Skip to main content

Zusammenfassung

„Auf das Opfer darf keiner sich berufen“, verurteilt Ingeborg Bachmann den Opferkult der Nachkriegszeit. „Es ist nicht wahr, daß die Opfer [...] Zeugenschaft [ablegen] für etwas, das ist eine der furchtbarsten und gedankenlosesten, schwächsten Poetisierungen. [...] Es ist Mißbrauch“ (IBW 4, 335f.). Ob als Beschwörung einer besseren Welt, eines „Morgenrots“, in der es keine Opfer mehr geben wird — oder, um vieles hautnaher, als vernichtende Selbstkritik am eigenen Schreibimpuls, der Einspruch bleibt bei aller Apodiktik merkwürdig uneindeutig. Denn mit gleicher Vehemenz hebt Bachmann ihr soeben gefälltes Urteil wieder auf, wenn sie zu bedenken gibt, daß „der Mensch, der nicht Opfer ist, im Zwielicht“ steht. Im Klartext bedeutet das: der unbeschädigte Mensch ist per se anrüchig. Legitimiert sie darnit nicht wiederum ihre den weiblichen Opfern unseres Jahrhunderts gewidmeten Todesarten-Darstellungen? Mit der Vertracktheit dieser Aporie ringt unter vielen anderen auch das Fragment „Requiem für Fanny Goldmann“. Denn bloßgelegt werden hier wie in den übrigen 3.000 Seiten der Kritischen Ausgabe die unzähligen Varianten der Kondition des Opfers, des öffentlich anerkannten, wie des privat verborgenen.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 44.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 59.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Referenzen

  1. Goldmann II erscheint wie eine Präfiguration von Trotta in „Drei Wege zum See“, IBW 2, 394–486. „[...] und auf welche Weise sich wirklich ein Mensch verändert hatte und vernichtet weiterlebte“ (S. 421).

    Google Scholar 

  2. Das ganze Fanny-Konvolut befindet sich in KA 1, Arbeitsphase 1964, S. 117–167, Requiem für Fanny Goldmann, S. 287–333, (Goldmann/Rottwitz-Roman), S. 337–452. Der letzte Satz dieses Fragmentes beschäftigt sich noch mit dem Verhältnis zwischen Fanny und Goldmann: „Daß Fanny Goldmann auch zuletzt nicht sagen konnte, was sie von ihm wollte, [...], was sie von ihm erwartete, daß Goldmann Fanny nicht mehr rufen konnte, wie er sie gebraucht hätte, das ist eine so langsame und nächtliche Geschichte und unerzählbare Geschichte [...]“ (S. 452).

    Google Scholar 

  3. In: Jean Améry „Jenseits von Schuld und Sühne“, Bewältigungsversuche eines Überwältigten, Klett-Cotta, Stuttgart 1977, S. 74–101. Amnéry sieht sich als „traurigen Ritter Ohneland, getroffen vom Anathem“ (S. 78).

    Google Scholar 

  4. Hans Weigel „Unvollendete Symphonie“, Roman, Verlag Styria, Graz 1992.

    Google Scholar 

  5. „Unvollendete Symphonie“, S. 69.

    Google Scholar 

  6. ebd., S. 15.

    Google Scholar 

  7. ebd., S. 193f.

    Google Scholar 

  8. ebd., S. 199.

    Google Scholar 

  9. Burkhardt Lindner: „Ich: Wie bitte? Was soll das heißen? Hier braucht sich kein Mensch auszukennen.“ Ingeborg Bachmanns großer Prosa-Nachlaß: das „Todesarten“-Projekt. In: Frankfurter Rundschau, 28.11.1995, Literatur-Beilage, S. 2.

    Google Scholar 

Download references

Authors

Editor information

Irene Heidelberger-Leonard

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1998 Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Heidelberger-Leonard, I. (1998). Ernst Goldmann-Geschichten und Geschichte. In: Heidelberger-Leonard, I. (eds) „Text-Tollhaus für Bachmann-Süchtige?“. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09184-4_5

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-09184-4_5

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-13110-8

  • Online ISBN: 978-3-663-09184-4

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics