Zusammenfassung
Nachdem in den Kapiteln 2 – 4 die ökonomische Theorie nichterwerbswirtschaftlicher Organisationen und im 6. Kapitel die Entstehung der Wohlfahrtsverbände als einschlägige Beispiele dargestellt worden sind, soll nun untersucht werden, inwieweit sich die Verbandsgründungen mit Hilfe der Theorie erklären lassen. Dabei folgt die Gliederung dieses Kapitels weitgehend dem Aufbau des theoretischen Teils der Arbeit, läßt aber auch durchscheinen, daß innerhalb der einzelnen Gliederungsabschnitte chronologisch und damit entsprechend dem 6. Kapitel verfahren wird. Die zentrale Frage ist dabei, welche Ursachen jeweils maßgeblich sowohl auf die Veränderung der Binnenstruktur der jeweiligen Sektoren als auch auf das Verhältnis der Sektoren zueinander eingewirkt haben. Entsprechend der in Kapitel 5.4 geäußerten Kritik kann nicht davon ausgegangen werden, daß Produktionseffizienz und allokative Effizienz im Sinne der neoklassischen Mikroökonomie allein eine Veränderung bewirkten. Vielmehr ist anzunehmen, daß Kostenüberlegungen im weiteren Sinne, nicht zuletzt durch die Veränderung von rechtlich kodifizierten und sittlich-moralischen Normen bewirkt, eine nicht unbedeutende Rolle spielten.
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Literatur
Als wichtige Beispiele sind der Arbeits-und der Wohnungsmarkt in den rapide wachsenden Städten zu nennen.
Zu den gesellschaftlichen Folgen der Einführung und Ausdehnung des Geldgebrauchs vgl. Heinemann 1987.
vgl. dazu Kap. 7.2.1.
Soweit es das auf dem Markt sich ergebende Niveau übersteigt -
Anders, als es die Theorie vermuten läßt, waren im Deutschen Reich trotz des allgemeinen Wahlrechtes die potentiellen Nutzer eines politisch motivierten höheren Angebotes an meritorischen Gütern oftmals nicht an dieser Entscheidung beteiligt, da Empfänger von Armenfürsorge solange vom Wahlrecht ausgeschlossen blieben, bis sie die gesamte Schuld zurückgezahlt hatten; dazu waren sie allerdings häufig nicht in der Lage.
Diese Einteilung erfolgt in Anlehnung an Müller 1991. Müller weist darauf hin, daß Zuweisungen einzelner Personen zu bestimmten Richtungen nicht immer eindeutig sind; im Zweifelsfall war für ihn deren Haltung zur Staatstätigkeit ausschlaggebend.
August Ferdinand Lüder (1760–1819), Göttingen
Ludwig Heinrich Jakob (1759–1827), Hallenser Ökonom
Friedrich Benedict Weber (1774–1848), Breslauer Ökonom
Carl von Rotteck (1775–1840), Freiburger Staatsrechtler
Georg Sartorius (1766–1829), Göttingen
Friedrich Ancillon (1767–1837)
Heinrich Ahrens (1808–1874), Rechtsphilosoph, Graz
Karl Theodor von Inama-Sternegg (1843–1908) Staatswissenschaftler
Friedrich Schlegel (1772–1829)
Heinrich Luden (1780–1847), Historiker
Wilhelm Emmanuel von Ketteler (1811–1877)
Georg Freiherr von Hertling (1843–1919), Reichstagsabgeordneter, Privatdozent der Philosophie
Franz Hitze (1851–1921)
Karl Freiherr vom und zum Stein (1757–1831)
Friedrich Julius Stahl (1801–1862), Staatstheoretiker; gehörte wie z.B. Roscher, Schmoller, Wagner, Sombart und M. Weber zu den Vertretern der historischen Schule, die die historische Einmaligkeit wirtschaftlicher Ereignisse betonte. Ihr Ziel war es, auf induktivem Wege ökonomische Gesetzmäßigkeiten aus der wirtschaftsgeschichtlichen Entwicklung abzuleiten. Methodisch befand sie sich damit im Gegensatz zur deduktiv vorgehenden englischen Klassik, hat sich deren Einfluß aber keineswegs verschlossen.
Friedrich List (1789–1846)
Wilhelm Roscher (1817–1894)
Hermann Wagener (1815–1889)
Victor Aimé Huber (1800–1869), Genossenschaftstheoretiker
Rudolf Todt (1839–1887), Pfarrer
Zur Begründung des kommunalen Engagements in der Armenfürsorge vgl. Kap. 7.3.1.
Die Tradition dieser “liberal-staatlichen” Sozialpolitik (Ullmann 1979) setzten auf Reichsebene das Haftpflichtgesetz von 1871 und die beiden Hilfskassengesetze von 1876 fort. Insbesondere das Haftpflichtgesetz, das die Beweislast dem verunglückten Arbeiter auflastete, spielte keine geringe Rolle beim Scheitern der “liberal-staatlichen” Sozialpolitik.
Gefordert wurde z.B. Schutz schwächerer einheimischer Wirtschaftszweige vor ausländischer Konkurrenz, Schutz der Unternehmen vor unlauterem Wettbewerb oder Schutz der Arbeiter vor Ausbeutung und Arbeitsunfällen (vgl. Grimm 1983, S. 511. Die Wende in der Wirtschaftspolitik vollzog sich mit der Ankündigung der “Neuen Wirtschaftspolitik”, deren auffälligste Maßnahme die Rückkehr zu Schutzzöllen war.
Für Bismarck besaßen die Interessen der Arbeiter, die ganz andere Forderungen erhoben, offensichtlich keine große Bedeutung. Wichtiger als die Stimmen der Arbeiter, auf die er sowieso nicht zählen konnte, waren ihm die Stimmen seiner jeweiligen Bündnispartner, denen die Sozialversicherungen ebenfalls in erster Linie als Instrument zur “Befriedung” der sozialdemokratisch orientierten Arbeiter galt.
Das in Preußen bereits geltende Unterstützungswohnsitzprinzip wurde nach der Reichsgründung nahezu reichsweit eingeführt, die jeweilige Ausgestaltung war jedoch Ländersache und die Ausführung oblag den Gemeinden. Nach diesem Gesetz waren die Armenverbände verpflichtet, nicht nur den unentbehrlichen Lebensunterhalt, sondern darüber hinaus auch Obdach, Pflege in Krankheitsfällen und ein angemessenes Begräbnis zu gewährleisten (vgl. Krug von Nidda 1955, S. 1451.
Zum sich bereits abzeichnenden subsidiären Charakter der öffentlichen Armenpflege vgl. Diefenbach 1923b, S. 968.
Seit 1919 Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge.
Wegener (1978) datiert den Beginn der Zusammenarbeit denn auch auf die Gründung des Deutschen Vereins und den Erlaß der Kaiserlichen Botschaft.
vgl. Kap. 6.1.3 und 6.2.3
So gründete die Innere Mission ab 1886 Fachverbände, um die bisher lose nebeneinander existierenden Zusammenschlüsse zu koordinieren und auch die katholischen Einrichtungen, noch nicht zum Verband zusammengefaßt, intensivierten ihre Koordinationsbemühungen.
Zu ehrenamtlichen Tätigkeiten durften nur solche Gemeindemitglieder bestimmt werden, die zur Teilnahme an den Gemeindewahlen berechtigt waren; dies war aber den Frauen verwehrt. Zu Art und Umfang ehrenamtlicher Tätigkeit vgl. v. Bissing 1968.
Alternativkostentheoretisch ausgedrückt, stiegen die Kosten der ehrenamtlichen Arbeit, weil zum einen deren gesellschaftlicher Wert und damit der individuelle Nutzen daraus sank, zum anderen alternative Tätigkeiten an Bedeutung gewannen und damit die Alternative “ehrenamtliche Tätigkeit” verteuerten.
Auf der einen Seite führte die Gesetzgebung also zu einer massiven Benachteiligung der Organisation der Arbeiter - sowohl der männlichen als auch der weiblichen - zum Zwecke der Selbsthilfe, begünstigte auf der anderen Seite aber das bürgerliche Engagement in der Armenhilfe. Damit waren die Weichen für eine auf Fremdhilfe statt auf Selbsthilfe basierende Fürsorge bereits gestellt.
Deutsche Vierteljahresschrift, 1845, Heft 2, “kurze Notizen”, zit. nach Conze 1960, S. 231
“Ihre (Kirche und Staat, M.S.) Kräfte reichten einfach nicht aus, die Fülle der Nöte zu erfassen und zu bewältigen. Hier trat der Verein ein…. Man ist sich hier wie dort bewußt, wie unentbehrlich (seine) Arbeit angesichts eines Staates ist, der einfach nicht mehr in der Lage ist, mit allen Fragen, die auftauchen, fertig zu werden, der sich tatsächlich überfordert weiß.” (Beyreuther 1960, S. 240).
Stärker als Wichern betonte später Stoecker die soziale Verantwortung des Staates. Er forderte konkrete Eingriffe des Staates, um die verheerenden Folgen des Kapitalismus zu mildern. Sein Engagement blieb jedoch weitgehend auf den Missionsaspekt konzentriert, wenngleich er sich mit der Gründung seiner Christlich-Sozialen Partei wesentlich weiter in den politischen Raum wagte, als es Wichern je beabsichtigt hatte.
vgl. Kap. 4.2.2
Azzi/Ehrenberg (19751 unterscheiden darüber hinaus das Konsummotiv, das im Unterhaltungswert kirchlicher Feiern und Veranstaltungen liegt, sowie das Motiv des sozialen Drucks. Beide waren für Wichern wohl weniger ausschlaggebend, dürften aber in der Gegenwart eine größere Rolle als das Heilsmotiv spielen.
Weitere Gründe für die Mitgliedschaft und das Engagement in einer Kirche haben Schmidtchen/Mayer 1993 zusammengestellt.
So spalteten sich z.B. die auf Erwerb ausgerichteten Aktiengesellschaften von den Nicht-Erwerbsvereinen ab. Im nichterwerbswirtschaftlichen Bereich kristallisierten sich verschiedene Vereinstypen heraus, wie z.B. die Genossenschaftsbewegung, die häufig auf Interessenvertretung ausgerichteten Vereine der Unternehmerschaft oder die zahlreichen lokalen Freizeit-und Geselligkeitsvereine, die sich zunehmend nach Lied-, Musik-und Kunstgattungen aufspalteten und sich auch hinsichtlich Schichtzugehörigkeit und Konfession zu differenzieren begannen. Bei den Arbeiterorganisationen führten die Differenzierungstendenzen auf der politischen und materiellen Ebene schließlich zur Herausbildung von Arbeiterpartei und Gewerkschaften.
Der Anteil der auf staatliche Initiative zurückgehenden Organisationen nahm nach der Jahrhundertmitte gegenüber den freien Interessenverbänden ab; auf diese Organisationen hatte der Staat keinen Einfluß mehr, sie verstanden sich teilweise sogar als explizite Gegenorganisationen zu öffentlich-rechtlichen oder staatlich initiierten Organisationen.
So bestand z.B. bei den Ärzten ein faktischer Zwang, durch Verbandsbildung eine Gegenmacht aufzubauen, um nicht bei Verhandlungen mit den durch die Krankenversicherungsgesetzgebung erstarkten Krankenkassen unterlegen zu sein (vgl. Mayntz/Rosewitz 1988). Auch die Arbeitgeberverbände sind als “antigewerkschaftliche defensive Kampforganisationen” (vgl. Teubner 1978, S. 51) als Reaktion auf die bereits vorhandene Macht der Gewerkschaften gegründet worden.
Ebenso übrigens wie das Selbstschutzmotiv, da die Bemühungen eines einzelnen Bürgers um Besserung der Lage der Arbeiter keine großen Wirkungen zeigen können, sondern das kollektive Zusammenwirken mindestens eine “kritische Größe” erfordert, um das gemeinsame Ziel realisieren zu können.
Diese Kosten sind natürlich dem Nutzenzuwachs aus dem sozialdemokratischen Zusammengehörigkeitsgefühl gegenüberzustellen. Insofern ergeben sich auch hier Parallen zu den Katholiken, wenngleich gerade die Katholiken erbitterte Gegner der Sozialdemokraten waren.
Gleiches läßt sich auf einer organisatorisch übergeordneten Ebene denken, in der zwei oder mehrere Organisationen miteinander kooperieren.
Diese Einsicht weist Parallelen zu dem auf Hansmann (1980) zurückgehenden Ansatz des Marktversagens aufgrund von asymmetrischer Information auf, geht aber insofern über diesen hinaus, als sie eine Überlegenheit des auf interner Sanktionierung beruhenden Nonprofit-Sektors andeutet, die auf Kostenvorteilen beruht.
wenn auch, gemessen an der Gesamtbevölkerung, die Zahl derjenigen, die sich in solchen Gruppen betätigen, sehr gering ist.
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Schaad, M. (1995). Die Gründung der Wohlfahrtsverbände im Lichte der Theorie nichterwerbswirtschaftlicher Organisationen. In: Nonprofit-Organisationen in der ökonomischen Theorie. Gabler Edition Wissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08792-2_7
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