Skip to main content

Die Volksbewegung und der politische Mythos “Sandino”

  • Chapter
Übergänge der Freiheit
  • 43 Accesses

Zusammenfassung

Die Bewegung des Sandinismus war also nicht so etwas wie die Nachhut einer Avantgarde.124 An ihrer sozialen Phänomenalität125 sind insbesondere die sie auszeichnende Jugendlichkeit, ihr “Pluriklassismus”, die wenn auch geringere Partizipation von Frauen, die Bedeutung sozial-christlicher Momente, die Beteiligung verarmter Mittelschichten und einer vorherrschenden städtischen und ruralen “Armutskultur” hervorgehoben worden.126Für die sozialen Trägerguppen der Insurrektion und der FSLN hat Vilas127 die vergleichsweise geringe Beteiligung von Arbeitern und Bauern und das Überwiegen von Handwerkern und Kleinproduzenten des sogenann-ten informellen Sektors bzw. von “Studenten”128 aufgezeigt. Damit bestätigte sich sozialstatistisch ein proportionales Gefüge des “Mobilisierungspotentials”, das O. Nunez als “dritte Kraft in der sozialen Bewegung der Befreiung” bezeichnet hat.129 Entfernt von einer bloßen Residualkategorie, die sich irgendwie von den politischen “Projekten” der “Bourgeoisie” und der “Arbeiterklasse” subtrahieren ließe,130 waren es diese “als solche ideologischen Kräfte” insbesondere aus der kleinen Warenproduktion, d.h. Handwerker und “auf eigene Rechnung” Arbeitende, welche die “Hauptkraft” der Insurrektion ausmachten. Die Anwendung klassenreduktionisti-scher Bestimmungen würde also, wie Vega ausgeführt hat, kaum erhellen können, wie inmitten einer extremen “organischen” Schwäche des industriellen Proletariats und der weitgehenden Abwesenheit einer bedeutenden gewerkschaftlichen Tradition jener radikalste Sektor des populären politischen Raums schließlich die Vorherrschaft innerhalb der Regimeopposition erobern konnte.131

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Referenzen

  1. vgl. Mires 1982

    Google Scholar 

  2. vgl. dazu methodisch etwa Melucci 1988; ders. 1988a; B. Klandermans 1986, S. 13–39 (Spezial-Nr. zu: “Comparative Methods and Research on Collective Behavior and Social Movements”)

    Google Scholar 

  3. Walker 1982; Alegria/Flakoll 1982, S. 212ff; Harris/Vilas 1985, S. 259ff; Tefel 1978; S. 52ff. Zur Beschreibung der Merkmale und sozialen Kräfte in einem anderen paradigmatischen Zusammenhang vgl. Villagra 1982, S. 115–124

    Google Scholar 

  4. Vilas 1984, auf der Basis von Zahlen des INSSBI (vgl. auch INSSBI [Instituto Nicaraguense de Seguridad Social y Bienestar] 1989, S. 6f); s. auch PREALC (Organizacion Internacio-nal del Trabajo, Documento de trabajo: Programa gerional del empieo para America Latina y el Caribe [Empieo y salarios en Nicaragua], Sept.) 1980, S. 115f

    Google Scholar 

  5. Diese Kategorie umfaßt in Nicaragua häufig auch Sekundar- und Oberschüler.

    Google Scholar 

  6. O. Nunez 1980, ders. 1982 und 1984

    Google Scholar 

  7. In späteren Arbeiten Nunez’ erhält die “dritte Kraft” wieder stärkere Beiklänge eines sozialen Residuums zwischen den “historischen Projekten” der “Bourgeoisie” und der “Arbeiter- und Bauern-Allianz”, Nunez 1987, S. 53–73.

    Google Scholar 

  8. Vega 1981, S. 197; vgl. auch Godio 1979, Godio 1983, S. 101

    Google Scholar 

  9. vgl. beispielsweise Moore 1988

    Google Scholar 

  10. zu dieser Diskussion vgl. Thompson 1968; Hobsbawm 1962; Stedman Jones 1974, S. 460–508; Calhoun 1982

    Google Scholar 

  11. vgl. dazu Bourdieu 1985, S. 41f

    Google Scholar 

  12. Eine strikt klassenreduktionistische Analyse der nicaraguanischen Revolution findet sich bei C. Favre 1980, Bd. 2, S. 563ff; klassentheoretisch versuchen auch O.R. Vargas (1978, S. 66–73) und Gilly (1978 u. 1980) zu argumentieren.

    Google Scholar 

  13. vgl. Booth 1982 und 1982a (insbes. Kap. 1)

    Google Scholar 

  14. Hirschmann 1970

    Google Scholar 

  15. Mit McCarthy/Zald 1973b benennt Booth (1982a) in der mangelhaften Kapazität des Regimes zur Beschaffung institutioneller Loyalität und der anwachsenden “institutionellen” Unterfüt-terung der “politisch-elitären” Opposition jene “unterscheidenden Ressourcen”, die für den Übergang zu revolutionären Mobilisierungen erklärend verlangt sind.

    Google Scholar 

  16. Diese werden entsprechend auch von Booth bemüht. (Booth 1982a, S. 7)

    Google Scholar 

  17. vgl. Halbwachs 1967, S. 121

    Google Scholar 

  18. Ähnliches müßte man mit Lévi-Strauss’ Behauptung, daß zumindest das “erfahrungsgebundene” Zeichen “gesichert” sei, annehmen, (vgl. dazu: Barthes 1979, S. 43f)

    Google Scholar 

  19. Das macht meines Erachtens auch eine der Schwierigkeiten aus, an denen sich M. Halbwachs abgearbeitet hat, wenn er neben der Geschichte des Archivs eine “lebendige” Geschichte auszumachen versuchte, (vgl. Halbwachs 1967)

    Google Scholar 

  20. Man könnte mit Aristoteles sagen, daß das Gedächtnis in diesem Sinne (d.h. mit stets re-troaktiven Auswirkungen) nicht zur Gattung des “Aufbewahrten” und “Festgehaltenen”, also zum Habitus, sondern zum Akt (dem Geschehen-lassen-können) gehört, (vgl. Aristoteles, Topik, 125b 15–19; hier zitiert als: Aristoteles 1995, übers. v. E. Rolfes, Hamburg, Bd. 2)

    Google Scholar 

  21. vgl. Ricardo Garcia (PSN), Was der ganze Rummel wert ist, Sept. 1977, S. 1250ff; später auch: Alvaro Ramirez (PSN), Nicaragua: Vom bewaffneten Kampf zum Aufbau, Jan. 1980, S. 97 (R. Garcia 1977; A. Ramirez 1980)

    Google Scholar 

  22. Damit handelt es sich, um es zu wiederholen, um nicht mehr als jene bloß reaktiven sozialwissenschaftlichen Denkweisen, die sich aus ihren Voraussetzungen selbst ergeben, nämlich den zwangsläufig reaktiven Verbindungen zwischen individualpsychologisch begriffenen Egos und soziologisch objektivierten “Wir-Gruppen”, worin sich bereits auch die Verständnisschichten einer immer wechselseitigen modernen Ausschließung von “Ich/Selbst” und “Wir” abgelagert haben.

    Google Scholar 

  23. So L. Gabriel 1982

    Google Scholar 

  24. “Die große Macht der Zukunft ist der Sandinismus”, in: Ramirez 1984

    Google Scholar 

  25. vgl. Mires 1982, S. 35–54, a.a.O.

    Google Scholar 

  26. vgl. Fals Borda 1992, S. 303ff

    Google Scholar 

  27. In dieser Weise stellen Calderon et.al. die Frage, vgl.. F. Calderon, A. Piscitelli, J. L. Reyna 1992, S. 19–36

    Google Scholar 

  28. So Evers 1985, S. 43–71, S. 44

    Google Scholar 

  29. vgl. auch Laclau 1985

    Google Scholar 

  30. vgl. z. B. Stoltz Chinchilla 1992, S. 47

    Google Scholar 

  31. Laclau/Mouffe 1991, S. 188, S. 196

    Google Scholar 

  32. A. Esobar hat an der These, daß die artikulatorische Art demokratischer Kämpfe sich nur in Gesellschaften zeigen, in denen die demokratische Revolution eine bestimmte Schwelle überschritten hat, kritisiert, daß dieser Schwellenbegriff eine Art von teleologischem, rationalistischem Evolutionsdenken einschließe. Dies sei unvermeidlich von einem gewissen Grad an “Eurozentrismus” begleitet. (“Culture, Economics, and Politics”, in: Escobar/Alvarez 1992, S. 79) Ich stimme der Kritik, nicht aber ihrer Schlußfolgerung zu, da der Vorwurf des “Eurozentrismus” einerseits zu kurz greift und andererseits geeignet ist, die historisch-spezifische Partizipation des ibeo-ameri-kanischen Antagonistischen am “Westlich-Politischen” unter der Perspektive eines terceromundisti-schen Allerweltbezugs zu verdecken.

    Google Scholar 

  33. Mit dieser Metapher äußert sich in einem hier verwandten Sinn Jean-Luc Nancy 1992, S. 371–398

    Google Scholar 

Download references

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 1997 Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Scheulen, H. (1997). Die Volksbewegung und der politische Mythos “Sandino”. In: Übergänge der Freiheit. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-09057-1_12

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-09057-1_12

  • Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-8244-4242-3

  • Online ISBN: 978-3-663-09057-1

  • eBook Packages: Springer Book Archive

Publish with us

Policies and ethics