Schlußbetrachtung

Zusammenfassung

Im Februar 1995 betitelte der Sozialwissenschaftler und Sozialpolitiker Evgenij Gontmacher seinen in der „Nizavisimaja gazeta“ erschienen Artikel: „In Rußland gibt es keine Sozialpolitik. Wenn sie nicht in Erscheinung tritt, wartet eine gesellschaftliche und politische Katastrophe auf uns“.¹ Der Aussage Gontmachers zufolge zählt das sozialpolitische Versagen zu den großen Defiziten der Systemtransformation Rußlands. Geht man Gontmacher gemäß vom gänzlichen Fehlen der Sozialpolitik aus, kann es derzeit weniger um eine Transformation des Sozialstaates gehen, sondern vielmehr um eine Neuentwicklung von Sozialpolitik. Zur sozialwissenschaftlichen Erklärung der Einführung sozialer Sicherung lassen sich funktionalistische sowie konflikttheoretische Ansätze heranziehen. Empirisch überprüft an signifikanten Zusammenhängen zwischen Sozialstaatsentwicklung und Industrialisierung, Urbanisierung sowie Politisierung der Gesellschaft in den westeuropäischen Demokratien führen sie die Entstehung sozialer Sicherung auf ein Zusammenwirken aus anwachsender sozialer Frage, einer sich emanzipierenden Gesellschaft und Bemühungen des Staates zur Herrschaftslegitimation zurück.