Zusammenfassung
Seit 1982 hat sich für das Kulturamt Neukölln und damit auch für das Heimatmuseum in der Aufarbeitung der Geschichte des Bezirks ein Themenschwerpunkt entwickelt: der in Neukölln und von Neuköllnern geleistete Widerstand gegen das NS-Regime. Der Widerstand gegen das Nazi-Regime ist ein zentraler Profilierungspunkt für die Geschichte dieses Bezirks: Er ist zugleich Ergebnis der politischen Entwicklungen und sozialen Prozesse vor 1933 wie auch einer der Schlüssel für das Verständnis der Nachkriegszeit in Neukölln. In seiner Dimension und spezifischen Ausprägung unterscheidet sich der Widerstand in Neukölln von dem, was in anderen Regionen der Stadt Berlin geschah. So wie der Prozentsatz der NSDAP-Wähler bei der letzten freien Wahl 1933 von allen Berliner Stadtbezirken in Neukölln am geringsten war — wenn auch immer noch viel zu hoch — so war auch die Bevölkerung hier widerständiger als anderswo. Die Erzählungen, daß sich die Nazi-Schergen und ihre Hilfstruppen lange Zeit nicht in die Arbeiter-Hochburgen Rollbergkiez und Richardsburg wagten, weil ihnen dort Blumentöpfe oder sonstige Gegenstände auf den Kopf flogen, sind die anekdotische Seite eines sozialen, politischen und kulturellen Phänomens, das Aufmerksamkeit und Analyse verdient. Und doch war in Neukölln in der Nachkriegszeit darüber öffentlich geschwiegen worden. Wir Verantwortlichen, durch die Auseinandersetzungen der 68er-Bewegung mit der deutschen Vergangenheit geprägt, stellten uns die heute emphatisch klingende Aufgabe: „Wir wollen das Schweigen beenden. Nur so wird es uns gelingen, aus der Vergangenheit für die Gegenwart und Zukunft zu lernen“ (Neuköllner Kulturverein 1983. S. 80). Das Thema Widerstand befand sich in den vergangenen 15 Jahren keineswegs ständig im Zentrum der Aufmerksamkeit, doch war es in den Köpfen der Verantwortlichen stets präsent. In fast allen thematischen Ausstellungen der letzten Jahre wurde diese Frage mindestens berührt, immer wieder kam neues Wissen hinzu, immer wieder kamen alte und junge Neuköllner mit Erkenntnis- und Erinnerungssplittern.
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Literatur
Berliner Kulturrat (Hrsg.): Wer sich nichterinnern will. Kiezgeschichte Berlin 1933. Berlin 1983
Bredeck, A., Brunner, D.: Wie das Bild von der Geschichte korrigiert werden kann. In: Berliner Kulturrat (Hrsg.): Wer sich nicht erinnern will. Kiezgeschichte Berlin 1933. Berlin 1983
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GÖSswald, U.: Die,andere` Seite der Geschichte. In: Berliner Kulturrat (Hrsg.): Wer sich nicht erinnern will. Kiezgeschichte Berlin 1933. Berlin 1983
Gosswald, U.: Memories — eine unvollständige Geschichte. In: Stanic, D. (Hrsg.): Sand im Getriebe. Berlin 1985
NeukÖLlner Kulturverein (Hrsg.): Widerstand in Neukölln. Berlin 1983
Scheerer, R.: Widerstand in Neukölln. Abschlußbericht. Unveröffentlichtes Typoskript. vorgelegt am 23. 6. 1996
Schilling, H.: Perspektive Aktives Museum. In: Berliner Kulturrat (Hrsg.): Wer sich nicht erinnern will. Kiezgescbichte Berlin 1933. Berlin 1983
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Kolland, D. (1997). Die Widerstandskiste. In: Gößwald, U. (eds) Immer wieder Heimat. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09170-7_5
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