Zusammenfassung
Gesellschaftliche Veränderungen und strukturelle Wandlungsprozesse der Wirtschaft fuhren zu neuen Herausforderungen für Unternehmen. Die Wandlungsprozesse lassen sich nicht mehr eindimensional im Hinblick auf ihre Entwicklungsdynamik abbilden. War noch Fourastié in der Lage, die Veränderung der Gesellschaft zu einer tertiären Gesellschaft auf ein Erklärungsmodell mit den zentralen Faktoren technischer Fortschritt und Produktivitätssteigerungen zu reduzieren (vgl. Fourastié 1954), so zeigt sich heute, daß komplexe, miteinander vernetzte Entwicklungsprozesse eine eindimensional reduktionistische Vorgehensweise verbieten. Anstelle relativ genauer Erklärungsmodelle lassen sich Entwicklungstendenzen aufzeigen, mit denen vorherrschende Entwicklungspfade plausiblerweise gekennzeichnet werden können. Es sind also nicht einzelne Faktoren, die die Veränderung determinieren und insofern eine verläßliche Prognose des zukünftigen Zustandes erlauben, sondern komplex vernetzte und pfadabhängige Entwicklungsprozesse, die durch Auszeichnung übergeordneter Entwicklungslinien in einen Sinnzusammenhang gestellt werden. Drei übergeordnete Entwicklungslinien, mit denen sich qualitative Veränderungen verdeutlichen lassen, werden im folgenden mit Blick auf deren Bedeutung als Herausforderungen für Unternehmen dargestellt (vgl. Ab schn. 1). Die Problemstellung der Arbeit wird aus den allgemeineren Entwicklungstendenzen abgeleitet und hinsichtlich der Zielsetzung und des Aufbaus der Arbeit konkretisiert (vgl. Abschn. 2).
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Referenzen
Da sich die Wissensgesellschaft weitgehend in Organisationen realisiert, wird auch von einer Organisationsgesellschaft gesprochen (vgl. z.B. Türk 1995).
Der Ausdruck Produktion bezieht sich in einem sehr weiten Sinne auf die originäre Unternehmensfunktion des Hervorbringens einer materiellen oder immateriellen Leistung und deren Verwertung. Produktion in diesem Sinne geht also über die Herstellung von Produkten im engeren Sinne hinaus.
Gegenwärtige Veränderungsprozesse werden auf den zentralen Mechanismus der Globalisierung reduziert, und trotz komplexer Strukturierungsprozesse wird darin das bestimmende Moment gesehen. Aus theoretischer Sicht besteht die Schwierigkeit, die mit der These der globalen Auswirkung sozialer Aktivitäten verbunden ist, darin, „daß man den Globalisierungsprozeß viel zu undifferenziert betrachtet, das heißt als eine theoretische Kategorie mit ‘Black-box-Qualitäten’. Die Welt ist ein stratifiziertes und vielfach in sich geteiltes Gefüge. Eine Tatsache, die anscheinend bei den überhasteten Versuchen, einen neuen Hauptmechanismus der gesellschaftlichen Transformation zu entdecken, sehr schnell vergessen wird“ (Stehr 1994, S. 496f.). Erst die Einbeziehung regionaler Kontexte (und gewachsener Strukturen) sowie divergierender situationaler Bedingungen gibt Aufschluß über die Vermitteltheit von globalen und regionalen Faktoren sowie spezifischer Ausprägungen beispielsweise des Bildungs- oder Lernverhaltens oder auch der Wettbewerbsbedingungen in bestimmten Branchen (vgl. auch Ortmann/Sydow/Windeler 1997). Die Reduktion der Antriebskräfte der Wandlungsprozesse auf den Mechanismus „Globalisierung“ erlaubt es unterschiedlichen Akteuren — neben den faktischen Veränderungen — auch andere Interessen, die in einen symbolischen Zusammenhang mit der Globalisierung gebracht werden, wirkungsvoll vorzutragen und durchzusetzen.
Vgl. Die Zeit, Nr. 20 (1996), S. 30. Bezug ist eine Schätzung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ).
Dies ist eine Entwicklung, die es durchaus erlaubt, die Finanzmärkte als „elektronische Märkte“ (Malone et al. 1987) zu kennzeichnen. Zugespitzt deutet sich hier eine Entwicklung an, bei der die internationalen Transaktionen im Kern von Wissen und Information über Datenautobahnen „nur noch“ einen virtuellen Raum in der Immaterialität der „Telekontinente“ ausmachen. Ob sich dabei ein Überbau als Bestimmungsmoment der materiellen Welt ausdifferenziert, bleibt fraglich.
Zu einer Internationalisierung auch der Organisationsforschung siehe Wiegand (1996, S. 57). Kulturunterschiede im Vergleich Deutschland, Europa, Asien und Nordamerika hinsichtlich verschiedener Ansätze der strategischen Unternehmensführung untersucht zu Knyphausen (1995, S. 235ff.).
Mit dem Ausdruck Expertise wird eine besondere Wissensform (ein Sonderwissensbestand) bezeichnet, die in spezifischen Professionen generiert wird und einen relativ hohen Anteil an Personenbindung aufweist (vgl. z.B. Stehr 1994, Hitzler, Honer, Maeder 1994, vgl. auch Kap. III, Abschn. 4.1).
Zur argumentativen Einlösung dieser sehr weitreichenden Hypothese sei auf das Original verwiesen.
Restrukturierung in Orientierung an eine effiziente/effektive Wissensbewirtschaftung (was allein bei der Nutzung des in Organisationen verteilt vorhandenen Wissens schon schwierig ist) und innovationsförderliche Wissensgenerierung ist etwas anderes als lineares, kostenorientiertes „Down-Sizing“ etwa im Sinne der Herstellung enger Kopplungen zum Abbau von Slack und Redundanz, wie in Konzepten der Lean-Production gefordert. Slack, Redundanz und lose Kopplung bilden gerade Potentiale auch für eine innovative Wissensverknüpfung (vgl. Staehle 1991).
Zu den Möglichkeiten und Grenzen der Kodifizierbarkeit und Transferierbarkeit von Wissen vgl. insbes. Kap. IV, Abschn. 1.2; zu den Problemen der Betrachtung von Wissen als Faktor oder Ressource vor allem hinsichtlich der Abgrenzbarkeit einzelner Wissenseinheiten (-komponenten) und deren ökonomischer Bewertung vgl. Kap. III, Abschn. 2. Ein Preis für Wissen setzt einen Markt für Wissen voraus, es sei denn, man versucht, an die Stelle einer Arbeitswertlehre eine Wissenswertlehre zu stellen, was sicherlich ähnlich aussichtslos sein dürfte.
Zum Resource based view der Strategielehre vgl. Kap. II, Abschn. 2.3.2
Picot/Reichwald stellen die Frage, ob sich die Unternehmung auflöst. „Verschwindet sie als Objekt und Denkfigur der Betriebswirtschaftslehre? Nein, die Unternehmung, verstanden als Institution zur Generierung und Verwirklichung unternehmerischer Ideen, besteht weiter, realisiert sich allerdings in stark veränderten Konfigurationen“ (Picot/Reichwald 1994, S. 567).
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Krebs, M. (1998). Gesellschaftliche Veränderungen als Herausforderung für die Organisationsform der Unternehmung. In: Organisation von Wissen in Unternehmungen und Netzwerken. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08826-4_1
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Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden
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