanzdiskussionenund Akzeptabilitätsdebatten.

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  210. Nur so lassen sich an anderer Stelle ausformulierte Forschungsfragen beantworten, wie z.B. die, was in einer Gesellschaft nicht mehr konsens- und mehrheitsfähig ist, ab wann die von Politikern, aber z.B. auch von streitenden Eheleuten viel zitierten “Vorräte an Gemeinsamkeit” erschöpft sind, der Bereich intersubjektiver Verständigungsmöglichkeiten und gemeinsamer (Ver-)Handlungsgrundlagenverlassen wurde und Vertrauensentzug sowie die Verweigerung von Folgebereitschaft und Loyalität die unausweichliche Folge sind.

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  211. Eine wichtige - und Eiur die Psychologie ganz ähnlich auch von der Reaktanzforschung gestellte - Forschungsfrage wäre z.B. auch, welche Widerstandsformen sich wann und unter welchen Voraussetzungen durchsetzen können und fortan als legitim gelten und welche dagegen dauerhaft im Bereich der Illegitimität verbleiben oder sogar kriminalisiert werden.

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  212. Am Beispiel der Verwissenschaftlichung der Geburtshilfe Böhme (1981). Für die Psychologisierung der Diskurse über Ehe Mahlmann (1991) sowie für weitere Fallbeispiele u.a. in den Bereichen Pädagogik und Sozialarbeit die einschlägigen Beiträge in Beck/Bonß (1989).

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  213. In alltäglichen Gesprächssituationen zutage tretende Konventions- und Tabubrüche könnten, so wird man annehmen dürfen, einiges darüber aussagen, was z.B. im Verhältnis der Geschlechter derzeit noch akzeptiert oder zwischen Männern und Frauen mittlerweile höchst umstritten ist. Untersuchungen hierzu liegen seit den 80er Jahren vor allem aus dem Bereich der feministischen Linguistik vor (als Überblick Trömel-Plötz 1984).

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  214. Dazu könnte die inhaltsanalytische Auswertung von Zeitungen und (Fach-)Zeitschriften, zeitgenössischen Romanen, “Grauer Literatur” und alternativen Blättern sowie von Fernsehmagazinen und Nachrichtensendungenkommen. Von besonderem Interesse könnte die Feststellung sein, inwieweit die Fachliteratur in untersuchten Einzelfällen mit der Medienberichterstattung und deren Themenkonjunkturen übereinstimmt oder aber von dieser abweicht.

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  215. Ihre Analyse wäre gegebenenfalls durch die Untersuchung offizieller Stellungnahmen von Wirtschaftsvertretern, Verbandsfunktionären, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Vertreter/inne/n der gesellschaftlichen Eliten zu ergänzen. Ähnliches gilt für die von den “Public Relation”-Abteilungen größerer Institutionen, Organisationen und Unternehmen entwickelten Stile, Konzepte und Inhalte der Öffentlichkeitsarbeit.

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  216. Auf Tonträgern aufgezeichneteund anschließend transkribierte Reden gäben u.a. Aufschluß darüber, welchen früher noch unbekannten und kaum parlamentsfähigen Werten und gesellschaftspolitischen Zielen sich Politiker heute so stark verpflichtet fühlen (müssen), daß sie sich, wo immer dies möglich ist, öffentlich zu ihnen bekennen. ParlamentarischenRedebeiträgen könnte man auf dem Wege zeitgeschichtlich angelegter Dokumenten- und Materialanalysen weiterhin entnehmen, wofur Politiker/innen zu unterschiedlichen Zeiten glauben oder glaubten, sich rechtfertigen zu müssen, und mit welchen wissenschaftlichen, juristischen, (mittlerweile in Mißkredit geratenen) machtpolitischen oder (im Ansehen gestiegenen) moralischen und ökologischen Begründungen und Argumenten sie dies mit der aus ihrer Sicht jeweils größten Chance auf Zustimmung taten oder mit Blick auf Wählerstimmen neuerdings tun.

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  217. Diese Unterlagen unter Akzeptanzgesichtspunkten zu reanalysieren, erscheint vor allem insoweit interessant, als die Juristen sich unter wachsendem Legitimation- und außerprofessionellem Rechtfertigungsdruck, um die Akzeptanz ihrer Wertungen und Urteilssprüche in der Bevölkerung zu erhöhen, zunehmend auch solcher Argumente und Entscheidungshilfen bedienen, die nicht dem spezifisch juristischen Begründungsarsenal und Begriffsrepertoire entstammen. Zur unterschiedlichen Durchsetzung von gerichtsmedizinischen, psychiatrischen, kriminologischen und soziologischen Begründungen und Argumenten vgl. das Schwerpunktheft der Zeitschrift für Rechtssoziologie “Verwendung soziologischen Wissens in juristischen Zusammenhängen” (ZfRSoz 2/1988).

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  218. Zusammen mit deren teilweise unkonventionellen Politik- und Argumentationsstilen könnte dies Hinweise auf entzogene und neu verteilte Akzeptanzbereitschaftensowie auf Versuche ihrer strategischen (Rück-)Gewinnung auch außerhalb der traditionellen Arenen und Milieus politischer Konflikte geben (hierzu auch Nedelmann 1986).

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  219. Zum Zeitgeist, wie er sich dergestalt in seinen Kultfiguren, Gegnern, Autoritätspersonen, aber auch in den zeittypischen Schimpf- und “Unworten” präsentiert und auf diese Weise Bestandteil unserer Alltagssprache und Alltagskultur geworden ist, vgl. Soeffner (1988).

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  220. Zu diesen Zustimmung erheischenden oder der generalpräventiven Beruhigung dienenden Floskeln gehört die “soziale Ausgewogenheit”, wie sie jeder anstehenden Steuererhöhung von Regierungsseite standardmäßig attestiert (und von der Opposition in derselben Stereotypie abgesprochen) wird, ebenso wie der nach Chemie-oder Giftmüllunfällen von den politisch Verantwortlichen bis zum Überdruß rezitierte Satz, wonach “eine Gefährdung der Bevölkerung zu keinem Zeitpunkt” bestanden habe. Zur mit derartigen Formeln verfolgten Simplifizierungsstrategie des “Give Them Pictures” als einem Mittel der öffentlichen Auseinandersetzung und politischen Argumentation am Beispiel der Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik Weymann/Wingens (1989).

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  221. Ein solcher Ergänzungs- und Präzisierungseffekt steht nach allem bisher Gesagten insoweit zu erwarten, als es gerade die in vielen Repräsentativstatistiken nicht miterhobenen Einflußgrößen sind, die als subjektive und im wesentlich sprachvermittelte und assoziative und nicht rein zahlenmäßige Faktoren über Zustimmung und Ablehnung und damit über das Ergebnis solcher Befragungen maßgeblich mit entscheiden. einer, mit dieser Arbeit in einigen ihrer möglichen Grundrisse entworfenen

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  222. Wie strittig diese und viele andere Akzeptanz- und Akzeptierbarkeitsentscheidungensind, zeigte sich u.a. an der zum Fall für die Gerichte gewordenen Frage, ob man - frei nach Tucholsky - in der Öffentlichkeit ungestraft behaupten kann, alle Soldaten seien “potentielle Mörder”. Weitere bereits angesprochene und empirisch untersuchte “Testfalle” sind die Verweigerung des Kriegsdienstes, die Beteiligung an einer nicht genehmigten Demonstration, das Bekenntnis zur eigenen Homosexualität, das Zugeben einer HIV-Infektion oder das öffentliche Eingeständnis eines illegalen Schwangerschaftsabbruchs.

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  223. Eine Akzeptanztheorie im Sinne des strengen erfahrungswissenschaftlichenTheoriebegriffs hätte unter Einbeziehung möglichst vieler denkbarer Ursachefaktoren und potentieller Einflußvariablen auf die Entstehung, Gewinnung und Aufrechterhaltung von Akzeptanz u.a. den höchstmöglichen Anteil auftretender Akzeptanzrisiken sowie die sich in ihren Gegenständen und Präferenzen verlagernden Akzeptanzbereitschaften in unterschiedlichen Gruppen der Bevölkerung ursächlich zu erklären.

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  224. Beispielhaft zu nennen sind als Vorstufen und problemskizzierende Ideen zu Theorien bzw. Soziologien der “sozialen Probleme” Albrecht (1977), der “Subkultur” Schwendtner (1973), der “Normentstehung” Eichner (1981) sowie der “sozialen Bewegungen” Brand (1982) und Neidhardt (1985). Das Ergebnis sind zumeist mehr oder weniger plausible und in unterschiedlichem Maße kohärente Sätze von Hypothesen, theoretischen Konstrukten und Theoremen. Die wenigsten von ihnen dürften den von Karl Popper in der “Logik der Forschung” (Popper 1966, 1934/35) aufgestellten Anforderungen an eine nomologisch-erklärende Theorie entsprechen.

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  225. Letzteres könnte beispielsweise für die Ungleichheitsforschung Anlaß sein, neben Sozialstrukturen künftig auch die Erforschung akzeptanzrelevanter “sentiments”, “ressentiments” und “mentalities” in ihre Untersuchungen einzubeziehen.

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  226. Eine solche Kategorisierung könnte allenthalben auf dem Abstraktionsniveau des AGIL-Schemas von Talcott Parsons erfolgen. Dieses war als möglicher Anknüpfungspunkt bei den soziologischen Theorietraditionen der Akzeptanzproblematik in Kap. 2.1.3 bereits erwähnt worden. Entsprechend den dort formulierten und zum klassischen “Vierer-Topos” avancierten Systemfunktionen Adaption, Goal Attainment, Integration und Latent Pattern Maintenance wären als ähnlich abstrakte und in jedem Fall der operationalen Konkretisierung und näheren Erläuterung bedürftige konstitutive Bezugsgrößen von Akzeptanz 3 “Ps, nämlich Innovation, Integration und Information, und 3 ”A“s, Angebote, Akkordamen und Alternativen, zu nennen. Diese wiederum wären auf die Basis von Affirmation und Attraktion zu stellen. Sie alle markieren zentrale und, wie in vorangehendenUntersuchungsteilen herausgearbeitet, essentielle - und keineswegs rein alliterative - Bestimmungsgründe der Akzeptanz.

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  227. Die ihr zugrundeliegendenRationalitätsmaßstäbe und Ordnungsprinzipien müssen nicht nur für den Forscher oder neutralen Beobachter erkennbar und durchschaubar sein. Sie müssen auch fir die gesellschaftlichen Akteure innerhalb dieser Ordnung selbst gelten und den von Regelungen und Entscheidungen Betroffenen einsichtig sein (vgl. auch Weiß 1981: 45).

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  228. Die handlungstheoretische Soziologie analysiert gesellschaftliches Handeln in erster Linie als kommunikatives Handeln. Dies geschieht z.B. in Habermas’ Stichworten zur Sozialisationstheorie (Habermas 1973b) oder in seiner Theorie der kommunikativen Kompetenz (Habermas 1981). Als soziologisches Analogon zu Cassirers “animal symbolicum”, zur “Sprachmäßigkeit” des Antriebslebens in der Anthropologie Arnold Gehlens oder zu Plessnera “Exzentrizität” sehen ihre Rationalitätsunterstellungen in der Kommunikabilität die entscheidende und nur dem Menschen eignende Voraussetzung sinnhaften sozialen Handelns.

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  229. Dies gilt insoweit, als sowohl Gegenstände der öffentlichen Meinung wie auch gesellschaftliche Interessen zunächst die Hürde der Diskutierbarkeit und Diskursfähigkeit nehmen müssen. Erst dann haben sie innerhalb einer funktionierenden Sprachgemeinschaft die Chance, als “soziales Problem” oder als “political issue” erkannt, anerkanntund schließlich als solches behandelt zu werden.

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  230. Zu Angemessenheitsdiskursen speziell in Recht und Moral vgl. Günther (1988).

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  231. Sprachlich deutlich wird die Doppelbedeutung der “Kommensuralität” im Englischen. Dort bedeutet “commensurate” so viel wie “angemessen”, “im richtigen Verhältnis” und “von gleicher Dauer”. Einbezogen sind damit sowohl Aspekte des sozialen Konsens, der sachlichen Adäquanz wie der Gleichzeitigkeit. Das englische “commensurabel” dagegen ist als “mit gleichem Maße meßbar” zu übersetzen.

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  232. In entsprechenden Kompatibilitätsprüfungen (vgl. auch Kap. 3.4.3) sind auch die den unterschiedlichen Verträglichkeiten zugrundeliegenden (beruflichen, familialen, ökonomischen oder sicherheitsorientierten) Bezugssysteme aufeinander abzustimmen. Nur so werden z.B. Berufs- und Familienrollen oder Wirtschaftlichkeits- und Sicherheitsnormen nicht nur prinzipiell, sondern auch praktisch miteinander vereinbar.

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  233. “Compatibel” bedeutet im Englischen sowohl das objektive “Vereinbar”-Sein im mehr technischen Sinne als auch das stärker normativ und sozial überformte “Schicklich”-Sein.

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  234. Gemeint sind Geld oder Moral, letztere etwa im Sinne des Kantischen Imperativs, aber auch Sprache und Recht als ebenfalls ubiquitiire Tausch- und Verstiindigungsmedien.

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  235. Dies ist - auf sachlicher Ebene - z.B. dann der Fall, wenn Gesichtspunkte wissenschaftlicher Rationalität im Zuge einer generellen Verwissenschaftlichung der Lebenswelt zu Maßstabskriterien auch des Alltagshandelns werden. Ähnliches gilt - in sozialer Hinsicht - dann, wenn Umweltschutznormen zunehmend auch in Bevölkerungskreisen außerhalb der ökologiebewegung Beachtung finden.

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  236. Das Material wurde im Rahmen der sichtenden und sammelnden Vorarbeiten zu der hier vorgelegten Akzeptanzstudie zusammengetragen und mit arbeitsökonomisch und forschungspragmatisch begründbaren Schwerpunktsetzungen u.a. für die Rationalisierungsbereiche Technik, Wissenschaft, Kunst, Recht, Politik, Werbung, Alltag und Geschlechterbeziehungen ausgeweitet (zu Materiallage und Forschungsstand ausfiihrlich Kap. 3.1).

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  237. Die Wirkungsrichtung der einzelnen Vektoren (als akzeptanzerhöhend oder akzeptanzsenkend) kann nicht in allen Fallen vorab beantwortet werden. Auch sie bedarf, wie die getroffene Auswahl, der genaueren erfahrungswissenschaftlichen Oberprüfung im Einzelfall.

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  238. Eine häufig anzutreffende Akzeptanzumkehr findet statt, wenn ein Asylantenwohnheim in der unmittelbaren Nachbarschaft errichtet werden soll oder der Ausländeranteil in der Schulklasse der eigenen Kinder steigt. Innerhalb der etablierten Parteien ist ein ähnliches Akzeptanzgefälle von der nicht unmittelbar betroffenen Bundesebene über die durch Verteilungsschlüssel involvierte Landesebene bis hin zu den direkt in Anspruch genommenen Kommunen überall dort beobachtbar, wo es um die finanziellen Konsequenzen der Asylantenproblematik geht.

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  239. Zur Akzeptanz sozialstaatlicher Maßnahmen in Abhängigkeit von der Wahrscheinlichkeit, von einem sozialen Problem, wie Arbeitslosigkeit oder Wohnungsnot, in absehbarer Zeit selbst oder als Familienmitglied indirekt mitbetroffen zu werden, mit Hinweisen auf die entsprechenden empirischen Untersuchungen Schwenk (1989); für Einstellungen der Bundesbürger zum Wohlfahrtsstaat insgesamt Roller (1992).

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  240. Dies dürfte das Eingreifen der NATO als Interessengemeinschaft im Golfkrieg und deren Nicht-Eingreifen als Werte- und Ideengemeinschaft im jugoslawischen Bürgerkrieg zumindest zu einem Teil erklären.

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  241. Inwieweit Bewegungen und Initiativen möglicherweise gerade deswegen auf hohe (äußere) Akzeptanz und verstärkten Zulauf auch von solchen “Anhängern” und “Mitstreitern” rechnen können, die nicht daran denken, Vergleichbares auch in ihrem eigenen sozialen Umfeld zu fordern oder tatkräftig zu verwirklichen, wäre eine etwa von einer Soziologie der sozialen Bewegungen zu klärende und andernorts bereits entwickelte Forschungshypothese (hierzu Opp 1984).

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  242. Empirischen Erhebungen zufolge hängen diese Wahrnehmungs- und die daraus folgenden Akzeptanzunterschiede mehr mit dem Bildungs- und Informationsstand sowie mit der Qualität und dem Niveau eines u.a. durch die Medienberichterstattung erzeugten Sicherheits- und Risikobewußtseins in hierfür in unterschiedlichem Maße sensibilisierten Gruppen und Milieus zusammen. Sie korrelieren weniger mit realen Betroffenheiten und konkreten Bedrohungen, etwa durch ein nahe gelegenes Atomkraftwerk oder durch eine kriegerische Auseinandersetzung auf dem eigenen Kontinent. Stellvertretend am Beispiel der Kernkraft Peters u.a. (1987) sowie Opp u.a. (1990).

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  243. Am Beispiel von Umweltbelastungen findet sich dies u.a. nachgewiesenbei Wasner (1990). Visibilität und körperliche Spürbarkeit wirken sich demzufolge auch auf die Akzeptanz eines von Gefahren ausgehenden Problemlösungsdrucks aus. Sie bestimmen, was z.B. als ein vordringliches Umwelt-oder Sicherheitsproblemangesehen wird. Ihr Aufinerksamkeitswert liegt deutlich über der Problemakzeptanz bei unsichtbaren Risiken. Diese können leichter aus dem Bewußtsein verdrängt, publizistisch “weggeredet” oder politisch “gesundgebetet” werden. Zur hierbei stattfindenden teilweisen Verkehrung von wahrgenommener Wirklichkeit und wirklicher Wahrnehmung Hagstolz/Kösters (1986).

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  244. Am Beispiel von AIDS und AIDS-Prävention vgl. Reuband (1989a) und Koch (1990). Für ökonomische, ökologische und andere aktuelle Themenbereiche die jeweils einschlägigen, empirisch fundierten Einzelbeiträge zu Einstellungen und Verhaltensweisen der Bundesbürger vgl. Müller (1990).

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  245. Ihre vergleichsweise hohe Akzeptanz bezieht sich dann zumeist auch auf die ihnen zugrundeliegenden “technischen Sachzwänge” oder die “gesundheitliche Unbedenklichkeit” attestierenden und diese wissenschaftlich belegenden “objektiven” Eck- und Meßwerte (hierzu wiederum Peters u.a. 1987).

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  246. Für die Akzeptanz von Tatsache und Ausmaß bestehender sozialer Ungleichheit in Abhängigkeitvon der Legitimitätsbewertung unterschiedlicher Aufstiegsvektorenund individuell beeinflußbarer Mobilitätskriterien Zwicky/Heintz (1982) und Sandberger (1983). Für aktuelle empirische Befunde zur Wahrnehmung und Bewertung sozialer Ungleichheit generell Braun/Uher (1990) sowie speziell auch im Vergleich der alten und neuen Bundesländer Noll/Schuster (1992).

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  247. Wie in einer Reihe der nachfolgend aufgelisteten akzeptanzsteigernden Faktoren, genügt auch hier oftmals die Vermittlung des Eindrucks von Mitwirkung und Mitgestaltung, dem keine tatsächliche Beteiligung oder wirksame Einflußnahme entsprechen muß. Die Partizipation kann sich z.B. auf die Gewährung von Mitbestimmung auf Nebenkriegsschauplätzen beschränken und auf die Peripherie gesellschaftlich unwichtiger Entscheidungen beschränkt sein, ohne die mit ihr beabsichtigte Wirkungen einer “Akzeptanz qua Partizipation” zu verfehlen.

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  248. Welche Rolle vorhandene oder auch nur vermeintliche Einflußmöglichkeiten nicht nur bei der Wahrnehmung der eigenen Situation spielen, sondern auch für die Bereitschaft verantwortlich sind, vorgefundene Bedingungen hinzunehmen oder aber sie zu verändern, kann man bei entsprechender Selbstbeobachtung leicht nachprüfen. So wird man etwa feststellen, wie wenig einen das Gebläsegeräusch am PC im Vergleich zu einer objektiv vielleicht sogar geringeren Lärmbelästigung durch eine defekte und entsprechend geräuschvolle Zentralheizung stört, die man in einer Wohnanlage oder einem Bürogebäude nicht und vor allem nicht individuell abstellen oder regulieren kann. Beim eigenen Computer dagegen wird das Belüftungsgeräusch als technisch “notwendig” und deswegen “normal” wahrgenommen, wohl nicht zuletzt auch deshalb, weil man die Geräuschquelle durch Ausschalten des Gerätes jederzeit selbst beseitigen und z.B. eine Pause machen kann.

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  249. Zu den hier angesprochenen Möglichkeiten gehört u.a. auch räumliche und soziale Mobilität als der Chance, sich inakzeptablenAnmutungenund unzumutbaren Verhältnissen, durch Auswanderung, Vermögenstransfer ins Ausland, Bezugsgruppenwechsel, sozialen Auf-oder auch Abstieg, Verweigerung, “Aussteigen” oder “Privatisieren” in einem sehr weiten Sinne, zu entziehen oder entziehen zu können glauben.

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  250. Das politische Tagesgeschehen stellt fair beide Thesen plausibilierendes Anschauungs- und reichhaltiges Dokumentationsmaterial bereit, ohne daß die Frage sich auf dieser Basis soziologisch befriedigend entscheiden ließe.

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  251. In diesem Fall haben dann auch “unkonventionelle” Strategien, “unbürokratische” Lösungen und “alternative” Institutionen (vorübergehend) erhöhte Chancen, z.B. in politikberatender Funktion oder als neue Form politischer Beteiligung, von breiteren Kreisen der Bevölkerung akzeptiert zu werden. Für akute Legitimitäts- und Akzeptanzgewinne am Beispiel der unkonventionellen politischen Partizipation Kaase (o.7.) sowie zur Entstehung von Gegenexperten und GegenöffentlichkeitenRucht (1988).

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  252. Aus den beschriebenen Veränderungen akzeptanzrelevanter Maßstäbe fir die Zumessung von Glaubwürdigkeit dürfte sich u.a. auch der insbesondere auf den Themenfeldern der “neuen Politik”, z.B. auf dem Gebiet des Umweltschutzes, seit Beginn der 80er Jahre zu verzeichnende Akzeptanzzuwachs und der signifikante Kredibilitätsgewinn alternativer Autoritäten und Gegenexperten einschließlich deren moralischer Instanzen und nicht-etablierter Institutionen erklären. Für Entstehungstheorien der neuen sozialen Bewegungen, welche diesen Deutungsaspekt ihrer Soziogenese bislang nur am Rende berücksichtigen, im Überblick Brand (1982).

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  253. An dieser Stelle erwähnenswert mit Blick auch auf andere Akzeptanzkriterien ist der Doppelsinn der lateinischen “causa” als der gleichlautenden Bezeichnung sowohl fir die kausale “Ursache” wie für die zurechenbare “Schuld”.

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  254. Der Gebrauch solcher die wahren Ursachen verschleiernden Begriffe dürfte zu einem nicht unerheblichen Teil für die Wahrnehmungsverzerrungenund Fehlurteile in der öffentlichen Meinung, z.B. in bezug auf durch Menschen verursachte Unfälle, Umweltzerstörungen etc., verantwortlich sein. Außer über die Sprache wird von Seiten des Staats versucht, eine Erweiterung des Risikobewußtseins in der Bevölkerung auch dadurch zu verhindern, daß er die öffentliche Risikodiskussion durch Etablierung einer Informationsherrschaft über Risiken begrenzt. Zur gleichwohl vorhandenen staatlichen Verantwortung speziell auch fir die Risiken der Technik Murswiek (1985) sowie zu deren verlorener “Unschuld” bereits Habermas (1968).

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  255. Wie u.a. die sogenannten Mauerschützenprozesse gegen Soldaten der ehemaligen DDR gezeigt haben, ist systemimmanente, aber persönlich zurechenbare Schuld offenbar in der Lage, hohe Forderungen nach Wiedergutmachung, z.B. in Form von Schmerzensgeld, oder den Ruf nach symbolischen Strafen zu legitimieren, und dazu angetan, selbst das ansonsten verpönte Verlangen nach Vergeltung und retributiver Gerechtigkeit subjektiv zu rechtfertigen. Zu unterschiedlichen Theorien und Typen von Gerechtigkeit Rawls (1975).

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  256. Zur vor diesem Hintergrund notwendig gewordenen Unterscheidung von Rechtsfolge- und Rechtsanspruchsbewußtseinals Beispielen auch für die daraus folgenden Legitimitäts- und Akzeptanzunterschiede Lucke/Schwenk (1992).

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  257. Letzteres gilt insbesondere im Vergleich zu der an einklagbaren “Bringschulden” eher armen Peripherie trivialer Alltagsaktivitäten, die durch zumeist relativ hohe Abweichungstoleranzen und eine “postmoderne” Vielfalt äquifunktionaler und gleichermaßen akzeptabler Alternativen gekennzeichnet ist.

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  258. Es ist davon auszugehen, daß Akzeptanzwahrscheinlichkeitund Akzeptabilität sich zusätzlich erhöhen, wenn es sich hierbei um Zentralwerte oder um Grund-oder Menschenrechte handelt. Diese beruhen auf einem hohen gesamtgesellschaftlichen Konsens und besitzen jenes Maß gesellschaftsweit überhöhender Legitimiertheit und widerspruchsfreier Legitimierbarkeit, das im Regelfall keinen Moden und kurzfristigen Meinungstrends unterliegt.

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  259. Beispiele hierfur sind “Greenpeace”-Aktionen, bundesweit organisierte Demonstrationen gegen Fremdenhaß oder die Tribunale der Menschenrechtsorganisaion “Amnesty International”. Alle diese Aktivitäten sind von z.T. beachtlicher sympathisierender Akzeptanz getragen.

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  260. Auf solche Standardformeln kann man sich, wie bei den Operationalisierungsvorschlägen unter methodischen Gesichtspunkten problematisiert, ohne eigenständige Denk-oder originelle Argumentationsleistungenin aller Regel aussichtsreich zurückziehen und die “gesellschaftliche Generalabsolution” bisweilen sogar fiir Handlungen erwirken, die sich, wie in manchen Grenzfällen zivilen Ungehorsams, in der strittigen Nähe zu Kriminalität oder Nötigung bewegen.

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  261. Dies ist derzeit u.a. im Bereich der Geschlechterbeziehungen, bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, beim Drogenkonsum oder bei der Ausländer- und Asylantenproblematik der Fall. Unsicherheit besteht insbesondere dort, wo nicht auf Erfahrungen im benachbarten Ausland verwiesen werden kann und/oder auch die dortige Praxis in ihrer konkreten Akzeptanz und prinzipiellen Akzeptabilität umstritten ist. Letzteres gilt z.B. für den Umgang mit dem Drogenproblem in Holland, die rechtliche Behandlung des nichtehelichen Zusammenlebens in Schweden oder die “Lösung” des Einwanderungsproblems in der Schweiz.

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  262. Bei Regierungskrisen werden in unserem Kulturkreis auf dem gegenwärtigen Stand gesellschaftlicher Rationalisierung z.B. keine Hellseherinnen mehr befragt oder einem umzustimmenden Gott Opfer gebracht.

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  263. Vorenthaltene Kenntnis internationaler Standards und unterbundene Erfahrungen mit fremden Kulturen sind nicht von ungefähr geeignete Mittel, um der Bevölkerung unter dem Eindruck der Alternativlosigkeit die Hinnahme ethnozentrischer Normen und totalitärer Strukturen ohne größeren Widerstand aufzwingen und sie zu einer äußeren Akzeptanz ohne innere Akzeptanz bewegen zu können.

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  264. Zu der aus diesem Mehr-Wissen paradoxerweise resultierenden Unsicherheit Evers/Nowotny (1987).

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  265. All dies hat in England, Schweden, Italien oder den Niederlanden eine andere Tradition als in Deutschland und stößt auf je unterschiedliche Akzeptanz in den jeweiligen Landesbevölkemngen. Für kulturelle, ethnische und nationale Unterschiede in der Verteilung von Akzeptanz vgl. auch Kap. 2.4.5.

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  266. Seine Geltung hat dazu geführt, daß lange Zeit Normen, Institutionen und Werte “per se” den Vorteil der überdurchschnittlichen Begründungsentlastetheit und mit ihm den der erhöhten Rechtfertigbarkeit fir sich in Anspruch nehmen konnten.

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  267. Inakzeptanzvermutungenund Legitimitätsvorbehalte betreffen im Vergleich dazu weniger Verhaltenstendenzen, die sich, wie die Verbreitung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, langsam und eher unauffällig vollziehen und dennoch bereits heute jenen Grad an sozialer Regelmäßigkeit erreicht haben, der sie zu einer auch im Alltag nicht mehr zu übersehenden und weithin akzeptierten gesellschaftlichen Faktizität hat werden lassen.

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  268. Beispiele hierfir sind die parallel zur Zunahme von Ein-Personen-Haushalten, Singles, Geschiedenen, Alleinerziehenden und nichtehelich Geborenen wachsende gesellschaftliche Akzeptanz dieser Personengruppen, die infolge anhaltender Massenarbeitslosigkeit steigende Befürwortung sozialstaatlicher Leistungen sowie der zeitweise Akzeptanzanstieg unkonventioneller politischer Partizipationsformen.

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  269. Zu den Listen der Mode Bovenschen (1986).

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  270. Wie mit Blick auf praktische Operationalisierungsmöglichkeitenerörtert (vgl. Kap. 3.3.3), ist davon auszugehen, daß dieser reine Alterungseffekt außer durch prominente Ausstellungsorte von zusätzlichem “Akzeptanzkapital” in Form von angesammelten Besprechungen, erschienenen Kritiken, lobenden Erwähnungen in der Literatur, der Aufnahme in Kunstkataloge, Kunstkäufen etc. überlagert und dadurch weiter verstärkt wird (vgl. Bon-gart 1974).

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  271. Bis zu einem gewissen Grade übertragbar sind diese Akzeptanzkriterien auch auf den Bereich der Wissenschaft. Dort entfalten sie ihre Wirksamkeit insoweit, als sich das Renommee von Wissenschaftler/inne/n zu einem Teil auch anhand der Länge von Literaturlisten, Zitatnachweisen, Rezensionen etc. bemißt.

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  272. Hierin gründet zugleich die akzeptanzstrategische Einsetzbarkeit von Dunkelziffern. Ihre künstliche Erhöhung oder verharmlosende Senkung, bei der geschonten Angabe von HIV-Infizierten, Arbeitslosen, Umwelt- und Wirtschaftsdelikten oder unverheiratet zusammenlebenden Paaren, beeinflußt die Akzeptanz von Maßnahmen politischer, familien- und strafrechtlicher oder medizinischer Intervention in einem nicht genau angebbaren, aber vermutlich nicht unerheblichen Maße. Die legitimitätssteigernden Effekte eines auch hier wirkenden “Gesetzes des großen Zahl” sind zugleich der Grund, weshalb Veranstalter von Großdemonstrationen oder Gewerkschaftsleitungen die Zahl von Demonstranten und Streikenden in ihren Pressemitteilungen eher herauf-als herabsetzen. Sicher nicht zufällig liegen ihre diesbezüglichen Angaben fast immer höher als diejenigen der Polizei bzw. der Arbeitgeberverbände.

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  273. Dies kann sich auf die Tatsache des Alleinlebens, den Bezug von Arbeitslosen- und Sozialhilfe oder auf anonyme Suchterkrankungen ebenso beziehen wie auf die bis vor wenigen Jahren verschwiegene sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und die öffentlich ebenfalls dethematisierte Gewalt in Ehen und Familien.

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  274. Erinnert sei hier nur an die aufklärende Wirkung mancher “Sexualreports”, deren Veröffentlichung in den späten 60er und den 70er Jahren eine zunehmende Toleranz gegenüber ehedem “abweichenden” Sexualpraktiken zur Folge hatte (vgl. Kepplinger 1988).

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  275. Am Beispiel AIDS Sontag (1989) sowie bei Krankheiten allgemein Sontag (1987).

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  276. Damit kann unter der Voraussetzung einer insgesamt nach wie vor legalistisch, d.h. gesetzestreu, eingestellten und sich in aller Regel auch gesetzeskonform verhaltenden Bevölkerungsmehrheit (vgl. Reuband 1989b) davon ausgegangen werden, daß die Akzeptanzkurve zumindest in den Teilbereichen der sich im gesatzten Recht wiederspiegelnden und in Gesetzesform verschriftlichten sozialen Übereinkünfte von “Kann”- über “Soll”- bis hin zu “Muf3”-Normen ansteigend verläuft (vgl. auch Wiswede 1976).

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  277. Deliktspezifische Strafmaße sind im Unterschied zur sonst eher geringen Paragraphenkenntnis auch juristischen Laien vielfach genauestens bekannt. Die erstaunlich spezialisierten Rechtskenntnisse dürften mit der durch eine empirische Untersuchung von Smaus (1985) im Durchschnitt der westdeutschen Bevölkerung ermittelten Wahrnehmung des Rechts vor allem als Strafrecht zusammenhängen. Nach auch durch andere Untersuchungen in der Nachfolge der international vergleichenden “KOL”-Studien (Kaupen 1973) bestätigten Befunden ist davon auszugehen, daß diese Wahrnehmungsverengungfär die insgesamt distanzierte Einstellung zum Recht mitverantwortlich ist und die Gesetzesakzeptanz - als Akzeptanz hauptsächlich von Strafen und Strafmaßen - in der Bevölkerung ungünstig beeinflußt.

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  278. Die Effektivität des Strafrechts ist bislang weithin unbekannt und die abschreckende Wirkung, auch der Todesstrafe (hierzu Reuband 1980; 1992), strittig und schwer überprüfbar. Ähnliches gilt fur die empirisch noch kaum erforschten Schwellenwerte von vermuteten oder tatsächlichen Bestrafungshöhenund Drohpotentialen, ab denen die beabsichtigte Abschreckungswirkung und die mit ihr zugleich signalisierte staatliche Nicht-Akzeptierbarkeit und gesellschaftliche Nicht-Akzeptanz sich umkehren und entweder in Fatalismus oder idealisierte Uberzeugungstäterschaftumschlagen.

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  279. Zur moralischen Beurteilung und auch rechtspolitisch strittigen Akzeptanz speziell des Haschischrauchens sowie zur unterschiedlichen Gefahrenwahrnehmung bei sogenannten “leichten” im Vergleich zu den trotz offizieller Warnungen der Gesundheitsämter und - ministerien immer noch weithin als unproblematisch angesehenen “Kulturdrogen” Reuband (1988).

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  280. Dem Phänomen der Abstimmungsmüdigkeit versucht man seitens der Wahlkampfleitungen u.a. dadurch zu begegnen, daß zeitlich zu nahe zusammenfallende Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen möglichst entzerrt werden. Seine Nichtberücksichtigung wurde umgekehrt für die beim ersten Anlauf hohe Ablehnung der Volkszählung mitverantwortlich gemacht (s. auch Gräf 1989).

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  281. Den Vorteil fier die nahe Zukunft antizipierbarer Akzeptanzzuwächse haben derzeit die heute noch in der Minderheit befindlichen “neuen Väter” auf ihrer Seite. Die “Nur-Hausfrauen” und “Vollzeit-Ehefrauen” dagegen hatten nach der Emanzipationswelle in den 70er Jahren zumindest vorübergehend den “Bundesgenossen Trend” gegen sich. Ähnliches gilt in einem anderen Bereich angesichts des in den 80er und 90er Jahren gewachsenen Umwelt- und Risikobewußtseins fair die Atomkraft.

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  282. Zur Umkehr von Legitimitätsvermutungen als Folge der Darstellung Gewalt anwendender Polizisten und Demonstranten in den Medien Kepplinger (1988).

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  283. Dieser “Sperrklinkeneffekt” behält zumindest solange seine Wirksamkeit, als die konsentierten Verhandlungsmargen und für nicht unter-oder überschreitbar erklärten Toleranzgrenzen einer breiteren Öffentlichkeit noch präsent und der Mitgliederschaft im Bewußtsein sind.

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  284. Die gruppen- und milieuspezifische Bedeutung der im sozialen Nahbereich bestehenden Bekenntnisgemeinschaften und ihre Funktion als Einstellungskanalisatoren und nicht medienvermittelte Meinungskatalysatoren sind in bezug auf die Akzeptanz der Wehrdienstverweigerung ebenso nachgewiesen wie für die Ablehnung der Volkszählung und die Legitimitätsbeurteilung ihres Boykotts (exemplarisch Kepplinger/Hachenberg 1980; Gräf 1989).

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  285. So ist z.B. die Akzeptanz von nichtehelichen Lebensgemeinschaften (Meyer/Schulze 1984; 1988), Homo- und Transsexualität (Reuband 1989a; Hirschauer 1989) sowie von Ehescheidungen (Wolf/Liike/Hax 1959) und nichtehelichen Geburten (Mitterauer 1983) historisch und im internationalen Vergleich mit der verwandtschaftlichen, gesellschaftlichen und geographischen Entfernung von den Betroffenen und Beteiligten erwiesenermaßen “auf Distanz” steigend. Sie wächst unter sonst gleichen Toleranzbedingungenund Akzeptanzbereitschallen zusätzlich mit jeder weiteren zeitlichen, räumlichen und sozialen Entfernungsdimension.

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  286. Allerdings gibt es auch hierfir, wie bei den “heiklen” Familienangelegenheiten, Ausnahmen und im Rahmen einer differenzierten Akzeptanzforschung untersuchenswerte Gegenbeispiele. So erfuhren etwa die Straßenblockaden durch französische Fernfahrer im Sommer 1992 durch die öffentliche Meinung im eigenen Land die höhere Legitimitätszuschreibung und bereitwilligere Akzeptanz in der Bevölkerung Frankreichs als im benachbarten europäischen Ausland, das - mit Rückgriffsmöglichkeiten u.a. auf die Erklärungsvariable “nationale Besonderheiten” (s. Kap. 2.4.5) - für derartige Ausschreitungen insgesamt nur wenig Verständnis zeigte.

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  287. Dessen Einfluß reicht teilweise überden engeren Einzugsbereich subkulturell favorisierter Kleidermoden und milieuspezifischer Benimmregeln hinaus. In der vielfach vernetzten Gesellschaft zumal, kann ein- und dieselbe Person unter bestimmten Voraussetzungen als auch in anderen Bereichen akzeptierter Meinungsfiihrer fungieren und an maßgeblicher Stelle darüber (mit)befinden, was bei von Gebiet zu Gebiet unterschiedlichen Akzeptabilitätsspielräumen, z.B. an politischen Forderungen oder religiösen Glaubensbekenntnissen, künftig “in” oder “out” ist.

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  288. Filmgeschichte und Literatur sowie Idole aus Sport, Politik und Showgeschäft liefern hierfür zahlreiche, z.T. sehr eindrucksvolle, aber, da weder verstandesmäßig noch ästhetisch immer nachvollziehbar, hier namentlich ungenannte Beispiele.

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  289. Dies in seinen vielfältigen Abhängigkeiten und Bedingtheiten systematisch zu erforschen, wire Aufgabe speziell einer kultursoziologisch ausgerichteten Akzeptanzforschung. Entsprechende Untersuchungen hätten sich vor allem auf die Ermittlung der Kulminationspunkte zu konzentrieren, ab denen z.B. Absurdität in Genialität und Geschmacklosig keit in kollektivierbaren (Einheits-)Geschmack umschlagen.

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  290. Zu der hierüber hergestellten integrativen und affiliativen Funktion der gesellschaftlichen Akzeptanz s. Kap. 2.3.6 und 2.3.4.

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  291. Inzwischen hat die AKW-Bewegung eine bundesweite Verbreitung, auch fiber die Grenzen unseres Landes hinaus, gefunden. Ihre Motivation bezieht sie aus erkennbar anderen, nämlich altruistischen, solidarischen, advokatorischenund ähnlichen, aus direkter persönlicher Selbst-Betroffenheit nurmehr bedingt abzuleitenden Beweggründen (vgl. Rucht 1980; Opp 1984).

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  292. Das Beispiel der Politik wurde stellvertretend fair andere Bereiche gewählt, wo die Verhältnisse ähnlich liegen. So sind z.B. auch persönliche Erfahrungen im Umgang mit Recht und direkter Kontakt zu seinen Institutionen, wie durch die viel zitierten “Knowledge and Opinion about Law”-, die sogenannten (KOL)-Studien, belegt, eher geeignet, negative Einstellungen zum Recht in der Bevölkerung zu fördern, als dazu angetan, dessen Akzeptanz bei den Bürgern zu erhöhen (vgl. Kaupen 1973).

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  293. Für eine kritische Betrachtung der neuen Ästhetik in der Serialität als schlichter “Wiederholungskunst” Eco (1989, 1990: 302ff.).

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  294. Zu den hierbei zu treffenden akzeptanzrelevanten analytischen Unterscheidungenvgl. Kap. 1.3.2.

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  295. Auf diesem Doppeleffekt beruht nicht zuletzt die Wirksamkeit von Entschuldigungen und Erklärungen im Alltag. Zum Phänomen dieser schwer übersetzbaren “accounts” Scott/Lyman (1968).

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  296. Ohne das beim gegenwärtigen Stand der Verwissenschaftlichung und Technisierung erreichte Maß an technischem Fortschritt und wissenschaftlich-technischem“know how” gäbe es, wie in anderem Zusammenhang erwähnt, keine Bewegungsnetzwerke, bundesweiten Flugblattaktionen oder zentral organisierten Demonstrationen. Es gäbe vermutlich auch nicht die von “kritischen Wissenschaftlern” mit wachsendem Erfolg eingesetzten Instrumente der Gegenexpertise (vgl. Badura 1980) und der juristisch wasserdichten Anfechtung von Urteilen (gegen Kasernen- und Flugplatzblockierer oder Hausbesetzer) durch Anwälte aus der alternativen Szene und auch nicht die medienwirksam inszenierten Aktionen bekannter Umweltschutzorganisationen.

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Lucke, D. (1995). Akzeptanzforschung. In: Akzeptanz. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09234-6_4

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