Zusammenfassung
»Geht über die Dörfer« war der Rat der NOVA zur Alltagsintensivierung. Im ganzen Werk Handkes gibt es eine Spannung zwischen Gehen und Bleiben, zwischen Unterwegs- und Am-Ort-Sein. Diese Spannung ist die gleiche, die sich quer durch alle Religionen zieht: die Spannung zwischen den beiden entgegengesetzten spirituellen Idealformen, die in der abendländischen Tradition »stabilitas loci« bzw. »peregrinatio« heißen, wobei die stabilitas loci, dargestellt von gemeinschaftlich oder einzeln lebenden »Mönchen«, durchgehend die historisch spätere Form ist. Alle Religionsgründer sind, freiwillig oder notgedrungen, Wanderer, für alle gibt es spezifische »Wege«, die mit ihrer Lehre untrennbar verbunden sind.1 Der homo viator ist besonders in der biblisch geprägten Kultur das Urbild für die menschliche Existenz. Die Vertreibung aus dem Paradies, der Aufbruch Abrahams, der Auszug aus Ägypten und die Suche nach dem Gelobten Land: immer steht der Weg als ältestes Symbol für die individuelle und kollektive Existenz. Unzählig sind zudem die »Wege« im Märchen und in der Literatur der Welt, unzählig sind die religiös oder kulturell motivierten Pilgerreisen und Pilgerorte.2 Dabei offenbart sich eine grundsätzliche Ambivalenz: für die einen ist der Aufbruch »von zu Hause in die Hauslosigkeit« die höchste Form der Vollkommenheit, für die anderen ein Fluch.
I’m stepping out... John Lennon
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Literatur
Die Hornissen, Roman [1966], (st 416) Frankfurt/M. 1977.
Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms [1972], (st 56) Frankfurt/M. 1974.
Stücke I, (st 43) Frankfurt/M. 1972.
Der kurze Brief zum langen Abschied [1972], (st 172) Frankfurt/M. 1979.
Wunschloses Unglück. Erzählung [1972], (st 146) Frankfurt/M. 1979.
Als das Wünschen noch geholfen hat [1974], (st 208) Frankfurt/M. 1977.
Die Stunde der wahren Empfindung [1975], (st 452) Frankfurt/M. 1978.
Das Gewicht der Welt. Ein Journal, Salzburg 1977.
Langsame Heimkehr. Erzählung, Frankfurt/M. 1979.
Die Lehre der Sainte-Victoire [1980], (st 1070) Frankfurt/M. 1984.
Kindergeschichte, Frankfurt/M. 1981.
Über die Dörfer. Dramatisches Gedicht, Frankfurt/M. 1981.
Die Geschichte des Bleistifts, Salzburg 1982.
Phantasien der Wiederholung, (es 1168) Frankfurt/M. 1983.
Der Chinese des Sc hmerzes, Frankfurt/M. 1983.
Gedicht an die Dauer, (BS 930) Frankfurt 1986.
Die Wiederholung, Frankfurt/M. [1986], (BS 1001) Frankfurt/M. 1989.
Nachmittag eines Schriftstellers. Erzählung, Salzburg 1987.
Das Spiel vom Fragen oder Die Reise zum sonoren Land, Frankfurt/M. 1989.
Versuch über die Müdigkeit, Frankfurt/M. 1989.
Versuch über die Jukebox. Erzählung, Frankfurt/M. 1990.
Noch einmal für Thukydides, Salzburg 1990.
Versuch über den geglückten Tag. Ein Wintertagtraum, Frankfurt/M. 1991.
Abschied des Träumers vom Neunten Land. Eine Wirklichkeit, die vergangen ist: Erinnerung an Slowenien, Frankfurt/M. 1991.
Versuch über die Müdigkeit. Versuch über die Jukebox. Versuch über den geglückten Tag. Faksimiles der drei Handschriften. Einmalige, limitierte und numerierte Ausgabe zum 50. Geburtstag des Autors, Frankfurt/M. 1992.
Die Stunde, da wir nichts voneinander wußten, Frankfurt/M. 1992.
Langsam im Schatten. Gesammelte Verzettelungen 1980–1992, Frankfurt/M. 1992
Mein Jahr in der Niemandsbucht. Ein Märchen aus den neuen Zeiten, Frankfurt/M. 1994
Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien, Frankfurt/M. 1996
Sommerlicher Nachtrag zu einer winterlichen Reise, Frankfurt/M. 1996
Aber ich lebe nur von den Zwischenräumen. Ein Gespräch, geführt mit Herbert Gamper [1987], (st 1717) Frankfurt 1990. (zit.: Zwischenräume)
Noch einmal vom Neunten Land. Peter Handke im Gespräch mit Joze Horvat, Klagenfurt-Salzburg 1993.
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Barth, M. (1998). Der lange Weg zur Kunst des Gehens — Existenzkunst in der Ortlosigkeit. In: Lebenskunst im Alltag. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08692-5_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-08692-5_6
Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden
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