Zusammenfassung
Die folgenden nach ihrem Erscheinungszeitpunkt geordneten Untersuchungen zum Thema Basissicherung werden ausführlich referiert, weil sie neben statistisch ermittelten Daten mit all ihren Unschärfen eine Gesamtschau der aktuellen Debatte bieten, die auch den Rahmen für den Fortgang der Analyse absteckt. In den unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten zeigt sich ebenfalls die Breite des Forschungsgegenstandes. Bis Mitte der neunziger Jahre wurde die zentrale Bedeutung bedarfsorientierter Sozialleistungen kaum in der entsprechenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung reflektiert und fand folglich auch in der international vergleichenden Betrachtung wenig Resonanz, obwohl im engeren Bereich der vergleichenden Wohlfahrtsstaatenforschung die sozialen Sicherungssysteme insgesamt eingehend untersucht wurden und werden. Die Sozialhilfesysteme werden dabei aber eher als „Anhängsel“ vorgelagerter Systeme abgehandelt. Ferner erwachte in den industrialisierten Ländern zu jener Zeit ein neues Bewusstsein gegenüber dem Phänomen Armut.31
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Literatur
Für die erste Forschungsrichtung siehe Esping-Andersen (1996) sowie Josef Schmid (1996) und die dort angegebene Literatur; für den Bereich der Armutsforschung seien hier exemplarisch genannt: Leibfried/Vogcs (1992); Krause (1992, 1994); Danziger/Weinberg (1986), Danziger/Gottschalk (1995); Bane/ Ellwood (1994); Ellwood (1988). Ausnahmen bilden die Arbeiten von Hauser/Hübinger (1993); Hauser (1995); Lodemel (1992) und Lodemel/Schulte (1992), die sozialarbeiterische Bemühungen im Hinblick auf die Arbeitsmarktintegration der Transferbezieher einbeziehen. Darüber hinaus sind bisher einzelne Länder eingehend untersucht worden: Eardley (1996a) und Gough et al. (1997).
Die Autoren rekurrieren bei der Definition von Armut auf Einkommensarmut, nach der die Mitglieder eines Haushaltes dann als arm gelten, wenn ihr gewichtetes Einkommen unter 50 Prozent des jeweiligen nationalen Median-Aquivalenz-Einkommens liegt. „Ein Entkommen aus der auf mittlere Einkommen bezogenen Armut ist gegeben, wenn ein Übergang von einem Einkommen von unter 50 Prozent des Medians des jeweiligen Jahres auf bis zu 60 Prozent oder mehr des Medians im folgenden Jahr stattfindet“ (Duncan et al., 1994: 286).
Der Analyse liegen Längsschnittdaten aus repräsentativen Stichproben mit Mehrfachbefragungen der achtziger Jahre zugrunde, die in den acht Ländern durchgeführt wurden: Deutschland (Sozio-oekonomisches Panel - SOEP), Frankreich (Lothringer Haushaltspanel), Irland (Haushaltspanel des Economic and Social Research Institute), Kanada (Quebec Longitudinal Administrative Database), Luxemburg (Liewen zu Letzeburg Haushaltspanel), den Niederlanden (Socioeconomic Panel - SEP), Schweden (Haushaltseinkommen Survey - HINK) und den USA (Panel Study of Income Dynamics - PSID). Einschränkend weisen die Autoren daraufhin, dass die Stichproben des französischen und des luxemburgischen Panels sehr klein waren und in den niederländischen Daten die einkommensschwachen Haushalte unterrepräsentiert sind (Duncan et al., 1994: 285 ).
Die Untersuchung, die zu diesem Zweck die länderspezifischen bedarfsorientierten Sozialleistungen im Jahre 1992 vergleicht, stützt sich methodisch auf die Auswertung von Experten-Fragebögen. Durch dieses Verfahren und die Größenordnung des Vergleichs müssen vielfach Daten zusammengefasst und bereinigt werden, was deren Aussagekraft entsprechend verringert (Eardley, 1996a ).
Gleichwohl hat sich unter dem Einfluss zunehmender Arbeitslosigkeit “eine Umorientierung in der gesellschaftlichen Akzeptanz von der relativen zur absoluten Armut vollzogen l...l: zum Teil wurde die Indexienmg bestimmter Leistungen der Sozialversicherung zeitweise auch aufgehoben” (GuibentifBouget, 1997: 56). Dieses Aussetzen der Indexierung wurde bspw. in den Niederlanden angewandt, siehe hierzu Kapitel 6.2.
Bei einer Orientierung an der 40 Prozent Schwelle wird von “strenger Armut” gesprochen, die 60 Prozent Schwelle hingegen soll “milde Armut” markieren. Anfang der neunziger Jahre wurde für die BRD herausgearbeitet, dass das Einkommen von Nicht-Enverbstätigenhaushalten mit tibenviegendem Bezug von Hilfe zum Lebensunterhalt als Teil der Sozialhilfe bei nur 40–45 Prozent des durchschnittlichen Einkommens liegt (Krause, 1994).
Auch hier zeigt der exemplarische Blick auf die deutsche Diskussion, wie lange es gedauert hat, diese statistischen Defizite zu beheben. Es bleibt wesentlich das Verdienst der dynamischen Armutsforschung und hier sei insbesondere auf die Arbeiten von Buhr (1994; 1995), Buhr/Leibfried (1993), Buhr/Leisering (1995), Buhr/Leisering/Ludwig/Zwick (1991), Buhr/Ludwig/Leibfried (1992) sowie Buhr/Vogel (1991) venviesen, die bisherige Armutspolitik aus ihrem “Blindflug” (Buhr/Ludwig/ Leibfried, 1990) herauszuführen und über eine neue, verbesserte Sozialhilfestatistik gezieltere Angaben zu Dauer und Ursache des Bezuges zu ennitteln.
Die bis 1994 gebräuchliche Statistik wurde fast 30 Jahre unverändert durchgeführt (Erbe/Erbe, 1993; Beck/Seewald, 1994). Über differenzierte Angaben zu den Empfängern hinaus werden nun auch Einnahmen und Ausgaben spezifizierter erfasst (Neuhäuser, 1997 ).
Für eine aktuelle Zusammenfassung der deutschen Diskussion siehe Pohl (1998).
Unterschieden werden insgesamt acht verschiedene Typen von Wohlfahrtsstaaten. Augenscheinlich zeigt sich bei der gewählten Typologie, dass diese über die von Esping-Andersen (1990) vorgenommene Einteilung in liberale, konservativ-korporatistische und sozialdemokratische Wohlfahrtsstaaten und später um das durch Leibfried (1993) erweiterte südeuropäische Wohlfahrtsmodell hinausgeht (Schulte, 1997; Hcadcy et al., 1998 ). Im vorliegenden Zusammenhang ist inbesondere die Verortung von Deutschland und den Niederlanden von Interesse: Die Niederlande werden von Esping-Andersen, zusammen mit den nordischen Ländern, dem sozialdemokratischen Modell zugeordnet. Demgegenüber wird Deutschland als archetypisches Beispiel des konservativ-korporatistischen Modells bewertet, wenn es auch als das einzige Land in Kontinentaleuropa identifiziert wird, in dein die Sozialhilfe ein umfassendes und einheitliches soziales Sicherheitsnetz darstellt.
Der Begriff der ‘sozialen Inclusion’ und sein Gegenstück der ‘sozialen Exclusion’ lösen immer häufiger die in sozialwissenschaftlichen Untersuchungen übliche Bezeichnung Armut ab. Dafür werden mehrere Gründe angeführt. Zunächst konnoticrt Armut einen eher statischen Zustand, wohingegen Ausgrenzung eher die Prozesshaftigkeit und ein mehrdimensionales Ursachen- und Wirkungsspektrum nahelegt (GuibentifBouget, 1997). Abrahamnson (1995) konstatiert zudem, dass der Begriff Armut deshalb nicht als politisch korrekt empfunden wird, weil cr den Finger in die Wunde des Kapitalismus legt, indem er die moderne Industriegesellschaft an ihr Versagen erinnert.
In der BRD wurden bereits mit der Änderung des BSHG im Rahmen des FKPG vom 23.06.1993 (BGBI. IS 944) sowie des 2. SKWPG von 21.12. 1993 (BGBI. IS. 2374) neben Einschnitten auch präventive und auf die Überwindung der Sozialhilfebedürftigkeit abzielende Maßnahmen installiert. Die Beratungsverpflichtung (§ 17 BSHG) in Ergänzung zu § 8 Abs. 2 und § 14 SGB I begründet ebenfalls eine Verpflichtung zur Ubernahme von Kosten notwendiger Schuldnerberatung. Zur aktuellen Situation in der Bundesrepublik siehe Kapitel 4, für die Niederlande siehe jeweils die Kapitel 6 und B.
Für eine systematische, dogmenhistorische Darstellung makroökonomischer Ansätze siehe Felderer/Homburg (1987) ebenso wie Heise (1996).
Ausführlich zur Darstellung und Kritik der Rolle des Arbeitsmarktes innerhalb der neoklassischen Wirtschaftstheorie siehe Pfriem (1978); SesselmeierBlauennel (1990); Kromphardt (1992); Pfliegner (1994); Franz (1996); Ganßmann/Haas (1996); Heise (1996) sowie OECD (1998), worauf diese Zusammenstellung basiert.
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Hackenberg, H. (2001). Stand der Forschung. In: Niederländische Sozialhilfe- und Arbeitsmarktpolitik. DUV Sozialwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08791-5_2
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