Zusammenfassung
Zu Humboldts Zeiten waren große Teile Südamerikas unerforscht, so daß auch das vorliegende Kartenmaterial nur bruchstückhafte Information über die Wasserwege enthielt. Ein Ziel von Humboldts Reise im Amazonasgebiet bestand im Nachweis einer Verbindung zwischen Orinoko und Amazonas. Ein solches Vorhaben erforderte vielfaltige räumliche Orientierungsfähigkeiten, wie das obige Zitat deutlich macht. In den zahlreichen Seitenarmen der Flüsse kann man sich leicht verirren, und damit im Dschungel nicht eine Abzweigung wie die andere aussieht, hilft es, sich bestimmte Besonderheiten einer Flußmündung zu merken. Aber auch bei weniger anspruchsvollen Aufgaben im täglichen Leben ist unsere Fähigkeit zur Orientierung gefragt. Sich in einer Umgebung zurechtzufinden, den Weg zu einem bisher unbekannten Ziel zu suchen und diesen Weg dann auch wieder zurück „nach Hause“ zu finden, ist fir die meisten Lebewesen existentiell. Nicht nur Menschen und Säugetiere, auch Insekten haben an ihre spezifische Umwelt angepaßte Verhaltensweisen und Merkmale ihrer Umgebung im Gedächtnis gespeichert. Das hilft ihnen dabei, zum Beispiel nach der Futtersuche, den Rückweg zu finden und den Artgenossen den Weg zu einem Ziel mitzuteilen. Wesentliche Einflußfaktoren für eine erfolgreiche Navigation sind dabei zum einen die Umgebung: die Beschaffenheit des Geländes oder Hindernisse, die sich in den Weg stellen können. Zum anderen ist die Wahrnehmung der Raumkonstellation, durch die man sich bewegt, entscheidend. Drittens spielt es eine Rolle, inwiefern das jeweilige Lebewesen in der Lage ist, die räumliche Umgebung, beispielsweise den einmal kennengelernten Weg, im Gedächtnis zu speichern und diese Repräsentation der Raumkonstellation wieder abzurufen, um einen Weg wiederzufinden, den Rückweg zu suchen oder anderen Wissen über die Umgebung mitzuteilen.
Je weiter man auf dem Orinoko hinaufkommt, desto häufiger werden die Krümmungen und die kleinen Stromschnellen (chorros y remolinos). Man läßt links den Cano Chiguirie, an dem die Guaicas, gleichfalls ein Stamm weißer Indianer, wohnen, und 9 Kilometer weiter kommt man zur Mündung des Gehette, wo sich ein großer Katarakt befindet. Ein Damm von Granitfelsen läuft über den Orinoko; dies sind die Säulen des Herkules, über die noch kein Weißer hinausgekommen ist.
Alexander von Humboldt (aus: Die Reise nach Südamerika, S. 375)
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Janzen, G. (2000). Einleitung. In: Organisation räumlichen Wissens. DUV Kognitionswissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08825-7_1
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