Zusammenfassung
Am Anfang jeder sozialwissenschaftlichen Forschung steht sich das Problem, den geeigneten Zugang zum Feld zu finden, um authentische Auskunftspersonen zu finden. Ein gelungener Zugang ist entscheidend für die Durchführung und den Erfolg einer Untersuchung. Das hier verwendetet Datenmaterial wurde zu einem großen Teil im Rahmen einer vom „Bundesministerium für Unterricht und interkulturelle Angelegenheiten“ in Auftrag gegebene Studie zur Schulproblematik von Roma-Kindern in Österreich erhoben. Im Rahmen dieser Studie erfolgte auch der erste Zugang zum Feld und alle weiteren Interviews gründeten sich auf Kontakte, die in diesem Rahmen geknüpft wurden. Initiiert wurde diese Studie vom Roma-Verein »Romano Centro«, der Beratung für Roma in rechtlichen und sozialen Belangen durchführt, aber auch Öffentlichkeitsarbeit betreibt und in diesem Rahmen auch die Finanzierung von Projekten und Studien zu erreichen versucht. Ebenso möchte der Verein, der aus Roma und Nicht-Roma besteht, das kulturelle Selbstbewußtsein der Volksgruppe durch die Herausgabe einer Zeitschrift sowie durch Veranstaltungen, wie Diskussionen aber auch Feste, stärken. Wenn hier von der Volksgruppe der Roma die Rede ist, so muß darauf hingewiesen werden, daß diese Bezeichnung abweichend von der offiziellen Sprache verwendet wird. Die Roma sind in Österreich seit 1993 als Volksgruppe anerkannt, allerdings bezieht sich diese Anerkennung ausdrücklich nur auf autochthone Roma, die hier seit Generationen ansässig sind. Offizielle Zahlen wieviele Roma es in Österreich gibt, sind nicht bekannt, die Schätzungen gehen auseinander, es herrscht aber weitgehend Konsens darüber, daß die autochthonen Roma in der Minderheit sind. Durch die Arbeitsmigration seit den 60er Jahren sind in Österreich Roma vor allem aus dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawiens und aus der Türkei zugewandert. Diese Migrant-Innen zählen offiziell nicht zur Volksgruppe, Minderheitenstatus und die damit verbundenen Rechte bleiben ihnen verwehrt. Der Verein »Romano Centro« hat sich nun aber vor allem diese Gruppe der zugewanderten Roma zum Klientel gewählt und setzt sich für ihre Gleichstellung und Anerkennung ein. Die autochthonen Roma verfügen über eigene Vereine, sowohl in Wien als auch im Burgenland, dem Hauptsiedlungsgebiet der autochthonen Roma. Die Beziehungen zwischen den Vereinen sind nicht immer ganz spannungsfrei, hier kommt ein Prozeß zum Tragen, den Rex als »doppelte Schließung« bezeichnet hat. „Dieser setzt ein, sobald eine Gruppe, die in ihrem Streben nach Gleichheit einige Fortschritte erzielt hat, andere von den Vorteilen des Erreichten auszuschließen versucht.“ (Rex 1996, S.154) Dieser Vorgang ist auch unter dem Schlagwort des »Konflikts zwischen alten und neuen Minderheiten« bekannt. Der Zugang über einen bestimmten Verein hatte also wesentliche Folgen für die weitere Forschungsarbeit. Während die Rekrutierung der zugewanderten Roma-InterviewpartnerInnen kein Problem darstellte, war der Zugang zu autochthonen Roma schwieriger. Gerade im Zusammenhang mit der Schulproblematik, die vom »Romano Centro« als zentrales Problem der Roma-Kinder gesehen wurde, gab es von Seiten von autochthonen Roma immer wieder Distanzierungen mit dem Argument, die eigenen Kindern wären davon nicht betroffen. Wie diese Wahrnehmung zustande kommt und welche Deutungsmuster dahinter stehen, soll hier nicht vorweggenommen werden. Es muß nur daraufhin gewiesen werden, daß über den Zugang die Auswahl der InterviewpartnerInnen und die Interviewsituation mitbeeinflußt war.
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Supper, S. (1999). Die Forschungskonzeption. In: Minderheiten und Identität in einer multikulturellen Gesellschaft. DUV: Sozialwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08763-2_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-08763-2_6
Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden
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