Zusammenfassung
Spätestens seit Simons (1955) Formulierung des Konzepts der beschränkten Rationalität ist akzeptiert — was uns die Alltagserfahrung schon lange lehrt —, daß Menschen sich bei Entscheidungen nicht immer an die Empfehlungen von rationalen Modellen der normativen Entscheidungsforschung halten. Die Operationen dieser Modelle würden wohl eine optimale Entscheidung gewährleisten, übersteigen aber oft die kognitive Verarbeitungskapazität eines Individuums. Nach dem Konzept der beschränkten Rationalität versuchen Individuen zwar, rationale Entscheidungen zu treffen, jedoch fehlt es meist an notwendiger Information zur Definition des Problems, dem Setzen relevanter Kriterien und Zielvorstellungen. Beschränkungen von Zeit und Kosten, durch welche die Quantität und Qualität relevanter Informationen limitiert werden, eine nur relativ kleine Menge von im „Gebrauchsgedächtnis“ verfügbarer Information sowie Limitierungen in Umweltbeobachtung und Wahrnehmung beschränken die „Berechnung“ der optimalen Alternative. Nach Simon (1955) bedienen sich Personen daher vereinfachender Entscheidungsstrategien (Heuristiken oder „Daumenregeln“), welche die Informationsverarbeitungsmenge in überschaubaren Grenzen halten, wie z.B. dem Prinzip der Satisfizierung, dem gemäß nicht alle möglichen Alternativen überprüft werden, sondern solange gesucht wird, bis eine Alternative einer minimalen Menge von Anforderungen auf allen relevanten Dimensionen entspricht. Ein Jahr vor Simons Publikation wurde von Edwards (1954) der Grundstein für die deskriptive, verhaltensorientierte Entscheidungsforschung (Behavioral Decision Research) gelegt, die sich mit den Prozessen befaßt, wie Entscheidungen tatsächlich zustande kommen. Eines der zentralen Themen dieser Forschungsrichtung ist es, jene simplifizierenden Strategien sowie deren Fehler- und Verzerrungsgehalt aufzudecken, auf die Personen bei Beurteilungen und Entscheidungen zurückgreifen.
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Auer-Rizzi, W. (1998). Systematische Entscheidungsverzerrungen. In: Entscheidungsprozesse in Gruppen. DUV : Sozialwissenschaft. Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-663-08459-4_8
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-663-08459-4_8
Publisher Name: Deutscher Universitätsverlag, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-8244-4293-5
Online ISBN: 978-3-663-08459-4
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